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2.5 Definition und Codierung untersuchter Variablen

2.5.4 Diagnostik

Diagnostische Verfahren

Fand sich ein ärztlicher Vermerk über den Einsatz von diagnostischen Verfahren, wurden diese als Variablen erfasst. Untersuchungen mit ähnlichen fachlichen und apparativen Anforderungen wurden dabei als Gruppe zusammengefasst (Tab. 3).

Ambulant gleichwertig durchführbare Diagnostik Ambulant erschwert durchführbare Diagnostik nicht­apparative gynäkologische Untersuchung Labordiagnostik

gynäkologische Ultraschall­Diagnostik EKG

erweiterte körperliche Untersuchung radiologische Diagnostik Vitalzeichenkontrolle

Urindiagnostik mittels Schnelltest internistische abdominelle Ultraschall­Diagnostik mikrobiologische, zytologische und histologische

Untersuchungen

Tab. 3: Einteilung verschiedener diagnostischer Verfahren in Abhängigkeit von ihrer ambulanten Durchführbarkeit

Mit Blick auf die Analyse der angemessenen Inanspruchnahme der Ersten Hilfe erfolgte weiterhin die Unterscheidung zwischen diagnostischen Verfahren, welche ambulant wie stationär gleichermaßen leicht durchgeführt werden können und solchen Untersuchungsverfahren, die vorrangig eine stationäre Umgebung verlangen. Hierbei wurde die ubiquitäre Verbreitung von Ultraschallgeräten für die gynäkologische Untersuchung sowie Basiskenntnisse in der internistischen abdominellen Ultraschalldiagnostik durch den

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niedergelassenen Frauenarzt vorausgesetzt. Weiterhin wurde die standardmäßige Verfügbarkeit von Blutdruckmessgeräten für die Vitalzeichenkontrolle, Schwangerschaftstests im Urin und U­Stix für die Schnelltestung in ambulanten Praxen angenommen. Auch mikrobiologische, zytologische und histologische Untersuchungen wurden als ambulant gleichwertig durchführbar gewertet, da die Resultate diese Untersuchungen auch bei stationärer Probengewinnung häufig erst nach Tagen bereitstehen, sodass eine Behandlung in der Rettungsstelle nicht mit einem unmittelbarem Zeitvorteil einhergeht.

Anders hingegen verhält es sich mit der Labordiagnostik, welche im Auftrag der meisten Frauenarztpraxen in externen Laboren durchgeführt wird. Die Dauer von der Probenentnahme bis zum Erhalt der Resultate hängt hierbei maßgeblich von der Häufigkeit der Laborkurierfahrten ab und unterliegt zeitlich in aller Regel der Geschwindigkeit, mit welcher im stationären Bereich Laborergebnisse verfügbar sind. Die notwendige apparative Ausstattung für die Durchführung von EKG und radiologischen Untersuchungen besteht bei den meisten Frauenarztpraxen nicht; eine ambulante Durchführung dieser Untersuchungen unter Überweisung an andere Arztpraxen mit entsprechender technischer Ausstattung birgt gegenüber der stationären schnellen Verfügbarkeit einen organisatorischen wie zeitlichen Nachteil. Labordiagnostik, EKG und radiologische Untersuchungen wurden daher als ambulant nicht bzw. nur nachrangig durchführbare und somit „krankenhausspezifische“ Diagnostik gewertet.

Fand sich ein Hinweis auf eine teilweise oder gänzliche Ablehnung der ärztlich vorgeschlagenen Diagnostik, wurde dies als Variable erfasst. Auch eine telefonische Konsultation oder eine Mituntersuchung durch einen gynäkologischen Kollegen wurden erhoben.

Untersuchungsbefunde

Fand sich die Dokumentation einer nicht­apparativen gynäkologischen Untersuchung, wurde diese auf die Durchführung von abdomineller Tastuntersuchung, Testung auf Auslösbarkeit eines Portioschiebeschmerzes sowie Spekulumeinstellung mit Inspektion der Vagina hin ausgewertet. Als pathologische Befunde galten die Erwähnung abdominellen Druckschmerzes oder Portioschiebeschmerzes sowie in der Spekulumuntersuchung ein eröffneter Muttermund, bröckeliger oder unangenehm riechender Fluor, eine vaginale Blutung, Abgang von Schwangerschaftsmaterial oder der Nachweis gynäkologischer Begleiterkrankungen ohne unmittelbaren Schwangerschaftsbezug.

69 Für die Auswertung der gynäkologischen Ultraschalldiagnostik wurde der Nachweis von intrauteriner Fruchthöhle, Dottersack, Embryo und embryonaler Herzaktion als Variable erfasst. Anders als bei den übrigen Untersuchungsbefunden wurden die erhobenen Befunde nicht dichotom in „physiologisch“ und „pathologisch“ kategorisiert. Stattdessen erfolgte die Einteilung in „Frühgravidität noch unklarer Lokalisation“, „intrauterine Frühgravidität noch ohne Herzaktion“, „vitale Frühgravidität“ und „pathologisch“ im Sinne eines Nachweises sicherer Zeichen einer irreversibel gestörten Gravidität. Hintergrund dieser differenzierten Einteilung ist der Umstand, dass innerhalb des normalen Verlaufs einer Frühschwangerschaft nicht zu jedem Zeitpunkt eine sichere sonographische Unterscheidung zwischen physiologischer und pathologischer embryonaler Entwicklung möglich ist.

In der Urindiagnostik galt das Ergebnis eines U­Stix als pathologisch, wenn sich Leukozyten, Nitrit oder Ketone im Urin nachweisen ließen (+ bis +++++). Auch das Ergebnis eines Schwangerschaftstests im Urin wurde erfasst.

In der laborchemischen Blutuntersuchung wurden Abweichungen vom Referenzbereich im Sinne einer Erniedrigung des Hämoglobins (< 12 g/dl), einer Erniedrigung oder Erhöhung der Leukozyten (< 4.000 /μl bzw. > 11.000 /μl) oder einer Erhöhung des CRP (> 0,5 mg/l) als pathologisch gewertet. Bei den β­HCG­Serumspiegeln wurden Werte < 5 IU/l (nicht schwanger) von Werten ≥ 5 IU/l (schwanger) unterschieden.

Unter den Vitalparametern wurden Hypo­ oder Hyperthermie (< 35,8 °C bzw. ≥ 38,0 °C), Tachypnoe (> 18 /min), Tachykardie (≥ 100 /min), arterielle Hypo­ oder Hypertonie (systolischer Blutdruck < 100 mmHg bzw. ≥ 140 mmHg, diastolischer Blutdruck < 60 mmHg bzw. ≥ 90 mmHg) und eine erniedrigte Sauerstoffsättigung des Blutes (< 95 %) als pathologisch definiert.

Weiterhin wurden pathologische Ergebnisse der körperlichen Untersuchung sowie der internistischen abdominellen Ultraschalluntersuchung erfasst.

Schwangerschaftsbezogene Diagnosen

In gängigen Lehrbüchern der Gynäkologie und Geburtshilfe finden sich etwas voneinander abweichende Beschreibungen der definierenden klinischen und sonographischen Befunde der verschiedenen Abortformen. Die vorliegende Arbeit stützt sich für die Auswertung der Untersuchungsbefunde und schwangerschaftsbezogenen Diagnosen auf die im Lehrbuch

„Basiswissen Gynäkologie und Geburtshilfe“ (Lasch und Fillenberg 2017) verwandten Definitionen, welche in Tab. 4 wiedergegeben werden.

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Abortform Symptome Ultraschall

unauffällige

Gravidität keine Embryo und FH darstellbar, HA positiv

Abortus imminens

Blutung (leicht bis mittelstark)

und/oder Unterbauchschmerzen Embryo und FH darstellbar, HA positiv Abortus

incipiens

Blutung (leicht bis mittelstark)

und/oder Unterbauchschmerzen Embryo und FH darstellbar, HA negativ Abortus

incompletus

Blutung (mittel bis stark), Unterbauchschmerzen

keine eindeutige FH, kein Embryo mehr darstellbar, hoch aufgebautes Endometrium / Koagel

abortion keine Embryo und FH darstellbar, HA negativ

Windei / Abortivei

keine, eventuell wie bei Abortus

incipiens FH > 2 cm ohne Embryonalstruktur

Blasenmole meist Blutung, Unterbauchschmerzen vergrößerter Uterus, keine Embryonalstruktur, kleinzystische Strukturen im Cavum

Septischer Abort

Blutung, Unterbauchschmerzen, Fieber,

Schüttelfrost, Portioschiebeschmerz wie Abortus incipiens oder Abortus incompletus Extrauterin­

gravidität

meist Blutung, Unterbauchschmerzen, Schocksymptomatik

leeres Uteruscavum, Darstellung einer FH evtl. mit Embryonalstruktur außerhalb des Cavums

Tab. 4: Klinik und Sonographiebefunde verschiedener Abortformen, entnommen aus

„Lehrbuch Gynäkologie und Geburtshilfe“ (Lasch und Fillenberg 2017). Abkürzungen: FH = Fruchthöhle, HA = Herzaktion

Für die Auswertung der Arbeitsdiagnosen erfolgte daher eine Zusammenschau der codierten ICD­Diagnosen mit den dokumentierten klinischen und sonographischen Befunden und (falls vorhanden) einer textlich erwähnten Diagnose. Unter Einbezug all dieser Informationen erfolgte gemäß der in Tab. 4 dargestellten Diagnosekriterien die Bestimmung der schwangerschaftsbezogenen Diagnose.

Nebendiagnosen

Als Nebendiagnosen wurden in der vorliegenden Arbeit diejenigen Diagnosen bezeichnet, die nicht der Beschreibung einer physiologischen oder pathologischen Frühschwangerschaft dienten. Jene Nebendiagnosen waren entweder im Erste­Hilfe­Schein in Schriftform vermerkt oder als ICD­10­Diagnosecode verschlüsselt. Schriftlich formulierte Diagnosen wurden im

71 Rahmen der Datenauswertung in korrespondierende ICD­Diagnosecodes überführt. Für die Auswertung erfolgte eine Bündelung einzelner Diagnosen entsprechend der in der ICD­10 verwandten Diagnosegruppen. Berücksichtigung fanden sowohl gesicherte als auch Verdachtsdiagnosen. Im Falle mehrerer vermerkter Diagnosen war eine Gewichtung nach klinischer Relevanz nicht möglich.