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Dezember 1964 gewährte die Ausgleichskasse dem Versicherten einen monatlichen Beitrag von höchstens 30 Franken für den

Im Dokument Invalidenversicherung Eingliederung (Seite 154-180)

Die Um seine Aufgabe erfüllen zu können, ist das Bun- Zusammenarbeit desamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine enge

Am 9. Dezember 1964 gewährte die Ausgleichskasse dem Versicherten einen monatlichen Beitrag von höchstens 30 Franken für den

Sprachheil-unterricht und verfügte die Übernahme der Reisekosten; all dies vom 1. Sep-tember 1964 bis 30. SepSep-tember 1966.

Am 2. August 1967 teilte der Vater des Versicherten der 1V-Kommission mit, dass sich der Gesundheitszustand seines Sohnes gebessert habe, dass das Kind aber noch nicht geheilt sei; ferner, dass die durch den Wegzug der Sprachheillehrerin unterbrochene Behandlung nunmehr wiederaufgenommen werden könne und dass er die IV bitte, die Kostengutsprache zu verlängern.

Er fügte seinem Gesuch ein ärztliches Zeugnis bei, wonach der Versicherte

neuerdings des Sprachheilunterrichts bedürfe. Die 1V-Kommission erkundigte sich daraufhin über die Schulzeugnisse des Versicherten, der dem Volksschul-unterricht in befriedigender Weise folgte. Nach einem Bericht des Sprach-heilzentrums vom 6. September 1967 litt der Versicherte noch an Dyslexie und Dysorthographie; die Behandlung sei im Jahr 1967 wieder aufgenom-men worden und sei bis Dezember 1968 fortzusetzen. Der Versicherte be-suchte daher weiterhin die Sprachheilkurse. Nachdem er ohne Mitteilung der Versicherung geblieben war, sandte sein Vater am 8. März und 18. Sep-tember 1968 der 1V-Kommission einige die Behandlung betreffende Rech-nungen. Hierauf verlangte die genannte Kommission ergänzende Auskünfte vom Sprachheilzentrum, welche am 12. Juli und 28. November 1968 erteilt wurden. Aus den Berichten geht hervor, dass im Juli 1968 nur noch Störungen der geschriebenen Sprache bestanden. Der Versicherte begab sich seit Sep-tember 1968 nur noch einmal im Monat zu Kontrollzwecken ins Sprachheil-zentrum; eine Intensivbehandlung war nicht mehr nötig.

Mit der Begründung, dass der Versicherte nur Störungen der geschriebe-nen und nicht der gesprochegeschriebe-nen Sprache im Sinne von Art. 10, Abs. 2, der bisherigen und Art. 8, Abs. 1, Bst. c, der neuen IVV aufwies und dass zudem die Sprachheilbehandlung nicht im Hinblick auf den Besuch der Volks-schule erforderlich sei, lehnte die 1V-Kommission am 29. November 1968 das vom Vater des Versicherten am 2. August 1967 eingereichte Gesuch ab. Die Ausgleichskasse erliess am 10. Dezember 1968 eine entsprechende Verfügung.

Im Namen seines Sohnes erhob der Vater Beschwerde mit der Begrün-dung, die Behandlung, für welche die IV Beiträge verweigere, sei für das Kind unentbehrlich gewesen, um dem Volksschulunterricht folgen zu können.

Es sei folglich richtig, dass die IV die Behandlungskosten bis zum Schluss übernehme. Am 14. März 1969 lehnte die kantonale Rekursinstanz die Be-schwerde ab.

Der Vater des Versicherten legte innert nützlicher Frist gegen das kan-tonale Urteil Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Er weist darauf hin, dass der Bericht des Sprachheilzentrums, in welchem festgehalten wird, dass der Versicherte keiner eigentlichen Behandlung mehr bedürfe, aus dem Novem-ber 1968 stamme, während er beschwerdeweise Beiträge für den vorher-gehenden Zeitraum beanspruche.

Die 1V-Kommission und die kantonale Ausgleichskasse beantragen Ab-weisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das ESV schliesst in seiner Vernehmlassung dagegen auf Gutheissung.

Wenn - gemäss den Ausführungen des Bundesamtes eine Sprachheil- behandlung zu Beginn die massgebenden Bedingungen erfüllt, so müssen die Beiträge bis zum Schluss der Behandlung gewährt werden und nicht etwa nur bis zu jenem Zeitpunkt, in dem sich der Gesundheitszustand des Ver-sicherten so weit gebessert hat, dass er sich schlecht und recht mit seinem Gebrechen abfindet; überdies seien die Störungen der geschriebenen Sprache denjenigen der gesprochenen Sprache gleichzusetzen.

Anlässlich einer von der Unterabteilung AHV/IV/EO des BSV veran-stalteten Konferenz über Probleme der Sprachgebrechen hat das erwähnte Amt gewisse Schlussfolgerungen festgehalten, zu denen die Konferenz ge-langt ist, und die Probleme anvisiert, die noch einer Lösung bedürfen (Proto-koll vom 8. April 1969).

Das EVG hat seinerseits Prof. R. Luchsinger, Zürich, als Experten ein-gesetzt, der im Mai 1970 zwei Gutachten verfasst hat: das eine behandelt all-gemeine Fragen der Sprachheilbehandlung, das andere den in Frage stehen-den Fall. Diesen Gutachten war der Bericht eines Logopästehen-den beigefügt.

Schliesslich wurde noch eine ergänzende Untersuchung im audiologischen Dienst des Spitals B vorgenommen (Bericht vom 17. Mai 1971).

Die Parteien und das BSV hatten Gelegenheit, sich über die Schluss-folgerungen des Experten zu äussern.

Das EVG hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne der nach-stehenden Erwägungen erledigt:

Gemäss Art. 19, Abs. 1, IVG werden Beiträge an die Sonderschulung bildungsfähiger Minderjähriger gewährt, denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Zur Sonderschulung gehört die eigentliche Schulausbildung sowie, falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist, die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt.

Nach Art. 19, Abs. 2, IVG umfassen diese Beiträge namentlich (Bst. c) spezielle Entschädigungen für zusätzlich zum Sonderschulunterricht not-wendige Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art, wie Sprachheilbe-handlung für schwer sprachgebrechliche Minderjährige, Hörtraining und Ab-leseunterricht für gehörgeschädigte Minderjährige sowie Sondergymnastik zur Förderung gestörter Motorik für sinnesbehinderte und hochgradig geistig behinderte Minderjährige.

Im Sinne von Art. 19, Abs. 3, IVG obliegt es dem Bundesrat, gewisse ergänzende Vorschriften zu erlassen. Insofern bestimmt Art. 8, Abs. 1, Bst. c, IVV, dass die Sonderschulmassnahmen u. a. Massnahmen pädagogisch-thera-peutischer Art umfassen, welche zufolge Invalidität notwendig sind, um die Sonderschulung zu ergänzen oder um Minderjährigen zu ermöglichen, die Volksschule zu besuchen, wie Sprachheilbehandlung für Minderjährige, die schwer sprachgebrechlich sind. Als Volksschule versteht man jeden richt im Rahmen der gesetzlichen Schulpflicht mit Einschluss des Unter-richts in Hufs- oder Förderklassen (Art. 8, Abs. 2, IVV). Die Sonderschul-massnahmen können über das ordentliche Schulalter hinaus gewährt werden, wenn dies notwendig ist (Art. 8, Abs. 3, IVV). Die Anspruchsvoraussetzun-gen und der Umfang der LeistunAnspruchsvoraussetzun-gen sind in den Artikeln 9 bis 11 IVV um-schrieben. Einige der obenerwähnten Bestimmungen sind am 1. Januar 1971 in Kraft getreten, andere am 1. Januar 1968. Hinsichtlich der Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art in Form von Sprachheilbehandlung sahen die bis 31. Dezember 1967 gültigen Vorschriften die Gewährung eines Bei-trages an die Kosten des «zusätzlichen Unterrichts» vor, sofern dieser not-wendig war, um dem schwer sprachgebrechlichen Versicherten den Besuch des Volksschulunterrichts zu ermöglichen (Art. 10, Abs. 2, alt IVV).

Die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften bezüglich der Bewilli-gung der Sprachheilbehandlung wirft gewisse Probleme auf, die der eidge-nössischen Aufsichtsbehörde nicht entgangen sind. In der Tat hat diese Be-hörde im Jahre 1968 eine Konferenz über Probleme der Sprachgebrechen anberaumt.

Das BSV hat in einem Bericht vom 8. April 1969 die Schlussfolgerungen, zu denen die Konferenz gelangt ist, festgehalten. Entsprechend diesem Be-richt sollen «als schwere Sprachstörungen» (oder als Störungen der gespro-chenen und geschriebenen Sprache) solche gelten, welche die nachstehenden Beeinträchtigungen bereits verursacht oder mit grosser Wahrscheinlichkeit zur Folge haben werden, nämlich:

Veränderungen in der Persönlichkeit des Kindes, oder

ein schulischer Rückstand, welcher geeignet ist, ein schweres Miss-verhältnis zwischen der geistigen Entwicklung des Kindes und der Beherrschung der Sprache sowie anderer Schulkenntnisse zu ver-ursachen, oder

ein schweres Missverhältnis zwischen den Berufen, welche das Kind wird ausüben können, wenn die Störungen nicht (mit Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art) behandelt werden, und denjenigen, die es angesichts seiner intellektuellen, affektiven und charakterlichen Eigenschaften ausüben könnte, wenn die Störungen behoben wären.»

Dabei könnten Schulschwierigkeiten, «die sich nur zum Teil und beiläufig in einer Verzögerung der Sprachentwicklung äussern», nicht zulasten der IV

«behandelt» werden, «da es Sache der kantonalen und kommunalen Schul-behörden ist, für die schulische Förderung solcher Kinder zu sorgen». Da-gegen sollte die IV stets die Kosten für die Behandlung derjenigen Sprach-störungen übernehmen, die in erster Linie zurückzuführen sind auf eine Seh-behinderung oder Schwerhörigkeit mit zentraler oder peripherer Ursache, auf eine anatomische Veränderung der Sprachorgane oder auf eine neurolo-gische Störung der Sprachorgane hervorgerufen durch die Schädigungen des zentralen oder peripheren Nervensystems. Das gleiche sollte für das Stottern in all seinen Erscheinungsformen gelten, ebenso für die Dyslexie, sofern sie von einer schweren Störung des Körperschemas oder des räumlichen Orien-tierungssinnes begleitet ist. Ausgeschlossen von der Übernahme durch die IV sollten die Behandlungskosten sein, die hauptsächlich zurückzuführen sind auf Geistesschwäche, Schulunreife, Trägheit, Unaufmerksamkeit und Kon-zentrationsmangel des Kindes; auf Zweisprachigkeit, ungeeignete Lehrmetho-den und falsche Wahl der Schulart.

Die Festlegung der Diagnose und des Behandlungsplanes für schwere Sprachgebrechen sollte Sache eines - wenn immer möglich unter der Leitung eines Arztes stehenden Sachverständigenteams sein. Während einer Über- gangszeit werde man allerdings gezwungen sein, sich mit unterschiedlichen Lösungen zufrieden zu geben; immerhin müsse Gewähr dafür bestehen, dass Diagnose und Behandlungsplan von Sachverständigen stammen.

Was die von Logopäden geforderte Ausbildung betrifft, sollte von einem Minimalprogramm ausgegangen werden und als Abschluss eine propädeu-tische Prüfung vorgesehen werden. Im Sinne einer ttbergangslösung sollte ein Bewilligungsverfahren eingeführt werden.

3. Der allgemeine Bericht von Prof. Luchsinger kann wie folgt zusam-mengefasst werden:

I. In der Heilpädagogik versteht man unter Dyslexie und Dysorthogra-phie das angeborene oder früh erworbene Unvermögen durchschnittlich in-

telligenter Kinder, das Schreiben und Lesen entsprechend den üblichen Me-thoden zu lernen. Dyslexie und Dysorthographie werden nicht durch irgend-welche Schwächen der Sehkraft oder des Gehörs verursacht, sondern durch eine oft erbliche Schädigung einer Gehirnzone, welche das Unterscheidungs-vermögen und die Deutung der Schriftzeichen und der wahrgenommenen Töne beeinträchtigt (optische Agnosie und akustische Agnosie). Das Gebrechen wird von einer gewissen Störung des Orientierungssinnes zwischen rechts und links, manchmal auch in der Vertikalen begleitet. Die Buchstaben werden oft seitenverkehrt geschrieben. Die Fähigkeit, das geschriebene Wort in seiner Gesamtheit wahrzunehmen, fehlt. Sehr oft besteht keine Störung der Spontan-sprache, eine genaue tYberprüfung zeigt aber oft Konjugationsfehler, einen primitiven Satzaufbau und eine Unkenntnis des Rhythmus.

In den Fällen eigentlicher Sprachstörungen handelt es sich bei Kindern oft um ein Stammeln, um ein Umstellen oder um ein Auslassen von Lauten.

Diese Leiden können sowohl erblich als auch erworben sein. Die Ursache des Sprachfehlers liegt dann meist in einer Schwerhörigkeit oder in Erkrankun-gen der Nase oder des Gaumens.

Gemäss den Ausführungen des Experten darf ein enger Zusammenhang zwischen den sprachlichen Schwierigkeiten und Störungen der geschriebenen Sprache wie auch solcher im Rechnen als gegeben betrachtet werden.

Sprachfehler können das Kind in seiner schulischen Entwicklung schwer behindern. Es handelt sich dabei um die eigentlichen Sprachgebrechen (Dyslalie, Stammeln). Es kann sich aber auch um Dyslexie und Dysortho-graphie handeln.

Die heilpädagogische Sprachbehandlung besteht darin, das im Vor-schul- oder Schulalter stehende Kind in der Sprache nachzuerziehen, gemäss den von den Spezialärzten (Phoniatern), Ohren-, Nasen- und Halsärzten, Neurologen und Kinder-Psychiatern vermittelten Methoden. In schweren Fällen (zerebrale Schäden) findet die Behandlung in Heimen statt, zum Beispiel nach der Bobath-Methode; ebenso bei geistiger Behinderung, wo zu-sätzlich ein Kinderpsychiater beizuziehen ist.

Die Behandlung drängt sich auf, sobald feststeht, dass das Kind in seiner schulischen Entwicklung schwer behindert ist.

In leichten Fällen (Stammeln, Dyslexie, Dysorthographie, Näseln) wird die Behandlung bis zum Zeitpunkt dauern, in dem das Kind in der Schu-lung praktisch nicht mehr behindert ist. Dieses Ziel wird bei Sprachfehlern, die nur zwei oder drei Laute betreffen, mit einer verhältnismässig geringen Anzahl Behandlungsstunden erreicht. Die Behandlung des universellen Stam-melns dauert üblicherweise 6 bis 12 Monate und sollte in einem dafür spe-zialisierten Heim vorgenommen werden. Das Stottern bietet wegen der Viel-falt der möglichen Ursachen grössere Schwierigkeiten.

Es sollten besonders eingerichtete ärztliche Zentren geschaffen wer-den, welche genaue Diagnosen und Behandlungspläne aufzustellen hätten.

Es muss unterschieden werden zwischen der eigentlichen Sprachheilbehand-lung und den medizinischen Massnahmen (im Sinne der Art. 12 und 13 IVG), die sich beispielsweise in Form von Operationen bei Schwerhörigkeiten oder Gebissanomalien aufdrängen können. Im übrigen ist die Sprachheilbehand-lung manchmal, insbesondere bei Kleinkindern, durch Psychotherapie, Ent-

spannungsturnen und tYbungen zur Verbesserung der schlechten Atmung zu ergänzen; all das unter ständiger ärztlicher Kontrolle.

4. Sowohl das BSV als auch der vom Gericht beauftragte Experte letzterer auf Veranlassung des EVG - haben versucht, Grundsätze aufzu-stellen für die Kostenübernahme von Sprachheilbehandlungen durch die IV.

Dies erscheint unumgänglich, um Missbräuche zu verhindern. Dieses Problem ist heute jedoch noch nicht in seiner Gesamtheit zu lösen. Diese Aufgabe ob-liegt vor allem der eidgenössischen Aufsichtsbehörde. Immerhin ist es bereits jetzt möglich, gewisse Mindestanforderungen festzulegen, welche sich aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes ergeben.

Einleitend ist hervorzuheben, dass nach den Ausführungen des eidgenös-sischen Gerichtsexperten bei gewissen Schülern, ausser dem Sprechen, Lesen und Schreiben, auch andere Fähigkeiten durch ein der Dyslexie und der Dys-orthographie ähnliches Gebrechen, dessen Zustand durch eine heilpädagogische Behandlung verbessert werden kann, beeinträchtigt sein können. Man denke dabei an die Fähigkeit des Rechnens und des Musizierens. Der Gesetzgeber hat aber in Art. 19, Abs. 2, Bst. c, IVG, die Sprachgebrechen vorgesehen und nicht etwa diejenigen des Rechnens und des Musizierens. Das lässt sich zwei-fellos durch die zentrale Bedeutung der Sprache als Mittel jeglichen Unter-richts erklären und vermutlich auch durch die besonders grossen Fortschritte, die von der Heilpädagogik auf diesem Gebiet verwirklicht worden sind. Unter diesen Umständen kann aufgrund der heutigen Rechtslage einzig und allein die Behandlung von Sprachstörungen eine Gewährung der in Frage stehen-den Leistungen rechtfertigen. Es müssen aber darunter sowohl die Störungen der geschriebenen wie auch diejenigen der gesprochenen Sprache verstanden werden, wie das BSV und der Experte darlegen.

Bei der Beurteilung, ob ein Fall im Sinne von Art. 9, Abs. 1, Bst. f, IVV vorliegt, muss von einer normalen Intelligenz und einem normalen Fleiss aus-gegangen werden. Somit könnte beispielsweise nicht von schweren Sprach-gebrechen im Sinne der vorerwähnten Vorschrift die Rede sein, wenn der Sprachrückstand vorwiegend auf Geistesschwäche oder Trägheit zurückzu-führen ist. Die Meinungen des BSV und des Experten scheinen sich in diesem Punkt zu decken.

Im übrigen ist hinsichtlich der Schwere des Gebrechens dem Experten in folgendem Grundsatz beizupflichten: Die IV hat nur in den Fällen Lei-stungen zu erbringen, in denen das Kind in seiner schulischen Entwicklung und künftigen Erwerbsfähigkeit schwer beeinträchtigt wäre, sofern es nicht eine spezifische logopädische Behandlung erhält. Es ist wichtig, dass jeder administrative Entscheid in diesem Zusammenhang nach diesem Grundsatz getroffen wird.

Ferner sind die Bedingungen festzulegen, die erfüllt sein müssen, damit die Sprachheilbehandlung zulasten der IV gewährt werden kann. Hier stellt die eidgenössische Aufsichtsbehörde mit Recht fest, dass die Diagnose und der Behandlungsplan für schwere Sprachgebrechen durch ein wenn möglich von einem Arzt geleitetes Spezialistenteam festzulegen sind. Desgleichen ist von den zur Behandlung der Versicherten zugelassenen Sprachheillehrern eine Mindestausbildung zu fordern. Dies auch während der notwendigen Über-gangszeit, bis ein System aufgestellt sein wird, das allen oben aufgeführten Anforderungen entspricht. Letztere müssen auf die Anforderungen abge-

stimmt werden, die an die Therapeuten im Rahmen von Art. 14 IVG gestellt werden.

Was die Leistungsdauer betrifft, so sind die in Frage stehenden Mass-nahmen auf jeden Fall nicht länger zu gewähren, als im allgemeinen Leistun-gen gemäss Art. 19 IVG erbracht werden. Wie das EVG wiederholt fest-gestellt hat, ist die Sonderschulung in der Regel in jenem Alter zu beenden, in dem nicht behinderte Kinder die Volksschule verlassen. Das schliesst aber nicht aus, dass die Sonderschulung unter besonderen Umständen über diese Grenze hinaus verlängert werden kann (siehe z. B. ZAK 1970, S. 280). Unter diesem Vorbehalt ist die Behandlung - entsprechend den Ausführungen des Experten - zulasten der Versicherung bis zu dem Zeitpunkt fortzusetzen, in dem das Gebrechen nicht mehr auffallend ist und sich das Kind in die Schule einfügen kann. Immerhin wird man bei der Beurteilung der Frage, ob die Weiterführung der Behandlung indiziert ist, berücksichtigen müssen, dass gemäss den zurzeit bekannten Tatsachen gewisse Fälle keiner Therapie zugänglich sind, während andere sich nur in geringem Masse beeinflussen lassen.

Diese Grundsätze sind vom Gesamtgericht gebilligt worden.

5. In Anbetracht der vorerwähnten Darlegungen ist es gerechtfertigt, den Fall zur Neubeurteilung im Sinne der genannten Grundsätze an die Ver-waltung zurückzuweisen. Es wird dem BSV obliegen, so bald als möglich diesen Kriterien entsprechende Weisungen zu erlassen.

Urteil des EVG vom 22. Dezember 1971 i. Sa. H.M.

Art. 21, Abs. 1, IVG und Art. 15 IVV. Die Frage, ob der Versicherte wegen Invalidität zur Zurücklegung des Arbeitsweges auf ein Motorfahrzeug angewiesen ist, ist unter Berücksichtigung der ge-samten tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen. Ist anzunehmen, der Versicherte wäre aus beruflichen Gründen (z. B.

als Vertreter), wegen Entfernung des Wohnortes vom Arbeitsort oder mangels geeigneter öffentlicher Verkehrsmittel auch als Ge-sunder auf die Benützung eines persönlichen Motorfahrzeuges an-gewiesen, besteht kein Anspruch auf Motorisierung zu Lasten der IV. Dies gilt sowohl für die leihweise Abgabe von Motorfahrzeu-gen wie für die Gewährung von AmortisationsbeiträMotorfahrzeu-gen.

Der 1930 geborene Versicherte arbeitet seit 1951 als Schlosser, seit 1969 als Werkmeister im gleichen Betrieb. Am 8. April 1969 wurde er Opfer eines Explosionsunglücks und verlor das linke Bein, das «hoch oben im Hüftgelenk exartikuliert» werden musste; ferner büsste er mehrere Fingerglieder der linken Hand ein und leidet seit dem Unfall auch an einer Funktionsbehinde-rung der rechten Hand, des Handgelenks und des Vorderarmes. Die SLJVA versorgte ihn mit einer Prothese, welche nach Angabe des behandelnden Arztes «befriedigend bis gut» sitzt, und gewährte ihm eine Rente von 80 Prozent. Im Februar 1970 nahm der Versicherte die Arbeit beim bisherigen Arbeitgeber wieder teilweise auf; er wird vorwiegend im Werkstattbüro mit Kontrollarbeiten und Arbeitsvorbereitung beschäftigt. Mit Beschluss vom 16. November 1970 sprach ihm die 1V-Kommission, bei welcher er sich im

Februar 1970 zum Leistungsbezug gemeldet hatte, eine halbe Invalidenrente ab 1. April 1970 bei Annahme eines Invaliditätsgrades von 50 Prozent zu.

Der Versicherte wohnt in seinem Eigenheim, 9½ Kilometer vom Arbeits-platz entfernt. Schon vor dem Unfall pflegte er den Arbeitsweg im Auto zu-rückzulegen, das er 1968 erworben hatte. Im November 1969 gab er diesen Wagen, einen «Opel-Rekord», für ein gleiches, aber mit automatischem Ge-triebe versehenes Modell an Zahlung, wobei er rund 6000 Franken aufzahlte.

Diesen Wagen mit automatischem Getriebe benutzt er nun, um seinen Ar-beitsweg zu überwinden.

Mit Kassenverfügung vom 13. November 1970 übernahm die IV die Mehr-kosten von 1015 Franken für das automatische Getriebe.

Der Versicherte erhob gegen diese Verfügung Beschwerde. Er meinte, er sollte nicht mehr einbüssen müssen, als den mit dem ersten Wagen gefahre-nen 6000 Kilometern entspreche, also ungefähr 1800 Franken; demnach müssten ihm mindestens 4200 Franken an den neuen Wagen vergütet wer-den. Hätte er keinen neuen Wagen gekauft, so könnte er heute noch nicht wieder arbeiten gehen.

Die kantonale Rekursinstanz schützte mit Entscheid vom 22. Januar 1971 die Verwaltungsverfügung und wies die Beschwerde ab. Nur die Anpassungs-kosten des Autos an die Behinderung des Beschwerdeführers seien invalidi-tätsbedingt, nicht aber das Automobil selber; denn ein solches benutze auch ein Gesunder, der einen Arbeitsweg von 9½ Kilometer zurücklegen müsse und wie hier keine geeigneten öffentlichen Verkehrsmittel zur Ver- fügung habe.

Gegen diesen Entscheid erhob der Versicherte Verwaltungsgerichtsbe-schwerde mit dem Rechtsbegehren, es seien ihm wenigstens 4200 Franken an den neuen Wagen zu vergüten. Er sei als Gesunder mindestens sieben Jahre

Gegen diesen Entscheid erhob der Versicherte Verwaltungsgerichtsbe-schwerde mit dem Rechtsbegehren, es seien ihm wenigstens 4200 Franken an den neuen Wagen zu vergüten. Er sei als Gesunder mindestens sieben Jahre

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