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4 Die analytische Erfassung von Isocyanaten

4.2 Derivatisierungsreagenzien für Isocyanate

Um ein geeignetes Derivatisierungsreagenz auszuwählen wurden folgende Anforderungen festgelegt:

• Das Derivatisierungsreagenz soll MS-gängige Derivate ermöglichen

• Die Derivate sollen einen gute MS-Response besitzen

• Es sollen spezifische MS-Qualifier für Harnstoffaddukte und die Monomeren existieren

• Sie sollten möglichst fluoreszierend und UV-aktiv sein

• Die Derivate sollen ein möglichst geringes Molekulargewicht besitzen, um auch Oligomere in einem angemessenen Massenbereich detektieren zu können

• Das Derivatisierungsreagenz soll eine hohe Reaktivität zu den Isocyanaten besitzen, um

• Der Reagenzüberschuss soll sich leicht entfernen lassen

• Es sollte ein möglichst in der Analytik von Isocyanaten etabliertes Reagenz sein, um den Entwicklungsaufwand der Methode gering zu halten.

Die bisher in der Analytik von Isocyanaten als Derivatisierungsreagenzien beschriebenen Substanzen PP, MOPP, Nitro-C, Tra, MAMA, DBA, DPA und DEA (Abb. 8, vgl. 10.4.1 Tab. 39) wurden verglichen.

N

H N

N

N

H N

O CH3

N

H N NO2

NH2

NH

NH CH3

C H3

NH

CH3 C

H3 N

H CH3 H3C N

H CH3

PP MOPP MAMA

TRA

Nitro-C

DBA DPA DEA

Abb. 8 Derivatisierungsreagenzien für Isocyanate

Die Derivatisierung erfolgte mit den Reagenzien an einem Isocyanat-Standardgemisch mit den Substanzen (HDI, MDI, IPDI, TDI und NI, s. 10.4.1 Tab. 37) (AM 10, s. 10.3) unter identischem Vorgehen. Lediglich bei Einsatz des MAMA-Reagenzes musste die Derivatisierung aufgrund der Lichtempfindlichkeit dieser Substanz im Dunkeln erfolgen.

Amine zeigen auf Umkehrphasen eine starke Tendenz zum Tailing, wodurch die Detektion nachfolgender Substanzen, in diesem Fall die der Derivate beeinträchtigt werden könnte (Abb.

9, oben). Wird der Reagenzüberschuss hingegen mit Essigsäureanhydrid acetyliert, so eluiert das überschüssige Derivatisierungsreagenz als scharfer Peak zu Beginn der Chromatographie (Abb. 9, unten). Die bereits von KARLSSON et al. (1998a) beschriebene Variante einer Acetylierung des überschüssigen Reagenzes wurde überprüft und für die nicht flüchtigen Reagenzien übernommen.

0 5 10 15 20 25 min

mAU

0 500 1000 1500 2000 2500

Abb. 9 HPLC-UVD-Chromatogramm von PP

Ohne Acetylierung (oben) und mit Acetylierung (unten), Bedingungen s. 4.5 Tab. 4

Bei der Derivatisierung erfolgt in einer Additionsreaktion des Isocyanates mit den primären bzw.

sekundären Aminen die Bildung eines Harnstoffderivates (beispielhaft: PP, Abb. 10).

R N C O + HN N

N

R N

H CO N N

N

Abb. 10 Bildung eines Harnstoffderivates aus Isocyanat und PP

4.2.1 Eignung für massenselektive Detektion

Zur Überprüfung der Eignung der Derivatisierungsreagenzien für ein Screening auf Isocyanate wurde mittels HPLC-MSD auf das Vorhandensein auf spezifische Fragmente, die als Qualifier verwendet werden können, untersucht (Abb. 11).

0 5 10 15 20 25 min

mAU

0 50 100 150 200 250

NH CO N

H R2

R1

F1 F2

R1 = Isocyanat-Rest

R2 = Derivatisierungsreagenz-Rest F1 = reagenzspezifisches Fragment

F2 = spezifisches Fragment für das Harnstoffaddukt Abb. 11 Isocyanatderivate: Spezifische MS-Fragmente

Alle untersuchten Derivatisierungsreagenzien zeigten im MS ein oder mehrere für das Derivatisierungsreagenz spezifische Qualifier. Für die Derivate von Nitro-C und MAMA war kein und für die von MOPP und TRA nur ein Qualifier für ein Harnstoffaddukt mit geringer Intensität detektierbar (s. 10.4.1 Tab. 41). Als Qualifier verwertbare spezifische Fragmente für ein Harnstoffaddukt waren bei den Dialkylaminen (m/z 156 (DBA), m/z 128 (DPA) und m/z 100 (DEA)) und bei PP (m/z 190) vorhanden. Die Reagenzien Nitro-C, MAMA, MOPP und TRA sind somit für ein Screening wenig geeignet.

Die Empfindlichkeit bei der MS-Detektion ist bei den Derivaten unterschiedlich. Die Response ist bei den PP-Derivaten am höchsten, gefolgt von den MOPP-Derivaten und bei den MAMA-Derivaten am geringsten. Selbst die unempfindlichsten PP-Derivate zeigen eine höhere Response als z. B. die empfindlichsten MAMA-Derivate (Abb. 12 vgl. 10.4.1 Tab. 42)

Abb. 12 Diisocyanatderivate: MS-Responsebereiche Derivatisierung s. Abb. 28, Bedingungen s. 4.5 Tab. 4

0 5000000 10000000 15000000 20000000 25000000

MS-Response DEA

DPA DBA PP MOPP Nitro C Tra MAMA

4.2.2 Elutionsverhalten der Derivate

Ein weiterer wichtiger Faktor zur Auswahl geeigneter Derivatisierungsreagenzien sind die unter gleichen chromatographischen Bedingungen ermittelten Retentionszeiten der Derivate.

Die kürzesten Retentionszeiten zeigen die Isocyanat-Derivate der Reagenzien PP und DEA.

Die Derivate von Tra, MOPP, Nitro C und DPA haben im Gegensatz dazu etwas verlängerte Retentionszeiten. Auf Grund einer starken Retardierung mussten die Derivate der Reagenzien Nitro C, DPA, DBA und MAMA bei einem höheren Acetonitrilanteil des Eluenten chromatographiert werden. Bei Verwendung von MAMA und DBA eluierte das zweite MDI-Isomer jedoch auch bei einem Acetonitrilanteil von 80% nicht mehr in einem für die Routineanalytik vertretbaren Zeitraum (s. 10.4.1 Tab. 43).

Der Acetonitrilanteil des Eluenten sollte möglichst niedrig sein, um Koelution mit Störsubstanzen aus der Verpackung zu verhindern. Somit entsprechen die Derivatisierungsreagenzien MAMA und DBA nicht den Anforderungen.

Die starke Verschiebung der Retentionszeiten von Derivaten aus Isocyanaten mit sekundären aliphatischen Aminen, die z.B. eine Verdoppelung der Retentionszeit eines MDI-DBA-Derivates im Vergleich zu dem entsprechenden Derivat von DEA zeigt, führt bereits TINNERBERG et al.

(1997) an.

Da bei der Produktion von Lebensmittelverpackungen in der Regel oligomere Isocyanate in Form von Reaktivklebern oder aber geblockten Isocyanaten eingesetzt werden, ist nicht nur mit Diisocyanaten selbst, sondern auch mit höhermolekularen Isocyanaten bei der Analytik zu rechnen. Mittels eines handelsüblichen isocyanathaltigen Präpolymerisates wurde das Elutionsverhalten in Hinblick auf die Derivatisierungsreagenzien untersucht. Erwartungsgemäß zeigte sich eine Verschiebung der Elution zu späteren Retentionszeiten bzw. es war ein höherer Acetonitrilanteil notwendig, um die Elution der oligomeren Isocyanat-Derivate zu erreichen.

Reagenzien, deren Diisocyanatderivate bereits relativ spät eluieren, sind für die Detektion oligomerer Isocyanate nicht geeignet. Hierzu zählen die Reagenzien MAMA, DBA, DPA, Nitro C sowie MOPP. Ein zusätzliches Problem zeigt sich bereits in der Aufarbeitungsphase der oligomeren Isocyanatderivate. So sind einige Isocyanatderivate der verwendeten Reagenzien nicht oder nur unzureichend löslich.

4.2.3 Auswahl geeigneter Derivatisierungsreagenzien

Nach Untersuchung der Reagenzien zur Derivatisierung von Isocyanaten anhand wichtiger, oben aufgeführter Parameter, erwiesen sich PP und DEA als am besten geeignet für diese Methode. Diese Derivatisierungsreagenzien erfüllen die Kriterien, die zu Beginn der Methodenentwicklung vorausgesetzt wurden.

Zum einen ist das Molekulargewicht beider Reagenzien niedrig, im Falle von DEA mit 73 g/mol sogar sehr gering. Daher ist auch eine Detektion oligomerer Isocyanate in einem adäquaten

Massenbereich durchführbar. Zum anderen sind die chromatographischen Eigenschaften der Derivate von PP und DEA besser als die der anderen Derivatisierungsreagenzien. Es ist eine gute Trennung aller Isocyanatderivate möglich und der Acetonitrilanteil des Eluenten kann im Vergleich zu den anderen Reagenzien bei PP und DEA niedriger gehalten werden. Auch die Chromatographie des oligomeren Isocyanats ist im Gegensatz zu den übrigen Derivatisierungsreagenzien mit PP und DEA gut durchzuführen. Lediglich die starke Abhängigkeit der Retentionszeiten der Derivate vom Acetonitrilanteil des Eluenten sind als nachteilig zu bewerten.

Im Hinblick auf die Detektion der mit PP als auch mit DEA derivatisierten Isocyanate lassen sich folgende Faktoren zusammenfassen: Die massenselektive Detektion zeigt bei PP-Derivaten eine hohe Response, bei DEA-Derivaten ist diese Response etwas niedriger. Beide Reagenzien-Derivate weisen charakteristische Qualifier für reagenzspezifische Fragmente und Harnstoffderivat-Fragmente auf.

Eine UV-Detektion ist bei PP-Derivaten problemlos, bei DEA-Derivaten nur für die aromatischen Isocyanate möglich. Dies ist auf ein fehlendes Chromophor des DEA-Reagenzes zurückzuführen.

Ähnlich verhält es sich bei der Fluoreszenzdetektion. Aufgrund der Fluoreszenzfähigkeit von PP können die PP-Derivate detektiert werden. DEA verfügt aufgrund seiner Struktur nicht über fluoreszierende Eigenschaften.

Da die Methode jedoch als Routinemethode zur Bestimmung von Isocyanaten mittels Fluoreszenzdetektion eingesetzt werden soll, wurde PP als “Routine“-Derivatisierungsreagenz ausgewählt. Um aber darüber hinaus die Möglichkeit zu haben, auch unbekannte Isocyanate zu identifizieren, soll zu diesem Zweck das Reagenz DEA zum Einsatz kommen. Hierzu erfolgt eine parallele Derivatisierung der unbekannten Isocyanate mit PP und DEA und eine Analyse mittels HPLC-MSD, an die sich durch Zuordnung korrespondierender Peaks eine Identifizierung der isocyanathaltigen Substanz anschließt.