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2. Arbeitsrecht und Berufsbildung

2.3. Der Lehrvertrag

2.3.1. Gesetzliche Grundlagen

Die grundsätzlichen Bestimmungen über den Lehrvertrag als befristeten Arbeitsvertrag finden sich im OR sowie im BBG. Die Art. 344 – 346a OR regeln den Lehrvertrag als einen besonderen Einzelarbeitsvertrag. Der Art. 344 OR hält fest, dass sich bei einem Lehrvertrag der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin verpflichtet, die lernende Person für eine bestimmte Berufstätigkeit fachgemäss zu bilden, während sich die lernende Person verpflichtet, zu diesem Zweck Arbeit im Dienst des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin zu leisten. Die Arbeit dient somit nicht primär dem Zweck, dass das Unternehmen einen wirtschaftlichen Erfolg durch die Arbeitsleistung erzielen kann, sondern, dass der Lernende oder die Lernende seine oder ihre berufliche Ausbildung erhält (Schürer, 2013, S. 235). In Art. 344a Abs. 1-6 OR werden wichtige Bestimmungen zur Entstehung des Lehrvertrages festgehalten, wie etwa der Formpflicht der Verschriftlichung (Art. 344a Abs. 1 OR). Im Lehrvertrag sind zudem gemäss Art. 344a Abs. 2 OR die Art und Dauer der Bildung, der Lohn, die Probezeit, die Arbeitszeit und die Ferien zu regeln. Die Probezeit muss zwischen einem und drei Monaten liegen und kann unter Zustimmung der kantonalen Instanz auf maximal ein halbes Jahr verlängert werden (Art. 344a Abs. 3-4 OR). Darüber hinaus wird ebenfalls festgehalten, dass im Lehrvertrag weitere Leistungen, Versicherungsprämien, Unterkunft, Verpflegung und die Beschaffung von Berufswerkzeugen Vertragsgegenstand sein können (Art. 344a Abs. 5 OR). In Art. 344a Abs. 6 OR wird zudem ein Abredeverbot über allfällige Einschränkungen über die weitere berufliche Tätigkeit formuliert.

Über die Bestimmungen des normierten Arbeitsvertrages hinaus – geregelt in Art. 319 – 343 OR – werden in Art. 345 & 345a OR weitere, besondere Pflichten der lernenden Person und des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin festgehalten. Im Zentrum steht dabei, dass die lernende Person alles unternehmen muss, um das Lehrziel zu erreichen. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin muss für die Ausbildung qualifiziert sein und die lernende Person für den Unterricht und allfällige Kurse freistellen (Art.

345a Abs. 1-2 OR). Vor Abschluss des 20. Lebensjahres hat die lernende Person ausserdem Anspruch auf fünf Wochen Ferien (Art. 345a Abs. 3 OR). Die lernende Person darf nicht für Arbeiten eingesetzt werden, die mit dem zu erlernenden Beruf nichts zu tun haben oder die Berufsbildung beeinträchtigen könnten (Art. 345a Abs. 4 OR).

In Art. 346 Abs. 1 & 2 lit. a-c OR sind die besonderen Bestimmungen zur Auflösung des Lehrverhältnisses während der Probezeit und danach geregelt. Gemäss Art. 346a Abs. 1-2 OR steht der lernenden Person ein Lehrzeugnis zu, welches über den erlernten Beruf und die Dauer der Ausbildung Auskunft gibt. Nur auf Verlangen der lernenden Person werden Angaben über Fähigkeiten, Leistungen und das Verhalte n während der Lehrzeit gemacht.

Im Art. 14 BBG ist, übergeordnet zum OR festgehalten, wie ein Lehrvertrag abzuschliessen und zu genehmigen sei und wie verfahren wird, wenn ein Betrieb geschlossen, ein Lehrverhältnis aufgelöst oder eine Lehre in mehreren Betrieben absolviert wird. In Art. 8 BBV sind weitere Bestimmungen zum Lehrvertrag aufgeführt, insbesondere über die Form des Lehrvertrages und den Bestimmungen bezüglich Probezeit und Genehmigung durch kantonale Stellen.

Die allgemeinen Bestimmungen über den normierten Arbeitsvertrag nach Art. 319 bis 343 OR finden dort Anwendung, wo keine besonderen Bestimmungen dem Lehrvertrag gemäss OR widersprechen und ebenfalls das BBG oder die BBV keine Aussagen macht.

Über die Beschäftigung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen existieren noch weitere Bestimmungen, welche sich jedoch nicht unmittelbar auf den Lehrvertrag als solches beziehen. Damit gemeint sind beispielsweise der Jugendschutz im Arbeitsgesetz, das Leisten von Überstunden, oder verbotene Arbeiten. Diese rechtlichen Grundlagen, die ebenfalls von Bedeutung sind, werden im Kapitel 2.5.

behandelt.

2.3.2. Pflichten des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin

Die zentrale Pflicht der lernenden Person wurde bereits im vorangehenden Kapitel erwähnt. Im Zentrum der Lehre und der Pflicht steht, dass das Lehrziel erreicht wird.

Da über die explizite Gültigkeit, respektive Ungültigkeit der gesetzlichen Bestimmungen der Art. 319 bis 343 OR für das Lehrverhältnis keine Hinweise gefunden werden, können diese Bestimmungen ebenfalls hinzugezogen werden. Art.

321 lit. a-e OR hält die allgemeinen Pflichten des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin fest:

Sorgfalts- und Treuepflicht: Arbeiten müssen sorgfältig ausgeführt und zur Verfügung gestellte Maschinen und Apparaturen mit Sorgfalt behandelt werden. Darüber hinaus müssen Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse für sich bewahrt werden und es darf mit dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin nicht in Konkurrenz getreten werden, indem Leistungen gegen Entgelt für Dritte erbracht werden (Art. 321 lit. a OR).

Rechenschafts- und Herausgabepflicht: Alles was eine arbeitende Person während der Tätigkeit hervorbringt oder von Dritten erhält, muss dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin abgegeben werden (Art. 321 lit. b OR).

Überstundenarbeit: Das Leisten von zusätzlichen Stunden ist Pflicht, wenn dies dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin nach Treu und Glauben zugemutet werden kann (Art. 321 lit. c OR).

Befolgung von Anordnungen und Weisungen: Vom Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin gemachte Weisungen und Anordnungen sind nach Treu und Glauben zu befolgen (Art. 321 lit. d OR).

Haftung: Absichtlich oder herbeigeführte Schäden durch die arbeitende Person müssen dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin erstattet werden (Irmtraud, 2013, S. 48).

2.3.3. Pflichten des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin

Wie im Art. 344 OR deutlich wurde, ist eine der hauptsächlichen Pflichten des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin bei einem Lehrvertrag, die lernende Person für einen bestimmten Beruf fachgemäss zu bilden. Darüber hinaus finden sich aber in den Bestimmungen eines normalen Arbeitsvertrages weitere Hinweise auf die Pflichten des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin. In den Art. 322 bis 327 OR ist eine weitere zentrale Pflicht erwähnt: Die Bezahlung des Lohnes und darüber hinaus Bestimmungen zu Akkordlohn, Pfändung oder Abtretung sowie Entschädigung für Gerätschaften oder zur Verfügung gestellte Fahrzeuge. Eine weitere zentrale Pflicht ist im Art. 328 OR Abs. 1-2 aufgeführt, dem Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin ist aufgrund dessen dazu verpflichtet, auf die Persönlichkeit der arbeitenden Person gebührend Rücksicht zu nehmen, dessen Gesundheit zu achten und die Sittlichkeit zu wahren. Nach bestem

Wissen und Gewissen müssen Leben, Gesundheit und Integrität der arbeitenden Person gewahrt und geschützt werden.

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