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5.1 Besiedlungsmuster der Makrofauna im Fehmarnbelt

5.1.1 Der Flachwasserbereich

Der Flachwasserbereich im Untersuchungsgebiet umfaßt die Stationsgruppen A, B und D (Abb. 5.1). Im Grobsandbereich auf der Nordseite des Fehmarnbelts liegen die zum Cluster A gehörenden Stationen 36 und 49, sowie die zum Cluster B gehörenden Stationen 47 und 29, von denen der Untersuchungsstandort 29 ebenfalls Grobsand aufwies, die Station 47 bei der Beprobung am 2.09.1997 jedoch feinsandigen Schlick. Die Stationen 12, 41 und 8 des Clusters D liegen im feinen schlickigen Sand im südlichen Flachwasserbereich des Untersuchungsgebietes.

Artenzahl, Abundanz und Biomasse. Die Cluster A und B unterscheiden sich hinsichtlich der Artenzahl, der Abundanz und der Biomasse in starkem Maße. An den Stationen 36 und 49 des Clusters A kamen bei der Beprobung im September wesentlich mehr Arten mit höheren Abundanzen vor als an den Probennahmeorten 47 und 29 des Clusters B. Die aschefreien Trockengewichte der Stationsgruppe A waren aufgrund des großen Vorkommens von Mytilus edulis durchschnittlich etwa 15 mal so hoch wie die der Stationsgruppe B. An den fein-sandigen und schlickigen Stationen des Clusters D wurden im Durchschnitt doppelt so viele Arten mit wesentlich höheren Abundanzen gefunden wie an den Stationen der Cluster A und B (Tab. 4.4, 4.6). Auch die Biomasse (AFTG) des Clusters D lag aufgrund des Vorkommens von Mya arenaria an der Station 12 am 26.06.1997 im Schnitt doppelt so hoch wie an den Flachwasserstationen auf der Nordseite des Untersuchungsgebietes.

Abb. 5.1: Zugehörigkeit der Stationen zu den Clustern A bis F

Das Artenspektrum im Flachwasserbereich. Hinsichtlich des Artenspektrums zeigen die drei Stationsgruppen dagegen kaum Unterschiede; sie liegen daher im MDS-Plot (Abb. 4.14) auch in unmittelbarer Nähe zueinander.

Frequenzen. Insgesamt traten an allen Flachwasserstationen im Fehmarnbelt 58 verschiedene Arten mehr als einmal auf; davon 27 mit einer Frequenz von über 50 %, so daß also etwa die Hälfte aller im Flachwasserbereich gefundenen Arten nicht nur sporadisch in den Proben vorhanden sind. Die Arten Mytilus edulis, Pygospio elegans, Hydrobia sp. und Macoma balthica sowie Oligochaeta indet. wurden mit einer Frequenz von 100 % gefunden. Die Baltische Plattmuschel (Macoma balthica) trat im feinsandigen und schlickigen Flachwasserbereich auf der Südseite des Fehmarnbelts etwa viermal so häufig auf wie im Grobsandbereich auf der Nordseite. Im Durchschnitt über den gesamten Flachwasserbereich wurden ca. 300 Ind./m² gefunden. M. balthica kam im Fehmarnbelt bis in Tiefen von 28 m vor, wobei an den Tiefwasserstationen über 18 m Wassertiefe die durchschnittliche Individuenzahl jedoch nur 12 Ind./m² betrug. Dies stimmt mit den Angaben von SCHULZ

(1969b), JAGNOW & GOSSELCK (1987) und ZETTLER et al. (2000) überein, die bei ihren jeweiligen Untersuchungen in der Mecklenburger Bucht und dem Fehmarnbelt die zentralen und schlickigen Bereiche von M. balthica nahezu unbewohnt fanden.

Dominierende Arten. Die zahlenmäßig dominierenden Arten waren Hydrobia sp., Mytilus edulis und Pygospio elegans, wobei Hydrobia sp. zugleich der mit Abstand häufigste Gastropode im Flachwasserbereich des Fehmarnbelts war. JAGNOW & GOSSELCK (1987) fanden H. ulvae und H. ventrosa im flachen Küstenbereich von der Kieler Bucht bis in den Finnischen und Bottnischen Meerbusen ebenfalls sehr häufig. Im Untersuchungsgebiet kam Hydrobia sp. mit Abundanzen von durchschnittlich 4400 Ind./m² vor. Ähnlich hohe Anzahlen geben ZETTLER et al. (2000) für den Flachwasserbereich der Mecklenburger Bucht an.

SCHULZ (1969b) beschreibt ebenfalls für die Mecklenburger und die Lübecker Bucht in Tiefen bis zu 11 m ein massenhaftes Vorkommen von H. ulvae.

Die häufigste Muschel im flachen Grobsandbereich im Fehmarnbelt ist die Miesmuschel (Mytilus edulis), die hier mit einer durchschnittlichen Dichte von ca. 1900 Ind./m² vorkam.

Im schlickigen, sandigen Flachwasserbereich auf der Nordseite des Untersuchungsgebiets wurden dagegen nur durchschnittlich ca. 60 Ind./m² gefunden. Möglicherweise fehlen in diesem Gebiet Anheftungsmöglichkeiten, da M. edulis eine fremde Muschelschale oder einen ausreichend großen Kiesel als Substrat zur Festheftung ihrer Byssusfäden benötigt. Nach JAGNOW & GOSSELCK (1987) kommt die Art in der Ostsee von der Kieler Bucht bis in den Finnischen und Bottnischen Meerbusen auf allen Substraten sehr häufig vor. Sie geben als

Hauptverbreitungsgebiet Sandböden oberhalb von 40 m an. SCHULZ (1969b) fand in der Mecklenburger Bucht Grobsand und Kiese von M. edulis bei der Besiedlung bevorzugt. Nach ZETTLER et al. (2000) ist die Miesmuschel die häufigste Molluskenart in der Mecklenburger Bucht und lebt bevorzugt im Flachwasserbereich unter 15 m Wassertiefe.

Der Spionide Pygospio elegans ist ein typischer Flachwasserbewohner, bei dem die Sedimentbeschaffenheit für das Vorkommen eine entscheidende Rolle spielt. Er lebt in senkrecht im Sediment ausgebildeten Wohnröhren aus Sand und Schill und kommt an den sandigen und schlickigen Untersuchungsstationen im südlichen Flachwasserbereich des Fehmarnbelts in wesentlich höheren Abundanzen (durchschnittlich ca. 1000 Ind./m²) vor als an den Grobsandstationen der Nordseite des Untersuchungsgebietes, wo er jedoch in noch relativ hohen Abundanzen ebenfalls gefunden wurde (durchschnittlich 400 Ind./m²); SCHULZ

(1969b) dagegen traf ihn bei seinen Untersuchungen in der Mecklenburger Bucht auf Grobsand nur sehr selten an. ZETTLER et al. (2000) geben für Sandböden der Mecklenburger Bucht zwischen 5 und 15 m durchschnittliche Dichten von über 1000 Ind./m² an.

Möglicherweise unterliegt das Vorkommen von P. elegans im Untersuchungsgebiet annuellen und saisonalen Schwankungen, denn bei der Probennahme an der Station 8 am 26.06.1997 wurden 1958 Ind./m² gefunden, bei der Probennahme am 28.04.1999 dagegen nur 110 Ind./m².

Andere regelmäßig auftretende Arten. Neben den bereits angeführten kommen weitere Arten regelmäßig an den Flachwasserstationen im Untersuchungsgebiet vor. Die aus Mytilus edulis bestehenden Muschelbänke bieten Lebensraum für andere Tiere. So sind die Cirrepedier Balanus crenatus und B. improvisus hier fast immer zu finden. Häufig auch sind in den Muschelhaufen Exemplare von Macoma balthica und Cerastoderma edule sowie juvenile Mya arenaria eingesponnen (SCHULZ 1969b). Letztere drei Muschelarten wurden an den Grobsandstandorten ebenfalls häufig gefunden. Als typische Phytalformen traten die Asseln Idothea chelipes und Jaera albifrons einige Male auf. Die vagilen Crustaceen Crangon crangon, Carcinus maenas und Gastrosaccus spinifer leben nicht ortsgebunden auf der Substratoberfläche und haben eine geringe Substratbindung. Während C. crangon und G.

spinifer ausschließlich auf Sandböden leben, wo sie in der Lage sind, sich in den Sand einzuwühlen und sich diesem farblich anzupassen, wird C. maenas im Phytal sowohl auf Steinen wie auf Sandflächen angetroffen. Als ebenfalls typische Polychaeten des Grobsandbereiches fanden sich der verzweigte Röhren bauende Phytalbewohner Nereis diversicolor sowie die hier regelmäßig anzutreffende Art Arenicola marina (RUMOHR, persönliche Mitteilung aufgrund von Videobeobachtungen), die U-förmige Röhren bis 30 cm

tief ins Sediment baut und daher als adultes Tier mit dem Bodengreifer nicht erbeutet wird. Es wurden aus diesem Grunde bei vier Probennahmen lediglich juvenile Tiere gefangen.

Außerdem kamen an allen Standorten nicht näher bestimmte Oligochaeten in teilweise so hohen Abundanzen vor, daß sie ebenfalls zu den dominierenden Arten im Flachwasserbereich des Untersuchungsgebietes zu rechnen sind. Die Gastropoden Retusa truncatula und R.

obtusa wurden in den Feinsandbereichen des Fehmarnbelt gefunden, während auf den groben Sanden Littorina sp., Littorina littorea und Turbuella inconspicua auftraten. Alle diese sind typische Vertreter des Phytals, die sich jedoch auch auf Sand ernähren können. Hydrobia sp., Littorina sp. und T. inconspicua sind Weidegänger, die hauptsächlich auf Großalgen Diatomeen abweiden, zum Teil aber auch sich zersetzendes Seegras aufnehmen. Die beiden Retusa-Arten dagegen ernähren sich von diatomeenreichem Schlamm sowie von abge-storbenem Tier- und Pflanzenmaterial. Der vagile räuberische Polychaet Eteone longa fand sich an allen Flachwasserstationen ebenfalls recht häufig. Er kriecht auf der Oberfläche oder in der obersten Sedimentschicht umher und erbeutet dort seine Nahrung, kleine Polychaeten, geht aber auch in die Wassersäule und ist dort ein aktiver Schwimmer (HARTMANN -SCHRÖDER 1996). Die Polychaeten Scoloplos armiger, Nephtys caeca und N. ciliata leben vagil in den obersten Bodenschichten und bewegen sich wühlend und fressend durch das Sediment. Während Scoloplos armiger ein nicht sortierender Substratfresser ist, der mit seinem Rüssel wahllos das Sediment aufnimmt, machen die beiden Nephtys-Arten gezielt Jagd auf kleinere Mollusken, Krebse und Polychaeten. Diese drei Arten sind in allen Sedimenten zu finden. Sie zeigen keine Substratpräferenz (HARTMANN-SCHRÖDER 1996).