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(III) Ergebnisse der Feldstudie bei caninen und felinen Patienten mit Verdacht auf eine Futtermittelallergie

BCS 6-9 BCS 5

2.2 Ergebnisse der Allergiestudie

2.2.1 Demographische Daten zu den Tieren der Allergiestudie

Das Verhältnis Hund - Katze lag in der vorliegenden Arbeit bei 90 % zu 10 %. Dieses Ergebnis lässt annehmen, dass Hunde häufiger an einer Futtermittelallergie erkranken als Katzen. Diese Annahme wurde durch einen statistischen Vergleich mit der Ernährungs-umfrage bestätigt. Danach haben Hunde gegenüber den Katzen ein 2,5-faches Risiko, an einer Futtermittelallergie zu erkranken (χ²=13,2; p<0,001; OR=2,5 (1,47<OR<4,29)). Im Vergleich zu den Befunden der vorliegenden Allergiestudie konnte in einer Auswertung der lehr-stuhleigenen Fälle (Zorn et al., 2005) ebenfalls festgestellt werden, dass 89 % der Tiere mit Verdacht auf eine Futterunverträglichkeit und Allergie auf Futtermittel Hunde waren. Diese Ergebnisse lassen annehmen, dass Katzen entweder unempfindlicher als Hunde sind oder kommerzielle Fertigfutter entgegen der allgemeinen Annahme, dass diese eine Allergie auf Futtermittel prädisponieren, in der Entwicklung einer Allergie doch keine wesentliche Rolle spielen, da Katzen (wie in der Ernährungsumfrage gezeigt werden konnte) hauptsächlich mit kommerziellen Tierfuttern ernährt werden. Dies ist insbesondere deshalb erwähnenswert, da Hunde mit einer Allergie auf Futtermittel signifikant häufiger mit kommerziellen Tierfuttern ernährt wurden als die Hunde der Ernährungsumfrage (Kap. 2.2.6).

2.2.1.1 Von einer Futtermittelallergie betroffene Rassen

Die von einer Futtermittelallergie betroffen Hunderassen waren überwiegend solche, die anhand der Populationsdaten und der Ernährungsumfrage auch häufiger vorkommen (Mischlinge, Golden Retriever, West Highland White Terrier (WHWT), Deutscher Schäfer-hund und Labrador Retriever; Tab. 140). Dennoch konnte bei einem Vergleich mit den Ergeb-nissen der Ernährungsumfrage ein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt werden (χ²=59,3; p<0,001; 7df), der auch bestätigt wurde, wenn die in der Ernährungsumfrage seltener vertretenen Rassen (Boxer, Kanadischer Schäferhund und sonstige Rassen) in dem Vergleich nicht berücksichtigt wurden. Dies kann als Hinweis auf eine Rassenprädisposition gewertet werden. Im Einklang mit Studien von Rosser (1993) aus Amerika und Harvey (1993) aus England waren auch in der vorliegenden Allergiestudie Golden Retriever, WHWT und Deut-sche Schäferhunde überrepräsentiert. Ein erhöhtes Risiko für Boxer wurde auch von Denis and Paradis (1994) in Frankreich beschrieben. Der Labrador Retriever, der laut Rosser

(1993) und laut Chesney (2002, England) ebenfalls ein erhöhtes Risiko für eine Allergie auf Futter-mittel haben soll, war in der vorliegenden Arbeit nicht signifikant häufiger betroffen.

Im Gegensatz zu früheren Arbeiten konnte hier der Kanadische Schäferhund (=Weißer Schweizer) zusätzlich mit einem erhöhten Risiko für eine Futtermittelallergie identifiziert werden. Die Ergebnisse der Allergiestudie stehen zudem mit einer Auswertung der lehrstuhl-eigenen Fälle (Zorn et al., 2005) im Einklang, nach der ebenfalls Boxer, Deutsche Schäfer-hunde, Golden Retriever, WHWT und Mischlinge am häufigsten von einer Allergie auf Futtermittel betroffen waren.

Obwohl bei der Katze solche signifikanten Rassenunterschiede nicht gefunden werden (p=0,064) konnten, war der Anteil der von einer Futtermittelallergie betroffenen British Kurz-haar gegenüber der Ernährungsumfrage überrepräsentiert. Weder White und Sequoia (1989) noch Carlotti et al. (1990) konnten bei der Katze Rassenprädispositionen feststellen. Im Gegensatz dazu berichteten Denis und Paradis (1994) über ein erhöhtes Risiko für Siamesen und Birmakatzen. Dieses Ergebnis war in der vorliegenden Studie nicht reproduzierbar.

Tab. 140: Die Rassenverteilung der Hunde und Katzen im Vergleich beider Studien

1 Hund: n=160, Katze: n=18 2 Hund: n=865, Katze: n=243

2.2.1.2 Die Altersverteilung der Tiere und das Alter bei Erstauftreten der Symptomatik Obwohl laut Literaturangaben (Harvey, 1993; Rosser, 1993, Denis und Paradis, 1994; Vroom, 1994a und White, 1998) die Symptome der Futtermittelallergie bei Tieren jünger als ein Jahr auftreten können, war zum Zeitpunkt der Befragung kein Tier jünger als 1 Jahr. Folglich ergab der Vergleich der Altersverteilung beim Hund zwischen der Allergiestudie und der Ernährungsumfrage einen statistisch signifikanten Unterschied (χ²=50,7; p<0,001; 4df). Diese Beobachtung überraschte nicht, da die überwiegende Zahl der befragten Tierhalter bereits über längere Zeiträume mit ihrem Tier in Behandlung war (Überweisungspatienten). Hinzu kommt, wie bereits dargestellt, die hohe Anzahl junger Tiere in der Ernährungsumfrage durch die Befragungen in Hundeschulen zustande. In der vorliegenden Allergiestudie war jedoch weniger das aktuelle Alter der Tiere bei Studienteilnahme als das Alter bei Erstauftreten der Symptome von Bedeutung. Bei der Katze konnte im Gegensatz dazu kein signifikanter Unterschied in der Altersverteilung festgestellt werden (χ²=6,2; p=0,186; 4df).

Beim Hund liegt das Durchschnittsalter bei Auftreten der ersten Symptome anhand verschie-dener Studien (Tab. 9) zwischen 15 Monaten und 4,4 Jahren. In der vorliegenden Allergie-studie betrug das Durchschnittsalter 2,8 Jahre. Dies entspricht einer Studie aus England

Tierart Rasse Allergiestudie1 (in %)

Ernährungsumfrage2 (in %)

RR

Mischlinge 31,2 31,2 1,0

Golden Retriever 11,3 5,8 1,9

WHWT 9,4 2,0 4,7

Deutscher

Schäferhund 5,6 3,1 1,8

Boxer 5,0 1,4 3,6

Labrador Retriever 5,0 7,3 0,7

Kanad. Schäferhund

(=Weißer Schweizer) 3,1 0,8 3,9

Hund

Sonstige 29,4 48,4 0,6

Europäisch Kurzhaar 72,2 74,1 1,0

British Kurzhaar 11,1 2,1 5,3

Katze

Sonstige 16,7 23,8 0,7

Für die Katze wird von Carlotti et al. (1990) und White und Sequoia (1989) ein schnittsalter von 4 bzw. 4,9 Jahren zu Beginn der Symptomatik angegeben. Das Durch-schnittsalter von 4 Jahren in der vorliegenden Allergiestudie steht im Einklang mit den Angaben von Carlotti et al. (1990).

Der Anteil der Hunde, der zum Zeitpunkt des Erstauftretens der Symptome jünger als ein Jahr war, betrug in der vorliegenden Allergiestudie 35 %. Weitere 36 % der Hunde waren zu Beginn der Symptomatik 1 bis 3 Jahre alt. Diese Ergebnisse sind mit Literaturangaben (Tab. 141) vergleichbar.

Tab. 141: Anteil der Hunde, die zu Beginn der Symptomatik jünger als 1 Jahr und 1 bis 3 Jahre waren – ein Vergleich verschiedener Studien

Studie <1 Jahr alt 1-3 Jahre alt

Walton (1967) 10 % 34 %

Harvey (1993) 52 % keine Angabe

Rosser (1993) 33 % 51 %

Denis, Paradis (1994) 48 % keine Angabe

Vroom (1994a) 55 % keine Angabe

White (1998) 36 % keine Angabe

vorliegende Studie 35 % 36 %

Laut einer Studie von Walton (1967) waren 33 % der Katzen zwischen 1 und 3 Jahren und weitere 50 % 3 bis 6 Jahre zu Beginn der Symptomatik. Im Vergleich dazu hatten in der vorliegenden Arbeit 47 % der Katzen ein Alter von 1 bis 3 Jahren bei Auftreten der ersten Symptome und weitere 24 % waren 4 bis 6 Jahre alt. Auch wenn in der vorliegenden Allergiestudie der Anteil jüngerer Katzen im Vergleich zu den Ergebnissen von Walton (1967) überwog, deuten die Ergebnisse an, dass eine Futtermittelallergie bei Katzen unter einem Jahr seltener auftritt als beim Hund.

2.2.1.3 Die Geschlechtsverteilung der Tiere mit einer Allergie auf Futtermittel

In der Allergiestudie konnten im Vergleich zu der Ernährungsumfrage weder beim Hund noch bei der Katze signifikante Unterschiede in der Geschlechtsverteilung festgestellt werden (Hund: p=0,786; Katze: p=0,866). Bei der Katze lag zudem weder bei dem Vergleich intakter – kastrierter Tiere (p=0,443) noch bei dem Vergleich zwischen männlich intakten und männ-lich kastrierten Tieren (p=0,802) sowie weibmänn-lich intakten und weibmänn-lich kastrierten Tieren (p=0,221) ein statistisch signifikanter Unterschied vor. Im Gegensatz dazu konnte beim Hund ein signifikanter Unterschied zwischen kastrierten und intakten Tieren festgestellt werden (χ²=8,13; p=0,004; OR=1,65 (1,15<OR<2,36), der jedoch nicht in Bezug auf das Geschlecht signifikant war (♂: p=0,603 bzw. ♀: p=0,074).

Insgesamt wurden in der vorliegenden Allergiestudie keine Geschlechtsprädispositionen fest-gestellt. Dies steht im Einklang mit früheren Studien von beispielsweise Carlotti (1990), Rosser (1993), Harvey (1993) sowie Chesney (2002). Jedoch konnte bei den Hunden eine Tendenz dahingehend festgestellt werden, dass kastrierte Hunde häufiger an einer Futter-mittelallergie leiden. In wie fern die Kastration in der Entwicklung einer FutterFutter-mittelallergie eine Rolle spielt, kann anhand der Ergebnisse und der Literatur nicht beurteilt werden. Für die Differenz kann möglicherweise auch die allgemeine Gesundheitsvorsorge im Rahmen häufiger Tierarztbesuche verantwortlich sein. Anhand der bisherigen Daten kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem vorliegenden Ergebnis, um einen Zufallsbefund handelt, dennoch sollte dieser Aspekt in weiteren Studien näher untersucht werden.

2.2.1.4 Der Ernährungszustand der Tiere mit einer Futtermittelallergie

Die Verteilung der Häufigkeiten von Untergewicht, Idealgewicht und Übergewicht anhand der Besitzeraussagen ergab beim Hund einen statistisch signifikanten Unterschied im Ver-gleich zu der Ernährungsumfrage (χ²=31,3; p<0,001; 2df). Die an einer Futtermittelallergie erkrankten Hunde hatten ein vergleichsweise geringeres Risiko an Übergewicht zu leiden als die Hunde der Ernährungsumfrage (χ²=17,8; p<0,001; OR=0,38 (0,24<OR<0,62)). Gründe dafür können einerseits die Erkrankung selber (Diarrhoen, Pruritus, vermehrte Unruhe) sowie andererseits die stärkere Sensibilisierung der Tierhalter auf die Gesundheit ihres Tieres sein.

Bei der Katze konnten keine signifikanten Unterschiede (p=0,810) festgestellt werden.

2.2.1.5 Der Gesundheitsstatus der futtermittelallergischen Tiere

In der Allergiestudie gaben 33 % der Tierbesitzer an, dass ihr Tier weitere Erkrankungen habe. Im Vergleich zu der Ernährungsumfrage waren das nahezu doppelt so viele Tierhalter.

In Übereinstimmung dazu ergab die statistische Auswertung, dass Futtermittelallergiker im Vergleich zu den Tieren der Ernährungsumfrage ein circa 2-fach so hohes Risiko haben, an einer weiteren Erkrankung zu leiden (χ²=19,8; p<0,001; OR=2,15 (1,51<OR<3,08)). Der Ver-gleich der genannten Krankheitsbilder selber ergab keinen statistisch signifikanten Unter-schied zwischen den Studien (χ²=10,0; p=0,263; 8df).

Die Gründe für die Beobachtung, dass Tiere mit einer Allergie auf Futtermittel häufiger weitere Erkrankungen aufweisen, sind unklar. Folgende Ursachen kämen jedoch in Frage:

(1) Die Besitzer von Futtermittelallergikern reagieren sensibler auf ihr Tier und stellen folglich Erkrankungen früher oder überhaupt fest.

(2) Zusätzliche Erkrankungen wurden während der ausführlichen Diagnostik der Allergie auf Futtermittel festgestellt.

(3) Das Immunsystem der Tiere wird durch die bestehende Allergie geschwächt oder es besteht ein Zusammenhang mit Kortisonbehandlungen.

(4) Das Alter der Tiere spielt eine Rolle. In der Allergiestudie lag das Durchschnittsalter sowohl beim Hund als auch bei der Katze oberhalb desjenigen der Ernährungsumfrage.

Beispielsweise lag der Anteil der Hunde mit einem Alter von ≥7 Jahren in der Allergie-studie bei 45 %, während er in der Ernährungsumfrage nur 31 % betrug. Bei den Katzen lag der Anteil der Tiere mit einem Alter von ≥9 Jahren sogar bei 50 % im Vergleich zu 27 % in der Ernährungsumfrage. Diese Altersunterschiede könnten eine Ursache für die erhöhte Anzahl von zusätzlichen Erkrankungen in der Allergiestudie sein, da Kraft (1998) zeigen konnte, dass bei Hunden und Katzen die durchschnittliche Anzahl an Krankheiten mit dem Alter zunimmt. Beim Hund stieg die Anzahl der Erkrankungen von 1,4 im Alter von unter zwei Jahren auf 5,1 in einem Alter von >15 Jahren. Ein hoher Anteil der Hunde (45 %) aus der vorliegenden Allergiestudie lag mit einem Alter von ≥7 Jahren in dem Bereich, in dem laut Kraft (1998) vermehrt zwei bis drei Krankheiten pro Tier auftreten.

Bei den Katzen treten ab einem Alter von ≥11 Jahren durchschnittlich drei und mehr Krankheiten pro Tier auf (Kraft, 1998), was bei einem Anteil von 50 % Katzen mit einem Alter von ≥9 Jahren in der Allergiestudie ebenfalls den erhöhten Anteil an zusätzlichen Erkrankungen erklären könnte.