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4. Diskussion

4.3 Charakterisierung der erstellten Mutanten

4.3.3 Deletion und Überexpression eines Proteins der gEgh16-Familie im Wildtyp 8/1

Das Gen FGSG_00006 codiert ein Protein, welches eine Domäne 3129 mit unbekannter Funktion (DUF3129) beinhaltet und daher verwandt mit einem Protein der gEgh16-Familie ist. Diese Familie ist spezifisch für filamentöse pathogene Pilze. Von Genen dieser Familie sind insgesamt vier Gene in F. graminearum vorhanden (FGSG_00006, FGSG_04647, FGSG_08021 und FGSG_09353), welche im Wildtyp 8/1 alle eine verstärkte Transkription während der Weizeninfektion zeigen. Drei Gene sind zudem deutlich gegenüber den Laufhyphen in den Infektionskissen hochreguliert. Einzig das Gen FGSG_00006 wird in den beiden Zelltypen auf gleichem Niveau transkribiert. Diese Transkriptionsverteilung in der Familie der gEgh16-Gene wurde bereits in Blumeria graminis beobachtet. Auch hier zeigte sich die größtenteils konstante Transkription eines Gens sowie die gesteigerte und abfallende Transkription weiterer Gene dieser Familie während des Infektionsverlaufs (Grell et al., 2003). Daher sollte untersucht werden, welche spezielle Rolle das gEgh16-Protein FGSG_00006 einnimmt.

175 Die Ausschaltung der Gpmk1 führt dazu, dass keine Expression der gEgh16-Gene stattfindet. Dies kann mit der fehlenden Aktivierung des Transkriptionsfaktors FgSte12 (FGSG_07310) durch die Gpmk1 erklärt werden. Dieser Transkriptionsfaktor reguliert in verschiedenen pathogenen Pilzen direkt die Expression von gEgh16-Genen (Xue et al., 2002; Huang et al., 2019). Dafür befindet sich FgSte12 im Wildtyp-Stamm im Zellkern. Die Ausschaltung der Gpmk1 bewirkt, dass FgSte12 hingegen sowohl im Zellkern als auch im Zytoplasma lokalisiert ist (Gu et al., 2015). Die Transkriptom-Daten zeigen zudem, dass sich die Transkription des FgSte12-codierenden Gens zwischen Wildtyp 8/1 und der ΔGpmk1 nicht unterscheidet. Dies stützt die Beobachtung, dass die veränderte Verteilung in der Zelle ein Grund für den Funktionsverlust des FgSte12 ist.

Zur Charakterisierung des FGSG_00006 wurde eine Ausschaltung im Wildtyp 8/1 sowie eine Überexpression in beiden Stämmen vorgenommen.

Die Überexpression des Gens führte im Wildtyp 8/1 zu einer stark reduzierten Rate mit der Konidien gebildet werden. Gegenüber dem Wildtyp 8/1 konnte die Mutante nur noch die Hälfte der Konidien generieren. Hingegen führte die Deletion im Wildtyp 8/1 zu einer erhöhten Produktion von Konidien. In B. graminis konnte gezeigt werden, dass die Transkription eines Gens der gEgh16-Familie während der Keimung von Konidien deutlich erhöht ist (Justesen et al., 1996; Grell et al., 2003). Die beobachteten Veränderungen in der Produktion von Konidien lassen vermuten, dass es sich bei FGSG_00006 um einen hemmenden Faktor bei der Auskeimung von Konidien handelt. Eventuell wird ein Signal nach erfolgter Auskeimung durch das gEgh16-Protein vermittelt, welches weitere unkontrollierte Auskeimungsereignisse vorerst unterbindet.

Obwohl nach 3 Tagen keine Transkription des FGSG_00006 im Myzel des Wildtyps 8/1 und der ΔGpmk1 festgestellt werden konnte, bewirkt die Deletion des Gens im Wildtyp 8/1 eine Steigerung des allgemeinen Wachstums. Dies bedeutet, dass das Gen im Wildtyp 8/1 zu einem früheren Zeitpunkt transkribiert werden muss und das exprimierte Protein das Wachstum negativ beeinflusst. In B. graminis konnte Transkript des ersten beschriebenen gEgh16-Gens während der frühen Wachstumsphase nachgewiesen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt konnte jedoch keine Transkription mehr nachgewiesen werden, daher wurde eine Funktion während des initialen Hyphenwachstums angenommen (Justesen et al., 1996). Dies könnte auch die gesteigerte Konidienproduktion der Ausschaltung des FGSG_00006 erklären, wenn die Deletion einen positiven Effekt auf die Bildung frischen Myzels besitzt.

Dennoch führte die Überexpression des Gens zu keinem reduzierten Wachstum des Wildtyps 8/1 oder der ΔGpmk1. Auch in den Pathogenen Metarhizium acridum und M. grisea wurde durch die Ausschaltung von Genen der gEgh16-Familie kein negativer Effekt auf das generelle Wachstum nachgewiesen (Xue et al., 2002; Cao et al., 2012).

176 Sowohl die Deletion als auch die Überexpression des FGSG_00006 führte im Wildtyp 8/1 zu einer gesteigerten Toleranz gegenüber osmotischem sowie oxidativem Stress. Diese ist bei Ausschaltung des Gens stärker als bei einer Überexpression. Zudem führt die Überexpression nur zu einer Verringerung der Anfälligkeit des Wildtyps 8/1 bei induziertem oxidativem Stress durch höhere Konzentrationen von H2O2 (20 mM).

Die Überexpression des FGSG_00006 in der ΔGpmk1 führte hingegen nur zu einer Wiederherstellung des wachstumsfördernden Effektes der Zugabe von NaCl in niedrigen Konzentrationen (0,8 M), welcher durch die Ausschaltung der Gpmk1 verloren wurde.

Oxidativer Stress führte hingegen zu einer stärkeren Verringerung des Wachstums gegenüber der ΔGpmk1 ohne Überexpression des gEgh16-Gens. Diese gesteigerte Sensibilität der ΔGpmk1 könnte ein weiteres Indiz für die regulatorische Funktion des FGSG_00006 darstellen. Da in der ΔGpmk1, neben vielen weiteren Genen, kein Gen der gEgh16-Familie exprimiert wird, kann einer potentiellen Wirkung des FGSG_00006 auf die Aktivität oder Expression Stress-bezogener Proteine nicht entgegengewirkt werden. Dies führt daher zu der erhöhten Sensibilität. Dass die Deletion sowie die Überexpression des FGSG_00006 eine gesteigerte Toleranz gegenüber den Stressoren im Wildtyp 8/1 zeigt, lässt vermuten, dass das gEgh16-Protein durch seine DUF3129 manche Gene oder deren codierte Proteine sowohl positiv als auch negativ beeinflussen kann. Zu den betroffenen Proteinen könnte beispielsweise die FgHOG1/FgOS-2 gehören. Eine gesteigerte Expression dieses Proteins könnte die erhöhte Toleranz bei hyperosmotischen Bedingungen verursachen, da diese Teil der Bewältigung von osmotischem Stress in F. graminearum ist (Nguyen et al., 2012; Zheng et al., 2012). Bezüglich des induzierten oxidativen Stresses ist unter anderem die Expression von Katalasen von Bedeutung. Diese dienen dem enzymatischen Abbau von H2O2 und können so bei verstärkter Expression eine gesteigerte Toleranz gegenüber oxidativem Stress auslösen (Ponts et al., 2007; Hansberg et al., 2012).

Im Allgemeinen konnte so jedoch festgestellt werden, dass das gEgh16-Protein FGSG_00006 einen Einfluss auf die Stresstoleranz von F. graminearum besitzt. Dies wurde bisher bei keinem anderen Pathogen gezeigt. Ausschließlich eine Untersuchung des gEgh16-Protein-regulierenden Transkriptionsfaktors MaSte12 in dem entomopathogenen Pilz M. acridum beschreibt, dass eine Ausschaltung dieses Gens zu keiner Änderung der Stresstoleranz gegenüber osmotischem oder oxidativem Stress führt (Wei et al., 2017).

Allerdings wurde hier nur eine für F. graminearum eher geringe Konzentration von H2O2

(6 mM) getestet. Zudem ist nicht bekannt welche regulatorische Auswirkung die Deletion des MaSte12 auf Gene der Stressantwort besitzt.

Sowohl die Ausschaltung als auch die Überexpression des FGSG_00006 im Wildtyp 8/1 führte zu einer wesentlich geringeren Präsenz von ROS im frisch gebildeten Myzel der Wachstumszone.

177 Weiterhin führte die Deletion zu einer allgemein verringerten Akkumulation von ROS im gesamten Myzel des Wildtyps 8/1. Diese Eigenschaft deckt sich mit der gesteigerten Toleranz des Wildtyps 8/1 gegenüber oxidativem Stress durch die Modifikation der Expression des FGSG_00006. Das insgesamt verringerte Oxidationspotential im Myzel zeigt ebenfalls eine veränderte Aktivität ROS produzierender oder abbauender Enzyme in F. graminearum.

Während der Infektion von Weizen äußert sich die Modifikation der Expression des FGSG_00006 am deutlichsten. Die Überexpression im Wildtyp 8/1 ist ausschließlich in der Lage das inokulierte Ährchen zu infizieren und kann nicht in die Rachis vordringen. Dieser Phänotyp wird ebenfalls durch die Ausschaltung verschiedener Gene, welche die DON-Biosynthese in F. graminearum unterbrechen, verursacht (Maier et al., 2006; Kim et al., 2014). Jedoch zeigte die mikroskopische Betrachtung der Oberfläche infizierter Paleae, dass die Überexpressionsmutante keine Infektionsstrukturen bildet und somit die Pflanze lediglich mit einem Netzwerk aus Laufhyphen besiedelt. Dieses Erscheinungsbild gleicht dem der ΔGpmk1 auf Glumae von Weizen, da diese dort keine Infektionskissen bilden kann. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine Vielzahl von Genen in den Infektionskissen hochreguliert werden. Diese Vorbereitung auf die Infektion der Wirtspflanze kann ohne Infektionsstrukturen in dieser Mutante nicht stattfinden. Das Mykotoxin DON ist beispielsweise bereits in der frühen Infektionsphase von entscheidender Bedeutung und dessen Synthese wird in den Infektionskissen induziert (Boenisch & Schäfer, 2011;

Glasenapp, 2017). Ebenso dienen Infektionskissen als Ballungsraum von Penetrationsstellen der pflanzlichen Oberfläche (Boenisch, 2013). Die Proteine der gEgh16-Familie stehen ebenfalls in Verbindung zum Penetrationsprozess des Wirtsorganismus verschiedener Pathogene. Eine Deletion der gEgh16-Gene führte in M. robersii, M. acridum und M. grisea dazu, dass keine Penetration mehr stattfinden konnte. Dies wurde durch den Verlust des Penetrationsstiftes der klassischen Appressorien dieser Pilze ausgelöst (Xue et al., 2002;

Cao et al., 2012; Huang et al., 2019). Der vollständige Verlust von Appressorien konnte lediglich durch die Ausschaltung des Transkriptionsfaktors MaSte12 in M. acridum induziert werden (Wei et al., 2017). Dieser induziert, wie weitere Regulatoren der Ste12-Gruppe, unter anderem die Expression der gEgh16-Gene. Wenn das gEgh16-Protein FGSG_00006 in F. graminearum eine regulatorische und, in diesem Fall, inhibierende Wirkung auf die Transkription weiterer gEgh16-Gene besitzt, würde eine Überexpression zu einer fehlenden Expression dieser Gene führen. Da diese für die Funktion und Bildung von Infektionsstrukturen eine Rolle spielen, könnte dies den Phänotyp der Überexpression im Wildtyp 8/1 erklären. Diese Hypothese wird weiterhin dadurch gestützt, dass eine Deletion des Gens FGSG_00006 zu einer signifikanten Hypervirulenz des Wildtyp 8/1 auf einem nahezu infektionsresistenten Weizenkultivar führt. Auf der Pflanzenoberfläche wird während der Infektion eine deutlich gesteigerte Anzahl von Infektionskissen gebildet.

178 Diese waren zudem um ein vielfaches vergrößert und stärker verzweigt. Das Fehlen des inhibitorisch wirkenden gEgh16-Proteins führt daher zu einem erhöhten Wachstum des Pilzes, welcher so einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Wirtspflanze gewinnt.

Zusammenfassend deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es sich bei dem gEgh16-Protein FGSG_00006 um ein Enzym mit einer regulatorischen Funktion handelt. Diese Vermutung wird ebenfalls durch die konstante Transkription während des Infektionsprozesses im Wildtyp 8/1 gestützt, da ein Großteil der Transkriptionsfaktoren von F. graminearum ebenfalls während dieser Phase nicht differentiell reguliert wird. Dass gEgh16-Proteine verschiedene Funktionen einnehmen können und nicht zwangsläufig eine pathogenitätsbezogene Wirkung haben müssen, wurde bereits in M. robersii gezeigt (Huang et al., 2019). Dennoch bleibt die Funktionsweise der gEgh16-Proteine und ihrer DUF3129 weiterhin unbekannt. Zur weiteren Untersuchung des FGSG_00006 sollten Transkriptionsprofile der übrigen drei gEgh16-Gene in F. graminearum in den Mutanten mit einer Deletion bzw. Überexpression des FGSG_00006 erstellt werden. Zudem sollte eine mögliche Wechselwirkung zwischen dem Transkriptionsfaktor FgSte12 und den gEgh16-Genen und deren codierten Proteinen untersucht werden. Eine fluoreszenzgestützte Lokalisationsstudie zu den gEgh16-Proteinen könnte ebenfalls eine mögliche Antwort auf den Ort der Wirkung und somit den Zielen der Proteine bieten.

4.3.4 Überexpression der Regulatoren des G-Protein-Signalwegs FgFlbA und FgFlbB