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Wasserstoffperoxid (H2O2), Superoxid- (•O2

-) oder Hydroxyl-Radikalen (•OH-). Bei den exogenen Faktoren spielt insbesondere UV-Licht eine bedeutsame Rolle, da die Linse aufgrund ihrer anatomischen Lage insbesondere durch lichtinduzierte reaktive Sauerstoffspezies ständig gefährdet ist. Die Linse besitzt sowohl nichtenzymatische (z.B. Glutathion, Vitamin C, Vitamin E und Carotinoide) als auch enzymatische (z.B.

Superoxid Dismutase, Glutathion Peroxidase und Katalase) Abwehrmechanismen, um oxidativ wirkende Spezies zu neutralisieren und um Moleküle, die geschädigt wurden, zu reparieren, wiederherzustellen oder abzubauen (GELATT et al. 1982;

BARROS et al. 1999; DAVIES u. TRUSCOTT 2001; LOU 2003). Dabei kommt dem hohen Gehalt an Glutathion in der Linse eine zentrale Rolle zu (GUM et al. 1999;

GIBLIN 2000). Um ihren großen Glutathion-Pool beizubehalten, kann die Linse Glutathion biosynthetisieren oder regenerieren. Mit zunehmendem Alter werden diese Prozesse aber weniger effizient und die Glutathion-Gehalte der Linse nehmen ab, so dass sie immer anfälliger für strukturelle und funktionelle Veränderungen wird.

2 Definition und Pathogenese der Katarakt

2.1 Definition

Unter einer Katarakt versteht man jede pathologische Trübung der Linse oder der Linsenkapsel (MARTIN 1994; SAMUELSON 1999). Sie kann auch als eine Verände-rung des Brechungsindex der Linse definiert werden, bei der die Linse durch Licht-streuung trüb erscheint (RATHBUN 1980).

Literaturübersicht 9 Die Katarakt ist differentialdiagnostisch von einer Nukleosklerose zu unterscheiden, die beim Hund häufig im Alter von 6-7 Jahren auftritt. Bei der Nukleosklerose führt die kontinuierliche Faserbildung während des normalen Alterungsprozesses der Linse durch die Komprimierung der Linsenfasern zu einer Verdichtung und Verhär-tung des Linsenkerns (physiologischer Komprimierungsvorgang) (MAGRANE 1977;

SEVERIN 1977; POLLOCK 1979; GWIN u. GELATT 1981; KEIL u. DAVIDSON 2001). Die Linse erscheint klinisch zentral gräulich-blau, umgeben von einem klaren Kortex (KEIL u. DAVIDSON 2001). Die einfallenden Lichtstrahlen werden in stärkerem Maße gestreut als reflektiert, so dass der Hund seine Sehfähigkeit behält (MARTIN 1999, KEIL u. DAVIDSON 2001). Eine Nukleosklerose kann von einer frühen nukleären Katarakt durch die Anordnung der Linsentrübungen unterschieden werden. Eine Nukleosklerose stellt sich insbesondere bei weitgestellter Pupille als eine durchsichtige Perle im Linsenzentrum dar, durch die der Fundus noch ophthalmoskopiert werden kann; dagegen weisen nukleäre Kataraktformen irreguläre Strukturen innerhalb der Linse auf, durch die der Fundus nicht mehr betrachtet werden kann (KEIL u. DAVIDSON 2001).

2.2 Pathogenese

Die Transparenz der Linse ist abhängig von der Aufrechterhaltung ihrer komplexen Bauweise, der strukturellen Unversehrtheit der Linsenfasern und der Beschaffenheit der Kristalline. Im Prinzip kann jede Störung ihrer Homöostase in einer Kaskade von Ereignissen zu einem Verlust ihrer Transparenz führen. Die Pathogenese ist entsprechend multifaktoriell und sehr komplex. Genauere Untersuchungsergebnisse stammen vorwiegend aus dem Humanbereich. Die entsprechenden Grundmecha-nismen werden aber auch für den Hund angenommen (GELATT et al. 1982;

DAVIDSON u. NELMS 1999).

Die Erhaltung der Linsentransparenz erfordert eine ausgewogene Wasser-Homöostase der Linsenzellen. Diesbezüglich wichtige Steuerungselemente der Zellen sind die Na+/K+-ATPase- und Ca2+-ATPase-Pumpen (RATHBUN 1980;

SHICHI 2004). Kataraktöse Linsen weisen häufig erhöhte Natrium-, verringerte Kalium-Spiegel sowie veränderte Na+/K+-ATPase-Aktivitäten auf (DAVIDSON u.

NELMS 1999). Durch die osmotische Störung erfolgt ein Einstrom von Wasser in die

10 Literaturübersicht Zellen. Der Wassereinstrom führt zu einer Ruptur der Zellmembran und zum Auftreten von Flüssigkeitsansammlungen, die wiederum eine Lichtstreuung bedingen und die Linsentransparenz einschränken (PATERSON u. DELAMERE 2004).

Typischerweise werden bei einer Katarakt auch erhöhte Calcium-Spiegel und ver-ringerte Ca2+-ATPase-Aktivitäten in der Linse beobachtet (PATERSON et al. 1997;

TANG et al. 2003; GAO et al. 2004). Ein Anstieg der intrazellulären Ca2+ -Konzentration inhibiert die Na+/K+-ATPase und aktiviert Proteasen, die durch eine Proteinspaltung der Kristalline das Linsengefüge beeinträchtigen. Produkte der Proteolyse können aus der Linse diffundieren und zu einer Verkleinerung des Linsenvolumens führen (GELATT 1975; BISWAS et al. 2004; DELAMERE u.

TAMIYA 2004).

Die Transparenz der Linse ist zudem vom Redoxzustand der Zellen abhängig. Mit zunehmendem Alter tritt in der Linse häufig ein Ungleichgewicht zwischen der Pro-duktion von reaktiven Sauerstoffspezies und den natürlichen antioxidativen Schutz-mechanismen auf (oxidativer Stress). Linsen unter oxidativem Stress zeigen entspre-chend häufig sowohl erhöhte Wasserstoffperoxid- (H2O2) als auch verringerte Glutathion- und Ascorbinsäure-Gehalte (GELATT et al. 1982; SPECTOR 1995;

BARROS et al. 1999; LOU 2003). In gesunden Linsen wird H2O2 üblicherweise durch das reduzierte Glutathion (GSH) unter Bildung des Glutathiondisulfids (oxidiertes Glutathion, GSSG) neutralisiert. Reicht die Glutathion-Menge der Linse aber nicht mehr aus, werden auch Thiol-Gruppen der Linsenproteine unter Bildung von intra- und intermolekularen Disulfidbrücken oxidiert. Dabei entstehen zunächst Protein-SS-Glutathion, Protein-SS-Cystein und Protein-SS-Glutamylcystein. Zunehmend bilden sich aber auch Protein-Protein-Disulfide aus, die mit steigendem Verknüpfungsgrad und einhergehender Konformationsveränderung höhermolekulare Aggregate bilden, die eine geringere Wasserlöslichkeit aufweisen und eine Streuung des einfallenden Lichts hervorrufen (LOU 2003).

Reaktive Sauerstoffspezies können aber auch Membranlipide und Transporter-Pro-teine (Na+/K+-ATPase- und Ca2+-ATPase-Pumpen) der Epithelzellen direkt schädigen und so die Katarakt über eine veränderte Homöostase der Linse initiieren (SPECTOR 1995; GIBLIN 2000; VAVVAS et al. 2002; BABIZHAYEV et al. 2004).

Linsenproteine können altersbedingt zudem posttranslational durch

nichtenzyma-Literaturübersicht 11 tische Glykosylierung, Deamidierungsreaktionen von Asparagin- und Glutaminresten, und Racemisierung verändert werden. Auch hier sind Trübungen der Linsensubstanz durch die Veränderung der Linsenproteine das Ergebnis (CHYLACK 1995;

BLOEMENDAL et al. 2004; SCHÄFER 2005).

Eine induzierte Homöostase-Störung der Linse manifestiert sich beim Hund häufig in Trübungen des vorderen, hinteren oder äquatorialen Kortexbereichs. Typischerweise entstehen in diesen Bereichen flächenhafte subkapsuläre Vakuolen und Trübungen, Wasserspalten und Speichen, lamellare Zerklüftung sowie keilförmige Trübungen.

Histologisch sind zunächst intra- und interzelluläre Vakuolen zu erkennen, die mit der Zeit zu Wasserspalten konfluieren und schließlich in einer degenerativen Verflüssi-gung von Linsensubstanz enden. Bei einer Trübung des Linsenkerns fallen haupt-sächlich im gesamten Kern variierende Zytoplasmadichten auf; dies weist auf Veränderungen der Faserproteine auf molekularer Ebene hin (PLAYTER 1977;

SCHÄFFER 1999; SCHÄFER 2005).