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Mit einer Katarakt werden eine Reihe ungünstiger Begleiterkrankungen bzw. Kom-plikationen in Zusammenhang gebracht, die sich ohne Behandlung unter Umständen manifestieren können. Dazu gehören linseninduzierte Uveitis, Glaukom, Luxatio bzw.

Subluxatio lentis, Phtisis bulbi, Glaskörperdegenerationen und Netzhauterkrankun-gen.

4.1 Linseninduzierte Uveitis (LIU)

Eine linseninduzierte Uveitis (LIU) ist eine entzündliche Reaktion der Uvea auf Linsenproteine. Ihre Pathogenese ist derzeit noch nicht vollständig verstanden (VAN DER WOERDT 2000; DENIS et al. 2003). Es wird vermutet, dass die normale Nied-rigdosis-Toleranz der T-Zellen gegenüber Linsenproteinen zusammenbricht. Norma-lerweise wird diese Immuntoleranz durch einen geringen Gehalt an Linsenproteinen, die stetig durch die intakte Linsenkapsel hindurchdringen, aufrechterhalten. Im Falle einer erhöhten Permeabilität der Linsenkapsel bei kataraktösen Linsen, traumatisch bedingten Linsenkapselrupturen oder als Folge einer extrakapsulären

Linsenextrak-Literaturübersicht 25 tion, kommt es zu einem erhöhten Austritt und damit zu einem Konzentrationsanstieg von Linsenproteinen im Kammerwasser. Die normale Niedrigdosis-Toleranz der T-Zellen wird überschwemmt, so dass eine intraokuläre oder systemisch zellver-mittelte und/oder humorale Immunantwort ausgelöst wird (MARTIN 1994; GLOVER u. CONSTANTINESCU 1997; COLLINS u. MOORE 1999; VAN DER WOERDT 2000; DENIS et al. 2003). Klinisch werden zwei Formen der linseninduzierten Uveitis unterschieden: die phakolytische und die phakoklastische Uveitis (HEIDER 1994;

COLLINS u. MORE 1999). Die phakolytische Uveitis wird häufig bei einer hypermatu-ren Katarakt oder bei rasch verlaufender Kataraktprogression beobachtet. Dabei treten flüssige Linsenproteine aus der intakten Linsenkapsel aus. Klinisch wird eine gering- bis mittelgradige Injizierung der Episkleralgefäße, ein verminderter Augen-innendruck und bei lang anhaltenden Entzündungen eine Pigmentveränderung der Iris beobachtet. Histologisch handelt es sich bei der phakolytischen Uveitis um eine milde lympho- und plasmazytäre Uveitis anterior (WILCOCK u. PEIFFER 1987;

HEIDER 1994, VAN DER WOERDT 2000). Die phakoklastische Uveitis entsteht in Folge einer traumatischen oder spontanen Ruptur der Linsenkapsel, bei der es plötz-lich zu einer massiven Freisetzung von Linsenproteinen in das Kammerwasser kommt. Vielfach wird bei der klinischen Untersuchung eine heftige hintere Synechie diagnostiziert, die häufig ein Sekundärglaukom verursacht. In der Regel sind die Veränderungen so schwerwiegend, dass ein Verlust des Augapfels resultiert. Histo-logisch sind bei einer phakoklastische Uveitis eine hochgradige lympho- und plasma-zytäre Uveitis anterior in Verbindung mit einer perilentikulären Entzündung und Fibroplasie charakteristisch (WILCOCK u. PEIFFER 1987; DAVIDSON et al. 1991;

VAN DER WOERDT et al. 1992; HEIDER 1994; COLLINS u. MOORE 1999; VAN DER WOERDT 2000; DENIS et al. 2003).

Sekundär kann es infolge einer chronischen linseninduzierten Uveitis auch zu einer Schädigung des Ziliarkörpers mit daraus resultierender verminderter Kammer-wasserproduktion kommen. Bei dauerhaft zu niedrigem Druck (über Monate bei

< 15 mmHg) entsteht ein geschrumpfter, eingefallener, atrophierter und verkleinerter Augapfel (Phtisis bulbi) (STADES et al. 1998; PEIFFER et al. 1999).

26 Literaturübersicht 4.2 Sekundäres Glaukom

Ein Glaukom ist definiert als eine pathologische Erhöhung des intraokulären Druckes. Im Gegensatz zu einem Primärglaukom, dem keine andere Erkrankung des Augapfelinneren vorausgeht, ist die Erhöhung des Augeninnendrucks bei einem Sekundärglaukom mit gleichzeitig ablaufenden oder vorausgehenden Erkrankungen des Augapfelinneren vergesellschaftet (MARTIN 1994). Ein sekundäres Glaukom kann prinzipiell in Form eines Offenwinkel- oder eines Winkelblockglaukoms auftreten. Bei einem Offenwinkelglaukom zeigt die gonioskopische Untersuchung, d. h. die Untersuchung des zwischen Kornea und Iris liegenden Kammerwinkels mit Hilfe einer Gonioskopielinse, einen anatomisch normal weiten Kammerwinkel. Häufig entsteht ein Offenwinkelglaukom durch eine über die Katarakt ausgelöste linseninduzierte Uveitis. Ein erhöhter Gehalt an ausgetretenen Proteinen, Zellen und Fibrin sowie eine größere Zahl an Entzündungszellen, die dem normalen Fluss des Kammerwassers von der hinteren in die vordere Augenkammer folgen, können sei-nen normalen Abfluss im Bereich des Kammerwinkels behindern und so zu einem intraokulären Druckanstieg führen (phakolytisches Glaukom) (RUBIN u. GELATT 1968; PLAYTER 1977; MARTIN 1994; STADES et al. 1998; GELATT u. BROOKS 1999; HASEGAWA et al. 2001; SLATTER 2001). Bei einem Winkelblockglaukom ist der Kammerwinkel kollabiert oder durch peripheres Irisgewebe blockiert; dies ist mit Hilfe der Gonioskopie leicht zu diagnostizieren (MARTIN 1994). Infolge einer nicht therapierten chronischen linseninduzierten Uveitis kann es nicht nur zu Verklebungen und Verwachsungen im Kammerwinkel kommen, sondern auch zu Verklebungen von Iris und vorderer Linsenkapsel, die sich bis hin zur totalen Verwachsung der Iris mit der Linsenkapsel ausdehnen können (Occlusio pupillae). Diese Occlusio pupillae ist auch Ursache für den sogenannten Pupillarblock, bei dem sich das Kammerwasser in der hinteren Augenkammer staut und die Iris nach vorne drückt (Iris bombé). Es resultiert eine Behinderung des Kammerwasserabflusses, die das Winkelblockglau-kom verursacht (WILCOCK u. PEIFFER 1987; HEIDER 1994; STADES et al. 1998;

GELATT u. BROOKS 1999; SCHÄFFER 1999; KEIL u. DAVIDSON 2001; STRUBBE 2002).

Nach einer umfangreichen Studie von GELATT und MACKAY (2004) aus den U.S.A., die fast 1,6 Millionen Hunde berücksichtigt, wurde bei etwa 0,6 % aller, d.h.

Literaturübersicht 27 nicht nur aufgrund einer Augenerkrankung vorstellig gewordenen Tiere ein Sekun-därglaukom diagnostiziert. 81 % dieser SekunSekun-därglaukome standen dabei in Zusammenhang mit einer Katarakt. Eine hohe Prävalenz zeigten insbesondere solche Rassen, die auch für eine hereditäre Kataraktentstehung prädisponiert sind, wie American Cocker Spaniel und Boston Terrier. Bei jedem Fünften an einer Katarakt erkrankten Hund wurde in zumindest einem Auge auch ein Sekundärglaukom festgestellt.

4.3 Linsenluxation

Bei einer Linsenluxation bzw. -subluxation handelt es sich um eine vollständige (Luxatio lentis) oder unvollständige (Subluxatio lentis) Verlagerung der Linse aus ihrer Befestigung. Bei einer länger bestehenden hypermaturen Katarakt ist das Risiko einer Subluxation relativ hoch. Aufgrund ihrer Resorption schrumpft die im fortgeschrittenen Kataraktstadium befindliche Linse; dies kann zunächst zu einer Streckung und später zu einer Ruptur der Zonulafasern führen. Bei einer hypermaturen Katarakt trägt häufig noch eine linseninduzierte Uveitis mit entzün-dungsbedingter Lyse der Zonulafasern zusätzlich zur Zonulafaserruptur bei. Ebenso kann eine stark geschwollene, sich in Richtung der Pole ausbreitende Linse, wie sie bei einer intumeszenten Katarakt vorliegt, durch Zerreißen der Zonulafasern luxieren (MARTIN 1994; DAVIDSON u. NELMS 1999; SLATTER 2001).

4.4 Glaskörperverflüssigung (Syneresis)

Der Glaskörper besitzt weder ein Blut- noch ein Lymphgefäßsystem, weshalb die Möglichkeiten, auf veränderte Randbedingungen zu reagieren, sehr eingeschränkt sind. Lang anhaltende Uveitiden, die zum Beispiel im Zusammenhang mit einer hypermaturen Katarakt auftreten können, können die gelartige Beschaffenheit des Glaskörpers durch chemischen Umbau der darin enthaltenen Hyaluronsäure jedoch aufheben und ihn schließlich verflüssigen (VAN DER WOERDT et al. 1993;

DIETRICH 1996; DAVIDSON u. NELMS 1999; SLATTER 2001).

28 Literaturübersicht 4.5 Netzhauterkrankungen

Hypermature Kataraktstadien stellen ein Risiko für Netzhautablösungen dar (DAVID-SON et al. 1991, DAVID(DAVID-SON u. NELMS 1999). Durch die bei der hypermaturen Katarakt entstehende Volumenabnahme der Linse kann sich der Glaskörper nach vorne verlagern. Dadurch übt der Glaskörper eine Zugwirkung auf die Netzhaut aus, in deren Folge Netzhautrisse bzw. -ablösungen entstehen können (GLOVER et al.

1995).