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6.3.2 Datensätze

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Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

6.3.2 Datensätze

6.3.2.1

Klimawandel und -daten

Monatliche Daten von Temperatur, Niederschlag und Bewölkung sowie jährliche Daten zur atmosphä-rischen Kohlendioxidkonzentration werden verwen-det, um LPJmL anzutreiben. Die zukünftige Ent-wicklung des Klimas wurde durch Verwendung ver-schiedener Klimamodelle berücksichtigt. Allerdings weisen die absoluten Werte der Daten aus den Kli-mamodellen teilweise signifikante Abweichungen von den gemessenen Werten auf, was die Qualität der Vegetationsmodellierung stark beeinträchtigen kann. Aus diesem Grund wurden für die Szenarien-rechnungen mit LPJmL die Anomalien von Tempe-ratur und Niederschlag auf die langjährigen Mittel (1961–1990) der beobachteten Daten der Climatic Research Unit (CRU; New et al., 2000) aufgeprägt (Schaphoff et al., 2006).

6.3.2.2

Landnutzungsdaten

Neben den klimatologischen Daten in den einzel-nen Gitterzellen benötigt das Modell auch Informa-tionen über Bodeneigenschaften, aktuelle Landnut-zung sowie die Verteilung von unbewässerten und zen geeignet sind. Für entsprechende

Anpflanzun-gen wird eine Bestandesdichte von etwa 15.000 Indi-viduen pro ha angenommen. Der tropische Baumtyp charakterisiert kommerziell angebaute Eukalyptus-arten und wächst im Modell in Beständen von 2.000 Individuen pro ha. Beide Baumarten werden im Kurzumtrieb bewirtschaftet und alle acht Jahre abge-erntet. Dabei werden 90 % der oberirdischen Bio-masse entfernt, die unterirdische WurzelBio-masse bleibt komplett erhalten, was einen realistischen Stockaus-schlag im nächsten Jahr ermöglicht.

Neben holziger Biomasse wird auch der Anbau von äußerst produktiven C4-Gräsern wie Chinaschilf (Miscanthus) oder Rutenhirse (Panicum) in großem Umfang modelliert. Besonders interessant ist dabei, dass bestimmte Arten dieser Pflanzen auch bei nied-rigen Temperaturen eine hohe Photosyntheseaktivi-tät aufrechterhalten können. Die Ernte findet jähr-lich nach dem Ende der Wachstumsperiode statt und erfasst ebenfalls 90 % der oberirdischen Biomasse.

6.3.1.4

Vergleich mit gemessenen Daten

Das wichtigste Qualitätskriterium für globale Vege-tationsmodelle sind Vergleiche mit realen Mess-werten. LPJmL wurde unter Verwendung verschie-dener, unabhängiger Beobachtungsdaten umfang-reich überprüft. So konnte gezeigt werden, dass das Modell in der Lage ist, die großräumige Verteilung und Dynamik der terrestrischen Vegetation korrekt abzubilden (Lucht et al., 2002; Sitch et al., 2003; Hick-ler et al., 2004; Erbrecht und Lucht, 2006). Auch die Simulation von Bodenfeuchte, Abfluss und Transpi-ration sowie deren saisonale Variabilität stimmt weit-gehend mit gemessene Werten überein (Wagner et al., 2003; Gerten et al., 2004). Der Vergleich von land-wirtschaftlichen Erträgen mit FAO Statistiken zeigt, dass LPJmL in der Lage ist, die geographische Diffe-renzierung der Ertragsniveaus korrekt wiederzuge-ben (Bondeau et al., 2007).

Eine Validierung der simulierten Biomassean-pflanzungen ist schwierig, da der Anbau von Zellulo-sepflanzen bisher weitgehend auf spezielle Versuchs-flächen unter zumeist optimalen Wuchsbedingungen begrenzt ist. Vergleiche zeigen, dass der modellierte Biomasseertrag von Rutenhirse (Panicum) sowie von Kurzumtriebsplantagen mit schnell wachsenden Baumarten in einem Bereich liegt, der bereits heute unter fortschrittlicher Bewirtschaftung zu erreichen ist.

109 Modellannahmen und Szenarien 6.4

6.4

Modellannahmen und Szenarien

6.4.1

Klimamodelle und Emissionsszenarien

Für die in diesem Gutachten verwendeten Szena-rien wurde LPJmL mit Daten verschiedener aktu-eller Klimamodelle angetrieben, die alle für den 4.

Sachstandsbericht des IPCC (IPCC, 2007d) berech-net wurden. Auswahlkriterium für die Klimamodelle war dabei eine möglichst gute Übereinstimmung von simulierten und beobachteten Werten für Tempera-tur und Niederschlag im Zeitraum von 1961–1990.

Ausgewählt wurden ECHAM5 (Roeckner et al., 2003), HadCM3 (Pope et al., 2000), CM2.1 (Delworth et al., 2006), ECHO-G (Legutke und Voss, 1999) und CCSM3.0 (Collins et al., 2006). Alle Klimamodelle wurden mit drei IPCC-Emissionsszenarien (A1B, A2 und B1) angetrieben (IPCC, 2000).

6.4.2

Bewässerungsszenarien

Für die Modellierung des globalen Bioenergiepo-tenzials wird zwischen unbewässertem und bewäs-bewässerten landwirtschaftlichen Flächen (Klein

Goldewijk et al., 2007; Portmann et al., 2008; Raman-kutty et al., 2008). Stark geneigte Hangflächen wer-den aufgrund der relativ niedrigen räumlichen Auf-lösung des Modells nicht explizit ausgeschlossen, die im Modell verwendeten Klimadaten verhindern aber eine unrealistische Biomasseproduktion auf diesen Flächen. Der Ausschluss marginaler Böden erfolgt nach dem Datensatz des Global Assessment of Human Induced Soil Degradation (GLASOD;

Oldeman et al., 1991), wie in Abbildung 6.4-1 darge-stellt. Höchst degradierte Flächen (Kategorie 4) kön-nen im Modell nicht in Anbauflächen für Energie-pflanzen umgewandelt werden. Auf stark degradier-ten Flächen (Kategorie 3) verringern sich podegradier-tenzielle Erträge auf 30 %. Siedlungsflächen werden bei der Modellierung nicht explizit ausgeschlossen; sie tra-gen allerdings nur mit etwa 2 % zur globalen Land-nutzung bei (Lambin et al., 2001) und können daher vernachlässigt werden.

Abbildung 6.4-1

Für den Anbau von Bioenergie ausgeschlossene höchst degradierte (Kategorie 4, Gesamtfläche 680 Mio. ha) sowie stark degradierte Böden (Kategorie 3, 2.400 Mio. ha). Für die Kategorie 4 werden 0%, für die Kategorie 3 30 % der Erträge im Vergleich zu nicht degradiertem Land angenommen.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008, basierend auf Oldeman et al., 1991 Kategorie 3 Kategorie 4

GLASOD Kategorien

110 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

Flächen für den Anbau von Energiepflanzen genutzt werden können (Kap. 5.2).

In den vorliegenden Modellrechnungen werden daher zwei Szenarien für den Flächenbedarf der Nahrungsmittelproduktion unterschieden:

Szenario A (hoher Agrarflächenbedarf): Dieses Szenario folgt einer Prognose der Food and Agricul-ture Organization (FAO) der Vereinten Nationen, die bis zum Jahr 2030 die Notwendigkeit einer Auswei-tung der für die weltweite Nahrungsmittelproduk-tion verwendeten Flächen um 120 Mio. ha vorher-sagt (FAO, 2003a). In diesem Szenario werden also die bestehenden, für die Nahrungsmittelproduktion verwendeten Flächen sowie zusätzliche 120 Mio. ha der produktivsten Flächen für den Anbau von Ener-giepflanzen ausgeschlossen.

Szenario B (geringer Agrarflächenbedarf): Das weniger restriktive Szenario B geht davon aus, dass die bestehenden Flächen für die Nahrungsmittelpro-duktion auch in Zukunft zur Ernährung der Weltbe-völkerung ausreichen und nicht für den Anbau von Energiepflanzen verwendet werden.

Die ausgeschlossenen Flächen für beide Szena-rien sind in Abbildung 6.4-2 dargestellt.

6.4.3.2

Szenarien zum Naturschutz

Der Ausschluss von Gebieten mit hohem Natur-schutzwert folgt verschiedenen Szenarien zur Berück-sichtigung von Gebieten hoher biologischer Viel-falt bzw. von Wildnisgebieten. Grundsätzlich ausge-schlossen von jeglicher Nutzung sind zunächst ein-mal bestehende Schutzgebiete laut World Database on Protected Areas (WDPA, 2008), wie sie in Abbil-dung 6.4-3 dargestellt sind.

Zum zusätzlichen Ausschluss von Gebieten hoher Biodiversität, die bislang nicht unter Schutz stehen, werden vier verschiedene Indikatoren verwendet:

Biodiversity Hotspots (Mittermeier et al., 2004) sind Gebiete, in denen eine außergewöhnlich hohe Konzentration endemischer Arten über-durchschnittlich hohe Lebensraumverluste erlei-det,

Endemic Bird Areas (Stattersfield et al., 1998) zeichnen sich durch eine große Konzentration von Vogelarten mit geringer geographischer Verbrei-tung aus,

Centers of Plant Diversity (WWF und IUCN, 1994) weisen entweder eine hohe Diversität von Pflan-zenarten oder eine große Zahl endemischer Arten auf (oder beides),

Global 200 (Olson et al., 2001) schließlich ist eine Liste von mehr als 200 Land-, Süßwasser- oder Meeresökosystemen, die sich durch eine außer-sertem Anbau unterschieden, wobei für den

letzte-ren ein Anteil von 10 % bewässerter Anbauflächen angenommen wird. Zur Erläuterung: Der Anteil der-zeit bewässerter Flächen an den gesamten Agrarflä-chen (Äcker und Weiden) ist regional sehr unter-schiedlich. Die Wert reichen von 0,5 % in Afrika süd-lich der Sahara über 2,6 % in der ehemaligen Sowje-tunion, 4,7 % in Nordamerika, 6,1 % in Europa bis zu 25,8 % in Südostasien und Indien, mit einem glo-balen Mittelwert von 5,4 % (Portmann et al., 2008).

Der bewässerte Anteil der Ackerflächen ist höher;

er lag 1998 bei etwa 16,9 %, bis 2030 geht die FAO von einer Steigerung auf etwa 18,0 % aus (Faurès et al., 2000). Da aber in der Modellierung der Anbau von Energiepflanzen nicht auf bereits erschlossenen Ackerflächen erfolgen soll, und die zur Verfügung stehenden Flächen zudem zu einem erheblichen Teil in Entwicklungsländern liegen, hält der WBGU – auch angesichts des in vielen Regionen nicht ausrei-chen zur Verfügung stehenden Wassers – einen Flä-chenanteil von maximal 10 % für den bewässerten Anbau für realistisch.

6.4.3

Szenarien zur Berechnung der Biomassepotenziale Das globale Potenzial für Bioenergie ergibt sich aus den modellierten potenziellen Erträgen sowie der zur Verfügung stehenden Fläche für den Anbau der Bio-masse. Dem Leitplankenansatz des WBGU (Kap. 3) folgend wurde ein szenarienbasierter Ansatz für die Analyse der Möglichkeiten einer nachhaltigen Bio-energieproduktion gewählt. Dabei lassen sich drei Hauptfaktoren unterscheiden, die entscheidend sein sollten für Größe und Verteilung von Anbauflächen für Energiepflanzen in den kommenden Jahrzehn-ten: der Flächenbedarf der Nahrungsmittelproduk-tion, benötigte Flächen für den Naturschutz sowie die Treibhausgasbilanz des notwendigen Landnut-zungswandels.

6.4.3.1

Szenarien zur Sicherung der Nahrungsmittelproduktion

Die Abschätzung von zusätzlichem Flächenbedarf für die landwirtschaftliche Nahrungsmittelproduk-tion ist problematisch, da dieser maßgeblich von der Bevölkerungsentwicklung, den Ernährungsgewohn-heiten sowie vom technologischen Fortschritt der Agrarproduktion abhängt. Die künftige Entwick-lung dieser Parameter ist nur unzulänglich bekannt.

Es wird jedoch als unwahrscheinlich erachtet, dass bislang für die Nahrungsmittelproduktion genutzte

111 Modellannahmen und Szenarien 6.4

Abbildung 6.4-2

Ausgeschlossene Flächen zur Sicherung der Nahrungsmittelproduktion. (a) Anteil der aktuellen landwirtschaftlichen Flächen in den Gitterzellen des Modells. Diese Flächen werden in Szenario B (geringer Agrarflächenbedarf) von der Bioenergieerzeugung ausgeschlossen. (b) Zusätzlich in Szenario A (hoher Agrarflächenbedarf) ausgeschlossene Flächen, um eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen für die Ernährung zu ermöglichen. Diese sind die produktivsten 120 Mio. ha der Flächen, die in Szenario B für den Bioenergieanbau zur Verfügung stehen.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008

0 25 50 75 100

Landwirtschaftliche Flächen

(Szenario B: geringer Agrarflächenbedarf)

Anteil in Gitterzelle [%]

a

0 25 50 75 100

Zusätzliche landwirtschaftliche Flächen von 120 Mio. ha

in Szenario A (hoher Agrarflächenbedarf) Aktuelle landwirtschaftliche Flächen

Anteil in Gitterzelle [%]

b

112 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

schneiden und damit zu tatsächlichen Ausschlussflä-chen zu gelangen, werden die FläAusschlussflä-chen nach der Zahl der Indikatordatensätze kategorisiert, in denen sie auftauchen: Je größer die Übereinstimmung der ver-schiedenen Indikatoren, desto höher der Anteil der Fläche, die unter Schutz gestellt wird. Auch hier wer-den zwei Szenarien unterschiewer-den:

Szenario A (hoher Naturschutz): In diesem Sze-nario werden Wildnisgebiete immer zu 100 % unter Schutz gestellt, auch wenn nur einer der Wildnisindi-katoren erfüllt ist. Für den Schutz der Schwerpunkte biologischer Vielfalt wird ein abgestuftes System verwendet, dass generell 10 % aller Flächen unter Schutz stellt, bei Auftreten eines Indikators 20 % und bei Übereinstimmung von zwei, drei oder vier Indikatoren jeweils 30 %, 50 % bzw. 80 % der Fläche unter Schutz stellt.

Szenario B (geringer Naturschutz): In diesem weniger restriktiven Szenario werden Wildnisgebiete gewöhnlich hohe Biodiversität auszeichnen und

repräsentativ für ihre jeweiligen Ökosysteme sind.

Eine weitere Kategorie schützenswerter Flächen stellen so genannte Wildnisgebiete dar. Hierbei han-delt es sich um große zusammenhängende Flächen (z. B. tropische Regenwälder, boreale Wälder, Gras-land, Halbwüsten usw.), die durch ihre Entfernung von der Zivilisation oder andere Gründe noch im naturbelassenen Zustand sind. Sie beinhalten nicht immer hohe Konzentrationen biologischer Vielfalt, erbringen aber häufig sehr wertvolle Ökosystemleis-tungen. Für diese Gebiete unberührter Wildnis wer-den folgende drei Datensätze herangezogen: High-Biodiversity Wilderness Areas (Mittermeier et al., 2003), Frontier Forests (Bryant et al., 1997) und Last of the Wild (Sanderson et al., 2002).

Um diese Datensätze für schützenswerte Biodi-versitäts- und Wildnisgebiete miteinander zu ver-Abbildung 6.4-3

Räumliche Verteilung der aktuell unter Naturschutz stehenden Gebiete mit einer Gesamtfläche von 1.330 Mio. ha. Diese Gebiete werden im Modell für den Anbau von Energiepflanzen ausgeschlossen.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008, basierend auf WDPA, 2008 Naturschutzgebiete

Tabelle 6.4-1

Anteil von Naturschutzflächen zur Erhaltung von Wildnisgebieten und biologischer Vielfalt für die beiden Szenarien.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008

Übereinstimmungen

Szenario Wildnisgebiete Biodiversitätsschwerpunkte

1 2 3 0 1 2 3 4

A: Hoher Naturschutz 100 % 100 % 100 % 10 % 20 % 30 % 50 % 80 %

B: Geringer Natur-schutz

0 % 100 % 100 % 0 % 0 % 0 % 50 % 100 %

113 Modellannahmen und Szenarien 6.4

Abbildung 6.4-4

Für den Anbau von Energiepflanzen ausgeschlossene Naturschutzflächen zur Erhaltung von Wildnisgebieten und biologischer Vielfalt für die beiden im Text beschriebenen Szenarien. (a) Szenario A: hoher Naturschutz; (b) Szenario B: geringer

Naturschutz (Tab. 6.4-1).

Quelle: Beringer und Lucht, 2008

Anteil Ausschluss in den Gitterzellen [%]

Ausschlusskriterium Naturschutz für Szenario A (hoher Naturschutz)

10

0 20 30 40 50 60 70 80 90 100 a

Anteil Ausschluss in den Gitterzellen [%]

Ausschlusskriterium Naturschutz für Szenario B (geringer Naturschutz)

10

0 20 30 40 50 60 70 80 90 100 b

114 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

stellen und bei der Reservierung von Naturschutzflä-chen noch nicht berücksichtigt wurden (Abb. 6.4-5).

Schließlich muss im Sinne der Klimaschutzleit-planke (Kap. 3.1.1) der Anbau von Energiepflanzen auf Landflächen ausgeschlossen werden, bei denen die Treibhausgasemissionen aus der Umwandlung der Fläche erst nach sehr langer Zeit durch den aus der Atmosphäre aufgenommenen Kohlenstoff kompensiert werden. Idealerweise müssten bei die-ser Rechnung auch die durch den landwirtschaftli-chen Anbau und die Verarbeitung von Energiepflan-zen (Agrarmaschinen, Dünger) verursachten Emis-sionen sowie die bei der energetischen Nutzung der Biomasse eingesparten Emissionen fossiler Ener-gieträger berücksichtigt werden. Da diese Daten im Rahmen des Modells nicht zur Verfügung stehen, wird hier nur die Kompensation der Emissionen aus der Landnutzungsänderung durch den anschließend durch den Boden sowie durch die aufwachsende Bio-masse aus der Atmosphäre aufgenommenen Kohlen-stoff betrachtet. Dies kann als Indikator dafür heran-gezogen werden, welche minimale Kompensations-zeit in der Gesamtbilanz erreicht werden kann.

Für die Treibhausgasbilanz ist zu berücksichtigen, dass der durch den Boden aufgenommene Kohlen-stoff im Idealfall dort verbleibt, während der in der in der aufwachsenden Biomasse gespeicherte Kohlen-stoff nach dem Ernten wieder freigesetzt wird, dafür aber fossile CO2-Emissionen ersetzt. Es ist daher zu klären, inwieweit der in der Biomasse gespeicherte nur dann zu 100 % unter Schutz gestellt, wenn

min-destens zwei der Indikatoren übereinstimmen, Bio-diversitätsgebiete werden nur bei Übereinstimmung von drei oder vier Indikatoren zu 50 % bzw. 80 % geschützt.

Die Indikatoren für die Szenarien sind in Tabelle 6.4-1 zusammengefasst, und die resultierenden Aus-schlussgebiete in Abbildung 6.4-4 dargestellt.

6.4.3.3

Szenarien zu Treibhausgasemissionen aus Landnutzungsänderungen

Die Freisetzung von CO2 aus Vegetation und Böden durch Rodung von Wäldern oder dem Trockenlegen von Feuchtgebieten führt zu wesentlich größeren Treibhausgasemissionen als durch die Substitution fossiler Energieträger bei der nachfolgenden Bio-massenutzung eingespart werden kann (Kap. 4.2.3.1 und 4.2.3.2). Solche Standorte sind zum größten Teil bereits in den Flächen hoher Biodiversität und gerin-ger menschlicher Einflussnahme enthalten (Natur-wälder, Feuchtgebiete) und werden deshalb ohnehin nicht für den Energiepflanzenanbau berücksichtigt.

Zusätzlich werden auch Feuchtgebiete aus der Global Lakes and Wetlands Database (Lehner und Doll, 2004) von menschlicher Nutzung ausgenom-men, die im Modell eine starke Kohlenstoffsenke dar-Abbildung 6.4-5

Von der Biomassenutzung ausgeschlossene Feuchtgebiete mit einer Gesamtfläche von 1.150 Mio. ha.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008, basierend auf Lehner und Doll, 2004

25 50 75 100

Feuchtgebiete

Anteil in Gitterzelle [%]

115 Modellannahmen und Szenarien 6.4

Betrachtet man den in verschiedenen Energie-trägern enthaltenen Kohlenstoff pro gespeicherte Energieeinheit (Kaltschmitt und Hartmann, 2003), so entsprechen die potenziellen CO2-Emissionen bei Kohlenstoff ein guter Indikator für die Menge an

fossilen CO2-Emissionen ist, die bei der Substitution fossiler Energieträger durch die energetische Nut-zung dieser Biomasse vermieden werden.

Innerhalb von 5 Jahren nicht möglich

Kompensation der CO2-Freisetzung durch Landnutzungsänderung a

Abbildung 6.4-6

Regionen, in denen der Anbau von Biomasse den Verlust von Kohlenstoff durch die Landnutzungsänderung nicht innerhalb von (a) fünf Jahren (Szenario A: Gesamtfläche 3.713 Mio. ha) bzw. (b) 10 Jahren (Szenario B: Gesamtfläche 2.891 Mio. ha) ausgleichen kann.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008

Innerhalb von 10 Jahren nicht möglich

Kompensation der CO2-Freisetzung durch Landnutzungsänderung b

116 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

muss der freigesetzte Kohlenstoff also nach maximal zehn Jahren durch den Boden und die aufwachsende Biomasse wieder aufgenommen werden. Daher wer-den zwei Szenarien verwendet, die sich durch wer-den Kompensationszeitraum unterscheiden:

Fünf Jahre: In diesem Szenario wird ein maxima-ler Kompensationszeitraum von fünf Jahren für die Emissionen aus der Landnutzungsänderung festge-setzt.

Zehn Jahre: In diesem weniger restriktiven Sze-nario beträgt der maximale Kompensationszeitraum zehn Jahre.

Die räumliche Verteilung dieser Ausschlussge-biete ist in Abbildung 6.4-6 dargestellt. Ein Vergleich mit der geographischen Verteilung von Waldgebie-ten (FAO, 2006c) zeigt, dass es sich bei den ausge-schlossenen Gebieten größtenteils um Wälder han-delt (Abb. 6.4-7). Damit sind diese Gebiete zwar von der Umnutzung in Flächen zum Anbau von Energie-pflanzen ausgeschlossen, können aber z. T. gegebe-nenfalls Beiträge zum Bioenergiepotenzial aus Wald-reststoffen leisten (Kap. 5.5).

der Energienutzung von Biomasse etwa derjenigen von Steinkohle und liegen ca. 20 % unter denen von Braunkohle. Wenn direkt Braunkohle ersetzt wird, kann man also theoretisch mit der Biomassenutzung knapp 20 % mehr fossiles CO2 einsparen als in der Biomasse gespeichert ist, beim Ersatz von Steinkohle etwa so viel, wie gespeichert ist. Andere fossile Ener-gieträger (Öl, Gas) haben geringere Kohlenstoffge-halte, dort kann also entsprechend weniger einge-spart werden. Dabei werden Umwandlungsverluste bei der technischen Konversion nicht berücksichtigt.

Daraus lässt sich erkennen, dass der in der Bio-masse gespeicherte Kohlenstoff ein guter Richtwert dafür ist, wie viel CO2-Emissionen maximal einge-spart werden können, denn zusätzlich zu den Emissi-onen aus den Landnutzungsänderung fallen zusätz-lich noch die Emissionen aus dem Anbau und mögli-che Umwandlungsverluste an.

Offensichtlich können also durch die Substitution von fossilen Energieträgern durch Biomasse in der Regel insgesamt weniger Treibhausgasemissionen eingespart werden als dem in der Biomasse gespei-cherten Kohlenstoff entspricht. Es werden nur Nut-zungspfade von Biomasse für sinnvoll gehalten, bei denen die Kompensationszeit, d. h. der Zeitraum nach einer Landnutzungskonversion, ab dem eine reale Emissionsminderung beginnt, mit zehn Jah-ren relativ kurz ist. Damit dies erreicht werden kann, Abbildung 6.4-7

Globale Verbreitung von Waldgebieten.

Quelle: FAO, 2006c

Immergrün Laubwechselnd Waldbedeckung

117 Ergebnisse der Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen 6.5

Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass sich die prognostizierten Änderungen der klimatischen Standortbedingungen in den Regionen mit poten-ziellen Anbauflächen für Energiepflanzen nur wenig unterscheiden. Als Beispiel sei das Amazonasgebiet genannt, wo sich die Vorhersagen verschiedene Kli-mamodelle deutlich unterscheiden, dessen Fläche aber für die vorliegende Modellierung aus Natur- und Klimaschutzgründen von der Biomassenutzung ausgenommen wurde.

Die Ergebnisse der Modellierung sind also weit-gehend unabhängig vom verwendeten Klimamodell und Emissionsszenario. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich daher nur auf Berechnungen mit dem HadCM3-Modell unter Verwendung des A1B-Sze-narios.

6.5

Ergebnisse der Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

6.5.1

Einfluss der Klimamodelle und Emissionsszenarien Der Einfluss der verschiedenen Klimamodelle sowie der beiden Emissionsszenarien auf die modellierten Bioenergiepotenziale ist im Vergleich zur Bedeutung der Ausschlusskriterien für das verfügbare Land nur sehr gering. So beträgt beispielsweise das Potenzial im HadCM3-Modell für unbewässerten Anbau, das A1B-Szenario sowie ein bestimmtes Landnutzungs-szenario 34,5 EJ pro Jahr und für ECHAM5 34,1 EJ pro Jahr. Die entsprechenden Werte für die Szena-rien A2 und B1 betragen für HadCM3 34 bzw. 33 EJ pro Jahr. Die Unterschiede liegen also deutlich unter 10 %.

Tabelle 6.5-1

Definition der vier verwendeten Landnutzungsszenarien.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008

Szenario Beschreibung Ernährung Naturschutz

1 Hoher Agrarflächenbedarf /

hoher Naturschutz A A

2 Hoher Agrarflächenbedarf / geringer Naturschutz

A B

3 Geringer Agrarflächenbedarf /

hoher Naturschutz B A

4 Geringer Agrarflächenbedarf / geringer Naturschutz

B B

Tabelle 6.5-2

Potenzielle Anbauflächen sowie Bioenergiepotenziale für die Jahre 2000 sowie 2050 und die vier Landnutzungsszenarien.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008

Szenario Anbaufläche

[Mha] Bioenergiepotenzial im Jahr 2000 [EJ pro Jahr]

Bioenergiepotenzial im Jahr 2050 [EJ pro Jahr]

Unbe-wässert

Bewäs-sert

Unbe-wässert

Bewäs-sert 1 Hoher Agrarflächenbedarf /

hoher Naturschutz

240 35 42 34 42

2 Hoher Agrarflächenbedarf /

geringer Naturschutz 380 63 74 61 71

3 Geringer Agrarflächenbedarf / hoher Naturschutz

360 75 83 74 83

4 Geringer Agrarflächenbedarf /

geringer Naturschutz 500 110 120 100 120

118 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

Abbildung 6.5-1

Räumliche Verteilung möglicher Anbauflächen von Energiepflanzen für Szenario 1 (hoher Agrarflächenbedarf, hoher Biodiversitätsschutz). Die Bioenergiepotenziale sind jeweils für das Jahr 2050 für (a) unbewässerten Anbau (insgesamt 34 EJ pro Jahr) und (b) bewässerten Anbau (insgesamt 42 EJ pro Jahr) ausgewiesen.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008 a

Bioenergiepotenzial [GJ/ha und Jahr]

500

250 750 1.250

0 1.000 1.500

b

Bioenergiepotenzial [GJ/ha und Jahr]

500

250 750 1.250

0 1.000 1.500

119 Ergebnisse der Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen 6.5

Abbildung 6.5-2

Räumliche Verteilung möglicher Anbauflächen von Energiepflanzen für Szenario 2 (hoher Agrarflächenbedarf, geringer Biodiversitätsschutz). Die Bioenergiepotenziale sind jeweils für das Jahr 2050 für (a) unbewässerten Anbau (insgesamt 61 EJ pro Jahr) und (b) bewässerten Anbau (insgesamt 71 EJ pro Jahr) ausgewiesen.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008 a

Bioenergiepotenzial [GJ/ha und Jahr]

500

250 750 1.250

0 1.000 1.500

b

Bioenergiepotenzial [GJ/ha und Jahr]

500

250 750 1.250

0 1.000 1.500

120 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen

Abbildung 6.5-3

Räumliche Verteilung möglicher Anbauflächen von Energiepflanzen für Szenario 3 (geringer Agrarflächenbedarf, hoher Biodiversitätsschutz). Die Bioenergiepotenziale sind jeweils für das Jahr 2050 für (a) unbewässerten Anbau (insgesamt 74 EJ pro Jahr) und (b) bewässerten Anbau (insgesamt 83 EJ pro Jahr) ausgewiesen.

Quelle: Beringer und Lucht, 2008 a

Bioenergiepotenzial [GJ/ha und Jahr]

500

250 750 1.250

0 1.000 1.500

b

Bioenergiepotenzial [GJ/ha und Jahr]

500

250 750 1.250

0 1.000 1.500

121 Ergebnisse der Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen 6.5

121 Ergebnisse der Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen 6.5

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