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DATEN ZUR ENTSTEHUNG DES TEXTES

Die dramatischen Szenen der ״*Achilleis1״34 schrieb Wyspiańs- ki zwischen März und Dezember 1903, in einem Jahr voller fieber- hafter Arbeit. In dieser Zeit brachte der Dichter zwei seiner wichtigsten Dramen zum Abschluß: im Januar erschein "Wyzwolę- nie" im Druck und in den folgenden Wochen arbeitete Wyspiański bei der Vorbereitung der Aufführung mit (Premiere am 28.2.1903);

im Mai vollendete er das große Königsdrama "Bolesław Śmiały”

und inszenierte es anschließend im Mai selbst auf der Krakauer Bühne. Anfang des Jahres hatte er an einem ungewöhnlichen Dra- menexperiment, der "Akropolis", zu arbeiten begonnen35.

Die Druckerei Altenberg in Krakau hatte im Dezember 1902 mit Wyspiański die künstlerische Ausgestaltung des ersten Buches der "Ilias" in einer zweisprachigen griechisch-polnischen Aus- gäbe vereinbart. Schon 1896 waren von Wyspiański Illustrationen

zur "Ilias" in der Zeitschrift "Tygodnik Ilustrowany" erschie-34 Der Titel der ersten und einzigen zu Lebzeiten des Dichters

erschienenen Ausgabe lautet: Achilleis. Sceny dramatyczne.

35 In dem Drama "Akropolis", dem "Lied des Wawel", sind Statio- nen der Menschheitsgeschichte in lebenden Bildern darge- stellt. In der Osternacht beleben sich die Plastiken, Stand- bilder und Wandteppiche der Wawelkathedrale ־ Tempus-Tod

wirft die Sense weg - die Zeit steht still. In der Zeitlosig- keit können sich Engel und Menschen, die Helden Homers und die Gestalten der Bibel begegnen. Hekuba hört die Glocken Krakaus von den Türmen aus den verschiedenen Epochen läuten, und der Wawel, die polnische Akropolis, erlebt die Apotheose des Lichtgottes Apollo-Christus.

nen. Er hatte sie auf Anregung Lucjan Rydels für dessen Ilias- Übersetzung entworfen. Damals vertiefte sich Wyspiański mit Hil- fe von Roschers "Lexikon der griechischen und römischen Mytho- logie" in das homerische Epos. Er ergänzte seine Lektüre durch das Studium von Wolfgang Helbigs Buch "Das homerische Epos", einem mit zahlreichen Bildern geschmückten Kommentar zu den ho״

merischen Epen auf Grund archäologischer Forschungen. 1903 nun erschien das erste Buch der "Ilias" mit elf Illustrationen von Wyspiański. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die wiederholte in- tensive Beschäftigung des Malers mit der Welt Homers den Dichter zu einem neuen Werk mit antiker Thematik inspirierte.3^

Im März 1903 hatte Wyspiański mit der Arbeit an der "Achille- is" begonnen, aber erst im Juli konnte er sich während eines Kuraufenthalts in Rymanów ausführlich damit beschäftigen, wie wir aus Briefen an seinen Freund und Vertrauten Adam Chmiel wis-

sen. Die Bändigung des ungeheuren Stoffes bereitete Schwierig- keiten. Er schrieb im Juli an Chmiel: "Es ist nicht so leicht, die ganze Sache in irgendeine bestimmte Architektur zu fassen." 37 Der Dichter beendete das Drama im Oktober und arbeitete sofort an dem bereits begonnenen Stück "Noc listopadowa" weiter. Ehe er das Manuskript der "Achilleis" ins Reine schreiben und für den Druck vorbereiten konnte, erkrankte er schwer. Erst im De- zember fertigte er die Abschrift an? diese zweite Fassung weist aber keine wesentlichen Veränderungen gegenüber der ersten auf.

Am wichtigsten erscheint die Änderung des Titels, der "Achil- les" gelautet hatte und dann in "Achilleis" umgewandelt wurde.

In der zweiten Fassung baute Wyspiański vor allem den Neben- text, also die Bühnenanweisungen, aus und erweiterte sie sogar noch einmal während der Fahnenkorrektur.

Ende Dezember erschien "Achilleis" bei Gebethner in Krakau in 4008 Exemplaren, gedruckt auf Kosten des Autors. Die beiden 36 1898 erschien die Tragödie "Meleager", 1899 "Protesilas und

Laodamia".

37 Dazu und zu den folgenden Angaben siehe: S.W., VII, S. 339 ff.

Handschriften der ersten und zweiten Fassung verbrannten wäh- rend des zweiten Weltkriegs in der Nationalbibliothek in War- schau. Die hier benützte Ausgabe der gesammelten Werke stützt sich auf die erste Gesamtausgabe in fünf Bänden durch Adam Chmiel und Tadeusz Sinko von 1924—1929, die Leon p£oszewski bis 1932 mit drei Bänden ergänzte. Der Text der "Achilleis"

mit Anmerkungen von Adam Chmiel findet sich im fünften Band.

An eine Aufführung des umfangreichen Stücks ілі Krakauer Theater wagte der Autor nicht zu denken. Er äußerte sich Adam Chmiel gegenüber, daß er sich das Drama nur auf einer Dreh-bühne vorstellen könne, wo eine Szene die andere ablöst und so der Eindruck einer Einheit entsteht. 38 Da ihm .keine Dreh- bühne zur Verfügung stand, begnügte sich der Dichter mit der Herausgabe des Buches. Daß er trotzdem den Gedanken an eine Aufführung nicht aufgab, beweist ein Ende 1904 aufgestellter Arbeitsplan, in dem er notierte, von welchen Dramenfiguren er

Zeichnungen anfertigen wollte, die als Entwürfe für die Büh- ne gedacht waren. Unter anderem sind auch Figuren aus der

"Achilleis" erwähnt.

Aus dem Jahr 1905 stammt die Skizze zum Projekt eines rie-sigen Amphitheaters auf dem Wawel. 39 Die Zeichnung zeigt, wie Wyspiański sich die Bühne vorstellte; Unter dem Bühnenhalb- rund ist eine verdeckte Bahn vorgesehen mit je einer Öffnung rechts und links der Bühne gegen die Zuschauerseite. Die öff- nungen sind, ähnlich wie in einer Arena, so breit vorgesehen, daß ein Doppelgespann durchfahren kann- Wyspiański hat es ein- gezeichnet. Ob er dabei an die Wagenszenen in der "Achilleis"

dachte? Es ist naheliegend, dies anzunehmen.

38 S.W., VII, S. 384.

39 Vgl. Zbigniew Raszewski; "Paradoks Wyspiańskiego". In; Pam.

Teatr. VX, 1957, 3/4, S. 456.

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Zur Aufführung gelangte die ”Achilleis" allerdings erst zwan- zig Jahre später. Nicht unter freiem Himmel, nicht auf der Büh- ne eines Amphitheaters, sondern in der Inszenierung durch Leon Schiller 1925 auf der Bühne des Bogusjawski-Theaters in

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