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3.1. Judith Herrn ann

3.1.3 Das Sommerhaus, später

Der Erzählband Das Sommerhaus, später besteht aus neun inhaltlich sehr unterschiedlichen Erzählungen, die sich an ganz interessanten Orten abspielen und die melancholisch und ausfuhrlich die Begebenheiten und Stimmungen einzelner Personen beschreiben.

Einige Geschichten stellen nur ein kleines Fragment im Leben der Hauptpersonen dar, andere schildern besonders entscheidende Momente. Was aber jede Erzählung charakterisiert, ist das Gefühl der Verlassenheit und der Einsamkeit der Hauptfiguren, die aus der Generation der heute 20 bis 30 Jährigen stammen und die damit verbundene Unfähigkeit und Ungefälligkeit zu kommunizieren, die scheinen in den letzten Jahren bei den jungen Menschen immer intensiver zu werden.

Alle Protagonisten halten sich die Möglichkeit offen, jederzeit gehen zu können.

Sie brauchen ihre eigene Freiheit, woran sie nicht wirklich glauben, darum legen sie sich auf nichts fest, sie tauchen auf und verschwinden wieder, ohne Spuren zu hinterlassen.

Hermann beschreibt in jeder Erzählung einen kurzen Moment, in dem die Figur ihr unglückliches Leben verändern kann, aber nur aus eigener Unentschiedenheit verpasst sie diese einzige Gelegenheit. „ Wenn sich schließlich entscheiden, machen sie es nicht glücklich, sondern wütend. "2n

Die Erzählung Das Sommerhaus, später, nach der das Erstling genannt ist, schildert die außergewöhnliche Bedeutung eines alten Hauses für den älteren Mann,

230 Http://www.hoergold.de/audiobooks/personen/index.htx?f_pid=1543&fjext=lang: Kurzbiographie von Judith Hermann [online], 2009 [cit. 2009-03-10], Dostupný z www:

<http://www.hoergold.de/audiobooks/personen/index.htx?f_pid=1543&f_text=lang>

231 BRANDT, Jan. Http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_99/09/26b.html: Prosa im Zimmerlautstärke [online]. Junge Word, 1996,24.2.1999 [cit. 2009-03-10], Dostupný z www:

<http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_99/09/26b.htm>.

namens Stein, der dieses Haus sein ganzes Leben lang sucht und schließlich findet.

Begeistert zeigt er es seiner ehemaligen Geliebten, die er in den letzten Jahren nur selten sah, jedoch fühlt er ihr gegenüber etwas Unbeschreibliches und bittet sie, mit ihm in diesem Haus zu leben. Obwohl ihn die Geliebte auf bestimmte Weise verachtet, denn er schlief damals mit allen Frauen aus ihrer damaligen Clique, um das Dach über dem Kopf zu haben, weil er nur ein Taxi besitzt, das für ihn sein ganzes Zuhause bedeutet, kann sie sich vorstellen, mit ihm auf dem Lande zu leben und wartet nur auf sein Wort:

„Komm", das sie aber nie mehr hören wird. Das Haus löst sich nämlich in Rauch auf und Stein verschwindet. Sie weiß, sie wird ihn nie mehr sehen.

Beim Lesen überfiel mich ein intensives Gefühl der Depression und Hoffnungslosigkeit, denn die weibliche Hauptfigur wartet nur resigniert und passiv auf den Augenblick, mit Stein zu sein, um ihr eigenes Leben verändern zu können, aber ohne etwas dafür zu tun. Sie ist wahrscheinlich zu sehr dran gewöhnt, mit ihren falschen Freunden, Zigaretten und Drogen Zeit zu verbringen und hat schließlich keinen Grund, ihr trauriges Leben zu verlassen. Schon früher hörte sie auf zu hoffen, zu träumen und zu lieben. Da kommt Stein, der ihr ein neues Leben anbietet. Aber für sie ist es schon zu spät. Mit ihrer eigenen Verschuldung verpasste sie ihre einzige Chance, wieder die heimlichen Momente menschlichen Glücks zu erleben.

Es ist nicht bekannt, wer die Autorin beim Schreiben dieser Zentralerzählung inspirierte, sie könnte dieses Motiv auch in einer Bar mitbekommen haben, wo sie lange kellnerte.232 Eigentlich kellnert sie bis heute ab und zu, denn Hermanns Meinung nach

„sei das so ein normaler Job, wo sie zwar viel sehe und Geschichten erlebe, wo sie aber an sich in Ruhe gelassen werde"233.

232 Vgl. JÄGER, Stefan. Http://www.goethe.de/Z/Jetzt/dejzus48/dejzus48.html: Interview mit Judith Hermann [online]. Goethe Institut, c2001, 14.4.2009 [cit. 2009-03-10], Dostupný z www:

<http://www.goethe.de/Z/Jetzt/dejzus48/dejzus48.htm>. „ Wenn ich aujhören würde, hätte ich das Gefühl, ich würde auf einen Schlag um zehn Jahre altem, und ich wäre auf einmal etabliert. Es ist ein Hängen am Jungsein."

233 JÄGER, Stefan. Http://www.goethe.de/Z/Jetzt/dejzus48/dejzus48.html: Interview mit Judith Hermann [online], Goethe Institut, c2001, 14.4.2009 [cit. 2009-03-10], Dostupný z www:

<http://www.goethe.de/Z/Jetzt/dejzus48/dejzus48.htm>.

Dieser Beruf ermöglicht Hermann, täglich in Kontakt mit vielen Menschen zu sein und ihren interessanten Lebensgeschichten aufmerksam zuzuhören, deren Splitter man in jeder Erzählung des schmalen Erzählbandes spüren kann, der über die Nacht zum Bestseller wurde und von den meisten wichtigen Kritikern mit einem außergewöhnlichen Lob kommentiert wurde.

Die junge und unbekannte Autorin, die auf einmal Aufsehen erregte, erntete Lob mit äußerster Demut. Die Aufmerksamkeit, die sie bei der breiten deutschen Öffentlichkeit erweckte, bedeutete einerseits Erfolg, anderseits das Versprechen, ein zweites so gut wie das erste Werk zu schreiben.

Hermann ließ sich aber über vier Jahre Zeit, denn kurz nach dem Herausgeben ihres ersten Erzählbandes stand sie unter starkem Druck von den Verlagen, Medien und der Öffentlichkeit, auf den sie nicht psychisch vorbereitet war und den sie nicht schaffte. Sie zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück, reiste für das Goethe-Institut im Rahmen eines Stipendiums und lernte geduldig mit dem plötzlichen Ruhm umzugehen.234

234MINKM AR,Mils,WEIDERMANN,Volker.

http://www.faz.net/s/RubCC2IB04EE95145B3AC877C874FB1B61 l/Doc~EE7500780A!F64D81AF8C7 D52F7D9AC07~ATpl~Ecommon~Scontent.html: Interview mit Judith Hermann [online], Frankfurter Allgemeine Zeitung, c2001-2009,19.1.2003 [cit. 2009-03-05]. Dostupný z www:

<http://www.faz.net/s/RubCC21B04EE95145B3AC877C874FBlB611/Doc~EE7500780AlF64D81AF8 C7D52F7D9AC07~ATpl~Ecommon~Scontent.html>.

„Ich habe mich nicht als Autorin gefühlt, eher als jemand, der davon überrascht und auch überrollt wird.

Dann war ich aber von außen plötzlich eine - mit nur einem Buch. Und ich wusste nicht, ob in je in der Lage sein würde, ein zweites zu schreiben. Also fühlte ich mich natürlich wie ein Hochstapler, wie jemand, der etwas vortäuscht. Ich war nicht sicher, ob ich eigentlich schreiben kann oder ob dieses Buch

nicht nur ein aus einem ganz akuten Lebensgefühl heraus entstandener psychotherapeutischer Verarbeitungsakt gewesen ist."

3.2. „ Nichts als Gespenster"