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Meine Analyse orientiert sich an Mitteln der Mediensemiotik, wie sie u. a. in Hans KrahsEinführung in die Literaturwissenschaft (Krah 2015) und inFilmsemiotik.

Eine Einführung in die Analyse audiovisueller Formate(Gräf et al. 2014) dargelegt sind.

Die Analyse der Handlungsstruktur der jeweiligen Formate erfolgt mit Hilfe von Raumtopologiemodellen im Sinne einer erweiterten Theorie des Literaturwis-senschaftlers Jurij Michailowitsch Lotman (dargelegt u. a. in Krah 2015: 186 ff.), deren Grundbegriffe im Folgenden geklärt werden. Nach Lotmans Verständnis sind Texte auf Ebene der Histoire in eine „sujethafte“ und eine „sujetlose“ Text-schicht unterteilbar (vgl. Krah 2010: 89). Dabei ist das „Sujet“ als „modellhaftes Handlungssubstrat oder Kompositionsschema eines Textes“ (Schulz 2007: 544) zu verstehen, ergo als die Handlung, das Geschehen eines Textes. Wenn Handlung stattfindet, ist der Text dementsprechend „sujethaft“. Texte, die keine Handlung aufweisen, z. B. Kalender, Telefonbücher, deskriptive Naturlyrik oder Weltbe-schreibungen eines Romans (man denke an den häufig umfangreichen Anhang von Fantasy-Romanen wie J.R.R. TolkiensHerr der Ringe) sind „sujetlos“ (vgl. Schulz 2007: 545, vgl. auch Lotman 1972: 329–340, Krah 2015: 180, Martínez/Scheffel 2012: 156, 214). Wird in einer Serie beispielsweise einführend der Alltag der Figuren gezeigt oder durch Establishing Shots die Szenerie einer Handlung (z. B.

das Haus, die Landschaft, die Stadt) gezeigt, handelt es sich dabei um sujetlose Inhalte. Die sujetlose Textschicht, „die dargestellte Welt in ihrer Gesamtheit“, bildet die filmische Diegese: „Zur Diegese gehören die Figuren bzw. Akteure und der von ihnen auditiv und visuell wahrgenommene Raum“ (Krah 2010: 90).

„Der sujethaltige Text wird auf Basis des sujetlosen errichtet als dessen Nega-tion“ (Lotman 1972: 338), d. h., Handlung kommt dann zustande, wenn die bestehende Ordnung gestört wird, beispielsweise wenn eine Figur „die Grenze zwischen zwei,semantischen Feldern‘ überschreitet“ (Schulz 2007: 545, vgl. auch Krah 2015: 205). Dabei muss die Topographie eines Textes, die konkrete örtli-che Gegebenheit, nicht unbedingt Träger der Topologie, der „Merkmalsmengen“, sein, „auch wenn die Topographie eines Textes […] zumeist semantisch funktio-nalisiert ist“ (Krah 2015: 191). Es ist zwischen „semantisierten Räumen“, also raumgebundenen Bedeutungszuweisungen, und „abstrakt semantischen Räumen“

zu unterscheiden, „die nur über ihr spezifisches Merkmalsbündel gegeben sind“

(Krah 2015: 191, vgl. Martínez/Scheffel 2012: 156 f.), wie der Übergang vom Leben zum Tod, der Wechsel von Sicherheit zu Bedrohung etc. Wenn in der Serie 13 Reasons Whydie Protagonistin Hannah Baker Suizid begeht, liegt eine Grenzüberschreitung vom Leben zum Tod vor. Der Text ist sujethaft. Dabei zieht

1.1 Darlegung der Methodik 13 eine einzelne Grenzüberschreitung in ihrer Auswirkung auf andere Charaktere oft weitere Konsequenzen nach sich, kann also im mehrfachen Sinne zustands-verändernd sein. Im obigen Beispiel ist dies für den Protagonisten Clay Jensen der Fall, der mit Hannah Baker sein Love-Interest verliert, ebenso wie für die Freunde der Protagonistin und für deren Eltern. Es existieren dabei diverse Typen von Grenzverletzungen und -verschiebungen (vgl. Krah 2015: 205 ff.).

„Handlungsverläufe zeichnen sich durch die theoretische Gültigkeit des Kon-sistenzprinzips aus“ (Krah 2015: 211). Handlung endet, wenn der ereignishafte Zustand beendet ist und die Grenzüberschreitung getilgt wurde. Der Endzustand kann, aber muss nicht zwangsweise mit dem Ausgangszustand übereinstimmen, vielmehr sind verschiedene Arten der „Ereignistilgung“ möglich (vgl. Krah 2015:

211 f.): Die „Rückkehr in den Ausgangsraum“, bei der „die Größe, deren Situie-rung das Ereignis bedingt, […] wieder in den früheren Zustand zurückversetzt“

(Krah 2015: 212) wird, wenn beispielsweise in einem fiktiven mittelalterlichen Szenario ein Kreuzfahrer aus Jerusalem in die Heimat zurückkehrt und dort sein

‚normales‘ Leben wieder antritt. Zweitens das „Aufgehen im Gegenraum“, bei dem die grenzüberschreitende Größe eigene Merkmale verliert, die im Raum störend sind, in den sie eingetreten ist, und sie daher die „konstitutiven“ Merk-male des Gegenraumes annimmt (vgl. Krah 2015: 213). Dies liegt beispielsweise vor, wenn obiger Kreuzfahrer Teil der muslimischen Kultur wurde, gegen die er ursprünglich in den Krieg zog, und nun unter Muslimen weiterlebt. Und drit-tens die „Metatilgung“, bei der sich die dargestellte Welt dergestalt ändert, dass sich Grenzen auf eine Weise verschieben, sodass der ursprünglich ereignishafte Zustand kein Ereignis mehr darstellt (vgl. Krah 2015: 214). Dies wäre, unter Verwendung des bisherigen Beispiels, der Fall, wenn die Anführer der Kreuz-fahrer und die Muslime Frieden schließen und fortan ohne Gebietsansprüche in Harmonie zusammenleben.

Bezüglich der räumlichen Organisation und des Handlungsverlaufs eines Tex-tes ist die sogenannte „Extrempunktregel“ relevant: Häufig sind semantische Räume in sich weiter gegliedert und weisen sogenannte „Extremräume“ oder

„Extrempunkte“ auf, in denen sich die Merkmale des Raumes verdichten. Diese Extremräume stehen „synekdochisch für den Gesamtraum“: „Sie sind Teilräume, in denen sich die zentralen und konstitutiven Merkmale des Raumes quasi kon-densieren und die so den Gesamtraum mise-en-abyme, als pars pro toto abbilden“

(Krah 2015: 195 ff., vgl. auch Renner 1987: 117). Solche Extremräume „sind zumeist narrativ relevant“ und „fungieren alsBrennpunkte des Geschehens“ (Krah 2015: 224). Das bedeutet, dass jede/r Held/in, hat er/sie einen semantischen Raum betreten, auch den Extremraum aufsuchen wird, bevor er/sie den Raum potenziell verlassen und ein Abschluss der Handlung bzw. eine Rückkehr zur Konsistenz stattfinden kann (vgl. Krah 2015: 224), oder wie Karl Renner es formuliert:

Überschreitet ein Held die Grenze eines semantischen Feldes, dann führt ihn der Weg innerhalb dieses Feldes zu dessenExtrempunkt. Kehrt er in seinen Ausgangsraum zurück, dann ändert sich dort seine Bewegungsrichtung: Der Extrempunkt ist ein Wen-depunkt. Ansonsten endet hier der Weg des Helden: Der Extrempunkt ist derEndpunkt.

(Renner 1987: 128).

Dementsprechend ist die Extrempunktregel eng mit dem Konsistenzprinzip ver-knüpft (vgl. Renner 1987: 128). Greifbare Beispiele für konkrete, topographisch verortbare Extremräume finden sich oft in fantastischen Geschichten oder Mär-chen: die Höhle des Drachen, der Turm des bösen Zauberers, das verbotene Zimmer, der Schicksalsberg in Tolkiens Herr der Ringe oder der Todesstern in Star Wars. Es kann sich jedoch auch um abstrakt-semantische Räume handeln, wie z. B. der Moment tiefster Depression oder ein Ereignis, welches durchlebt wer-den muss. Aus der Art und Weise, wie Texte räumlich strukturiert sind, aufgrund welcher Grenzverletzungen oder Verschiebungen diese Ordnung gestört und wie Konsistenz wiederhergestellt wird, ergibt sich die „spezifische Ereignisstruktur“

bzw. „narrative Struktur“ eines Textes (vgl. Krah 2010: 89 f.).

Die narrative Struktur der analysierten Formate wird stets anhand einer abstra-hierten Abbildung des Handlungsverlaufes dargestellt. Im Rahmen meiner Sche-matisierung der Handlung handelt es sich in der Regel um stark abstrahierte, nicht konkret topographisch verankerte Räume, die dazu geeignet sind, eine Aussage in Bezug auf die Familiendarstellung abzuleiten und bezüglich des Gesamtkorpus zu verallgemeinern. Ebenso wird ein Schema zur Figurenkonstellation (angelehnt an Krah 2015: 199 ff.) erstellt, um die Beziehungen und Verstrickungen der Cha-raktere klar und abstrakt darzustellen. Die Analyse der Formate erfolgt mithilfe eigens angelegter Raster (vgl. Abb.1.1und Abb.1.2). Zunächst analysiere ich die Serien anhand der jeweiligen Charaktere unter Ausschluss nicht wiederkehrender bzw. handlungsmäßig weitgehend irrelevanter Figuren. Zu jeder analysierten Epi-sode liegt dementsprechend eine Tabelle vor, in der unter Angabe des Zeitpunktes in der Episode besonders charakteristische Handlungen und Eigenschaften der Figuren genannt werden (vgl. Abb.1.1), ob ein Charakter sich beispielsweise durch konser-vative oder progressive politische Standpunkte auszeichnet20, ob er/sie zu Gewalt

20Die Begriffe ‚konservativ‘ und ‚progressiv’ werden im weiteren Verlauf des Textes – insbe-sondere in Bezug auf die Modellierung von Familie – wiederholt verwendet. Sie sollen dabei ausdrücklich nicht in einem normativen bzw. wertenden Sinne verstanden werden. Konser-vativ wird im Sinne dieser Untersuchung stets meinen, dass ein Modell oder Standpunkt sich dominant auf bisherige und als traditionell wahrgenommene Strukturen beruft, diese stützt und auf deren Erhaltung und Fortführung fokussiert ist. Progressiv meint gegenläufige Ten-denzen, die darauf ausgerichtet sind, neue Modelle zu schaffen, Traditionelles zu reformieren und zu überholen – in welchem Sinne auch immer. Die Gegenüberstellung von Tradition bzw.

1.1 Darlegung der Methodik 15

Abb.1.1FigurenschemazuRulingDays(OzarkI/5)

oder Drogenkonsum neigt, von welcher Bedeutung Familie für ihn/sie ist oder ob Religiosität eine besondere Rolle spielt.

Aus der Analyse der Figuren als Handlungs- und Merkmalsträger ergibt sich im zweiten Schritt das Paradigmenraster, in dem ich obige Ergebnisse nach Kategorien bündle (vgl. Abb. 1.2). Hier stellt sich heraus, welche Paradigmen ein Format als zentral setzt. Die somit gesammelten und geordneten Textbe-lege werden im Rahmen der Analyse abstrahiert und auf die übergeordnete Familienthematik zurückbezogen.21

An dieser Stelle eine Anmerkung zur Verwendung der Begriffe ‚Charakter‘

und ‚Figur‘. Obgleich der etwas neutralere Begriff ‚Figur‘ darauf verweist, dass es sich bei den Auftretenden um Textkonstrukte handelt, ziehe ich aus mehreren Gründen den Begriff Charakter vor:

a) Einerseits liegt meiner Untersuchung umfassende englischsprachige For-schungsliteratur zu Grunde. „Charakter“ habe ich hier als eingedeutschte Fassung des englischen „character“ verwendet.

b) Andererseits ist „Charakter“ ein deutlich psychologisierender Begriff, der mehr auf Charaktertiefe und Denk- und Gefühlswelt der Seriengestalten verweist. Video-on-Demand-Serien stehen in der differenzierten und ambi-valenten Konstruktion ihrer Gestalten in der Nachfolge des Quality-TV. Die Charaktere zeichnen sich nicht mehr – wie in früheren Serien – durch ein einziges zentrales Merkmal oder ein Bündel ähnlicher Verhaltensweisen aus, sondern werden als vielschichtiger und in sich widersprüchlich darge-stellt. Diese Serien neigen also dazu, die Charaktere zu psychologisieren und deren Abgründe auszuloten. Dementsprechend ist „Charakter“ der passendere Begriff.

c) Der Begriff Charakter verweist zudem auf die Entwicklung, die die Gestalten in den Serien durchlaufen. In vielen Serien des Korpus verharren Charak-tere nicht statisch auf ihren Merkmalen, wie für älCharak-tere Serien typisch. Durch das Ausheben bestehender Persönlichkeitspotentiale und daraus resultieren-den Konflikten wird auf eine Tiefenstruktur der Charaktere verwiesen. Dabei Konservativismus dient dabei allein dazu, klare Thesen und Aussagen formulieren zu können, und nicht zu einer Kategorisierung in positiv oder negativ.

21Figuren- und Paradigmenraster beruhen auf einer vorangegangenen eingehenden Untersu-chung der analysierten Serien, auch im Hinblick auf ihre oberflächenstrukturelle Gestaltung.

Im Mittelpunkt der Analyse stehen indes – wie eingangs dargelegt – tiefenstrukturelle Aspekte.

Dementsprechend wird auf ausführliche oberflächenstrukturelle Auswertung und Gegen-überstellung des umfangreichen Analysekorpus verzichtet, die zusätzlichen Umfang ohne besonderen Mehrwert bedeuten würden.

1.1 Darlegung der Methodik 17

Abb.1.2ParadigmenrasterzuRulingDays(OzarkI/5)

kommt es durchaus auch zu Rückschritten, so dass die Charaktere sich nicht stets grundlegend ändern, aber ebenso kommt es auch zu Fortentwicklun-gen, beispielsweise der Emanzipation von Jugendlichen von ihrem Elternhaus oder die Individualisierung eines Charakters und eine damit einhergehende Lösung von Rollenzwängen. Der Begriff ‚Charakterentwicklung‘ verweist im Kontext dieser Untersuchung vor allem darauf, dass die Charaktere aktueller Serien eher das Potential haben eine Merkmalsveränderung zu durchlaufen, als Charaktere älterer Serien.

d) Zudem nimmt meine Untersuchung die abgebildeten emotionalen Dynami-ken zwischen den Charakteren zentral in den Blick. Ich betrachte diese als essenziell für eine Untersuchung der Familiendarstellung.

Als ‚Plattform‘, auf der die weitere Analyse beruht, bzw. als Anknüpfungs-, Vergleichs- und Bezugspunkt dient die SerieOzark(USA, 2017)22, deren Analyse als einzige in umfassender Form in dieser Untersuchung vorliegt. Weitere For-mate werden zwar nach dem gleichen Schema analysiert, allerdings im Hinblick auf Rollenmuster, Charakterbeziehungen, Konstellationen und Konzeptionen von Familie sowie dominante Paradigmen, die sich aus den Rastern ergeben, gemein-sam untersucht. Ozark hat dabei die Funktion, mein analytisches Vorgehen zu demonstrieren und festzuhalten. Dieses exemplarische Vorgehen soll ebenso dazu dienen, der Analyse einen verbindenden Rahmen zu geben.

Zur gemeinsamen Analyse der Formate werden dabei die obigen Analy-setabellen weiter vereinfacht und zu jeweils adäquaten Tabellen und Rastern zusammengefasst. Insbesondere bezüglich der Charakterisierung außerfamiliärer Personen greife ich dabei auf die Begrifflichkeiten des Aktantenmodells des französischen Semiotikers Algirdas Julien Greimas zurück, dargelegt 1971 in Strukturale Semantik.Methodologische Untersuchungen(vgl. Greimas 1971: 157–

172). Greimas unterscheidet zwischen „Aktanten“ und „Akteuren“ (vgl. Greimas 1971: 159). Aktanten oder „aktantielle Kategorien“ (Greimas 1971: 159) bezeich-nen eibezeich-nen engen Katalog an Funktiobezeich-nen, die ein „Akteur“ auf der Ebene des Textes verkörpern kann. Die aktantiellen Rollen lassen sich unter folgenden Begriffen zusammenfassen: Das „Subjekt“ ist der Handelnde, das „Objekt“ das Desiderat, nach dem das Subjekt strebt, der „Sender“ ist der „Auftraggeber des Helden“ und der „Empfänger“ derjenige, der von der Handlung profitiert. Dabei steht dem Subjekt als Helfer der „Adjuvant“ zur Seite. Behindert in seinem Stre-ben wird er vom „Opponenten“, einem Gegner (vgl. Greimas 1971: 163 ff., vgl.

22Zur Wahl dieser Serie unter1.3

1.1 Darlegung der Methodik 19 auch Mecke/Winter 2009: 61.). Aktantielle Rollen sind wandelbar: Ein Adju-vant kann durch Verrat zum Opponenten werden. Ebenso muss ein Akteur keine konkrete Person sein, so kann etwa ein heftiger Sturm den Opponenten des Subjekts darstellen. Im Falle meiner Analyse handelt es sich aber stets um kon-krete, menschliche Figuren, die ich im Sinne der Vereinfachung auf ihre zentrale aktantielle Rolle – Adjuvant oder Opponent – reduziere.

Um den Wandel in der Darstellung der Familienthematik nachzuvollziehen, wird Lotmans Modell der Semiosphäre herangezogen, welches ich unter 1.3 genauer darlege. Insbesondere lassen sich durch dieses Modell die Familiendar-stellung der Video-on-Demand-Serie in einem umfassenderen medialen Kontext verorten und die entsprechenden Zusammenhänge anschaulich visuell darstellen.

Des Weiteren liegt der Untersuchung umfangreiche Sekundärliteratur zur Seri-enforschung aus narratologischer und sozio-kultureller Perspektive zugrunde.

Dabei dominieren – aufgrund der Konzentration auf den US-amerikanischen Kulturkreis – Werke US-amerikanischer Autor/inn/en. Diese Werke legen zwar mehrheitlich großen Wert auf einfache Zugänglichkeit und Verständlichkeit, bis-weilen kann indes eine gewisse Oberflächlichkeit und insbesondere eine zu lapidare Verzahnung sozialer Faktoren und medialer Darstellungsweisen nicht geleugnet werden.23Dies reflektiere ich im Rahmen der Untersuchung.

Zur Orientierung der Lesenden befinden sich in Anhang 2 inhaltliche Zusam-menfassungen aller analysierten Episoden. Dieser ist im elektronischen Zusatz-material der Arbeit einsehbar.

23So enthält sich die US-amerikanische Forschungsliteratur weitgehend einer tiefergehenden und detaillierten medienwissenschaftlichen Analyse der Figurenkonstellation, Charakterei-genschaften und Geschlechterbilder in Familienserien und legt größeres Augenmerk auf die Interdependenzen sozialer Realität und medialer Weltmodelle (vgl. die im weiteren zitierten Aufsätze Bodroghkozy 2012, Bryant 2001, Donaldson 2015, Kutulas 1998 und 2016, LeVay 2019 sowie Robinson/Skill 2001). Sind diese Zusammenhänge zwar durchaus von großem Interesse und großer Relevanz, so machen sie eine intensive und serienhistorisch verglei-chende Analyse jedoch nicht sekundär. Erst aus dieser kann erschlossen werden inwieweit tatsächlich Entwicklungen stattfinden, inwieweit beispielsweise vordergründig progressive Familiendarstellungen tatsächlich progressiv sind. Zudem darf nicht ignoriert werden, dass Serien als mediale Erzeugnisse nicht unbedingt der Motivation folgen einer sozialen Realität gerecht zu werden bzw. sich aktuellen Entwicklungen anzupassen. Sie sind Produkt der spe-zifischen Ideen und Normvorstellungen der Medienschaffenden, sowie marktwirtschaftlicher Interessen. Mediale Weltmodelle und reale Umstände stehen in einer komplexen Beziehung, nicht in einem Verhältnis von Realität und Abbildung. Dies mag in der amerikanischen Forschung bisweilen in den Hintergrund geraten.