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D IE MEISTEN GETESTETEN KLEINEN W IRKSTOFFMOLEKÜLE ZEIGEN KEINE ODER NUR EINE SEHR SCHWACHE

5. DISKUSSION

5.2 D IE MEISTEN GETESTETEN KLEINEN W IRKSTOFFMOLEKÜLE ZEIGEN KEINE ODER NUR EINE SEHR SCHWACHE

5.2.1 Quinpramin

Auch bei der sehr potenten antiprionwirksamen Substanz Quinpramin, die als Chimäre aus Quinacrin und Desipramin synthetisiert wurde (Klingenstein et al., 2006), galt es aufzuklären, ob eine direkte Bindung an PrPC für die anti-Prion-Wirkung verantwortlich ist. Für den

Baustein Quinacrin konnte gezeigt werden, dass dieser zwar spezifisch an Motive aus zwei aufeinander folgenden aromatischen Aminosäuren bindet, dass aber auch nicht-wirksames 9-Aminoacridin mit gleicher Affinität bindet (Mangels, 2004). In Kooperation mit den Gruppen von PD Dr. Carsten Korth (Düsseldorf) und Prof. Dr. Peter Gmeiner (Erlangen) wurden daher Studien zur Aufklärung des Wirkmechanismusses der aus dieser Zusammenarbeit hervorgegangenen Substanz Quinpramin durchgeführt.

Durch die deutlich schlechtere Löslichkeit der bivalenten anti-Prion-Substanzen gegenüber Quinacrin waren Untersuchungen mittels NMR-Spektroskopie allerdings eingeschränkt.

Während mit Quinacrin 1H, 15N-HSQC-Spektren für einen 10- bis 30-fachen Überschuss an Wirkstoff aufgenommen werden konnten, war dies für Quinpramin nur bis zu einem fünffachen Überschuss möglich. Es ließen sich so Effekte in der gleichen Region wie nach der Quinacrin-Zugabe beobachten, welche vergleichbar gering waren und auf eine ähnlich schwache, direkte Wechselwirkung mit den identischen Motiven hindeuteten. Im Rahmen von Fluoreszenz-detektierten Interaktionsstudien konnte keine direkte Bindung von PrP mit Quinpramin festgestellt werden. Der fünffach bessere EC50-Wert, verglichen mit der Wirkung von Quinacrin, lässt sich somit nicht aus den Experimenten ableiten.

Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Studien zur Bindung von bivalenten Wirkstoffkandidaten mit jeweils zwei trizyklischen, aromatischen Systemen, die bereits von May et al. (2003) als mehrfach potenter als Quinacrin beschrieben wurden, zeigen keine hochaffine Wechselwirkung mit dem zellulären Prion Protein. Dies gilt für die von May et al.

beschriebenen, sehr schlecht löslichen Bisacridine, wie auch für das noch stärker wirksame und besser lösliche Quinpramin. Die beobachtete, schwache direkte Interaktion mit dem Prion Protein kann also - wie auch für Quinacrin selbst schon - als Mechanismus für die antiprionale Wirkung weitgehend ausgeschlossen werden. Damit ist auch unwahrscheinlich, dass eine Anreicherung der Wirkstoffmoleküle in den Lysosomen, wie von Vogtherr et al. (2003) postuliert, für die Wirkung erforderlich ist.

Die im Rahmen dieser Arbeit gezeigten Ergebnisse stehen dagegen im Einklang mit neueren Erkenntnissen (Klingenstein et al., 2006), die die Wirkung von Quinpramin auf die Interaktion mit sogenannten lipid rafts, also detergenzresistenten Membran-Domänen (Simons & Ikonen, 1997), zurückführen. Diese Ergebnisse legen nahe, weitere bi- oder gar mehrvalente Derivate von Quinpramin mit Verbindungen herzustellen, welche die Beschaffenheit von Membranen, insbesondere der lipid rafts, beeinflussen und deuten darauf hin, dass eine direkte Bindung an PrPC nicht berücksichtigt werden muss.

5.2.2 Studien an kurzen Peptiden

In der vorliegenden Arbeit wurden auch unterschiedliche Peptide auf ihre Bindung an PrPC untersucht, nämlich einerseits kurze Peptide aus Phagendisplay-Bibliotheken, die mittels ELISA als PrPC-bindend identifiziert worden waren, und andererseits ein Peptid, welches in einem Designansatz aus den Binderegionen des PrPC-bindenden Antikörpers VRQ14 abgeleitet wurde. Es konnte allerdings, entgegen den Erwartungen, in keinem der Fälle eine Interaktion mit der zellulären Form des Prion Proteins beobachtet werden. Vor allem bei dem aus VRQ14 abgeleiteten Peptid entsprach dies nicht den Annahmen. Das Peptid beinhaltet die beiden antigenbindenden Schleifen 1 und 2 der leichten Kette, die in der Kristallstruktur des Komplexes aus ovinem PrPC und VRQ14 als wichtigste Interaktionselemente identifiziert worden waren. Diese beiden Schleifen sind im Antikörper durch eine Haarnadel aus einem antiparallelen β-Faltblatt verbunden, welches von einem Gerüst aus weiteren β-Faltblatt-Strängen stabilisiert wird (Abb. 4.2). Wie in Richardson & Richardson (2002) beschrieben, neigen isolierte Faltblätter stark zur Aggregation, weshalb das die Schleifen 1 und 2 verbindende Faltblatt entfernt und die Schleifen nur durch eine Turn-Sequenz verbunden wurden. Durch das Herausschneiden dieses wichtigen, stabilisierenden Sekundärstrukturelementes im verwendeten Peptid vergrößert sich aber offenbar die interne Dynamik und verringert im gleichen Maß das Vorliegen der bindungskompetenten Konformation. Obwohl die NMR-Spektroskopie besonders geeignet ist, selbst sehr schwache Wechselwirkungen bis in den millimolaren Bereich zu detektieren, konnte keine Veränderung in den NMR-Spektren und somit keine Interaktion festgestellt werden.

Eine Abnahme der Bindungskonstanten, bedingt durch das Entfernen von Bindemotiven aus ihrem tertiären Strukturumfeld, wurde bereits in der Literatur beschrieben. Die Interaktion des Prion Proteins mit der Laminin-γ-1-Kette ist hier ein gutes Beispiel (Graner et al., 2000). In Kompetitionsversuchen wurde gefunden, dass Laminin-γ-1, das mit einer Dissoziationskonstanten von 20 nM an PrPC bindet, erst durch Konzentrationen des dem Laminin-γ-1-Bindemotiv entsprechenden Peptids verdrängt werden kann, die vier bis fünf Größenordnungen über der Dissoziationskonstante für das Volllängenprotein liegen.

Für die Peptide aus den Phagendisplay-Bibliotheken kann grundsätzlich auch die hohe Dynamik als Grund für das Fehlen einer Bindung in Frage kommen. Zusätzlich sind die ausgewählten Peptide relativ kurz, was zu einer kleinen Interaktionsfläche mit dem Prion Protein führen würde. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, dass die Oberfläche der globulären Domäne von PrPC keine großen Bindungstaschen oder Furchen aufweist, die für

eine Bindung von Liganden genutzt werden können (Abb. 5.1). Bedingt durch diese relativ ebene Oberfläche kann es erforderlich sein, Phagendisplay-Bibliotheken mit längeren Peptiden zu untersuchen. Auf Grund der Oberflächenbeschaffenheit von PrPC fällt auch ein Wirkstoffdesignansatz weg, der bei vielen anderen Proteinen oder Enzymen, die natürliche Liganden binden und entsprechende Binderegionen aufweisen, verfolgt wird, nämlich die Derivatisierung der korrespondierenden Liganden. Letztendlich können auch die Oberflächenstruktur des Prion Proteins und das Fehlen ausgeprägter Bindungstaschen Gründe dafür sein, dass bisher nur sehr wenige, kleine organische Moleküle in zahlreichen Hochdurchsatz-Studien als PrP-bindend identifiziert wurden.

Abb. 5.1) Oberflächendarstellung von huPrPC

Gezeigt sind Vorder- und Rückseite (links bzw. rechts) anhand der durchschnittlichen NMR-Struktur von huPrP(121-230) bei pH 7.0. Die Abbildung basiert auf der NMR-Struktur von Calzolai & Zahn (2003), PDB-Eintrag 1HJM und wurde mit dem Programm WebLab Viewer 5 Lite (Accellrys, San Diego, CA, USA) erstellt.

Die in der vorliegenden Arbeit durchgeführten Studien zeigen, dass Peptide und kleine organische Moleküle nur bedingt bis sehr schlecht für die Leitsubstanzfindung für anti-Prion-Wirkstoffe verwendet werden können.

5.3 In einem NMR-Schnelltest ist 9-Aminoacridin als Sonde für