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3.3.1. Cyanine

Von der Vielzahl der organischen Farbstoffklassen, die als funktionelle Farbstoffe eine weite technische Anwendung finden, ist die Gruppe der Polymethinfarbstoffe eine der Wichtigsten. Der Name dieser Farbstoffklasse basiert auf dem charakteristischen Grundgerüst dieser Substanzen, das sich aus einer Aneinanderreihung von Methingruppen (═CH—) zusammensetzt. Polymethinfarbstoffe im engeren Sinn sind nach Dähne[127] substituierte oder unsubstituierte Polyene mit einer ungeraden Anzahl n von Methingruppen (Y) zwischen zwei so genannten Auxochromen, einer Donor- (X) und einer Akzeptorgruppe (X').[128]

Die Atomkette X–Y–X' bildet in den Polymethinfarbstoffen den Chromophor. Bei Y muss es sich nicht zwingend um reine –CH═ -Gruppen handeln. Y sowie die Kettenendatome X und X' stehen allgemein für Atome oder Atomgruppen der IV., V.

und VI. Hauptgruppe des Periodensystems. Cyanine, die wohl wichtigsten Polymethinfarbstoffe, unterteilen sich weiter in drei Klassen: offenkettige Cyaninfarbstoffe (Strepto-Cyanine), Hemi-Cyaninfarbstoffe und geschlossenkettige Cyaninfarbstoffe (Cyanine, siehe Abbildung 3-20).

Abbildung 3-20: Cyanin-Farbstoffklassen

Cyanine mit identischen Heterocyclen nennt man symmetrische, mit unterschiedlichen Heterocyclen asymmetrische Cyanine. Die meisten asymmetrischen Cyanine weisen in Lösung eine geringe Fluoreszenz auf, bei Interkalation in DNA allerdings zeigt sich oft ein enormer Fluoreszenzanstieg.[51] Man geht davon aus, dass dies an der eingeschränkten Rotation der aromatischen Systeme um die Methingruppe liegt[129], da so keine Möglichkeit mehr zu strahlungsloser Deaktivierung des angeregten Singulettzustands besteht.[51, 130, 131]

3.3.2. Bisherige und aktuelle Studien zu Thiazol Orange

Thiazol Orange bietet als kationischer asymmetrischer Cyaninfarbstoff einzigartige Eigenschaften, die es für die Analytik von Oligonukleotiden prädestinieren. TO interkaliert sowohl in DNA als auch in RNA und steigert dabei seine Quantenausbeute um das 18 900fache.[132, 133]

Der Chromophor ist hydrophob, löst sich aber dennoch als kationische Spezies in Wasser. Thiazol Orange besitzt einen sehr hohen Extinktionskoeffizient (ε = 63 000[129]) und weist damit eine sehr helle Fluoreszenz (ε*Ф) auf, bei einer Quantenausbeute von ca. 20 % in DNA.[134] Damit eignet sich Thiazol Orange als Fluoreszenzsonde für Oligonukleotide, zumal es mit einem Oxidationspotential von E (TO*+ / TO) = 1.2 eV[135] im angeregten Zustand nicht in der Lage ist, photoinduziert eine der Nukleobasen zu oxidieren, wodurch seine Fluoreszenz gelöscht würde.

Thiazol Orange in Peptiden

Kelley et al. entwickelten eine TO-Sonde, bestehend aus TO und verschiedenen Peptidkonjugaten.[136] Beinhaltet diese TO-Peptid-Sonde aromatische Aminosäuren, wie zum Beispiel Tryptophan (Trp, W), so interkalieren sowohl TO und Trp in einen

Abbildung 3-21: Thiazol Orange TO N

S

N

Cyanine: Thiazole Orange und aromatischen Aminosäuren im Triplexverbund mit DNA zu direktem Strangbruch.

Diese Kombination zeigt in menschlichen Zellen signifikante Phototoxizität.[138]

Barton et al. synthetisierten Metallointerkalatorkomplexe[139-141] (z.B. mit Rh(bpy)2chrysi3+), die Basenfehlpaarungen detektieren können. Durch ihre Größe interkalieren sie besser in thermodynamisch instabilere, fehlgepaarte DNA als in thermodynamisch stabile, richtig gepaarte DNA. Zudem führt die Photoaktivierung dieses Komplexes zu Strangbrüchen neben einem SNP.[140] Um zu erreichen, dass diese Metallointerkalatoren die Plasmamembran einer Zelle durchschreiten, werden sie an sog. Cell-penetrating Peptides (CPP)[142] gebunden, die als molekulare Transporter fungieren. Barton et al. nutzten dafür Oligoarginin, das aus 7–9 Arginin-Molekülen besteht. Um das Binden dieser Sonde an DNA auch fluoreszenzspektroskopisch beobachten zu können, wurde die Sonde mit TO markiert. TO steigert – im Gegensatz zu z.B. Fluorescein – die Bindungsaffinität der Sonde zu DNA.[143]

Abbildung 3-22: TO-Sonde mit Metallointerkalator nach Barton, r = Arg.

Kubista et al. entwickelten sog. Light-up Probes. Das sind Sondenmoleküle, bei denen man die gute Hybridisierungseigenschaften von PNA mit der starken Fluoreszenzsteigerung von TO bei Bindung an DNA kombiniert.[144] TO wird über einen flexiblen Linker an PNA gebunden, der es ihm ermöglicht, mit DNA zu wechselwirken. Um zu verhindern, dass TO durch Rückfaltung in die Sonde interkaliert und so zu einer höheren Eigenfluoreszenz der Sonde beiträgt, hat man

elektrostatischen Anziehungskräfte zwischen dem positiv geladenen TO und negativ geladener DNA minimiert.[145] Die Sonde ist in der Lage, Einzelstrang-DNA über die (komplementäre) Sequenz der PNA zu erkennen und über die Fluoreszenzsteigerung des TO Chromophors anzuzeigen.

Abbildung 3-23: Rückfaltung des Thiazol Oranges in die Sonde der Light-up Probes nach Kubista.

Thiazol Orange in DNA

Zahlreiche Derivate von Thiazol Orange wurden bereits auf unterschiedliche Weise in DNA eingebaut. Dabei wurde der Chromophor meist über einen der Stickstoffe der heteroaromatischen Ringe mit einer Alkylkette verknüpft, die dann entweder an einer Phosphatgruppe[146], am 5’-Terminus des Oligonukleotids[147-149] oder direkt an ein Uridinderivat[150] gekoppelt wurden (Abbildung 3-24).

Cyanine: Thiazole Orange

Abbildung 3-24: Unterschiedliche Anknüpfungsmöglichkeiten von Thiazol Orange an DNA.

A = Anknüpfung über den Chinolin- bzw. den Benzothiazol-Stickstoff B = Anknüpfung des TO an eine Phosphatgruppe,

C = an das 5’-ende eines Oligonukleotids, D = an eine Base.

TO wurde von Krull et al. über einen Polyethylenglykol-Linker an die Phosphatgruppe des 5’-Endes eines Oligonukleotids gebunden.[149] Das Oligonukleotid selbst wurde am 3’-Ende auf Glasfaser gebunden, um so die spektroskopischen Eigenschaften des TO-Chromophors an der Festphase zu bestimmen.[151] In weiterführenden Studien wurden der Fluoreszenz-Resonanz-Energie-Transfer (FRET) von TO und kovalent gebundenen Fluoreszenzmarkern wie TAMRA und Cy3/5 untersucht.[148] Es wurde gezeigt, dass TO als FRET-Donor agiert.

Abbildung 3-25: Anknüpfung von Thiazol Orange an die Oligonukleotidsonde nach Krull.

Asseline et al. modifizierten Oligonukleotide ebenfalls am 5’-Ende durch kovalente Anknüpfung von verschiedenen Monomethin-Farbstoffen, darunter auch TO, an die Phosphatgruppe. Zudem wurde Einzelstrang-DNA an einer internen Phosphatgruppe des Stranges mit TO markiert[152-154]:

Abbildung 3-26: Oligonukleotidmarkierung mit TO nach Asseline.

Untersucht wurden die Absorptions- und Fluoreszenzspektren[146] der freien und hybridisierten Proben. Die unterschiedlichen spektrochemischen Eigenschaften und Stabilitäten der Cyanin-markierten Oligonukleotide wurden auf die verschiedenen Konnektivitäten der beiden Heteroaromaten zurückgeführt. Des Weiteren wurden von Asseline et al. Sonden entwickelt, die TO am 5’-Ende der Phosphatgruppe tragen, mit denen SNPs detektiert werden konnten.[147]

Yarmoluk et al. untersuchten die Fluoreszenz- und Absorptionsspektren von TO über

Cyanine: Thiazole Orange von über 100 nm zu beobachten ist. Es wird angenommen, dass TO im Halbinterkalationsmodus[156]mit DNA wechselwirkt, d.h. TO interkaliert nur mit einem Heterozyklus. Der andere aromatische Ring des TO, der sich außerhalb des Duplexes befindet, kann mit freiem TO wechselwirken. Der Aggregationsprozess reduziert die Empfindlichkeit der DNA-Detektion erheblich.

Seitz et al. entwickelten sogenannte stammlose PNA-Molecular-Beacons.[157] Diese sind mit Thiazol Orange und einem weiteren Cyaninfarbstoff markiert (NIR667). In Abwesenheit des Ziel-Oligonukleotids faltet sich die Fluoreszenzsonde so, dass die Emission nahezu vollständig gelöscht wird. Durch die Hybridisierung mit dem Zielstrang, wird die Aggregation beider Chromophore aufgehoben und es kann ein FRET von Thiazol Orange auf den Cyaninfarbstoff stattfinden, begleitet von einer Fluoreszenzintensitätserhöhung um Faktor 102 und einer Stokes-Verschiebung von 200 nm.

Abbildung 3-27: Schematische Darstellung der Funktionsweise von stammlosen Molecular Beacons nach Seitz.

O

N N

O N

CN

O O

O

N N S

O

H2N N OH

O

Okamoto et al. markierten ein Oligonukleotid zweifach mit Thiazol Orange an einem Uridin-Nukleosid.[150, 158-163] In Abwesenheit des Ziel-Oligonukleotids findet auch hier eine Aggregation beider Chromophore statt, wodurch die Fluoreszenz gelöscht wird.

Nach der Hybridisierung mit der Zielsequenz wird die Aggregation aufgehoben und beide Chromophore zeigen eine hohe Fluoreszenzintensität.

Abbildung 3-29: Zweifach markierte TO-Sonde nach Okamoto.

3.4 Excitonische Wechselwirkungen zwischen