Definition: Entzündliche Erkrankung des Bronchialsys
tems, die wenigstens über 2 Jahre und in jedem Jahr min
destens 3 Monate hindurch an den meisten Tagen der Woche mit Husten und Auswurf einhergeht. Außerdem tritt sehr häufig Atemnot auf das Allgemeinbefinden kann beeinträchtigt sein.
Die Ursachen sind vielfältig, Rauchen ist ein sehr wich
tiger kausalpathogenetischer Faktor, rezidivierende In
fekte können für eine Chronifizierung verantwortlich sein. Im Keimspektrum bei akuter Exazerbation einer chronischen Bronchitis werden hauptsächlich Haemo
philus influenzae, Streptococcus pneumoniae, Moraxel
la catarrhalis sowie auch Proteus mirabilis, Klebsiella pneumoniae und Staphylococcus aureus angezüchtet und beurteilt.
Trotz wachsender Besorgnis über eine zunehmende An
tibiotikaresistenz sind in Deutschland diese Atemwegs
infektionen mit den verfügbaren Antibiotika noch zu
friedenstellend therapierbar.
Eine antibiotische Therapie einer akut exazerbierten chronischen Bronchitis ist indiziert, wenn purulentes Sputum vorhanden ist. Das Keimspektrum unterschei
det sich nicht wesentlich von der akuten Form. Es kom
men prinzipiell auch die gleichen oralen Antibiotika zum Ersteinsatz (Tab. 1).
Z. Allg. Med. 2000; 76: 244-249. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 2000 245
Tabelle 1: Orale Antibiotika gegen akute Infektionen der unteren Atemwege bei Erwachsenen
Gruppe Freiname Handelsname mittlere Tagesdosis
(Beispiel) (in mg) Tetracycline Doxycyclin Supracyclin 1-2 x 100 Makrolide Azithromycin Zithromax 500 für 3 Tage
Clarithromycin Klacid 2x250 Erythromycin Erythrocin 3x500,2x1000 Roxithromycin Rulid 2x300 Breitbandpenizilline Amoxicillin Amoxypen 3x750 und mit Beta- Amoxicillin
laktamasehemmer u. Clavulansäure Augmentan 2x875
Cephalosporine Cefaclor Panoral 3 X 500 (unretardiert)
ohne erhöhte 2 X 375 (retardiert)
ß-Laktamase- Cefadroxil Bidocef 2x1000 Stabilität Cefalexin Oracef 2x1000-2000
Loracarbef Lorafem 2 X 200-400 Cephalosporine Cefixim Cephoral 1 x400 mit erhöhter Cefuroxim Elobact 2x250
ß-Laktamase- Zinnat
Stabilität Cefetamet Globocef 2x500
Ceftibuten Keimax 1 x400 Cefpodoxim Orelox 2x200
Podomecef
Fluorchinolone Ciprofloxacin Ciprobay 2x250-500 Grepafloxacin Vaxar 1 X400-600 Levofloxacin Tavanic 1-2x250-500 Moxifloxacin Avalox 1 x400
Sparfloxacin Zagam 1. T. 400, ab 2. T. 200
Clindamycin Sobelin 4x150-450
Metronidazol Clont 2-3 X 200-400
Bei Patienten mit entsprechender Begleitmorbidität keit, Myalg bzw. Risikoprofil sind die neueren Fluorchinolone Gre-
pafloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin bzw. Sparfloxa
cin (Tab. 1 und 2) sinnvoll und indiziert, da diese beson
ders wirksam gegen Pneumokokken sind.
Patienten mit einer zusätzlichen obstruktiven Ventila
tionsstörung bedürfen häufig einer intensivierten anti
obstruktiven Therapie. In diesen Fällen sind auch immer gezielte Begleitmaßnahmen ratsam und für den Patien
ten günstig, wenngleich für diese supportiven Behand
lungsmaßnahmen ein überzeugender
Wirksamkeits-Chronische Bronchitis: Wann welche Medikamente?
Antibiotika bei akuter Exazerbation mit purulentem Sputum
Prinzipiell die gleichen oralen Antibiotika wie bei akuter Bronchitis (Tob. 1)
Bei Risikopatienten/Begleitmorbidität Grepafloxacin, Levofloxacin, Moxifloxaxin bzw. Sparfloxacin (Tab. 1 u. 2):
bessere Pneumokokkenwirsamkeit!
Bei zusätzlicher obstruktiver Ventilationsstörung inten
sivierte antiobstruktive Therapie mit gezielten Begleit
maßnahmen!
Glukokortikoide in Einzelfällen, rasche Besserung der bronchopulmonale Beschwerden: initiale Dosis 30-50mg/Tag
nachweis aussteht. Im Einzelfall sind sie unverzichtbar.
Der Einsatz von Glukokortikoiden ist in bestimmten Einzelfällen ebenfalls un
umgänglich und bessert die broncho
pulmonale Beschwerdesymptomatik rasch. Die initiale Dosis (30-50mg/d) kann in der Regel rasch reduziert und fast immer beendet werden.
Pneumonien
Die ambulant erworbene Pneumonie tritt im sozialen Umfeld des Menschen oder innerhalb 48 Stunden nach sta
tionärer Kliniksaufnahme auf Die »typi
sche« Pneumonie zeichnet sich durch plötzlichen Fieberbeginn und pulmona
le Symptome - Husten, putrides Spu
tum, evtl, pleuritischer Brustschmerz - aus. Die häufigsten Erreger sind Strep
tococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae. Die »atypische« Pneumonie ist charakterisiert durch plötzlichen Be
ginn, trockenen Husten und extrapul
monale Symptome wie Kopfschmerz, gastrointestinale Beschwerden, Müdig-pneumoniae.
Prinzipiell wird man auch in diesen Fällen nach Fest
stellung einer Pneumonie wie bei der Bronchitis initial eine »kalkulierte Antibiotikatherapie« einleiten (relativ breite Erregerwirksamkeit unter Beachtung des regiona
len Keimspektrums und der Sensibilitätsverhältnisse).
Üblicherweise ist hier vor Therapieeinleitung auch kei
ne mikrobiologische Beurteilung erforderlich.
Tabelle 2: Einteilung der Fluorchinolone
Gruppe 1 Fast nur bei Hamwegsinfektionen eingesetzt Norfloxacin / Pefloxacin
Gruppe 2 Gramnegatives Keimspektrum mit abnehmender antibakterieller Aktivität
Ciprofloxacin Ciprobay Ofoxacin Tarivid Fleroxacin Quinodis Enoxacin Enoxor
Gruppe 3 Verbesserte Wirksamkeit gegen grampositive und
»atypischen Erreger Grepafloxacin Vaxar Levofloxacin Tavanic
Sparfloxacin Zagam (letzteres in D nur bei Infektionen durch penizillinresist. Pneumokokken!) Gruppe 4 Verbesserte Wirksamkeit gegen grampositive,
»atypische* Keime und Anaerobier Moxifloxacin Avalox
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Antibiotika
Pneumonie: Wann überwiegen welche Erreger? Pneumonie: Wann bronchoskopische Diagnostik?
Alle ambulant erworbenen Pneumonien:S. pneumon. > H.
influenzae > atypische Erreger’
Patienten <40Jahre:S. pneumon. > atypische Erreger^ > H.
influenzae
Patienten >65Jahre:S. pneumn. > H. influenzae > gramne
gative Bakterien^ > S. aureus
Patienten mitCOPD:H. influenzae > S. pneumn. > gramne
gative Bakterien^
HlV-lnfizierte:S. pneumon. > H. influenzae > opportunisti
sche Infektionen^
Patienten mit Aspirationsneigung:S. aureus + Anaerobier >
gramnegative K. > S. pneum.
Patienten mit i.v.-Drogenabusus:S. aureus > Streptokokken
> Enterobacteriaceae
Patienten nach Organtransplantationen:gramnegative K. >
Zytomegalievirus > opportunistische Infektionen^
Neutropenische Patienten:gramnegative K. > grampositive K. > Pilze (Candida und Aspergillus)
’Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae. Legionella spezies
^Enterobacteriaceae, Pseudomonas spezies
^Pneumocystis carini, Pilze, Mykobakterien
(nach Schaberg et al. 1997)
Bei unter 65-Jährigen ohne wesentliche Begleiterkran
kungen werden häufig Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Mykoplasmen, Chlamydien, und selten Le
gionellen nachgewiesen, ln diesen Fällen werden Ma
krolide empfohlen. Infektionen durch Mykoplasmen und Chlamydien werden kostengünstig und effektiv mit Doxycyclin behandelt. Symptomatische Begleitmaßnah
men müssen wie bei allen akuten Infektionen des Atem
wegstraktes auch hier im Einzelfall festgelegt werden.
Bei über 65-Jährigen mit einer relevanten Grund- bzw.
Begleiterkrankung (z.B. Alkoholismus, COPD, Diabetes mellitus, Organinsuffizienzen) werden zusätzlich Keime wie Moraxella catarrhalis, Enterobakterien und Staphy
lococcus aureus bestimmt. Wegen der Schwere der Er
krankung wird in diesen Fällen eine antibiotische
The-Definierte Immunsuppression
Schwere Pneumonie oder komplizierter Verlauf Therapieversagen der kalkulierten Antibiotikatherapie (in Abhängigkeit von den Risikofaktoren und der Schwere der Pneumonie nach dem ersten bzw. zweiten erfolg
losen Behandlungsversuch)
Verdacht auf poststenotische Pneumonie (Lungenaus
kultation)
Tuberkuloseverdacht (z.B. Mendel-Mantoux-Test) (nach Schaberg et al. 1997)
rapie mit Breitbandpenizillinen (ohne/mit Betalaktama- sehemmer) oder Cephalosporinen eingesetzt. Nach 3-4 Tagen sollte es dem Patienten besser gehen, dann reicht meist eine Gesamttherapiedauer von 7-10 Tagen.
Die Fiberbronchoskopie (siehe Kasten oben) in Loka
lanästhesie ist heute rasch und ohne Risiko durch Fach
kollegen ausführbar. Unverändert werden Patienten trotz rezidivierender bronchopulmonaler Infektionen erst spät einer Diagnostik zugeführt und dann häufig leider mit dem Nachweis eines fortgeschrittenen Bron
chialkarzinoms.
Vielfältige Ursachen können eine Disposition von älte
ren immobilen Patienten für die Entwicklung einer - oft mitigierten - Pneumonie erklären (u.a. Verminderung der Fibronektinproduktion im oberen Respirationstrakt, Mikroaspiration, eingeschränkter Hustenreflex, H3^o- ventilation, reduzierte Mukoziliarclearance, verminder
te elastische Lungenretraktion). Nach Ausschluss weite
rer Ursachen bei sub- bzw. febrilen Temperaturen (z.B.
Dekubitalulzera, Harnwegsinfektionen) werden in die
sen Fällen initial Amoxicillin mit einem Betalaktamase- hemmer empfohlen (Vorgehen bei Verdacht auf Aspira
tionsursache: Tab. 3). Eine Therapiedauer von vier Wo
chen und mehr ist hier erforderlich. In diesen Fällen sind auch Pneumoniekomplikationen nicht ungewöhnlich.
Erhöhte Vorsicht bei diesen Befunden
Medizinische Befunde, die evtl, die Prognose der akuten In
fektion der Atemwege verschlechtern bzw. eine stationäre Einweisung erforderlich machen (bei schweren broncho- pneumonischen Entzündungen)
Lebensalter:über 65 Jahre
Klinische Befunde: beginnende Organinsuffizienz, z.B. von Herz, Kreislauf, Nieren, Leber, Gehirn
Tachypnoe > 30/min; Sa02 < 90%
febrile Temperatur rektal > 39,5°C
Grund- oder Begleiterkrankungen:Diabetes mellitus, COPD, chronischer Alkoholismus, chronische Herz-, Niereninsuffizi
enz, Immunsuppression (z.B. bösartiger Tumor, Organtrans
plantation, Dauermedikation)
Bronchiektasen
Unterschieden werden fokale und diffuse Formen. Foka
le Bronchiektasen entwickeln sich nach Aspiration, Lungenabszessen, Tumoren und Tuberkulose. Die
diffti-Tabelle 3: Vorgehen bei Aspirationspneumonie Die Therapie dauert mindestens 4 Wochen!
Clindamycin Penicillin V Metronidazol Aminopenicillin Betalaktamasehemmer
4x300mg/d
4x2 Mill./d 1 -2 Wochen, dann 4 X 1 Mill./d mindestend 4 Wochen und 3 X 500mg mindestens 2-4 Wochen oder 3 X 875mg mindestens 4-6 Wochen
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sen Bronchiektasen werden genetisch bei der zystischen Fibrose und der primären ziliären Dyskrinie oder durch chronische Pneumonieformen verursacht.
Wegweisende Symptome sind rezidivierende Infektio
nen der Atemwege, produktiver Husten und Thora
xschmerzen. Die frühere pathognomonische »maulvol
le« Expektoration wird heutzutage nur noch selten regis
triert.
Bei dieser Erkrankungsform ist immer eine Sputumdia
gnostik sinnvoll und indiziert. Zur raschen Beurteilung sind ein Direktpräparat (GRAM-Färbung), mikrobiologi
sche Kultur und evtl, zytologische Beurteilungen zu ent
scheiden. Bei schwerer Symptomatik sollte auch eine ambulante Fiberbronchoskopie mit diagnostischem und therapeutischem Ziel bedacht werden.
Neben den atemphysikalischen Behandlungsmaßnah
men, evtl, auch antiobstruktiver Therapie, muss immer mit einem Pseudomonas-sensiblen Antibiotikum begon
nen werden. Ein Cephalosporin der 2./3. Generation bzw.
ein Fluorchinolon müssen initial gewählt werden. Ci
profloxacin hat eine günstige Wirksamkeit bei Pseudo
monaden. Bei rezidivierenden Infektionen ist eine anti
biotische Dauertherapie mit Überprüfiing der Sensibi
litätsverhältnisse notwendig.
Inwieweit initial eine stationäre Therapie mit rascher Möglichkeit einer intravenösen antibiotischen Kombi
nationstherapie oder von bronchoskopischen Maßnah
men erforderlich ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Dies erscheint aber bei hohen febrilen Tempe
raturen, erheblicher Tachypnoe und -kardie, Sauerstoff
sättigung unter 90% sowie deutlich reduziertem Allge
meinzustand indiziert.