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C- Term – Stoffaustausch

3.5. Chirale HPLC

3.5.1.1 Chirale stationäre Phasen (CSP)

Die ersten kommerziellen chiralen stationären Phasen sind seit dem Jahr 1981 (Pirkle et al.

[69]) verfügbar. Seitdem führte die Weiterentwicklung des Säulenmaterials zu einem Anstieg auf ca. 140 kommerziell und ca. 1400 nichtkommerziell verfügbare CSPs [70].

Für die chirale Trennung mittels HPLC stehen daher verschiedene Säulenmaterialien zur Verfügung. Eine Klassifizierung kann bei analytischen Arbeiten sowie Trennproblemen helfen, eine rationale Wahl der Phase zu treffen. Wainer teilte im Jahr 1987 die CSPs in Typ I bis V ein, je nach Art der Wechselwirkung des Analyten mit der stationären Phase [46a,68]

(Tab.2).

Typ Trennprinzip Chemie I:

Bürsten- oder Pirkle-Phase

Anziehende Wechselwirkungen, Wasserstoffbrückenbindungen, π-π-Wechselwirkungen, Charge-Transfer-Komplexe

Verschiedene chirale Selektoren, ionisch und kovalent gebunden

II:

Polymere Helices

Anziehende Wechselwirkungen, Wirt-Gast-Komplexe

Cellulosederivate, Amylosederivate III:

Kavitäten

(Inclusionsphasen)

Einschlussverbindungen, Wirt-Gast-Komplexe

Cyclodextrine, Kronenether, Polyacrylamide, Polymethacrylate IV:

Ligandenaustausch

Ligandenaustausch Aminosäure-Metall Komplexe

V:

Proteine

Hydrophobe und polare Protein-Wechselwirkungen,

Mesophasenwechselwirkungen

α1-saures Glycoprotein (AGP) Rinderserumalbumin

Tab.2: Klassifizierung chiraler stationärer Phasen

Chirale Trennung durch Einschlusskomplexierung (Inclusionsphasen; Typ III)

Zu der Art von Einschlusskomplexierungs-Phasen gehören Polysaccheride, Kronenether und synthetische Polymere, adsorbiert auf Kieselgelmatrix. Eine Trennung der Racemate wird durch das selektive Einschließen der Enantiomere in ihre chiralen Kavitäten erreicht. Hesse und Hagel [71] verwendeten erstmals mikrokristallines Cellulosetriacetat (CTA) zur Enantiomerentrennung.

1. Die Kronenether können als synthetische makrozyklische Polyether selektive Komplexe mit geeigneten Kationen eingehen. So schließt der 18-Krone-6-Ether über die Ion-Dipol-Interaktionen der Sauerstoffatome Ammonium-Ionen ein. Das chirale Derivat des Polyethers 18-Krone-6 mit komplexierten Amin ist in Abbildung 28 dargestellt.

Abb. 28: Struktur des Polyethers 18-Krone-6 mit Amin

Es werden Trennungen von Aminen, Aminoalkoholen und Aminosäuren [72] und andere Verbindungen mit primären Aminogruppen nahe des asymmetrischen Zentrums, sowie Dipeptide an optisch aktiven Kronenethern, die chemisch an Kieselgel oder als Polymermatrix verknüpft sind, beschrieben. Durch Weiterentwicklung kann die Anzahl an trennbaren Substanzen [63] vergrößert werden. Kommerziell sind diese Säulen unter den Handelsnamen CROWNPAK®CR (+) und CROWNPAK®CR (-) erhältlich (Abb.29) [73].

Abb. 29: Struktur des chiralen Kronenethers, der als chiraler Selektor dient und 5 µm Silikagels ummantelt. Dieses Säulenmaterialien sind als CROWNPAK®CR (+) und CROWNPAK®CR (-) erhältlich.

Saure mobile Phasen, z. B. Perchlorsäure mit einem pH-Wert von 1 bis 2, werden zur Benutzung dieser Säulen unter Standart- Bedingung eingesetzt.

Silikagel Silikagel

Crownpak® CR(+) Crownpak® CR(-)

Außerdem kann diese Art der Säulen als Referenz-Säulen bei der Aminosäuren-Trennung dienen, da sie den Vorteil der Umkehrung der Elutionsabfolge (mit der CR(-)-Säule werden die umgekehrten Bedingungen zur CR(+)-Säule erhalten) besitzen. Auch können mit diesen Phasen underivatisierte Substanzen getrennt werden.

2. Blaschke [74] stellte erstmals synthetische Phasen aus Polyacrylamide und Polymethacrylamide her (Abb. 30). Die polymeren Ketten von synthetischen Polyvinylen besitzen eine hohe Beweglichkeit in Lösung, während sie im festen Zustand häufig eine chirale helicale Struktur aufweisen. Durch Einlagerung von großen Gruppen in die Ketten, wird die Mobilität dieser Polyvinyle eingeschränkt und die chirale Struktur bleibt bestehen.

Abb. 30: Polyacrylamid und Polymethacrylamid

3. Aufgrund der mirokristallinen Struktur von Cellulose, die nach der heterogenen Acylierung erhalten bleiben muss, besitzen die Derivate Cellulose-Triacetat und Tribenzoat chirale Erkennungseigenschaften. 1979 stellte Okamoto, Nagoya University (Japan) [75] erstmals eine Phase aus (+)-Poly(triphenylmethyl)-methacrylat her (siehe Abbildung 1.11.). Zu dieser Art der Phasen gehören die beiden Säulen Chiralpak®OP(+) und Chiralpak®OT(+). Hierbei dient als chiraler Selektor ein chirales synthetisches Methacrylat-Polymer, welches 10 µm Silikagel ummantelt (Abb.31).

Abb. 31: Struktur von (+)-Poly(triphenylmethyl)-methacrylat

Silikagel Silikagel

Chiralpak®OP(+) Chiralpak®OT(+)

Bei dem Säulenmaterial Chiralpak®OT(+) ist das verwendete Polymer sehr empfindlich und zersetzt sich langsam bei der Verwendung von Alkoholen. Um diesem Phänomen auszuweichen sollten die Trennungsläufe bei niedrigen Temperaturen (0°C bis ca. 5°C) durchgeführt werden.

4. Die ersten Kieselgel-gebundenen Cyclodextrin-Phasen (CD-CSP) entwickelte Armstrong et al. im Jahr 1985. Heutzutage gibt es die nativen CD-Phasen (α – γ) und die modifizierte β-CD-Säulen wie Acetyl- und Hydroxypropylether-Phasen, deren Selektivität durch Einführung funktioneller Gruppen an ihren sekundären Hydroxylgruppen bestimmt wird.

Abb. 32: Kavitäten von α-, β- und γ-Cyclodextrin

Cyclodextrine sind Ringstrukturen aus α -1,4-glycosidisch verknüpften D-Glucopyranose-Einheiten. Gebildet wird α-Cyclodextrin aus 6 Glucoseeinheiten, β-Cyclodextrin von 7 Glucoseeinheiten und γ-Cyclodextrin durch 8 Glucoseeinheiten (Abb.32). Die zylindrischen Moleküle besitzen einen hydrophilen Rand sowie eine hydrophobe Kavität und eignen sich zur Enantiomerentrennung und zur Diskriminierung von Diastereomeren und Strukturisomeren [76-78]. Cyclodextrine werden sowohl für die Hochleistungsflüssigchromatographie [79] als auch für die Dünnschichtchromatographie eingesetzt [80].

Chirale Trennung auf Polysaccherid-Phasen (Polymere Helices; Typ II)

Bei dem Phasen-Typ auf Polysaccherid-Basis wird als chiraler Erkennungsmechanismus eine Kombination aus Einschlusskomplexierung und attraktiven / sterischen Interaktionen, z.B.

Wasserstoffbrückenbindungen oder π-π- sowie Dipol-Dipol-Wechselwirkungen, angenommen. Die verwendete Ausgangsverbindung Cellulose, aus α-(1,4)-verknüpften D-(+)-Glucoseeinheiten aufgebaut, bildet seilähnliche helicale Strukturen und kann an der freien Hydroxylgruppe derivatisiert werden. Durch die Einführung von verschiedenen Substituenten wird die chirale Erkennung beeinflusst. Sowohl Cellulose als auch seine Derivate besitzen die Fähigkeit der enantioselektiven Interaktionen.

Okamoto et al. (1984) [81] entwickelten CSPs auf Polysaccheridbasis von Cellulosetriacetat gebunden an Kieselgel. Die Weiterentwicklung führte zu Kieselgel ummantelter Cellulose (später auch Amylose) auf der Basis von Ester-, Carbamat- und Etherderivaten. Kovalent an die Kieselgelmatrix gebundene Cellulose- und Amylosederivate werden heutzutage hergestellt [82-86]:

Cellulose-tris(4-methylbenzoat) mit der Herstellerbezeichnung OJ (Ishikawa und Shibata,1993 [87]; Williams et al., 1997 [25]; Vaccher et al., 1998 [88]; OJ-R: van Overbeke et al., 1997 [89]),

Amylose-tris(1-phenylethylcarbamat) mit der Herstellerbezeichnung AS (Vaccher et al., 1998 [90]; Wang und Cheng, 1999 [91]),

Amylose-tris-(3,5-dimethylphenylcarbamat) mit der Herstellerbezeichnung AD (Williams et al. [25], 1997; Ning, 1998 [92]; Ferretti et al. [93], 1998; Vaccher et al., 1998

[90]; Kummer und Werner, 1998 [94]; Küsters und Nozulak, 1998 [95]; Kaliszan , 1998

[96]; Wang und Cheng,1999 [91]).

Diese Säulen sind bei der Firma Daicel unter dem Namen CHIRALPAK®für Amylose-Derivate (Tabelle 3) und CHIRALCEL® für Cellulose-Derivate (Tabelle 4) im Handel erhältlich sind.

Tabelle 3: Beispiele von Daicel-CSP auf Amylosebasis

Zuerst konnten diese CSPs (im Normalphasenmodus, siehe Kapitel 3.1.2) nur mit wasserfreien Eluenten genutzt werden, später wurde Säulenmaterial für den Gebrauch wässriger Eluenten (Suffix –R bei der Herstellerbezeichnung) entwickelt. Wegen ihrer guten Trenneigenschaften werden die Polysaccheridphasen auf Basis der Amylose [97] und auf Basis der Cellulose [98] ständig weiterentwickelt. Bei dieser chiralen Trennungsmethode erwies sich die Cellulose-tris(3,5-dimethylphenylcarbamat)-CSP (OD) als erfolgreich.

Andere Polysaccharide wie Chitosan, Xylan Curdulan, Dextran und Inulin sind als Phenylcarbamatderivat getestet worden [99].

Beispiele von Daicel-CSP auf Amylosebasis

Chiralpak® AD(-H):

Amylose-tris-(3,5-dimethylphenylcarbamat) ummanteltes Silikagel

Chiralpak® AS(-H):

Amylose-tris-[(S)-α-methylbenzylcarbamat) ummanteltes Silikagel

*: (S)- Konfiguration; chirale Seitenkette

Silikagel

R =

R =

Beispiele von Daicel-CSP auf Cellulosebasis

Chiralcel® OD(-H):

Cellulose-tris-(3,5-dimethylphenylcarbamat) ummanteltes Silikagel

Chiralcel® OJ(-H):

Cellulose-tris-(4-methylbezoat) ummanteltes Silikagel

Chiralcel® OA:

Cellulose-triacetat ummanteltes Silikagel Chiralcel® OB(-H):

Cellulose-tribenzoat ummanteltes Silikagel Chiralcel® OC:

Cellulose-tris-(phenylcarbamat) ummanteltes Silikagel

Chiralcel® OF:

Cellulose-tris-(4Chlorphenylcarbamat) ummanteltes Silikagel

Chiralcel® OG:

Cellulose-tris-(4-methylphenylcarbamat) ummanteltes Silikagel

Tabelle 4: Beispiele von Daicel-CSP auf Cellulosebasis Silikagel

R =

R = R =

R =

R =

R =

R =

Beispiele von Daicel-CSP auf Cellulosebasis

Chiralcel® OK:

Cellulose-tricinnamat ummanteltes Silikagel Chiralcel® CA-1:

Feines Pulver der mikrokristallinen Substanz Cellulose-triacetat

Fortsetzung von Tabelle 4: Beispiele von Daicel-CSP auf Cellulosebasis

Einflussnahme der mobile Phasen auf die chiralen stationären Polysaccherid-Phase Für diese chirale stationäre Polysaccherid-Phase wird sphärisches Silikagel mit dem polymerischen chiralen Selektor (Amylose- oder Cellulose-Derivat) physikalisch ummantelt.

Durch diese Art der Ummantelung wird die Wahl der Laufmittel/ -gemische eingeschränkt.

Ein Standart-Laufmittel für diese Säulen ist ein Gemisch aus Hexan (Heptan) und Alkohol (siehe Tabelle 5). Polare Lösungsmittel wie Ethanol, Methanol und Acetonitril werden von einigen dieser Art der Säule toleriert, aber die Benutzung dieser Lösungsmittel sollte vorsichtig gehandhabt werden. Ein sogenanntes „Ausbluten“ der Säule, d.h. eine Ablösung der Ummantelung vom Säulenmaterial wird mit diesen Lösungsmitteln bewirkt.

Für die beiden Säulen Chiralpak® AD(-H) und Chiralcel® OD(-H) können die polaren Lösungsmitteln Methanol und Ethanol jeweils alleine („pur“) als auch kombiniert in einem Methanol-Ethanol-Gemisch eingesetzt werden. Das gleiche gilt für das Lösungsmittel Acetonitril, es kann sowohl pur und in der Kombination mit Alkoholen verwendet werden.

Silikagel

R =

R =

Die folgenden Lösungsmittel sollten allerdings niemals, auch nicht für die Probenpreparation, benutzt werden: Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid, Dioxan, Toluen, Tetrahydrofuran, Chloroform, Methylenchlorid, Aceton, Ethylacetat. In diesem Fall tritt eine Zerstörung der Ummantelung vom Säulenmaterial schon beim ersten Gebrauch der oben genannten Lösungsmittel auf.

Hexan /

2-Propanol Säule Hexan / Ethanol Säule

100 : 0 bis 0 : 100 Chiralpak® AD(-H),

Chiralcel® OD(-H) 100 : 0 bis 0 : 100 Chiralpak® AD(-H), Chiralcel® OD(-H) 100 : 0 bis 85 : 15

und

40 : 60 bis 0 : 100

Chiralpak® AD

Tabelle 5: Geeignete Laufmittelgemische für die chiralen stationären Polysaccherid-Phasen

Chirale Trennung auf Bürsten- oder Pirkle-Phasen (Typ I)

Bei den Pirkle-Phasen handelt es sich um chirale Monomere, die kovalent oder ionisch an Kieselgel gebunden sind [100-103]. Es wird zwischen π-Akzeptor-Phasen, π-Donor-Phasen auf der Basis von β-Naphthoylderivaten des Alanins und Phasen mit Selektoren unterschieden. Zu den Hauptvertreter zählen die auf Silicagel aufgebrachten Derivate des Dinitrobenzoyls der Aminosäuren-Enantiomere Phenylglycin und Leucin. Die ionischen Phasen, die zu Beginn der Entwicklung dieser Phasen von Pirkle und seinen Mitarbeitern hergestellt wurden, zeigen zwar eine hervorragende Selektivität, sind aber nur für relativ unpolare Fließmittel geeignet.

Durch eine Weiterentwicklung zu kovalent gebundenen Phasen [101] konnte die Anzahl an erlaubten Fließmitteln, vor allem polaren Laufmitteln, erhöht werden [104]. Die Struktur der Pirkle-Phasen wird in Abbildung 33 gezeigt.

O2N

NO2

N

Y O

H H

R O

(CH2)3 Si OC2H5

O O

Abb. 33: Struktur von Pirkle-Phasen

In einer „Dreipunktregel“ [105] beschrieb Dalgliesh, welche Wechselwirkungen für eine Enantiomerendiskriminierung zwischen Analyt und CSP an diesen Phasen zustande kommen müssen (Abb. 34).

Abb. 34: a) Schematische Darstellung der Wechselwirkungen von Typ I CSP b) Dreipunkt-Kontaktmodell

Die Phasen mit Selektoren gehören zu der sogenannten 2. Generation von Pirkle-Phasen und besitzen häufig 2 chirale Zentren sowie Amid- oder Harnstoff-Einheiten (z.B. π-Donator-Gruppen wie Dinitrobenzoylharnstoff-, Dinitrophenyl-Harnstoff- oder Carbamat-Derivate, z.B. 3,5-Dinitrobenzoyl-D-Phenylglycin-Säule). Bei der Firma MACHEREY und NAGEL wird für die chirale Säule „Nucleosil®Chiral-2“ das Säulenmaterial N-(3,5-Dinitrobenzoyl)-D-phenylglycin, einer Phase der 2.Generation, verwendet. Diese Phase besteht aus Antipoden, wobei das Enantiomer der chiralen Säule „Nucleosil®Chiral-3“ von der Firma MACHEREY und NAGEL dem Säulenmaterial N-(3,5-Dinitrobenzoyl)-L-phenylglycin entspricht.

Y = NH, -O-, NH3+

R = Phenyl, i-Butyl, β-Naphthyl, i-Propyl

Achirale Brücke

Chirale Komponente

Wechselwirkungen:

Wasserstoffbrückenbindungen Dipol-Dipol

π- π

Sterische Hinderung

a) b)

a A

b

B c

C α

A: Aktive Stelle B, C: Bindungsstellen

Chirale Trennung auf Protein-Phasen (Typ V)

Für die selektiven Protein-Phasen, die aber eine geringe Kapazität besitzen, werden vor allem Rinderserumalbumin [106-108], α1-saures Glycoprotein [109-111] oder das Eiprotein Ovomucoid

[112] verwendet. Diese, mit der Kieselgelmatrix verknüpften, komplexen Proteinstrukturen (häufig Enzyme) mit spezifischen Bindungsstellen, binden die zu trennenden Substanzen über eine Kombination aus elektrostatischen und apolaren hydrophoben Wechselwirkungen.

Einfluss auf die Trennleistung sowie Stabilität der Retentionszeit kann über diese Wechselwirkungsmechanismen, durch den pH-Wert, die Ionenstärke, die verwendeten Puffer, Ionenreagenzien und organische Modifier, geübt werden [113]. Armstrong [114,115] stellte das Konzept der Nutzung makrozyklischer Antibiotika als chirale Selektoren vor und die erste kommerziell verfügbare Säule dieser Art war Chirobiotic V der Firma Astec. Bei Chirobiotic V bindet das amphotere Glycopeptid Vancomycin kovalent an das Kieselgel. Vancomycin besitzt 18 chirale Zentren, die drei Hohlräume auskleiden. Chirobiotic T, eine Weiterentwicklung, enthält das amphotere Glycopeptid Teicoplanin mit 23 chiralen Zentren und vier Hohlräumen als chiralen Selektor. Schließlich gibt es noch die Chirobiotic R-Phase mit Ristocetin A als chiraler Selektor, der aus 38 chiralen Zentren (hauptsächlich von den 6 Zuckereinheiten) besteht.

Eine stereoselektive Orientierung im Hohlraum kann aufgrund durch aromatische Gruppen, die im Analyten vorhanden, und der Elektronenverteilung der aromatischen Methylengruppen mit denen der Glycosidsauerstoffe zustande kommen. Das Einpassungsvermögen des Analyten in den Hohlraum ist bei der Wahl des Cyclodextrins (siehe Kapitel: Chiral Trennung durch Einschlusskomplexierung) für eine geeignete Retention und die chirale Erkennung wichtig. Substituierte Phenyl-, Naphthyl- und Binaphthylringe können auf β-Cyclodextrin-Phasen getrennt werden, kleinere Moleküle auf α-Cyclodextrin-β-Cyclodextrin-Phasen und Moleküle mit 4 oder 5 Ringen in ihrer Struktur (Steroide) meistens γ-Cyclodextrin-Phasen.

Chirale Trennung auf Ligandenaustausch-Phasen (Typ IV)

Bei den Ligandenaustausch-Phasen werden optisch aktive Aminosäuren, meistens L-Prolin, über einen Spacer an Kieselgel gebunden (Abb.35). Durch die Beladung der Metallionen (z.B.

Kupfer) mit Aminosäuren werden Metallkomplexe gebildet.

Diese gebundenen Aminosäuren werden bei der Enantiomerentrennung aus dem Komplex verdrängt. Auf der unterschiedlichen Stabilität der Komplexbildung beruht daher das Prinzip dieser Phasen [116-122]. Geeignet ist diese Art der Ligandenaustauschchromatographie auch für die präparative Enantiomerentrennung [122].

Abb. 35: Struktur von L-Prolin-Kupfer-Komplex mit einer Aminosäure

Die Phase der chiralen Säule „Nucleosil ® Chiral-1“, der Firma MACHEREY und NAGEL besteht aus dem Säulenmaterial eines Kupfer-Prolin-Komplexes. Hierdurch werden die zu trennenden Substanzen chelatisiert, z.B. Aminosäuren, Dicarbonsäuren oder Diamine). Von der Firma DAICEL sind als chirale stationäre Ligandenaustauschphasen (Ligand Exchange Chiral Stationary Phases) folgende beiden Phasen seit dem Jahr 2005 erhältlich:

Chiralpak®WH und Chiralpak®MA(+). Bei diesem Säulenmaterialien wird die stationäre chirale Phase durch die Ummantelung oder Bindung von Aminosäuren und deren Derivaten an Silikagel (mit einer Partikelgröße von 10 µm bei WH und 3 µm bei MA(+)) hergestellt (Abb.36, 37). Diese beiden Säulen können organische Modifier, wie Methanol und Acetonitril, tolerieren, entsprechend ihrer Beschreibungen.

Abb. 36: Struktur von Chiralpak®WH, mit dieser Säule können α-Aminosäuren und ihre Derivate getrennt werden.

N Cu O

NH2 O

O

R

L

Abb. 37: Struktur von Chiralpak®MA(+). Diese Säule ist zur Trennung von Hydroxycarbonsäuren, Aminosäuren (eingeschlossen ihrer Derivate) und Dipeptide geeignet.

Chirale Trennung auf Anionischen-Ligandenaustausch-Phasen

Seit Ende des Jahres 2005 sind von der Firma DAICEL als Anion Exchange Chiral Stationary Phases folgende beiden Phasen erhältlich: Chiralpak®QD-AX und Chiralpak®QN-AX. Es sind weiche Anion-Austausch (AX) HPLC-Säulen für die enantioselektive Trennung von chiralen Säuren wie carboxylische, phosphonische, phosphinische, phosphorische oder sulfonische Säure-Gruppen. Ebenso könne weiche saure Komponenten getrennt werden wie Phenole. Auf zwei komplementären stereoisomerischen Quinin- (QN) und Quinidin- (QD) Derivaten, wie in Abbildung 38 dargestellt, basieren diese beiden Säulen (entwickelt von W. Lindner et al., Wien [123]).

Abb. 38: Struktur von Chiralpak®QD-AX: o-9-(tertiär-butylcarbamoyl)-quinidin (8R, 9S) immobilisiert auf 5 µm Silikagel, bzw. von Chiralpak® QN-AX: o-9-(tertiär-butylcarbamoyl)-quinin (8S, 9R) immobilisiert auf 5 µm Silikagel

Silikagel

Aufgrund ihres pseudo enantiomerischen Charakters wird ihre umgekehrte Elutionsreihenfolge für die entgegengesetzten Enantiomere deutlich. Sie können sowohl für den reversed phase (RP, siehe Kapitel 3.5.1.2) mode oder im polar organic mode (nicht-wässrige, polare organische Lösungsmittel versetzt mit organischer Säure und Basen als Puffer-Zusatz) eingesetzt werden. Auch die Trennung von chiralen basischen oder neutralen Komponenten sollte möglich sein, jedoch unter normal phase (NP, siehe Kapitel 3.5.1.2) Konditionen. In dieser mobile phase mode zeigen diese beiden Säulen das Trennverhalten von der standard Pirkle type chiral stationary phase. Auf Chiralpak®QD-AX und Chiralpak® QN-AX sind alle gängigen HPLC-Laufmittel (Methanol, Acetonitril, Tetrahydrofuran, 1,4-Dioxan oder Chloroform) einsetzbar sowie ein pH-Bereich von 2 bis 8 möglich. Typische Puffer die in dem hydro-organic mode zum Einsatz kommen sind Acetat, Format, Citrat und Phosphat.

Chirale Selektoren als Zusatz zu achiralen Trennsystemen

Durch den Zusatz von Selektoren, wie z. B. Cyclodextrin [124-128] oder Kronenether oder Kupfersulfat an ionischen Ligandenaustausch-HPLC-Säulen [124], kann auch an achiralen Phasen eine Enantiomerentrennung durchgeführt werden. So wurden Stellungsisomere an achiralen Phasen unter Zusatz von α- bzw. β-Cyclodextrin getrennt [129-131].

Trennungen auf immobilisierte chirale Phasen

Seit Anfang des Jahres 2005 hat die Firma Chiral Technologies Europe ein Säulenmaterial auf den Markt gebracht, welches den gleichen chiralen Selektor besitzt wie Chiralpak AD (3,5-Dimethylphenylcarbamat, Abb. 39).

Abb. 39: Struktur des chiralen Selektors von Chiralpak®IA: Amylose-tris-(3,5-dimethylphenylcarbamat)

Jedoch ist der chirale Selektor bei der Säule Chiralpak IA immobilisiert auf funktionalisiertem 5mm Silikagel (Abb.40), dies bedeutet eine größere Kompatibilität mit einer Reihe von mischbaren organischen Lösungsmitteln (z.B. eine Erweiterung um die Lösungsmittel:

Tetrahydrofuran, Ethylacetat, Chloroform, Aceton, Methyl-tert.-butylether). Jedes organisch mischbare Laufmittel kann in der mobilen Phase kombiniert werden, auch die Anzahl der zu verwendenden Lösungsmittel für die Probeninjektion ist erhöht. Sie ist die erste kommerziell erhältliche immobilisierte Polysaccharide-CSP (von der Firma DAICEL).

Abb. 40: Struktur von Chiralpak®IA (Amylose-tris-(3,5-dimethylphenylcarbamat) immobilisiert an 5 µm Silikagel)

Dazu ist die Chiralpak®IB (Abb.41), ebenso eine immobilisierte Säule von der Firma DAICEL, die kommerziell erhältlich ist, aus Cellulose-tris-(3,5-dimethylphenylcarbamat)-Einheiten aufgebaut.

Abb. 41: Struktur von Chiralpak®IB (Cellulose-tris-(3,5-dimethylphenylcarbamat) immobilisiert auf 5µm Silikagel)

Silikagel

Silikagel

R =

R =