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Charakterisierung von Kollagen-Modellpeptiden

3. Ergebnisse und Diskussion

3.1. Modifikationen des Kollageneinzelstrangs

3.1.2. Charakterisierung von Kollagen-Modellpeptiden

Tripeptid-Bausteins 7 in Kombination mit einer optimierten Synthese, welche zu stark erhöhten Ausbeuten nach semipräparativer Reinigung führt, im Vergleich zu etablierten Methoden eine beachtliche Weiterentwicklung dar.[63, 198]

Temperaturrampen von 12 °C/h, 24 °C/h, 36 °C/h, 48 °C/h und 60 °C/h durchgeführt und der CD-Wert bei 225 nm in Abhängigkeit der Temperatur gemessen. (Abbildung 10)

Abbildung 10: Temperaturabhängiger, als MRE normierter, CD-Wert bei 225 nm von 100 µM Ac-(PUG)7-NH2 (8) in H2O. Gemessen wurden Temperaturrampen von 12 °C/h (schwarz), 24 °C/h (rot), 36 °C/h (blau), 48 °C/h (violett) und 60 °C/h (grün). Je steiler die Temperaturrampe gewählt wurde, desto höher fiel auch die gemessene Schmelztemperatur, dargestellt durch die senkrechten Linien in entsprechender Farbe, aus.

Deutlich zu erkennen ist eine Verschiebung der Schmelztemperatur hin zu höheren Werten, je steiler die Temperaturrampe gewählt wird. Eine Verdoppelung der Geschwindigkeit des Erhitzens der Probe von 12 °C/h auf 24 °C/h führt dabei zu einer Erhöhung der Schmelztemperatur von etwa 3 °C. Eine weitere Verdopplung auf 48 °C/h führt zu einer weiteren Erhöhung von fast 3 °C. Dieses Verhalten lässt sich insoweit Erklären, als dass das Aufschmelzen der Tripelhelix das Gleichgewicht zwischen tripelhelikaler Spezies und Einzelstrang bei steigender Temperatur immer weiter in Richtung Einzelstrang verschiebt. Nicht zu vernachlässigen ist dabei aber auch, dass zwischen Faltung und Entfaltung eine Hysterese zu beobachten ist.

Dabei läuft die Entfaltung schneller ab als die Faltung. Diese Hysterese kann so groß werden, gerade wenn man die Konzentration zu klein wählt, dass man eine Entfaltung außerhalb eines Gleichgewichtszustands beobachtet. Diese Hysterese ist

neben der Konzentration auch abhängig vom Kollagen-Modellpeptid, jedoch weisen Peptide mit PUG-Repetiereinheit eine besonders schnelle Kinetik auf, sodass hier keine Probleme zu erwarten sind.[98, 211] Wählt man die Temperaturrampe zu steil, so kann sich das Gleichgewicht nicht mehr schnell genug einstellen und man erhält größere CD- und damit schlussendlich höhere Tm-Werte. Eine möglichst flache Temperaturrampe ist somit von großer Bedeutung für das generieren von verlässlichen Tm-Werten.

Neben der Wahl der Temperaturrampe ist auch die Konzentration der Probe von nicht zu vernachlässigender Bedeutung für das Messen von Schmelztemperaturen.

Hierbei sind vor allem Bestimmungen mittels CD-Spektroskopie stark begrenzt. Bei Konzentrationen unter 100 µM kann das Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu einer starken Beeinflussung der Messwerte führen, während eine Konzentration von über 500 µM eine zu hohen Absorption, was zu Problemen bei der Detektion mittels photomultiplier führt. Durch das Erreichen der Maximalspannung (hier 1 kV) kann kein verlässliches Signal mehr detektiert werden. Allerdings können oberhalb einer Konzentration von 500 µM NMR-spektroskopische Methoden zur Schmelzpunktbestimmung verwendet werden, welche eine im Vergleich zur CD-Spektroskopie von Kollagen-Modellpeptiden einen um ein vielfaches größeren Konzentrationsbereich abdeckt. Ähnlich wie bei der Schmelzpunktbestimmung mittels CD-Spektroskopie wird auch bei der NMR-Spektroskopie die Abnahme der tripelhelikalen Spezies beobachtet. Allerdings geschieht die Bestimmung nicht rein qualitativ, sondern es lässt sich der Anteil tripelhelikaler Spezies der in Lösung befindlichen Kollagen-Modellpeptids bestimmen. Dazu wurde sich zunutze gemacht, dass die H-Protonen der Proline in tripelhelikaler Umgebung eine Hochfeldverschiebung erfahren. Dieses Verhalten wurde zwar bereits beschrieben, allerdings nicht zu einer Schmelzpunktbestimmung eingesetzt.[24, 212, 213]

Da sich hier allerdings keine lineare Temperaturrampe realisierbar ist und die Messung der

1H-NMR-Spektren bei einer exakten Temperatur erfolgen muss, wurde die Temperatur schrittweise erhöht. Eine Erhöhung der Temperatur um 10 K mit anschließender Wartezeit von 15 Minuten vor der Messung, damit sich das Gleichgewicht aus Einzelstrang und tripelhelikaler Spezies einstellen konnte, erwies sich hier als zielführend. Eine stufenweise Erhöhung der Temperatur ist auch bei der Schmelzpunktbestimmung mittels CD-Spektroskopie möglich, liefert aber vergleichbare Ergebnisse wie das Anwenden einer flachen Temperaturrampe.[59]

Aus dem Integral der H-Protonen des Prolins in tripelhelikaler Umgebung bei 3.2 ppm im Verhältnis zum Integral der aliphatischen Protonen zwischen 1.5 und 2.5 ppm lässt sich der Anteil der tripelhelikalen Spezies berechnen. Trägt man diesen nun gegen die Temperatur auf, so erhält man einen Graphen, aus dem man nach einer sigmoidalen Regression eine Schmelztemperatur ableiten kann (Abbildung 11). Diese beträgt in diesem Fall für eine Konzentration von 3 mM Tm = 44,6 °C.

Abbildung 11: Schmelzpunktbestimmung mittels temperaturabhängiger 1H-NMR-Spektroskopie. Links:

Einzelne 1H-NMR-Spektren (500 MHz, H2O/D2O 9:1) von Ac-(PUG)7-NH2 (8) bei verschiedenen Temperaturen.

Deutlich zu erkennen ist die Abnahme der Intensität der H-Protonen der Proline in tripelhelikaler Umgebung (rot unterlegt) im Vergleich zur der Gesamtheit der aliphatischen Protonen aller Spezies (blau unterlegt). Aus dem Verhältnis beider Integrale lässt sich der Anteil der tripelhelikalen Spezies berechnen. Rechts: Anteil der gefalteten, also tripelhelikalen Spezies, berechnet aus den 1H-NMR-Spektren bei entsprechender Temperatur aufgetragen gegen ebendiese. Nach sigmoidaler Regression ließ sich eine Schmelztemperatur von 44.6 °C ermitteln.

Die Schmelzpunktbestimmung mittels 1H-NMR-Spektroskopie hat dabei eine ganze Reihe von Vorteilen. Wie schon bereits erwähnt wird ein viel breiteres Konzentrationsfenster hin zu höheren Konzentrationen abgedeckt. Außerdem lässt sich im Vergleich zur CD Spektroskopie, bei welcher sich keine Aussage über den Anteil der tripelhelikalen Spezies treffen lässt, direkt der Anteil an gefalteter Spezies bestimmen. Dieser liegt für die Referenzverbindung 8 bei etwa 80%. In CD-spektroskopischen Methoden hingegen wird für den CD-Wert bei der niedrigsten Temperatur ein gefalteter Anteil von 100% festgelegt.[26, 59, 85, 189, 214]

Außerdem verläuft ab einer Konzentration von 1 mM die Faltung schnell genug, sodass nach 15 Minuten Wartezeit vor jeder Messung davon ausgegangen werden kann, dass sich das Gleichgewicht eingestellt hat.[98]

Vergleicht man nun die mittels NMR- bzw. CD-Spektroskopie bestimmten Schmelztemperaturwerte, fällt neben dem allgemeinen Trend bei höherer Konzentration auch höhere Schmelztemperaturen zu beobachten, auf, dass sich die Werte bei Konzentrationen von 0,5 mM und 1 mM zwischen den Methoden stark unterscheiden (Abbildung 12).

Abbildung 12: Vergleich zwischen Schmelzpunktbestimmung von 8 via CD- und NMR-Spektroskopie. Sowohl für 1H-NMR-Spektroskopie (500 MHz, H2O/D2O 9:1), als auch für CD-spektroskopische Messungen wurde vor Aufnahme der Messung 15 Minuten bei entsprechender Temperatur equilibriert und dann das jeweilige Spektrum aufgenommen um eine Vergleichbarkeit der entsprechenden Methoden zu gewährleisten. Links: Vergleich der Schmelztemperatur bei verschiedenen Konzentrationen. CD-spektroskopisch wurden Probenkonzentrationen von 0,2 mM, 0,5 mM und 1 mM untersucht. NMR-spektroskopisch wurden Probenkonzentrationen von 0,5 mM, 1 mM,3 mM und5 mM untersucht. Rechts: Vergleich der Schmelzkurven einer Probe mit einer Konzentration von 1 mM. Die Bestimmung mittels CD-Spektroskopie lieferte dabei eine höhere Schmelztemperatur was sich in einer Verschiebung der Schmelzkurve in Richtung höherer Temperaturen äußert.

Dabei weicht der Wert für die NMR-spektroskopische Bestimmung des Schmelzpunktes bei einer Probenkonzentration von 0,5 mM gegenüber der CD-spektroskopischen Bestimmung um 1,5 °C nach unter ab, dies ist vor allem damit zu erklären, dass bei eine niedrige Probenkonzentration zu geringeren Signalintensitäten im 1H-NMR-Spektrum führt und damit auch zu einem schlechteren Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Dies führt zu Fehlern in der Integration der Signale, was in einer abweichenden Schmelztemperatur führt. Bei einer Konzentration von 1 mM ist die Abweichung genau umgekehrt. Dort weicht der mittels CD-Spektroskopie bestimmte Wert 1,5 °C gegenüber dem mittels NMR-CD-Spektroskopie bestimmten Wert nach oben ab. Dies lässt sich damit erklären, dass bei dieser Konzentration bereits niedermolekulare Aggregate vorliegen, welche sich CD-spektroskopisch noch beobachten lassen, mittels NMR-Spektroskopie allerdings nicht mehr, was den mittels CD-Spektroskopie ermittelten Schmelzpunkt nach oben abweichen lässt.[215] Die CD-spektroskopische Schmelzpunktbestimmung von

Kollagen-Modellpeptiden oberhalb von 0,5 mM ist daher äußerst selten, obwohl die CD-Spektroskopie die dominierende Methode hierfür ist.[98]

Aufgrund dieser Beobachtungen wurde die NMR-Spektroskopie zur weiteren Bestimmung von Schmelzpunkten eingesetzt. Als geeignete Konzentration wurde dazu 3 mM gewählt.