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5.4 Dissoziationssimulationen

6.1.2 Cellulose und Amylose

Die unerwarteten Ergebnisse zur Elastizitatscharakteristik von Dextran motivierten wei-tere kraftmikroskopische Experimente an anderen Polysacchariden, insbesondere an Cel-lulose und Amylose [22]. Im Gegensatz zum (1,6)-verbruckten Dextran weisen diese eine (1,4)-Verbruckung auf. Auch zu diesen beiden Polysacchariden haben wir Dehnungssimu-lationen durchgefuhrt, die in diesem Abschnitt dargestellt werden.

Methoden

Die Vorgehensweise bei den Dehnungssimulationen zu Cellulose und Amylose (Abbil-dung 6.8) war analog zu der bei Dextran. Im Folgenden werden deswegen nur diejenigen methodischen Details erwahnt, die sich von denen in den Dextransimulationen unterschei-den. -(1,4)-Glucopyranose (Cellulose) und -(1,4)-Glucopyranose (Amylose) wurden in verschiedenen Langen (2 bis 16 Monomere) mit Hilfe des Molekul-Editors in Quanta [110]

modelliert und anschlieend minimiert und equilibriert. Die beiden Strukturen, die sich lediglich in der Verbruckung voneinander unterscheiden (siehe dazu auch Abbildung 6.1), sind in Abbildung 6.8 als Dimer gezeigt. Da die explizite Berucksichtigung einer

Wasser-Φ

3

Φ

1

(1,4)-Glucopyranose (Amylose) α

β (1,4)-Glucopyranose (Cellulose) Φ

2 C4

C1

Abbildung 6.8: Vorgehensweise bei den Dehnungssimulationen zu Cellulose und Amylose.

Mit den angedeuteten Dihedralwinkeln 1, 2 und 3 wurden die Konformationen der Verbruckung bzw. der Pyranoseringe charakterisiert.

umgebung bei Dextran nur zu marginalen Unterschieden im Vergleich zu den in

vacuo-Simulationen fuhrte, wurden auch Cellulose und Amylose in vacuo simuliert. Lediglich ein Amylosepentamer wurde analog zu dem weiter oben beschriebenen Dextranpentamer in einer expliziten Wasserumgebung simuliert, um die Gultigkeit dieses Vorgehens zu

uberprufen.

Wie Abbildung 6.8 zeigt, wurde hier am linken Ende des Polymers das an dem Kohlen-stoatom C4 gebundene SauerKohlen-stoatom xiert, wahrend das Zugpotenzial (Feder) auf das Sauerstoatom wirkte, das am Kohlenstoatom C1 des am rechten Ende bendlichen Monomers gebunden war.

Zusatzlich wurde fur ein -(1,4)-Glucopyranose-Dimer (Maltose) das in den MD-Simula-tionen verwendete CHARMM-Kraftfeld mit Hilfe von Dichtefunktionalrechnungen uber-pruft. Dazu wurden "quasistatische\ Dehnungssimulationen (d.h. Temperatur T = 0K) durchgefuhrt, d.h. die Struktur des Dimers wurde fur ausgewahlte gestreckte Zustande zwischen 4.2 und 6:3A in separaten Simulationen sowohl "klassisch\ mit dem CHARMM-Kraftfeld als auch in quantenmechanischen Rechnungen minimiert. Letztere wurden mit dem Dichtefunktionalprogramm CPMD [230] durchgefuhrt, das uber ein geeignetes Inter-face an das verwendete MD-Simulationsprogramm EGO gekoppelt wurde [231]. Fur das Austauschwechselwirkungsfunktional wurden dabei Vanderbilt-Pseudopotenziale [232] ver-wendet. Fur die Entwicklung der Wellenfunktion der Elektronendichte in ebene Wellen wurde ein cuto von 25Rydberg angesetzt. Als Kriterium fur den Vergleich der Kraft-feldrechnungen mit den quantenmechanischen Rechnungen dienten die potenzielle Energie bzw. die Grundzustandsenergie des Dimers sowie die Ringgeometrie, beschrieben durch den Dihedralwinkel 3.

Bei einer Reihe von Amylose-Simulationen wurde untersucht, welchen Einuss die Rotati-onsexibilitat zwischen benachbarten Monomeren auf den Dehnungsprozess hat. In diesen Simulationen wurde der Dihedralwinkel 3 in der Verbruckung xiert, so dass die Ring-ebenen der benachbarten Monomere in antiparalleler Orientierung zueinander standen.

Dazu wurde in das Kraftfeld ein zusatzliches Zwangspotenzial der Form

Ux :=U0cos(1+ ) (6.2)

eingefugt, das mit = 233o so gewahlt wurde, dass die antiparallele Orientierung 1 =,53o energetisch favorisiert wurde. Fur den MaximalwertU0 des Zwangspotenzials wurden Werte zwischen 2.5 und 10kcal/mol gewahlt.

Fur Cellulose und Amylose wurden Dehnungssimulationen mit Zuggeschwindigkeiten zwi-schen 50 und 1m/s durchgefuhrt. Fur die Analyse der Strukturen wahrend des Deh-nungsprozesses wurden die langsten Simulationen herangezogen, die mit vcant = 1m/s eine Zeitspanne von jeweils 40ns umfassten.

Ergebnisse und Diskussion

Die Cellulose- und Amylosepolymere zeigten wahrend der Equilibrierungsphase nach etwa 50ps keine Drift in der Energie mehr, und die anfanglichen Konformationen (insbesondere die Sesselkonformation der Pyranoseringe) blieben erhalten.

Abbildung 6.9: Kraft-Ausdehnungs-Kurven von Cellulose (gestrichelte Kurve) und Amy-lose (durchgezogene Kurven) abgeleitet aus Dehnungssimulationen mit einer Zuggeschwin-digkeitvcant = 1m/s. Die Simulationen von Amylose wurden mit (dunne Linien) und ohne (dicke Linie) Zwangspotenzial, das die antiparallele Orientierung der Monomere zueinan-der begunstigt, durchgefuhrt.

Abbildung 6.9 zeigt Kraft-Ausdehnungs-Kurven fur 16-mere von Cellulose (gestrichelte Kurve) und Amylose (durchgezogene Kurven). Fur Cellulose konnen zwei Regimes unter-schieden werden: ein Regime hoher Elastizitat fur Zugkrafte unter 100pN und ein Regime hoher Steigkeit (d.h. geringer Elastizitat) fur Zugkrafte uber 100pN. In dem Regime ho-her Elastizitat wurde das 16-mer aus einer teilweise gefalteten Konformation in eine im wesentlichen linear verlaufende Polymerkette mit einer durchschnittlichen Monomeraus-dehnung von knapp uber 5A uberfuhrt. Da in dieser Phase der dem Polymer zugangliche Kongurationsraum zunehmend reduziert wird, nehmen wir an, dass dieses Elastizitats-regime entropisch dominiert ist. Dies bestatigten in der Tat die experimentell ermittelten Kraft-Ausdehnungs-Kurven, in denen der Bereich bis 100pN sehr gut mit dem "worm like chain model\ [12] beschrieben werden konnte [17,19] und daher hier nicht untersucht wurde.

Im Gegensatz zum Regime hoher Elastizitat ist das Regime hoher Steigkeit durch die Deformation von Bindungs- und Torsionswinkeln bestimmt. Die nahere Betrachtung er-gab, dass die Kraft-Ausdehnungs-Kurve von Cellulose eine ganz leichte (in der Abbildung kaum sichtbare) Schulter bei einer Zugkraft von etwa 1600pN aufweist. Die Elastizitat des

Polymers betragt unterhalb dieser Schulter etwa 3300 - 3600pN/A, oberhalb der Schulter etwa 5100pN/A.

φ2

β

φ

(1,4)-Glukose α

(1,4)-Glukose

φ

φ1

φ3

1

2

φ3

φ2

φ1

φ3

Abbildung 6.10: Konformationsanderungen von Cellulose (links) und Amylose (rechts) wahrend der Dehnungssimulationen. Die oberen Strukturen zeigen die anfanglichen Kon-formationen (nur zwei von 16 Monomeren sind gezeigt), die unteren zeigen reprasentative Schnappschusse nach einer Simulationszeit von 30ns bei einer Zugkraft von etwa 1700pN.

Unten sind die Verlaufe der Dihedralwinkel 1, 2 und 3 im Verlauf der Simulation auf-getragen.

Die Versteifung von Cellulose bei einer Zugkraft von etwa 1600pN ruhrt von einer Drehung der Monomere um die in der Verbruckung bendliche C1-O-Achse her, die durch den Win-kel 2 beschrieben wird. Dieser Eekt ist in der linken Halfte von Abbildung 6.10 gezeigt:

In dem unteren Schnappschuss, der bei einer Zugkraft von 1700pN als ein reprasentativer ausgewahlt wurde, hat sich der rechte Monomer bezuglich des linken Monomers um die mit 2 bezeichnete Achse gedreht. Die gezeigte Struktur suggeriert zwar eine Drehung eher um 1, jedoch identizieren die Verlaufe von 2 und 1 im unteren Teil der Abbil-dung den Dihedralwinkel 2 als denjenigen, bei dem sich im Dehnungsprozess signikante Veranderungen ergaben. Entsprechend wurde die intermonomere Rotation mit Hilfe des Dihedralwinkels 2quantiziert, der einen Ubergang von anfanglich 0oauf einen mittleren

Wert von ,60o im gedehnten Zustand zeigt. Diese Ubergange ereigneten sich uberwie-gend im Zeitfenster zwischen 15 und 22ns (mit entsprechenden Zugkraften zwischen 1300 und 1600pN). Da damit nur ein sehr geringer Zuwachs in der Ausdehnung von weniger als 0:1A pro Monomer einherging, ist dieser Ubergang in der Kraft-Ausdehnungs-Kurve kaum zu erkennen.

Im Gegensatz zu Cellulose zeigt Amylose bei Zugkraften zwischen 250 und 1000pN eine sehr viele hohere Elastizitat (Abbildung 6.9 durchgezogene, fette Kurve). (Die beiden dunnen durchgezogenen Kurven werden weiter unten diskutiert.) Bei hoheren Zugkraften haben Amylose und Cellulose in etwa dieselbe Elastizitat.

Worin liegt der signikante Unterschied in den Elastizitaten von Amylose und Cellulose bei Zugkraften unterhalb von 1000pN begrundet? Die Schnappschusse auf der rechten Seite in Abbildung 6.10 geben hier Aufschluss: Jedes Monomer in Amylose machte eine Konformationsanderung von einer Sessel- in eine Wannenkonformation durch. Dies zeigt auch der Verlauf von Dihedralwinkel 3 (unterste Kurve in der Abbildung), den wir als geeignete Observable fur den Sessel-Wannen-Ubergang ausgewahlt haben: 3 ,50o entspricht dabei einer Sesselkonformation, 3 +50o einer Wannenkonformation. Die-ser intramonomere Ubergang bewirkt eine erhebliche Verlangerung von etwa 0:5A pro Monomer; das ist wesentlich mehr, als es bei dem intermonomeren Ubergang von Cellu-lose der Fall ist. Im Gegensatz zu CelluCellu-lose anderte sich bei AmyCellu-lose die Orientierung der Monomere nur ganz geringfugig (siehe die 2-Verlaufe unten in der Abbildung).

Somit ereignete sich bei Amylose ahnlich wie bei den im Abschnitt 6.1.1 beschriebenen Dextransimulationen ein Konformationsubergang, der zu einer signikanten Verlangerung des Polymers fuhrte. Im Gegensatz zu Dextran fuhrte der Konformationsubergang von Amylose jedoch zu keiner Schulter in der Kraft-Ausdehnungs-Kurve. Dies steht allerdings in krassem Gegensatz zu den experimentell ermittelten Kraft-Ausdehnungs-Kurven, da diese ebenso fur Amylose eine ausgepragte Schulter aufwiesen [22]. Warum also zeigt die aus unseren Simulationen zu Amylose abgeleitete Kraft-Ausdehnungs-Kurve keine Schulter?

Eine Schulter in der Kraft-Ausdehnungs-Kurve tritt dann auf, wenn sich die zu einer Verlangerung und Versteifung des Polymers fuhrenden Ubergange in allen Monomeren kollektiv, d.h. in einem mehr oder weniger schmalen Zeitfenster bzw. einem kleinen Be-reich um eine kritische Zugkraft ereignen, bei der das Polymer relativ abrupt langer und steifer wird. Dem Verlauf von 3 ist jedoch zu entnehmen, dass wahrend einer Dehnungs-simulation in dem Amylosepolymer zahlreiche Ubergange von der Sessel- in die Wan-nenkonformation (und zuruck) stattfanden, die uber eine lange Zeitspanne (entsprechend

uber ein breites Intervall von Zugkraften) verteilt waren. Bereits bei niedrigen Kraften von wenig mehr als 100pN kam es zu vereinzelten Ubergangen in den Monomeren, die dann im weiteren Verlauf in ihrer Haugkeit zunahmen; erst nach etwa 25ns bei einer Zug-kraft von weit uber 1000pN hatten alle Monomere eine bestandige Wannenkonformation eingenommen. Wenn man die mittlere Konformation aller Monomere betrachtet, bedeu-tet dies, dass sich der Sessel-Wannen-Ubergang aus Sicht des gesamten Polymers nicht abrupt (wie der Konformationsubergang beim Dextran, siehe Abbildung 6.5), sondern nur ganz allmahlich vollzog. Entsprechend versteifte und verlangerte sich das Polymer ebenfalls nur ganz allmahlich, so dass die Kraft-Ausdehnungs-Kurve keinen Sprung zu

einer groeren Ausdehnung pro Monomer und damit keine Schulter aufweist.

Oensichtlich fanden bei Amylose die Sessel-Wannen-Ubergange nicht kollektiv statt. Da man fur statistisch unabhangige Ubergange ein kollektives Verhalten erwarten wurde, haben wir uberpruft, ob benachbarte Monomere tatsachlich statistisch unabhangig (also unkorreliert) ippen. Die quantitativen Ergebnisse einer solchen Korrelationsanalyse wer-den wir in dem Exkurs im nachsten Abschnitt ausfuhrlich beschreiben; wer-den wesentlichen Befund wollen wir zur weiteren Diskussion der elastischen Eigenschaften von Amylose be-reits hier vorwegnehmen: Die Korrelationsanalyse ergab eine signikante Antikorrelation in den Ubergangen benachbarter Monomere. Wahrend die ersten isolierten Ubergange einzelner Monomere in die Wannenkonformation schon bei relativ niedrigen Zugkraften stattfanden, waren oensichtlich erheblich hohere Zugkrafte erforderlich, wenn einer oder beide der Nachbarn bereits zuvor die Wannenkonformation eingenommen hatten. Die Be-hinderung weiterer benachbarter Konformationsubergange erklart die hoheren Zugkrafte, die erforderlich waren, um auch diese spateren Ubergange zu induzieren. Diese "Antiko-operativitat\ unterdruckte demzufolge die Kollektivitat der Ubergange, was erklart, dass in der Kraft-Ausdehnungs-Kurve keine Schulter zu beobachten war.

β γ α

Abbildung 6.11: Skizze von zwei benachbarten Monomeren in Sessel- (oben) bzw. Wan-nenkonformation (unten). Zur Erklarung der Antikooperativitat der

Sessel-Wannen-Ubergange wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Wannenkonformation von benach-barten, parallel zueinander ausgerichteten Monomeren die Bindungswinkel, und in der Verbruckung bei weiterer Dehnung starker pro Langeneinheit deformiert, als es bei der Sesselkonformation der Fall ist.

Warum sind also die Konformationsubergange von Amylose in den Dehnungssimulatio-nen im Gegensatz zum experimentellen Befund signikant antikorreliert? Die Analyse der Simulationsdaten ergab, dass sich die Monomere, bevor die ersten

Sessel-Wannen-Ubergange auftraten, parallel zueinander orientiert waren, selbst dann, wenn benachbarte Monomere der ungestreckten Ausgangsstruktur in zufalliger oder sogar strikt antipar-alleler Orientierung zueinander standen. An diese Beobachtung anknupfend fuhrte eine nahere Betrachtung der Geometrie von Amylose (siehe Abbildung 6.11) zu der Hypothese, dass bei paralleler Orientierung die in der Abbildung mit , und bezeichneten Bin-dungswinkel in der Verbruckung zwischen zwei Monomeren bei weiterer Dehnung starker pro Langenheit deformiert werden, sobald beide Monomere in der Wannenkonformation sind. Diese starkere Deformation der Bindungswinkel wurde die hohen Zugkrafte er-klaren, die erforderlich sind, um in benachbarten Monomeren eine Wannenkonformation zu bewirken.

Zur detaillierten Uberprufung dieser Hypothese sei auf den nachsten Abschnitt verwiesen.

Da die in den Simulationen beobachtete Antikooperativitat strikt mit der parallelen Aus-richtung der Monomere zueinander einherging und unsere Hypothese einen ursachlichen

Abbildung 6.12: Kraft-Ausdehnungs-Kurven fur einen Amylose-16-mer in vacuo (fette durchgezogene Kurve), fur einen Amylosepentamer in Wasser (dunne durchgezogene Kur-ve) und fur einen Amylosepentamer in vacuo (gestrichelte KurKur-ve). Die Zuggeschwindig-keiten bei den ersten beiden Simulationen betrug 10m/s, bei der letzten 1m/s.

Zusammenhang zwischen beidem aufstellt, wollen wir hier zunachst der Frage nachgehen, ob die Diskrepanz zwischen Experiment und Simulation darauf hinweist, dass die parallele Ausrichtung der Monomere ein Artefakt der MD-Simulationen war.

Um Anhaltspunkte zu bekommen, wo die in den Dehnungssimulationen beobachtete par-allele Orientierung der Monomere und die damit einhergehende Antikooperativitat in den Sessel-Wannen-Ubergangen herruhrt, wurden weitere Dehnungssimulationen durch-gefuhrt. Diese sollten Aufschluss daruber geben, welchen Einuss die Lange der Poly-merkette, die Zuggeschwindigkeit sowie die Einbeziehung einer Wasserumgebung auf die Kraft-Ausdehnungs-Kurve von Amylose hat. Zusatzlich wurde das in den MD-Simula-tionen verwendete CHARMM-Kraftfeld uberpruft, indem Dichtefunktionalrechnungen zu einem Amylosedimer durchgefuhrt und mit klassischen CHARMM-Kraftfeldrechnungen verglichen wurden, wie es weiter oben im Methodenteil beschrieben ist.

Abbildung 6.12 zeigt die aus den zusatzlichen Dehnungssimulationen erhaltenen Kraft-Ausdehnungs-Kurven. Die Elastizitat des Amylosepentamers in vacuo (gestrichelt) zeigt nur minimale Abweichungen zu der bereits weiter oben diskutierten Kraft-Ausdehnungs-Kurve des Amylose-16-mers in vacuo (dicke, durchgezogene Kraft-Ausdehnungs-Kurve). Dieses gilt auch fur weitere, in der Abbildung nicht gezeigte Dehnungssimulationen mit Polymerlangen

KAPITEL6.DEHNUNGSSIMULATIONENVONPOLYMERMOLEK

ULENhen2und16MonomerenundZuggeschwindigkeitenzwischen1und50m/s.Insbe-istbeikeinereineSchultererkennbar.AuchrichtetensichalleMonomerebereitsZugkr

aften

parallelzueinanderaus,undeswurdeweiterhineineausgepr

agte

ooperativit

atindenSessel-Wannen-ergUb

angen

beobachtet.ungs-KurvezudeminWassergel

osten

Amylosepentamer(d

unne,

durch-Kurve)zeigtezwargeringf

ugig

abruptereSpr

unge

verglichenmitdenSimula-invacuo,jedochistinderElastizit

Zugkr bar,dassdieWannenkonformationaneinanderangrenzenderMonomereerstbeiho- 3einerZugkraftvonetwa1000pNerkennbar.AuchamVerlaufvonistdeutlich atebenfallseinekontinuierlicheVersteifung

aften gehauft

auftrat,wahrenddieWannenkonformation

" insul inderKraft-Ausdehnungs-Kurvesichdaraus,dass3erheblichgeringereFluktuationenaufweistalsindenin-Simulationen,d.h.,wenneinMonomerineineandereKonformation

" geippt

\war,esvergleichsweiselange,biseserneuteineKonformations

anderung

durchmachte.hattezurFolge,dass,wennmandie

hwenigerkontinuierlichstattfandalsinvacuo.DieniedrigereFrequenzinden betrachtet,derergangvonderSessel-indieWannenkonformationinWasserUb uberalleMonomeregemittelteRingk

onfor-uberg

angen

inWasserschreibenwirderDampfungdurchdieumgebenden

bishierhinfestzuhalten,dassVariationderPolymerl ulezu.

ange, derZuggeschwindig-sowiedieEinbeziehungeinerexplizitenLosungsmittelumgebungkeineAnderungenparallelenOrientierungderMonomereundinderAntikooperativit ergUb atder

Sessel-ange

bewirkten.

6.13:VergleichderCHARMM-Kraftfeld-Rechnungen(Linien)mitDichtefunk-hnungen(Symbole)wahrenddesDehnungsprozesses(durchgezogeneLinienundundnachfolgenderRelaxation(gestrichelteLinienundSterne)einesAmylosedi-Links:Dihedralwinkel3alsObservablefurSessel-Wannen-Uberg

ange.

Rechts:Energie(Linien)undGrundzustandsenergie(Symbole).weitereUrsachederDiskrepanzzudenexperimentellenDatenzogenwireinungenauesinBetracht.SowurdebereitsinRef.[233]etwafurdenTorsionswinkelumdieinderVerbr

Torsionspotenzialvorgeschlagen,dadieGeometriederVerbr uckungeinleichtmodiziertes,ausab-initio-Rechnungen

abge-diesemTorsionswinkelabh uckungempndlich

angt.

GiltAhnlichesfurdieRinggeometrie?

Wie aus Abbildung 6.13 jedoch ersichtlich, zeigen die zur Uberprufung des Kraftfeldes mit Hilfe des Dichtefunktionalprogramms CPMD durchgefuhrten quantenmechanischen Rech-nungen (Symbole) eine gute Ubereinstimmung mit den klassischen CHARMM-Kraftfeld-Rechnungen (Linien). An Hand des Dihedralwinkels 3 (links) ist erkennbar, dass der Sessel-Wannen-Ubergang bei nahezu identischen Polymerausdehnungen auftrat, und dass die (minimierte) potenzielle Energie in Abhangigkeit von der Polymerausdehnung fur das CHARMM-Kraftfeld (rechts, Linien) gut mit den Dichtefunktionalwerten ubereinstimm-te (Symbole) | lediglich bei groen Ausdehnungen von uber 5:5A pro Monomer gab es geringfugige Abweichungen. Letzteres uberrascht allerdings nicht, weil wir uns hier bereits in einem Bereich benden, in dem wir weit von dem Gleichgewichtszustand des Molekuls entfernt sind, so dass die harmonischen Naherungen im klassischen Kraftfeld keine sehr genaue Beschreibung mehr liefern konnen. Entscheidend ist, dass der Sessel-Wannen-Ubergang durch das CHARMM-Kraftfeld oensichtlich zutreend beschrieben wird.

Alle diese zum Teil recht aufwendigen Tests belegen, dass die ausgepragte Antikoope-rativitat der Sessel-Wannen-Ubergange kein Simulationsartefakt ist. Auch alle anderen den Simulationen zugrunde liegenden Naherungen und Annahmen | etwa die klassische Naherung der Kernbewegung oder die Multipolentwicklung der Coulomb-Wechselwirkung

| konnten die beobachtete Diskrepanz nicht verursachen. Dies zwang uns zu dem Schluss, dass die Experimente nicht an den in Abbildung 6.8 gezeigten Polymeren durch-gefuhrt wurden, sondern etwa an chemisch modizierten Polymeren. Wir vermuteten, dass groe Seitengruppen eine parallele Anordnung der Monomere aus sterischen oder elektrostatischen Grunden unterdrucken und damit die Antikooperativitat der Konforma-tionsubergange reduzieren oder verhindern. Tatsachlich werden, wie eine Recherche zeig-te, oft Schutzgruppen verwendet, um Polysaccharide zu neutralisieren oder wasserloslich zu machen [234].

Um diese Hypothese zu uberprufen, wurde nun der vermutete Einuss groer Seitengrup-pen im Simulationsmodell berucksichtigt, indem die Anordnung der Ringebenen einem schwachen Zwangspotenzial [Gleichung (6.2)] unterworfen wurde, das eine antiparallele Orientierung der Monomere begunstigt. Tatsachlich zeigten diese modizierten Simula-tionen eine ausgepragte Schulter in der Kraft-Ausdehnungs-Kurve (dunne, durchgezogene Kurven in Abbildung 6.9). Dabei variierte die Zugkraft, bei der die Schulter auftrat, mit der Starke U0 des Zwangspotenzials. Die obere und untere Kurve resultieren aus Deh-nungssimulationen mit U0 = 5 bzw. U0 = 3:75kcal/mol.

Eine Uberprufung der in den Dehnungsexperimenten verwendeten Proben hat ergeben, dass Amylose in der Tat uber Seitengruppen verfugte. Dabei handelte es sich nach Anga-ben unserer Kollegen vom Lehrstuhl Gaub in Munchen entweder um Ether-Aceto- oder um Ether-Aceto-N-Succinimid-Seitengruppen [235].