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CDU-Fraktion bewegen, wenn sich was verändern soll.“

Tatsächlich legte die Neue munter los, mehr, als vielen in ihrer Noch-nicht-Partei lieb war. Es wehe ein laues Frühlingslüft-chen, urteilte dpa nach dem ersten Treffen, die beiden Frauen

hätten sich sichtlich gut verstanden und regelmäßigen Aus-tausch vereinbart. Schick durfte im Spätherbst 2010 sogar einen PISA-Aufwärts-Trend verkünden und die Erfüllung der GEW-Forderung, dass bei einem Rückgang der Schüler*innenzahlen freiwerdende Finanzmittel im Ressort bleiben sollten, statt wie schon so oft für alle möglichen Zwecke im allgemeinen Landeshaushalt zu verschwinden. Noch ehe es dazu kam, war die CDU-FDP-Regierung abgewählt und die aufgeschlossene Ministerin Geschichte.

Aus der Arbeit der GEW

Foto: Evi Maziol

WINFRIED KRETSCHMANN (GRÜNE) Ministerpräsident seit 2011

Fotos: GEW BaWü

Viele jubelten, auch Doro, aber vielleicht verhaltener als man-che anderen, darunter Winfried Kretschmann, der in die Villa Reitzenstein einzog und Grün-Rot bescheinigte, fast so etwas zu sein wie eine Liebesheirat. Viele Wunschlisten hatten Überlän-ge, der Wandel in der Bildungspolitik war überfällig. „Wir müs-sen endlich den Weg ebnen für innovative Schulkonzepte und längeres gemeinsames Lernen über die Grundschule hinaus“, sagt Doro vor der Landespresse. Aus ihrem Ärger darüber, wie polemisch und gedankenarm die Opposition aus CDU und FDP den „Totschlagbegriff von der Einheitsschule“ aus-packt, macht sie kein Geheimnis. Es gibt aber Phasen in einem Gewerkschafterinnenleben, da kann auch die größte Hart-näckigkeit nichts ausrichten. Immer und immer wieder, bis

zum Ende der Legislaturperiode, versuchen CDU-, aber auch FDP-Bildungspolitiker*innen, die Gemeinschaftsschule zu dif-famieren – als in Wahrheit längst überholtes Instrument leis-tungsfeindlicher Zwangsbeglückung aus linken Mottenkisten.

Die am besten passende Tonlage auf Pressekonferenzen hat sie längst gefunden: ruhig, unbeirrbar, ausführlich und auf Nach-fragen um Antworten nie verlegen.

„Der Wechsel beginnt“, versichert der grün-rote Koalitions-vertrag. Die neue Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) hat den schwersten Stand von allen in der neuen Regierung. Schon allein deshalb, weil ihr Parteichef Nils Schmid sein Schattenkabinett darauf ausgerichtet hat, dass er nach fünf Jahren selber Ministerpräsident wird. Das schwie-rige Kultusressort, in dem immer Ärger mit Eltern, Lehrkräf-ten und Finanzminister*innen winkt, hätte er mit Kusshand den Grünen überlassen. Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Die Ansprüche sind angesichts des Reformstaus riesig, von der Abschaffung der verbindlichen Grundschul-empfehlung bis zum Ausbau von Inklusion und Ganztags-schulen. Doro sieht sich in der neue Rolle als solidarische Mahnerin, wägt ab in ihrer Kritik – die Gewerkschaftsinteres-sen nie außer Acht lasGewerkschaftsinteres-send:

„Ich wünsche mir, dass die Regierung so ehrlich ist, dass sie nur Projekte angeht, die sie auch gut ausstatten kann, denn sonst geht den Lehrkräften bei der Umsetzung die Puste aus.“

Selbst Kretschmann kann sie überzeugen, wenn er später nach-denklich einräumt: „Wahrscheinlich haben wir am Anfang etwas zu viel gemacht.“

Fallen lassen wollte er die Sozialdemokratin deshalb noch lange nicht, das besorgten ihre Parteifreunde hinterm Rücken des grünen Landesvaters selbst, bis im Januar 2013 Andreas Stoch neuer Kultusminister wird. Die Minister*innen kom-men und gehen, die Thekom-men bleiben: G8/G9, Inklusion, Unter-richtsausfall, Digitalisierung, Lehrerbildung und vieles mehr.

Besonders brisante gesellen sich hinzu. Erst einmal bringt der

neue oberste Dienstherr alle PädagogInnen im Land so richtig gegen sich auf mit der Forderung, sich nicht „Selbstverständ-lichkeiten außerhalb des Unterrichts anrechnen zu lassen“.

Außerdem sollen Gymnasiallehrkräfte zu Betriebspraktika verpflichtet werden; auch dank der GEW-Vorsitzenden fällt die Halbwertszeit dieser Idee ziemlich kurz aus.

Noch schärfer und über Monate hinweg bekommt Stoch Gegenwind in der Debatte über die neuen Bildungspläne und speziell über das heikle Thema Akzeptanz sexueller Vielfalt.

Die Causa steht auch für Doro Moritz’ Arbeitsweise. Nicht gleich öffentlich mahnt sie den Minister, dass andere, konkre-tere Formulierungen her müssen. Der mag nicht hören und muss fühlen. Am Ende wird die einschlägige Leitperspektive abgeschwächt, erst nach zwei Jahren kehrt wieder einigerma-ßen Ruhe ein.

Eine vor dem nächsten Sturm: Die SPD kommt halbiert aus der Landtagswahl 2016, Grün-Rot ist passé. Die CDU tauscht die verhassten Oppositionsbänke gegen die ungeliebte Rolle als Juniorpartner in der Landesregierung und bekommt das Kultusministerium zurück, das sie seit der Gründung des Landes innehatte. Das erste Schuljahr in der neuen grün-schwarzen Ära beginnt wie alle Schuljahre davor und danach HELMUT RAU (GRÜNE)

Kultusminister bis 2010

MARION SCHICK (CDU)

Kultusministerin von Febr. 2010 bis Mai 2011

bis heute mit dem GEW-Appell, endlich mehr feste Stellen zu schaffen, um den Unterrichtsausfall in Griff zu kriegen. „Wer die Qualität verbessern will, muss zuerst dafür sorgen, dass der Unterricht stattfindet“, richtet Doro Moritz der Ministerin aus.

Zumal die Schuldenbremse immer näher rückt.

Wieder dominieren alte und ganz alte Themen. Die Bildungspolitiker*innen der Union wollen die Zeit zurückdre-hen, obwohl Baden-Württemberg in den diversen Vergleichs-studien teilweise bedenklich schlechte Platzierungen einfährt.

Hinzu kommen: die Bildungsplattform „Ella“, die nie an den Start geht, neue Institute, die ihren Sinn und Zweck nicht bele-gen können, eine ehrgeizige Ministerin, die sich die Bürde der CDU-Spitzenkandidatur zumutet, was nichts einfacher macht,

erst recht in diesen Corona-Zeiten mit den vielfältigen Proble-men und den ungewissen Prognosen.

Susanne Eisenmann ist die erste der fünf Ressortchef*innen, die die GEW-Landesvorsitzende im Amt politisch überleben wird, jedenfalls mutmaßlich und Stand Spätsommer 2020.

Wenn’ s nicht so wäre, würde Doro die passenden Worte zur Beschreibung der in heftiges Schlingern geratenen Verhält-nisse finden: unaufgeregt, präzise, auch die Zuspitzung nicht scheuend – eben so, wie es ihr Stil ist. Der wird fehlen.

Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer, langjährige landespolitische Korrespondentin schreibt unter anderem für Kontext und den Staatsanzeiger

SUSANNE EISENMANN (CDU) Kultusministerin seit 2016

Aus der Arbeit der GEW

GABRIELE WARMINSKI-LEITHEUSSER (SPD) Kultusministerin von Mai 2011 bis Januar 2013

ANDREAS STOCH (SPD) Kultusminister von 2013 bis 2016

Fotos: GEW BaWü

ABSCHIED PETRA KILIAN