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Casuistischer Theil

Im Dokument Ein Beitrag z ur (Seite 50-62)

I. Fall.

Vergiftung durch Phosphor — Tod nach 12 Stunden — Selbstmord — Motiv

— Schwangerschaft.

Dieser F a l l ist insofern bemerkenswert!), als der Tod schon nach circa 12 Stunden eintrat.

Geschichtserzählung.

Frl. M. P. 25 a. n. im 5. Monat schwanger, Gouvernante, verschied p l ö t z l i c h , nachdem sie die von ihr selbst von den Zündhölzchen abgebrochenen Köpfchen ins Wasser g e s c h ü t t e t und letzteres getrunken hatte.

Aus dem Sectionsbefund ist Folgendes hervorzuheben : „Die inneren Or­

gane wiesen zumeist die Zeichen einer beginnenden Verwesung a u f , während bei der äusseren Besichtigung weder Verwesungsgeruch noch Verwesungsver-färbnng wahrnehmbar waren ; dann eine meist sehr bedeutende Gefässfüllung an einzelnen S t e l l e n der Schleimhaut des Magendarmcanals, der Oberfläche der Nieren und der L e b e r ; es ist zu reichlichen punktförmigen B l u t a u s t r e t u n g e n gekommen : auf der Lidbindehuut, an vereinzelten Stellen des Zwölffingerdarms und zwischen Kapsel und Oberfläche beider Nieren ; die Schleimhaut des .Magen­

darmcanals unverletzt ; die sehr schlaffe Consistenz und der reiche Blutgehalt der N i e r e n ; die ziemlich weiche Consistenz der Leber, der verwaschen g e l b ­ liche Farbenton an einzelnen inselartig auftretenden Stellen ihrer Oberfläche, die undeutliche L ä p p c h e n z e i c h n u n g ; die Schlauheit und matsche Consistenz des Herzens sind hervorzuheben. Die beiden Herzhälften enthielten dunkel-kirschrothes Blut.^ Im Magen befinden sich etwa 2 5 0 cbc. einer chocolade-farbenen dünnen Flüssigkeit mit. säuerlichem Geruch ; im Dickdarm befindet sich ein anfangs dickbreiiger, später g e b a l l t e r , grauschwarzer I n h a l t mit eigen­

t ü m l i c h e m , nicht facealem Geruch ; die Gebärmutter stand 7 ctni. von dem N a b e l ab und enthielt eine 3 0 0 gramm schwere, männliche Frucht von 25 ctm.

L ä n g e , deren Nabelschnur 30 ctm. lang war ; die graubraune Haut war so macerirt, dass bei leichten Bewegungen die Oberhaut sich abstreifte.

Die von dem Herrn Mag. pharm. K F . M a n d e 1 i n ausgeführte g e ­ richtlich-chemische Untersuchung der L e i c h e n t e i l e e r g a b : Bei der Destilla­

tion mit Wasserdämpfen nach der Methode von M i t s c h e r l i c h waren die characteristischen, leuchtenden Phosphordämpfe nur bei der Untersuchung des K o l b e s aus dem Dickdarm zu beobachten, wogegen in dem Inhalt des Magens und des Dünndarms nur geringe Mengen phosphoriger Säure angetroffen werden k o n n t e n ; somit war nur im Inhalt des Dickdarms unoxydirter P . vorhanden.

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Gutachten.

51 -nalis und der Aorta von intensiv gelber F a r b e ; der Harn besitzt einen deut­

lich gelben F a r b e n t o n ; im Magen mehrere 100 ccin einer schwärzlichen, dick­

lichen, durch keinen besonderen Geruch ausgezeichneten F l ü s s i g k e i t ; die Schleim­

haut vollkommen u n v e r l e t z t ; die Leber wiegt I • 8:* g r a m m ; Kapsel zart, von intensiv gelber Farbe ; unter derselber wiederum kleine blutaustritte ; in der Gallenblase 5 ccm. einer dicklichen graugelben, durchaus nicht an Galle erin­

nernden Flüssigkeit ; die Schnittfläche der Leber von intensiv g e l b e r Farbe ; Läppchenzeichnung undeutlich ; deutlicher F e t t b e s c h l a g ; die Ränder der Leber F r e s e n i u s mit dem Leberrückstande auf phosphorige Säure ergab ein po­

sitives R e s u l t a t : die F l a m m e färbte sich grün. Der in den Körper eingeführte Phosphor war demnach zu phosphonger Säure oxydirt.

Gutachten.

Hinsichtlich dieses F a l l e s können wir uns kurz fassen. Die hochgradige, fettige Degeneration der Parenchymzellen des Herzens, der Leber und der Nieren, der Ictirus und die Ecchytnosen lassen keine andere D e m u n g zu, als dass es sich um eine Phosphorvergiftung handelt

D i e s e l b e ergab ein characteristisches Bild, wie man es stets finden kann in den F ä l l e n , die erst nach 6 Tagen tödtlich verlaufen.

Gutachten.

Ich habe diesen F a l l deshalb aufgenommen, um zu zeigen, dass die Zeit des eintretenden Todes nicht in allen F ä l l e n abhängig ist von der verschluckten Menge.

M a s c h k a s t e l l t die im Allgemeinen ohne Zweifel richtige Behauptung auf, dass die Menge des verschluckten Phosphors auf die Zeit des Eintritts des

Todes einen Einfluss ausübe. In diesem F a l l e jedoch konnte ein derartiger

fand sich in einer Kellerwohnung ; die Thür zum Zimmer war nach dem F l u r hin a u f und dieses war schon in den Morgenstunden von den Nebenhäuslern be­

53 blauroth gefärbt, auf Druck wird eine schaumige, seroese Flüssigkeit e n t l e e r t ; es finden sich bei gleichzeitiger F ü l l u n g des Magens mit denselben N a h r u n g s

des B l u t e s ist eine hellrothe, welche Farbe auf allen Organen, mit denen das

V I . Fall.

d e n Zähnen eingeklemmt, lässt die Zahneindrucke erkennen ; Geruch aus dem macht, keinerlei Fremdkörper e n t h a l t e n sind ; die Schleimhaut ziemlich reich­

lich mit grauem dicklichem Schleim b e s e t z t ; an einzelnen S t e l l e n der S c h l e i m ­ Resultat. Dem Herrn Magister Mandelin g e l a n g es i m Magen und Darmirihalt Strychnin nachzuweisen. F r e i l i c h konnte nicht nachgewiesen werden, wieviel von dem Gifte in den Magen-Darmcanal g e l a n g t ist, da m i t dem Erbrochenen doch eine g e w i s s e Menge wieder eliminirt worden ist.

Gutachten.

Hei Durchsicht des Sectionsprotocolles müssen wir g e s t e h e n , dass der Sectionsbefund ein negativer ist insofern, als unmittelbar durch ihn eine

w e s u n g ; vom Tode bis zur Section waren nur 27 Stunden verstrichen und die Aussentemperatur betrug — 2 0 und doch haben wir eine hochgradige Verwe­

sung in fast allen Organen zu verzeichnen. Diese rasch eingetretene

Verwe-57

s u n g s e r s c h e i n u n g e n könnten v i e l l e i c h t in der J u g e n d , im Saftreichtum der Gewebe und im Fettreichthura des Körpers ihre E r k l ä r u n g finden.

In Bezug auf die S c h u l d f r a g e können w i r uns m i t absoluter Sicherheit dahin äussern, dass ein Selbstmord v o r l i e g t .

V I I I . Fall.

Vergiftung durch Strychnin. — S e l b s t m o r d . Geschichtserzählung.

Defunctus, ein h i e s i g e r Sattlermeister, wurde eines Morgens auf der Diele , gerade ausgestreckt;, leblos gefunden. D i e Mutter des Defunctus e r ­ zählt, der Sohn sei in der N a c h t um 5 Uhr m o r g e n s nach Hause g e k o m m e n , habe sein Zimmer aufgesucht und bald darauf mehrere Mal nach W a s s e r g e ­ rufen ; sie sei herbeigeeilt und habe gesehen, w i e Defunctus m i t einem lauten G e s t ö h n e v o m S t u h l e a u f d i e D i e l e g e f a l l e n sei. D a s verlangte Wasser habe sie i h r e m S o h n e nicht beibringen können , w e i l die Arme und besonders der Mund krampfhaft zusammengezogen w a r e n .

Die Section fand am f o l g e n d e n T a g e statt.

D i e s e l b e ergiebt eine stark hervortretende Contraction der Kaumuskeln;

die Todtenstarre ist an den oberen Extremitäten m a s s i g stark e n t w i c k e l t ; a n den unteren '.Extremitäten bedarf es sehr bedeutender K r a f t a n s t r e n g u n g , um dieselbe zu überwinden. Sonst finden wir die pathologisch-anatomischen E r ­ scheinungen eines Todes durch E r s t i c k u n g , die ich jedoch nicht anführen will. In Bezug a u f Strychnin ist das Sectionsresultat v o l l s t ä n d i g negativ a u s ­ g e f a l l e n ; d i e chemische Analyse jedoch bat ein positives Resultat ergeben.

D a s diesbezügliche Gutachten des Herrn M a n d e l i n l a u t e t : „es ergiebt sich m i t Sicherheit, dass Strychnin in e i n e r Menge d e m Körper des Verstorbenen zugeführt worden i s t , w e l c h e den T o d zur F o l g e haben m u s s t e . A u c h das p h y s i o l o g i s c h e Experiment ist positiv a u s g e f a l l e n .

D a s p h y s i o l o g i s c h e E x p e r i m e n t a m F r o s c h e , das zweimal ausgeführt wurde (einmal während der Section m i t der im Magen vorgefundenen F l ü s s i g ­ keit und ein zweites Mal v o n K. F. M a n d e l i n mit der Lösung d e r aus dem Magenextract isolirten krystallinischen Substanz) h a t t e beide Mal das Ver­

fallen des F r o s c h e s in einen Starrkrampf zur F o l g e .

Gutachten. Auch in diesem Falle waren wir auf den chemischen resp.

p h y s i o l o g i s c h e n N a c h w e i s augewiesen.

I X . Fall.

Vergiftung durch Schwefelsäure — Selbstmord — T o d nach circa 6 Stunden — M o t i v : Chronisches Uterinleiden.

Geschichtserzählung.

D e f u n c t a war seit einem J a h r e leidend und Hess sich hier am Orte von verschiedenen Aerzten behandeln. S e i t Weibnachten b e t t l ä g e r i g , b a t s i e circa 14 T a g e v o r ihrem Tode i h r e n Mann, ihr Vitriolöl (Schwefelsäure) zu bringen

— a n g e b l i c h zum Einreiben d e r F ü s s e . I n der N a c h t auf d e n 2 8 . Januar t h e i l t e Defuncta ihrer Tochter m i t , dass sie aus einer F l a s c h e getrunken habe und heftige S c h m e r z e n empfinde. Ein herbeigeholter Arzt verordnete ihr M a g ­ nesia usta m i t Milch, ohne jedoch dadurch ihr Linderung zu schafien ; nach C Stunden war sie todt.

Section 2 T a g e darauf.

Weiblicher Leichnam, m a s s i g g u t g e n ä h r t ; um den H a l s g e s c h l u n g e n , findet sich ein ziemlich defectes Handtuch, w e l c h e s t h e i l w e i s e verwaschen blass

bräunliche Flecken zeigt, an welchen S t e l l e n sich das Handtuch etwas h ä r t ­ lich a n f ü h l t ; allgemeine Tödtenfarbe eine bleiche, m i t spärlichen, verwaschenen Todtenüecken ; Todtenstarre durchweg vorhanden. D e r Mund geschlossen ; der äussere Theil des Lippenroth's leicht e i n g e t r o c k n e t ; die Schleimhaut der Mund­

höhle blass, die der Zunge mit einem grauen B e l a g , der mit Lacmuspapier k e i n e besondere Reaction d a r b i e t e t ; an der Oberlippe findet sich, j e 3 c m . doppelt unterbundenen Magen circa l ' /2 Liter einer v ö l l i g schwarzen dickbrei­

igen F l ü s s i g k e i t , mit saurer Keaction ; Speisereste nicht zu erkennen ; die S c h l e i m h a u t erscheint stellenweise erhalten bei starker Gefässfüllung ; an a n ­ deren S t e l l e n , namentlich entsprechend der grossen Curvatur ist das Gewebe des Magens in allen Schichten g e s c h w e l l t , von schwarzer F a r b e ; an anderen S t e l l e n lässt es sieh nicht b e s t i m m e n , wie weit die Schleimhaut erhalten, resp.

zerstört i s t ; s t e l l e n w e i s e ist die Magenwandung auf das 8 — 1 0 fache verdickt und indem solche S t e l l e n m i t nicht g e s c h w e l l t e n abwechseln, erscheint die Magenwandung z e r k l ü f t e t ; der stark geschrumpfte Theil des Dünndarms ent­

h ä l t einen wässerigen, grauschwarz gefärbten I n h a l t ; die S c h l e i m h a u t stark g e w u l s t e t , leicht gegerbt. J e weiter nach abwärts, desto heller der I n h a l t , während die Eeaction immer noch eine deutlich saure bleibt. Die Kapsel der Leber wie gegerbt ; Durchschnitt hellbraun, während eine 5 m m . dicke, ober­

flächliche Zone von graubrauner F ä r b u n g ist und sich härtlich anfühlt ; Milz oben schiefriggran gefärbt. In der Aorta thoracica und abdominalis bis in

säure, Salpetersäure der Lösung eine graublaue Farbe g e b e n ) . Bei der weiteren Untersuchung entstand durch Barytsalze ein in verdünnter Salpetersäure und Salzsäure fast unlöslicher N i e d e r s c h l a g — die characteristische Reaction für Schwefelsäure. N a c h der quantitativen analytischen Berechnung aus dem Magen­

inhalt b e t r ä g t die Menge der in der Leiche bei der Section vorgefundenen freien Schwefelsäure ungefähr 3 Unzen.

Gutachten.

D i e chemische Analyse b e s t ä t i g t nicht nur die durch den S e c t i o n s b e -fund schon wahrscheinlich g e m a c h t e Annahme, dass die getrunkene F l ü s s i g ­ keit Schwefelsäure war ; sie b e s t i m m t auch die Quantität auf circa 3 Unzen.

l>a nachgewicsenermassen '/j der hier vorgefundenen M e n g e in 1 2 — 2 4 Stunden

59 e r w ä h n t e n Streifen auf dem Halse lässt sich ein Pulver abstreifen, welches sich wie S a n d a n f ü h l t . Bei der Eröffnung der B a u c h h ö h l e finden sich in ihr

u n e b e n ; die Consistenz etwas v e r m e h r t ; die Musculatur des Magens ist an diesen S t e l l e n verdickt und von blassgrauer F a r b e ; s o w o h l der Mageninhalt, a l s die Magenwand sind von saurer Reaction ; der Dünndarm ißt bis zu einer Entfernung von 40 cm. vom Pförtner wie g e g e r b t anzufühlen ; der Inhalt i s t von schwarzer F a r b e und saurer Reaction ; die Falten der S c h l e i m h a u t sind von g r a u e r F a r b e ; der Glanz v ö l l i g g e s c h w u n d e n ; auf der Oberfläche finden sich feine L ä n g s - und Querrisse; zugleich findet sich e i n e runde Oeffnung v o n

der Grösse einer Linse. Im Dickdarm ist ein schleimiger I n h a l t von h e l l ­ gelber Farbe. D a s B l u t ist von saurer Reaction.

Gutachten.

D a s Sectionßbild ist in diesem F a l l e so sehr typisch, dass die D e u t u n g desselben keine Schwierigkeiten bereiten kann. Was die Todesursache anbetrifft, so treten uns die saure Reaction des Blutes und die Veränderungen des Verdau-ungstractus e n t g e g e n . Die V e r ä n d e r u n g e n im Magen und Darm sind wohl als sehr schwere zu bezeichnen, jedoch können wir dieselben als unmittelbare Todesursache in diesem Falle doch nicht hinstellen, sondern finden l e t z t e r e in der sauren Reaction des B l u t e s , welche sich bei dem in die B a u c h h ö h l e er­

g o s s e n e n Blute nachweisen liess. Nach A u l h e b u n g der Alcalescenz des B l u t e s stellen die Organe ihre Functionen sofort ein und es tritt der Tod dann a l s directe F o l g e der Functionsaufhebung des Centrainervensystems ein.

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T h e s e n .

1. Bei Verdacht einer Phosphorvergiftung ist das Uebergiessen der Leichentheile, die zur che­

mischen Analyse bestimmt sind, mit Spiritus

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