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7 Verwendung von Thorium und Uran zu chemisch-analytischen oder zu che- che-misch-präparativen Zwecken che-misch-präparativen Zwecken

7.1 Branchenspezifische Übersicht

Abgrenzung

Uran- und thoriumhaltige Chemikalien werden derzeit in Deutschland zu chemisch-analytischen Zwecken in verschiedenen Laboren verwendet:

 Analyselabore wie Radionuklid-Labore, Chemische Labore zur Umweltüberwachung,

 Analyselabore der arbeitsmedizinischen Überwachung (z.B. Ausscheidungsanalyse),

 Labore für Elektronenmikroskopie,

 Forschungslabore der chemischen und pharmazeutischen Industrie,

 Forschungslabore an wissenschaftlichen Einrichtungen und Hochschulen.

Im Weiteren werden nur Tätigkeiten betrachtet, die nicht im Rahmen eines strahlenschutzrechtlich geneh-migten Umgangs mit radioaktiven Stoffen erfolgen und bei der die ionisierende Strahlung nicht gezielt ge-nutzt wird. Radioanalytische Labore oder Forschungseinrichtungen, bei denen solche Chemikalien ggf.

auch vermittels der ionisierenden Strahlung gemessen werden, werden daher nicht betrachtet.

Art und Menge von verwendeten Chemikalien

Von speziellen Lieferantenfirmen aus Deutschland werden die in Tabelle 7-1 zusammengestellten Chemi-kalien angeboten. Im Rahmen ihres Komplettservice bieten auch ausländische Gerätehersteller wie z.B.

PerkinElmer Standardchemikalien zur Kalibrierung der Messgeräte an.

Hauptverwendungen der hier betrachteten Chemikalien sind Standardlösungen in der Analytik.

Durch die Aufnahme des Parameters Uran in die TrinkwV ist bei den Chemielaboren für Trinkwasseranalytik der Bedarf an Standardlösungen mit Uran gestiegen. Weiterhin werden, wie Nachfragen bei chemischen Analyselaboren ergaben, auch Feststoffproben (Boden, Bauschutt, etc.) im Umfang von größenordnungs-mäßig 103 Stück mit chemischen Verfahren, insbesondere ICP-MS untersucht.

Außer als Standardlösungen in der quantitativen Analytik werden Uranylverbindungen als Kontrastmittel in der Elektronenmikroskopie verwendet. Solche Anwendungen sind aus Universitätskliniken und Forschungs-zentren bekannt. Der Lieferant Science Service verweist darauf, dass er diese Chemikalien an deutsche Kunden nur abgibt, wenn eine gültige Umgangsgenehmigung für radioaktive Stoffe vorliegt.

Weitere Anwendungen im Rahmen chemisch-analytischer Verfahren sind ggf. bei speziellen Forschungs-arbeiten zu erwarten und sind daher (wenn überhaupt) auf Einzelfälle beschränkt.

Tabelle 7-1: Verwendete uran- und thoriumhaltige Chemikalien in Deutschland (Quelle: Internetseiten der Lieferanten, abgerufen Juni 2017).

Lieferant Produktbezeichnung lt. Ka-talog

Spezifikation Anmerkungen

Aldrich Thorium nitrate hydrate 99% (T), ~4 mol/mol water Derzeit nicht verfügbar Sigma-Aldrich Uranium atomic absorption

standard solution

1000 μg/mL U in 1 wt.%

HNO3

Verfügbarkeit: Das Pro-dukt wurde gestrichen Thorium Standard for AAS 1000 μg/mL Th in 5%

HNO3

Verfügbarkeit: Das Pro-dukt wurde gestrichen EMD Millipore Thorium ICP standard Th(NO₃)₄ in HNO₃ 2-3%

10 mg/l

Standard-Handelsgröße 100 ml in Plastikflasche Uranium ICP standard UO₂(NO₃)₂ in HNO₃ 2-3%

10 mg/l

Standard-Handelsgröße 100 ml in Plastikflasche Science Service

(München)

Uranylacetat, Pulver A.C.S. abgereichertes Uran

Standard-Handelsgröße 25 g

Uranylacetat, Lösung Vorgefertigte, gebrauchsfer-tige Lösung. Erhältlich als 0,5%, 1%, 2%, 3% und 4%ige Lösung. Andere Konzentrationen auf An-frage. Abgereichertes Uran

Standard-Handelsgröße 100 ml

Uranyl Formiat Abgereichertes Uran Standard-Handelsgröße 1 g; 5 g

SERVA Electro-phoresis (Hei-delberg)

Uranylacetat·2H2O Reinst Standard-Handelsgröße

5 g; 25 g

Andere früher eingesetzte Chemikalien, wie z.B. Magnesiumacetat-Uranylacetat-Lösung (Kahanes Rea-genz) zur quantitativen Natrium-Bestimmung sind inzwischen ohne praktische Bedeutung, da andere in-strumentelle Techniken verfügbar sind.

Als Hersteller der Uranchemikalien werden in den zugehörigen Sicherheitsdatenblättern zumeist Firmen-standorte in den USA benannt. Die Hersteller verwenden isotopisch abgereichertes Uran (DU), so dass die derzeit gehandelten Uranchemikalien kein Uran in natürlicher Isotopenzusammensetzung enthalten. Aus diesem Grund werden die Uranchemikalien (soweit es sich nicht um Altbestände handelt) nach den Anfor-derungen von Teil 2 StrlSchV behandelt und erfordern bei einer Aktivität von mehr als 1E+04 Bq U-238 (ca.

1,5 Gramm) eine Umgangsgenehmigung nach § 7 StrlSchV.

Wie schon an den Standard-Handelsmengen erkennbar, ist die derzeit in Deutschland verbrauchte Menge an diesen Chemikalien nicht sehr groß. Die je Versuch eingesetzten Mengen werden mit Mikrogramm bis Milligramm eingeschätzt und die Gesamtmenge des in Deutschland für chemisch-analytische Zwecke ver-brauchten Urans ist in der Größenordnung von 100 kg verteilt auf ca. 102 Einrichtungen zu veranschlagen.

Für Thorium kann von ähnlichen Mengen wie beim Uran ausgegangen werden.

Uran- und thoriumhaltige Präparate werden auch für Schulversuche in allgemeinbildenden Schulen sowie Berufsschulen verwendet. Allerdings sind diese Verwendungen nicht dem Tätigkeitsfeld der

analytisch-präparativen Verwendung unter Ausnutzung chemischer oder physikalischen Eigenschaften zuzurechnen.

Vielmehr wird dabei die ionisierende Strahlung gezielt genutzt, so dass damit ein Umgang nach § 5 Abs.

(39) Nr. 1a StrlSchG vorliegt.

Verwendung von Thorium und Uran zu chemisch-präparativen Zwecken

Die Verwendung von Thorium und Uran zu chemisch-präparativen Zwecken ist in der StrlSchV nicht ge-nauer spezifiziert. In der (nichtamtlichen) Begründung zur StrlSchV aus dem Jahr 2001 (BMU 2001) wird auf eine Stellungnahme der SSK (SSK 1997) verwiesen und festgestellt, dass die Herstellung von thorierten Konsumgütern wie Schweißelektroden und Gasglühstrümpfen Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchV sind. Sie unterliegen der Genehmigungspflicht nach § 106 StrlSchV und wurden deshalb nicht als Arbeitsfelder in Anlage XI StrlSchV aufgenommen.

Wird die Herstellung von thorierten Produkten ausgenommen, dann reduziert sich das Tätigkeitsfeld „Ver-wendung von Thorium und Uran zu chemisch-präparativen Zwecken“ auf Labortätigkeiten, wie sie bereits im Kapitel 7.1.1 beschrieben wurden. Als ein praktiziertes Beispiel wäre die Verwendung von Uranylverbin-dungen als Kontrastmittel in der Elektronenmikroskopie diesem Tätigkeitsfeld zuzuordnen.

In solchem Fall sind die chemisch-analytischen und chemisch-präparativen Tätigkeiten ein Tätigkeitsfeld mit praktisch gleichen Expositionsbedingungen. Expositionspfade zu diesem Tätigkeitsfeld sind im Kapitel 7.2 und Abschätzungen zum Ausmaß der Strahlenexposition im Kapitel 7.3 beschrieben.

Durch den im StrlSchG realisierten Wegfall des Regelungsbereichs „Arbeiten“ und die Präzisierung des Begriffs „Umgang“ (der natürlich vorkommende radioaktive Stoffe nur dann einbezieht, wenn sie auf Grund ihrer Radioaktivität, zur Nutzung als Kernbrennstoff oder zur Erzeugung von Kernbrennstoffen verwendet werden), ist eine Genehmigung für den Zusatz radioaktiver Stoffe nicht über § 12 (3) StrlSchG möglich, sondern nur im Zusammenhang mit dem Schutz der Verbraucher gemäß § 40 StrlSchG erforderlich.

Aufgrund dieser rechtlichen Rahmenbedingungen ist eine weiter gefasste Interpretation des Bergriffes „che-misch-präparative Verwendung“ nötig, um die Tätigkeiten der Beschäftigten beim Zusatz vor allem von Tho-rium zu Konsumgütern in den Strahlenschutz zu integrieren. Um die daraus abzuleitenden Konsequenzen im Sinne der Aufgabenstellung dieser Untersuchung ermitteln zu können, werden die derzeit in Deutschland ausgeübten Tätigkeiten dieser Branche im folgenden Kapitel beschrieben.

Herstellung von Konsumgütern mit Zusatz radioaktiver Stoffe

Produkte mit Zusatz von Uran natürlicher Isotopenzusammensetzung werden in Deutschland derzeit nicht hergestellt. Wie eine Auswertung von Importstatistiken (BAFA 2014) zeigt, wurde das von 2012 – 2014 importierte Natururan hauptsächlich für kerntechnische Zwecke verwendet (Empfänger: Firmen URENCO und Advanced Nuclear Fuels). Ein kleiner Teil ging an das Institut für Transurane in Karlsruhe und die Enrichment Techn. Comp. Limited in Jülich. Alle diese Verwendungen liegen außerhalb der hier zu prüfen-den Tätigkeiten.

Thorierte Teile werden in der Lampenproduktion verwendet als (Sternad, Kratzel, und Hellmann 2000)

 thorierte Wolframelektroden oder Elektrodenbeschichtungen,

 ThO2-Sinterkörper als Elektrodeneinsätze,

 Th-Metallfolien als Elektrodenbauteile,

 ThJ4-haltige Füllsubstanzen.

Darüber hinaus werden thorierte Wolftramlegierungen verwendet als

 Schweißelektroden,

 Bauteile (z.B. Düsen) für Spezialmaschinen.

Die Thorium-Gehalte dieser Produkte variieren. Üblich sind Beimengungen von 0,35-0,55% (WT4), 0,8-1,2% (WT10, F288 Typ 2A), 1,7-2,2% (WT20, F288 Typ 2B), 2,8-3,2% (WT30) und 3,8-4,2% (WT40) („Total Materia - Die weltweit umfangreichste Datenbank“ 2016).

In der Militärtechnik ist die Verwendung von ThO2 als Teil eines IR-Strahlers in MILAN-Panzerabwehrrake-ten allgemein bekannt („MILAN“ 2017).

Verwendet, aber nicht (mehr) in Deutschland hergestellt werden thorierte Gasglühstrümpfe, thorierte Mag-nesiumlegierungen, thorierte Optiken, uranhaltige Trimmgewichte, Abschirmbehälter aus Uranmetall, Uran-glas. Die Verwendung dieser fertigen Produkte erfolgt aber nicht zu Zwecken, die in ein Tätigkeitsfeld „che-misch-präparativ“ einzuordnen sind. Soweit solche Tätigkeiten dem Tätigkeitsfeld Handhabung von Produk-ten aus thorierProduk-ten Legierungen zuzuordnen sind, werden sie im Kapitel 8 genauer betrachtet.

Als „Verwendung zu chemisch-präparativen Zwecken“ werden im Weiteren Prozesse untersucht, bei denen in Deutschland Thoriumverbindungen bei der Herstellung von Produkten gezielt zugesetzt werden, um che-mische und oder physikalische Eigenschaften von Thorium aber nicht seine Radioaktivität zu nutzen.

Zur Herstellung solcher Produkte wurden nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkon-trolle (BAFA) und des BMU/BMUB im Zeitraum 2011-2014 die in Tabelle 7-2 aufgeführten Mengen an Tho-rium importiert (BAFA 2014).

Tabelle 7-2: Importmengen und Importeure von Thorium nach Deutschland.

Empfänger (Quelle) Datum Menge Versenderland

AREVA (1) 11.04.2014 13,155 kg Frankreich

(k.A.) 2014 35 kg USA

Ges. für Wolframindustrie (1) 20.11.2013 123,032 kg USA

KIT (1) 22.11.2013 0,5 g USA

OSRAM (1) 07.05.2012 0,407 kg USA

OSRAM (1) 15.06.2012 203,5 kg Indien

OSRAM (1) 05.10.2012 100,0 kg USA

G.L.E. mbH (1) 14.06.2012 0,044 kg USA

(k.A.) 2011 204 kg Hongkong (JB 2011)

(1) (BAFA 2014), Datum = Anzeige-/Abfertigungsdatum; (k.A.) Jahresberichte „Umweltradioaktivität und Strahlenschutz“ Herausgege-ben vom BMU / BMUB zum jeweils genannten Jahr