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8 Handhabung von Produkten aus thorierten Legierungen

8.3 Abschätzung der Strahlenexposition an Arbeitsplätzen

Montage und Demontage von Teilen in der Lampenproduktion

Wie im Kapitel 8.1 beschrieben, haben die in der Lampenproduktion verwendeten Elektroden üblicherweise eine Länge von 35-40 mm und Durchmessern bis maximal 2 mm. Messungen in unterschiedlichen Abstän-den an einer Elektrode mit 2% Thorium (Th-Alter > 10 Jahre) und einem Durchmesser von 2 mm sind in Tabelle 8-2 aufgeführt. Die Messungen wurden mit einem 2x2“ NaI-Detektor (RIIDEye X) an einem (leicht) abgeschirmten Messplatz ausgeführt.

Tabelle 8-2: Messergebnisse ODL an einer thorierten Wolframelektrode (W2; Durchmesser 2 mm). Zyk-luszeit 10 s.

Messabstand Abstand Quelle – Detektor (effektiv)

Messwert (nSv/h)

Hintergrund (nSv/h)

Messwert – Hintergrund (nSv/h) *)

0 cm 6 cm 98-105 13-19 85-86

3 cm 9 cm 70-76 14-21 56-55

5 cm 11 cm 45-54 15-22 30-32

8 cm 14 cm 37-41 16-24 21-17

*) jeweils minimaler Messwert – minimaler Hintergrund bzw. maximaler Messwert – maximaler Hintergrund.

Aus den Messdaten kann für den Nahbereich direkt an der Elektrode eine Gamma-Dosisleistung am Finger von ca. 250 nSv/h extrapoliert werden. Für Entfernungen größer als 30 cm ist mit einem Beitrag zur Umge-bungsstrahlung von weniger als 1 nSv/h zu rechnen.

Da die Herstellung von Lampen in automatisierten technologischen Linien abläuft, ist eine direkte Handha-bung von thorierten Elektroden nur beim Beschicken von Maschinen nötig. Ansonsten halten sie die Be-schäftigten in mehr als 30 cm Entfernung von den Elektroden auf und bei Dosisleistungen, die auch bei Elektroden mit 4% Thorium (G40) im Bereich von 1 nSv/h zu veranschlagen sind, ergeben sich rechnerisch Dosisleistungen von deutlich unter 10 µSv im Jahr.

Eine Anzeige dieser Tätigkeiten nach § 56 StrlSchG ist nicht erforderlich.

Elektrodenfertigung für die Lampenproduktion

In den Betrieben der Lampenproduktion, die thorierte Elektroden einsetzen, werden Rohelektroden für die weitere Montage konfektioniert und vorbehandelt. Im Rahmen dieser Elektrodenfertigung werden Rohelekt-roden sowohl mittels mechanischer Verfahren (z.B. CNC-Fräsen) als auch mittels thermischer Behandlung (Sintern) bearbeitet. Bei diesen Tätigkeiten handhaben die Beschäftigten größere Mengen an Elektroden-material und es kann zu Staubbildung kommen.

Als Grundlage für die Bewertung von Strahlenexpositionen bei Arbeiten zur Elektrodenfertigung in der Lam-penproduktion wurden von einem Unternehmen Messberichte zur Verfügung gestellt, die in Umsetzung behördlicher Anforderungen erstellt wurden. In diesen Dokumenten sind Messbefunde von Dosisleistungs-messungen und Messungen der Aktivitätskonzentration in der Raumluft enthalten. Zur Ermittlung der Akti-vitätskonzentration in der Luft wurden stationäre Staubsammler (FHT 243 C) eingesetzt.

Die mittels Messungen überwachten Arbeiten betrafen:

 Ein Th-Labor (HBO-Raum).

 Einen Sinterelektrodenraum.

 Einen Raum mit CNC-Technik zur mechanischen Bearbeitung von Elektroden zur Vorbereitung der Montage. In diesem Raum befinden sich neben zwei Arbeitsplätzen Lagerschränke mit Elektroden-material und Abfallfässer zur Sammlung der thorierten Materialien.

 Einen Wertstoffsammelcontainer. In diesen Sammelcontainer werden nach den übermittelten An-gaben monatlich 1-2 Fässer mit Elektrodenresten verbracht.

Die Messergebnisse von vier verschiedenen Räumen, in welchen thorierte Elektroden konfektioniert und vorbehandelt werden, sind in Tabelle 8-3 zusammengestellt. Die Messergebnisse der Raumluftüberwa-chung wurden aus der alpha-spektrometrischen Analyse von Staubproben erhalten, die mit einem stationä-ren Raumluftsammler (Luftdurchsatz 20 m³ je Std., Sammelzeit 50 bis 500 Std. je Probe) erhalten wurden.

Ein Histogramm der Messwerte der Ortsdosisleistung im CNC-Raum zeigt Abbildung 8-3. Am Hauptarbeits-ort der Beschäftigten wird in den Unterlagen eine Dosisleistung im Bereich zwischen 0,1 µSv/h bis 0,2 µSv/h angegeben.

Tabelle 8-3: Messwerte der Strahlenschutzkontrolle für Arbeitsplätze in der Elektrodenfertigung in der Lampenindustrie.

Parameter (Jahr) HBO-Raum (Th-Labor)

Sinterelektroden-raum

CNC-Raum Wertstoffsam-melcontainer ODL (2014) 0,1-0,6 µSv/h (k.A.) 0,06-3,5 µSv/h 0,54-3,22 µSv/h

*) ODL (2015) 0,1-0,6 µSv/h (k.A.) 0,05-3,8 µSv/h 0,4-3,3 µSv/h *) Th-232 im Staub (2014) 2,3-135 mBq/m³ 2,3 mBq/m³ 3,2-3,6 mBq/m³ (k.A.) Th-232 im Staub (2015) 0,15-29 mBq/m³ 2,3-3,3 mBq/m³ 5,3-7,3 mBq/m³ (k.A.) Kontamination von

Oberflächen (2014)

<0,02-1,2 Bq/cm² Th-232

< 0,02-0,31 Bq/cm² Th-232

< 0,02-0,39 Bq/cm² Th-232

(k.A.) Kontamination von

Oberflächen (2015)

<0,02-2,06 Bq/cm² Th-232

< 0,02-1,03 Bq/cm² Th-232

< 0,02-0,12 Bq/cm² Th-232

(k.A.)

*) Messungen außen am Container.

Abbildung 8-3: Histogramm von Messwerten der Ortsdosisleistung in einem CNC-Raum zur Bearbeitung von thorierten Elektroden zur Lampenproduktion.

Die Messdaten zeigen, dass in den Arbeitsräumen sowohl durch eine Direktstrahlung von Teilen von mehr als 1 µSv/h als auch durch Inhalation von Staub bei Staubkonzentrationen über 8 mBq/m³ (s. Kapitel 7.4.4) zu Jahresdosen kommen kann, die über 1 mSv liegen.

Herstellung und Handhabung von Konstruktionsteilen

Die Herstellung von Konstruktionsteilen mit W-Th-Legierungsbestandteilen erfolgt derzeit in Deutschland in einem Betrieb, der auch ansonsten thorierte Wolframprodukte erzeugt. Die Herstellung der

Konstruktionsteile ist von der Herstellung der thorierten Legierungen selbst technisch getrennt. Die bei der Herstellung auftretenden Strahlenexpositionen sind so gering, dass eine strahlenschutzrechtliche Überwa-chung nach behördlicher Prüfung als nicht erforderlich eingestuft wurde.

Bei der Handhabung von Konstruktionsteilen bei der Montage oder Demontage von Maschinen oder Anla-gen sind die auftretenden äußeren Strahlenexpositionen der Einzelteile als ebenfalls gering zu bewerten.

Auch wenn im Nahbereich um Gebinde mit gesammelten Teilen die Dosisleistung messbar erhöht ist (s.

Abbildung 8-1), ist aufgrund der kurzen Expositionszeiten und der bereits in 0,5 m Entfernung deutlich unter 0,5 µSv/h liegenden Dosisleistung eine berufliche Strahlenexposition durch die Handhabung von thorierten Konstruktionsteilen praktisch auszuschließen.

Eine Anzeige dieser Tätigkeiten nach § 56 StrlSchG ist bei den derzeit bekannten Mengen und Verwen-dungszwecken (vorzugsweise Elektroden für das Thermische- / Plasma-Spritzen) nicht erforderlich.

Mg-Th-Legierungen in Flugzeugen

Messungen der ODL an Sammelboxen und Fässern mit Mg-Th-Bauteilen mit spezifischen Aktivitäten von ca. 90 Bq/g Th-232 im annähernden Gleichgewicht mit seinen Zerfallsprodukten (Materialtyp M6, Th-alt) erbrachten die in Abbildung 8-4 dargestellten Ergebnisse.

Abbildung 8-4: Dosisleistungen um Lagerbehälter mit Mg-Th-legierten Bauteilen von Flugzeugtriebwerken (Messungen: NCC Projekt).

Im Nahbereich (Abstand 0,3 m bis 1 m) von Lagerbehältern mit 0,1-0,3 Tonnen Mg-Th-legierten Bauteilen ist folglich mit Dosisleistungen von ca. 1 µSv/h bis 5 µSv/h zu rechnen. Allerdings können auch in Abständen von 3 m von solchen Lagerbehältern die Dosisleistungen noch bis auf Werte von 0,5 µSv/h erhöht sein.

Da derartige Teile nur relativ selten anfallen, ist eine durchgängige Handhabung über eine volle Jahresar-beitszeit nicht realistisch. Vielmehr ist in Kenntnis der Gesamtmengen solcher über längere Zeiten gesam-melter Teile die Handhabungszeit mit Mg-Th-legierten Teilen von einzelnen Beschäftigten konservativ auf weniger als 10 Std. im Jahr einzuschätzen. Selbst unter Annahme, dass in dieser Zeit eine Dosisleistung von 5 µSv/h einwirkt, ist mit Jahresdosen von unter 0,1 mSv zu rechnen. Eine Anzeige nach § 56 StrlSchG von Tätigkeiten, bei denen Mg-Th-Bauteile sporadisch anfallen können, ist daher nicht erforderlich.

Bei einer chemischen Aufarbeitung von Mg-Th-Legierungen, bei denen gezielt die radioaktiven Bestandteile abgetrennt werden, kommt es zur Anreicherung von Radionukliden in Stoffströmen und damit zu potentiell deutlich erhöhten Strahlungsfeldern, die im Bereich von über 1 µSv/h liegen können. Für das Betriebsper-sonal einer solchen Anlage ist eine berufliche Strahlenexposition ohne gezielte Strahlenschutzmaßnahmen nicht auszuschließen. Eine genauere Prüfung der Expositionssituationen ist aufgrund der derzeit noch in der Planungsphase befindlichen Anlage nicht möglich. Allerdings ist aufgrund des abschätzbaren Durch-satzes einer solchen Anlage (maximal wenige Tonnen Legierungsmaterial im Jahr) bei Umsetzung geeig-neter Maßnahmen davon auszugehen, dass die Jahresdosis von Beschäftigten auf unter 1 mSv reduziert werden kann.

Th-kontaminiertes Titan

Bei den bisher gemessenen Dosisleistungen an gefundenen Teilen (s. Kapitel 8.3.5) ist eine berufliche Strahlenexposition auszuschließen. Eine Anmeldung nach § 56 StrlSchG ist nicht nötig.