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Aufgrund seiner Eigenschaften ist Bernstein als Erhaltungsmatrix für Organismen einzigartig. Die nicht vorhandene Körnung erlaubt die Erhaltung kleinster Lebewesen und Strukturen mit sehr wenig bis keiner Kompression oder Verzerrung. Durch die Bildung an Baumstämmen und einer Erhaltungspräferenz von kleinen Lebewesen oder deren Teilen wird außerdem ein Teil eines Ökosystems wiedergegeben, welches in keiner anderen Lagerstätte erhalten wird.

Unter den Bernsteininklusen entfallen 86-92% auf Insekten, 7,5-13% auf Arachniden, 0,4% auf Pflanzen und 0,1-1,7% auf die restlichen Gruppen [Podėnas 2001c].

Abbildung 11: Positionen der drei eozänen Bernsteinlokalitäten Europas. Nach Dunlop et al. 2018.

Einzeller:

Bakterien wurden mit 5 Arten beschrieben, die sich auf 5 Genera verteilen: Bacillus electroni, Micrococcus electroni, Longibacillus electroni, Spirillum electroni und Strepothrix spirali. Ob es sich um richtige Inklusen handelt oder ob sie nachträglich in den Bernstein eingedrungen sind, ist unsicher; der Bernstein wurde zum Zweck der Untersuchung teilweise aufgelöst [Berthelin 1991; Kedves & Párduz 2002; Larsson 1978]. Im kretazischen Bernstein konnte die Art Micrococcus luteus nachgewiesen werden, die Bernsteinsäure und Terpene metabolisieren kann, und zeigt, dass der Bernstein selbst als Nahrungsquelle und Lebensraum von Bakterien benutzt werden kann [Greenblatt et al. 2004].

Eine als Fungites capillaris beschriebene Inkluse ist vermutlich ein filamentöser Prokaryot anstelle eines Pilzes [Kettunen 2018].

Abbildung 12: Verteilung der Tiertaxa in baltischem und Bitterfelder Bernstein nach Stückzahl und prozentualem Anteil, mit Fokus auf die Diptera, darunter mit

Geschlechtsverteilungen der 4 häufigsten Familien. Nach Hoffeins & Hoffeins 2003.

Schleimpilze: Von dieser Gruppe sind vier Gattungen mit drei beschriebenen Arten bekannt: Stemonites splendens forma succinifera (Stemonitaceae), Arcyria sulcata, Protophysarum balticum und Licea sp.

(Liceaceae), die alle als Einzelstücke erhalten sind [Domke 1952; Dörfelt & Schmidt 2006; Gontález et al.

2009; Poinar 1994; Weitschat & Wichard 1998].

Pflanzen:

Trotz ihrer Häufigkeit im Bernsteinwald sind Pflanzenfossilien mit 0,4 - 5% (24,9% unter Hinzunahme der Sternhaare) des Inklusenanteils vergleichsweise selten. Mögliche Gründe dafür sind ihr ausschließlich passiver Transport und ihre Größe [Podėnas 2001c; Rappsilber 2008; Sadowski 2017]. Am häufigsten kommen die an Eichenblüten gebildeten Sternhaare als Einschlüsse vor, die als ein definierendes Merkmal des baltischen Bernsteins gesehen werden und im Bitterfelder Bernstein ebenfalls vorkommen [Weitschat &

Wichard 1996]. Die Häufigkeit der Sternhaare ist ein Hinweis auf die Jahreszeit der Hauptproduktion des Harzes, die mit der Blütezeit der Eichen zusammenfiel. Da Eichen eine relativ kurze Blütezeit haben, lassen sich die Bernsteine mit einem Reichtum an Sternhaaren in einen Zeitraum von ungefähr einem Monat im Frühling bis Frühsommer einordnen, was die Zeit wäre, in der die unterschiedlichen Eichenarten geblüht und die abgefallenen Blüten sich zersetzt haben [Larsson 1978]. Entsprechend handelt es sich bei Insekten, die vorwiegend in sternhaarreichem Bernstein gefunden werden, um Frühlingsarten (darunter Anobiidae, Aradus (Aradidae), Dromius (Carabidae), Halticidae, Hylesinae (Scolytidae), Staphylinidae, einige Bostricidae und Coccinellidae), aber es sind auch Anzeiger des Sommers (Buprestidae, Cerambicidae, Curculionidae, Lepismatidae, Opiliones, Podura (Poduridae), viele Myriapoda und Arachnida, Großteil der Diptera und Hymenoptera) und Herbstes (Forficula (Forficulidae), Gryllidae, Vespidae, einige Bostrichidae und Coccinellidae) überliefert, teilweise als Syninklusen von Gruppen einer anderen Jahreszeit [Berendt 1835; Larsson 1978]. Gröhn (2013) merkte an, dass Sternhaare im baltischen Bernstein nicht einheitlich in Größe und Form sind, so dass sie zumindest von verschiedenen Eichenarten stammen, sofern sie nicht teilweise auch von anderen Pflanzen gebildet wurden; so bilden auch Geweihfarne (Platycerium) sternförmig verzweigte Trichome aus. Außerdem lassen sich die Sternhaare der Eichen nur schwer ablösen, im Gegensatz zu den ebenfalls sternförmigen Trichomen an den Blattunterseiten von Hamameliaceen, von denen im Bernstein ebenfalls bestimmbare Überreste erhalten wurden [Gröhn 2013]. Es wurden 5 Trichomtypen nachgewiesen, die rezent alle von Fagaceen gebildet werden [Poinar 2002].

Ein Problem der Artbestimmung von Pflanzen in Bernstein ist deren fragmentarische Erhaltung, so dass es fast unmöglich ist, die Holzreste, Rinde, Zweige, Blätter, Blüten, Früchte und Pollen einer Art zuzuordnen und es deshalb oft Synonyme gibt. Nach Schubert 1961 wurden 750 Pflanzenarten aufgestellt, von denen nur 150 Arten (216 Arten, wenn Bakterien, Pilze und Flechten bei den „Cryptogamen“ mitgezählt werden) bestätigt werden konnten [Weitschat & Wichard 1996].

Bei den Holzinklusen handelt es sich meist um von Tieren zerkleinertes Material, wie von Spechtartigen abgemeißeltes Holz und der Auswurf von Fraßgängen. In den Holzinklusen sind Fraßgänge in situ, Kotballen in unterschiedlichen Graden der Auflösung und charakteristische Nagesplitter enthalten. Das Material wurde entweder eingeschlossen, wenn die Holzsplitter aus den Fraßgängen fielen oder das Harz als eine Reaktion auf den Fraß in die Gänge austrat und den Inhalt herausspülte, was durch die Anwesenheit von typischen Bohrlochbewohnern wie flügellosen Psocopteren und größeren Ansammlungen von Glaesacarus rhombeus in mit Holzresten versetztem Bernstein bestätigt wird [Larsson 1978].

Palynologie ist mit Bernsteininklusen schwierig, da die Pollen für die Untersuchungen aufbereitet werden müssen, was bei Bernsteininklusen nur mit einer vorherigen Herauslösung der Pollen möglich ist. Die erhaltenen Pollen konnten bei Abies, Pinus, Pseudotsuga, Quercus-Verwandten, Sequoia, Tsuga, Asteraceae,

Ericaceae und Taxodiaceae eingeordnet werden [Larsson 1978]. Angiospermenpollen sind seltener und gehören überwiegend thermophilen Taxa an [Słodkowska et al. 2013]. Die Zusammensetzung zeigt eine Dominanz hoher Bäume mit seltener Überlieferung kleiner Pflanzen, woraus sich schließen lässt, dass Pinus succinifera selbst ein großer Baum war [Larsson 1978].

Die geographische Verbreitung rezenter Verwandter der Bernsteinwald-Pflanzen ist nearktisch (Sabalites, Sequoia), paläotropisch (Smilax), neotropisch (Commelinacites) und australisch (Billardierites). Die

häufigsten Gattungen sind Picea, Pinus und Thuja unter den Nadelbäumen, und Quercus und Sabalites unter den Laubbäumen [Ander 1942]. Insbesondere Zweige von Thuja orientalis succinea scheinen

vergleichsweise oft erhalten zu sein, sie sind die häufigsten makroskopischen Pflanzeninklusen [Bachofen-Echt 1949; Berendt 1835]. Von Picea baltica ist ein im Bernstein erhaltener Keimling bekannt, der vom Pilz Gonatobotyrum piceae befallen war [Dörfelt & Schmidt 2007].

Algen: Algen sind bislang mit der zweifelhaften Art Discophyton electroneion (Gonophyceae) vertreten [Poinar 1992].

Moose: Die Lebermoose (Hepatice) werden in zwei Gruppen unterteilt: die meist epiphytischen Porellales und die generalistischen Jungermanniales. Die meisten Lebermoose des baltischen Bernsteins sind mit epiphytischen Arten verwandt. Eine der wenigen Ausnahmen ist Nothoscyphus mit N. balticus und N. grollei;

rezent besiedelt diese Gattung den Boden, seltener gefallene Stämme und andere am Boden liegende verholzte Teile. Die Inkluse von N. balticus siedelte auf Letzterem, da sie zusammen mit Holzresten eingeschlossen gefunden wurde [Heinrichs et al. 2015b]. Lebermoose sind mit 25 Arten beschrieben,

Frullania varians ist die häufigste Art [Heinrichs et al. 2016]. Unter den 12 Gattungen, die von Grolle (1988) im baltischen und Bitterfelder Bernstein beschrieben wurden, kommen 5 in beiden Lagerstätten vor. Die bislang beschriebenen Arten sind Bazzania polyodus, Calypogeia stenzeliana, C. velteni, Cephalozia veltenii, Cephaloziella dimorpha, Cheilolejeunea latiloba, Cylindrocolea dimorpha, Frullania acutata, F. baltica, F.

casparyi, F. hamatosetacea, F. mammilligera, F. schumannii, F. truncata, F. varians, Jungermannia berendtii, Lophozia kutscheri, Mastigolejeunea contorta, Metacalypogeia baltica, Nipponolejeunea europaea, Notoscyphus balticus, N. grollei, Plagiochila groehnii, Porella subgrandiloba, Ptilidium pulcherrimum, Radula baltica, R. bitterfeldensis, R. oblongifolia, R. sphaerocarpoides, Rhizomnium dentatum, Scapania hoffeinsiana, Spruceanthus polonicus und Tetralophozia groehnii [Grolle 1980; Grolle

& So 2004; Katagiri 2015; Heinrichs et al. 2015a; 2015b; 2016; Pikkinen et al. 2015; Poinar 1992; Weitschat

& Wichard 1998]. Von Frullania baltica, F. varians, Mastigolejeunea contorta und Scapania hoffeinsiana sind erhaltene Sporenkapseln bekannt [Grolle 1998; Grolle & Schmidt 2001; Heinrichs et al. 2016]. Die Lebermoosfauna des baltischen Bernsteins hat Bezüge zu asiatischen Formen, während Cephaloziella dimorpha nahe mit mitteleuropäischen Formen verwandt ist [Grolle 2008; Heinrichs et al. 2015b].

Notoscyphus lutescens, eine rezente Art, wurde ursprünglich als im baltischen Bernstein erhalten angegeben.

Neuere Untersuchungen zeigten, dass die Bernsteinfossilien einer separaten Art angehören, die als N. grollei beschrieben wurde [Váňa et al. 2015].

Allgemein sind die Moose häufig, woraus man auf eine hohe Luftfeuchtigkeit im Bernsteinwald schließen kann. Die meisten Moosarten sind Epiphyten, einige Arten sind Bewohner von Totholz (Rhizogonium) oder wachsen auf dem Boden (Campylopus) [Frahm 2008]. Unter den Laubmoosen kommt Hypnodontopsis sp.

häufig vor, dessen zwei rezente Arten in Japan, Mexiko und Uganda verbreitet sind [Frahm 2005; 2008]. Die Lebermoose des baltischen Bernsteins gehören überwiegend zu subtropischen Gruppen; eine Ausnahmen ist Ptilidium pulcherrimum, die rezent in den borealen Wäldern Skandinaviens verbreitet ist [Frahm & Gröhn 2013]. Ein Stück, in dem Ptilidium pulcherrimum und Cylindrocolea baltica gemeinsam eingeschlossen

wurde, führte zu Spekulationen, dass P. pulcherrimum im Eozän zumindest wärmetoleranter war [Frahm &

Gröhn 2015]. Mehrere Arten, darunter Boulaya mittenii, Campylopodiella himalayana, Ctenidium capillifolium, Fabronia ciliaris, Haplocladium angustifolium, Hypnodontopsis mexicana, Merilliobryum fabronoides, Trachycystis flagellaris und T. microphylla, sind auch in der rezenten Flora vertreten, besonders in Ost- und Südostasien [Frahm 2001; 2008]. Die Moosfauna des baltischen Bernsteins ist mittlerweile gut bekannt und es wurden 64 Arten mit 14 weiteren Gattungen in den Familien Amblystegiaceae (Campylium squarrosulum, Drepanocladus sp.), Atrichaceae (Atrichum groehnii, A. mamillosum, A. rhystophyllum, A.

subrhystophyllum, Polytrichum subseptentrionale, P. subundulatum, P. suburnigerum), Bertramiaceae (Bertramia sp.), Brachytheciaceae (Brachytheciites veltenii, Brachythecium sp.), Cyrtopodaceae

(Bescherella sp.), Daltoniaceae (Symphyodon sp.), Dicranaceae (Campylopodiella himalayana, Dicranites casparyi, D. grollei, D. obtusifolius, D. subflagellare, ?Dicranum fuscescens, ?D. simplex, D. subpellucidum, D. subscoparium), Ditrichaceae (Ditrichites ignotus), Echinodiaceae (Echinodium sp.), Fabroniaceae

(Fabronia ciliaris, Merilliobryum fabronioides, Helicodontium sp.), Grimmiaceae (?Grimmia subelongata), Hypnaceae (Ctenidium capillifolium, Eurohypnum revolutum, Hypnites complanatus, H. flagelliferus, H.

lanceolatus, H. subflagellaris, Hypnum palaeocircinale, ?H. squarrosum), Leucobryaceae (Campylopus sp.), Meteoriaceae (Barbella sp.), Mniaceae (Muscites convolutus, M. dubius, M. elegans, M. hauchecornei, M.

pilifer, M. serratus, Rhizomnium dentatum, Trachycystis flagellaris, T. microphylla, T. obtusus, T. szaferi), Paraleucobryoideae (Brothera leana), Polytrichaceae, Pottiaceae (Barbula subcanescens, ?Phascum cuspidatum, Trichostomum substrictum), Rhachitheciaceae (Hypnodontopsis casparyi, H. confertus, H.

fossilis, H. lingulata, H. mexicana, H. pilifer), Rhizogoniaceae (Pyrrhobryum spiniforme, Calomnion sp., Rhizogonium sp.), Sematophyllaceae (Brotherella tortifolia, Sematophyllites planus, S. serratus, Tristichella glabrescens, Aptychella sp., Mastopoma sp.), Sphagnaceae (Sphagnum sp.), Symphyodontaceae

(Symphyodon sp.), Thuidiaceae (Boulaya mittenii, Haplocladium angustifolium) und incertae sedis (Muscites convolutus, M. dubius, M. elegans, M. pilifer) beschrieben [Frahm 1996; 1999; 2000; 2001; 2004; 2008;

Frahm & Gröhn 2013; 2015; Heinrichs et al. 2014].

Farne: Farneinschlüsse sind sehr selten und die meisten von ihnen können als Tüpfelfarne der Gattung Pecopteris identifiziert werden [Weitschat & Wichard 2000]. Die beschriebenen Farnarten sind Alethopteris serrata, Matonia striata und Pecopteris humboldtiana [Poinar 1992; Schmidt 2007]. Matonia striata ist anhand von Sporen und Sporangien bekannt, und wurde ursprünglich als ein Pilz der Art Palaeocybe striata beschrieben [Schmidt 2007; Schmidt & Dörfelt 2007]. Die Matoniaceae waren vor allem im Mesozoikum verbreitet, rezent kommen sie in Reliktvorkommen in Südostasien vor [Schmidt & Dörfelt 2007]. Im Gegensatz zu Farnteilen sind Sporen oft erhalten und stellen den größten Anteil an Sporeninklusen. Da die Sporen nicht sehr weit fliegen, muss mindestens eine Farnart ein häufiger Epiphyt gewesen sein [Larsson 1978].

Gymnospermen: Unter den Gymnospermen ist insbesondere die Sammelart Pinus succinifera zu nennen, die als Haupt-Harzproduzent angenommen wird. Es sind häufig Inklusen von Holzstücken im Bernstein

erhalten, die sich zu dieser „Art“ zuordnen lassen können und sich durch einen hohen Kork- und geringen Holzanteil, Merkmale eines geringen Dickenwachstums, Spätholz aus wenigen Zelllagen, Tracheiden mit dünnen Membranen, ungewöhnlich dicken Harzkanäle, vielen Rissfüllungen und Harztaschen auszeichnen [Weitschat & Wichard 1996]. Es sind auch teilweise inkohlte Holzstücke mit Bernstein in situ bekannt, die an Stränden angespült werden [Goeppert 1883]. Die in Bernsteinstücken auftretenden, langen, geraden Hohlräume mit rotbraun verfärbten Rändern wurden höchstwahrscheinlich durch herausgewitterte Nadeln des Bernsteinbaumes verursacht. Die Nadeln selbst sind selten erhalten, da sie aufgrund ihrer Länge meist unvollständig eingeschlossen wurden [Gröhn 2013]. Mittels größerer Holzstücke und Abdrücken in

Bernstein kann die Stammgröße von Pinus succinifera ein Durchmesser von etwa 1 bis 1,2 Metern und einen Umfang von 3 bis 3,6 Metern geschätzt werden. Goeppert unterscheidet 5 verschiedene Holzarten, von denen er auch annimmt, dass sie Bernsteinbäume waren, da es unwahrscheinlich ist, dass das Holz anderer Bäume in Harz geriet. Abgesehen vom Holztyp Pinites succinifer ist das Holz von Pinites stroboides, P.

anomalus, P. mengeanus, P. radiosus und Physematopitys succinea im Bernstein erhalten [Goeppert 1883].

Diese „Arten“ wurden 1890 von Conwentz im Taxon Pinus succinifera kombiniert. P. stroboides ist die häufigste Form, die als P. succinifer brschriebene Form ist hingegen relativ selten. Die Pinites succinifera-Holzfossilien wurden als das Morphotaxon Pinuxylon succiniferum neu beschrieben; es hat starke

morphologische Übereinstimmung mit Pinus (Subgenus Strobus) und seine anatomischen Merkmale ähneln sowohl der Sektion Strobus als auch Parrya. Mehrere von Goeppert beschriebene Pinites-Arten gehören anderen Gattungen an: Pinites gypsaceus ist Sequoia am ähnlichsten und andere Formen haben stärkeren Bezug zu Picea oder Cupressaceen [Dolezych et al. 2011; Sadowski et al. 2016c]. Anhand der

Nadeleinschlüsse wurden 4 Pinus-Arten beschrieben [Berendt 1835].

Abietinae wurden in Form von Nadeln und Blüten nachgewiesen, allerdings wurden die früher bestimmten Arten von Abies (Abietites claveolatus, A. linearis, A. obtusifolia, A. suckerii) als Vertreter der

Magnoliopsida und somit als Angiospermen bestimmt [Goeppert 1883; Sadowski et al. 2017]. Die

Sciadopityaceae (Schirmtannen), teilweise auch als primäre Harzlieferanten des Bernsteinwaldes angesehen, wurden erstmals mit der Art Sciadopitys cladodes beschrieben, die somit diese Familie eindeutig im

baltischen Bernstein nachweist [Sadowski et al. 2016a]. Eine andere Art, S. tertiaria, ist aus anderen Lagerstätten als Besiedler von Hochmooren bekannt; die Anwesenheit dieses Lebensraumes wird durch die Präsenz von Cathaya, die an Rändern von Hochmooren wächst, bestätigt [Sadowski 2017]. Geinitziaceae sind mit Cupressospermum saxonicum vertreten, die nicht nur als Bernsteineinschluss, sondern auch in anderen kontemporären Fossilienlagerstätten Zentraleuropas erhalten ist. Aufgrund seiner Verbreitung lässt sich die Art als Besiedler von Küstenregionen bestimmen, die in eutrophischen oder brackigen Sümpfen wuchs [Sadowski 2017]. Insgesamt sind die Gymnospermen mit Nothotsuga protogaea, Picea baltica, P engleri, Pinus baltica, P. banksianoides, P. cembrifolia (P. silvatica), P. dolichophylla, P. künowii, P.

schiefferdeckeri (Pinites subrigidus, Pinus subrigida, P. rigida), P. serrata, P. succinifera, P. triquetrifolia, Abies, Cathaya, Pseudolarix (Pinaceae), ?Podocarpites kowalewskii (Podocarpaceae), Chamaecyparis casparyi, C. massiliensis, C. mengeanus, Cupressianthus magnus, Cupressites conwentzii, C. hartmannianus, C. linkianus, C. sambiensis, C. schenkii, C. sommerfeldii, Glyptostrobus europaeus, Juniperus major, J.

minor, Libocedrus subdecurrens, Quasisequoia couttsiae (Sequoia c., Taiwania schaeferi, Widdringtonites oblongifolius), Sequoia brevifolia, S. couttsiae, S. langsdorffi, Thuites borealis, T. carinatus, T. lamelliformis, T. succineus, Athrotaxis, Calocedrus, Cryptomeria, Cupressus, Taxodium, Thuja (Cupressaceae),

Cupressospermum saxonicum (?Glyptostrobus europaeus) (Geinitziaceae) und Sciadopitys glaucescens, S.

linearis und S. tertiaria (Sciadopityaceae) vertreten [Jähnichen 1998; Sadowski 2017; Sadowski et al. 2017;

Weitschat & Wichard 1998]. Die hohe Koniferendiversität wird als ein Argument für ein nicht tropisches oder subtropisches Klima angegeben [Sadowski 2017].

Der Nachweis von Palmfarnen im baltischen Bernstein ist fragwürdig, da er auf einem als Zamiophyllum sambiense beschriebenen, kleinflächigen Blattabdruck basiert, der verschollen ist [Weitschat & Wichard 1998].

Die Gnetales wurden ursprünglich mit Ephedra johniana und E. mengeana im Bernstein beschrieben, die später zur Gattung Patzea (Loranthaceae) gezählt wurden, bevor sie als Zwergmisteln der Gattung Arceuthobium bestimmt wurden; damit ist diese Gruppe im Bernstein bislang noch nicht nachgewiesen

[Goeppert 1883; Sadowski 2017; Weitschat & Wichard 1998].

Angiospermen: Insgesamt sind über 50 Familien von Angiospermen aus dem Bernstein bekannt [Gröhn 2015].

Monocotyledonen: Inklusen von Einkeimblättrigen sind selten und beschränken sich vor allem auf Palmen, von denen diverse Blattabdrücke, eine Phoenix-Blüte und einige Smilax-Blüten bekannt sind [Larsson 1978].

Insgesamt wurden Araceae, Commelinaceae, Liliaceae, Najadaceae, Arecaceae, Poaceae und Cyperaceae im Bernstein nachgewiesen [Poinar 2016; Sadowski et al. 2016a; 2016b; Weitschat & Wichard 1998]. Das Vorkommen von Gräsern zeigt offene, feuchte Flächen in der Nähe der Bernsteinbäume an [Sadowski et al.

2016b].

Dicotyledonen: Zweikeimblättrige Pflanzen wurden von Czeczott (1961) mit 94 Arten erwähnt, die sich auf 57 Gattungen in 38 Familien verteilen [Larsson 1978; Poinar 2016]. Die Fagaceae-Vertreter des baltischen Bernsteins haben mehr Ähnlichkeit mit der chinesischen Gattung Formanodendron als mit Fagus, Castanea oder Quercus [Alekseev & Alekseev 2016]. 67% der Arten wurden anhand von Blüten, Früchten und Samen aufgestellt. Etwa ein Viertel (23%) der bekannten Familien haben eine tropische oder subtropische

Verbreitung, temperate Taxa machen 12% aus, allerdings ist diese auf Familien basierte Einteilung ungenau und es wäre sinnvoll, die Pflanzenfossilien auf Basis ihrer Gattungen ihren Klimazonen zuzuteilen

[Sadowski 2017; Schubert 1961]. Die Blätter sind in der Regel groß und die Morphologie zeigt, dass ein Großteil zu laubwerfenden Pflanzen gehörte [Szwedo 2012].

Die bekannten Angiospermen verteilen sich auf folgende Familien [Gröhn 2015; Larsson 1978; Poinar &

Rasmussen 2017; Sadowski et al. 2014; 2016b; Weitschat & Wichard 1998]: Aceraceae (vor allem Bäume, temperierte Verbreitung), Adoxaceae (Sambucus multiloba, S. succinea [Sadowski 2017]), Altingiaceae (Liquidambar europaea [Jähnichen 1998]), Apiaceae (Chaerophyllum dolichocarpum [Sadowski 2017]), Apocynaceae (hauptsächlich subtropische bis tropische Verbreitung; Apocynophyllum jentzschii [Sadowski 2017]), Aquifoliaceae (immergrüne Büsche bis Bäume; Ilex aurita, I. minuta, I. prussica [Sadowski 2017]), Araceae (Acoropsis minor (Synonym: A. eximia)[Bogner 1976; Conwentz 1886; Sadowski 2017]),

Arecaceae (Bembergia pentataris, Palmophyllum kunowi, P. succineum, ?Phoenix eichleri, Sabalites kuenowii [Conwentz 1886; Poinar 2002; Sadowski 2017]), Asteraceae, Betulaceae, Brassicaceae, Campanulaceae (Kräuter, temperierte Verbreitung; Carpolithus specularioides [Sadowski 2017]),

Caprifoliaceae (Büsche, Bäume und Lianen, temperierte Verbreitung), Celastraceae (Büsche, temperierte bis warm-temperierte Verbreitung; Celastrianthium hauchecornei [Sadowski 2017]), Chenopodiaceae, Cistaceae (Kräuter bis Büsche, warm-temperierte, aride Verbreitung; Cistinocarpum roemeri [Sadowski 2017]), Clethraceae (Bäume, subtropische bis tropische Verbreitung; Clethra berendtii [Sadowski 2017]), Commelinaceae (Commelinacites dichorisandroides [Conwentz 1886]), Connaraceae (Connaracanthium roureoides [Sadowski 2017]), Cyperaceae (Gräser; Rhynchospora [Sadowski 2017]), Dilleniaceae (Büsche, Bäume und Lianen; Hibbertia amoena, H. latipes, H. tertiaria [Sadowski 2017]), Droseraceae (Aldrovanda), Ericaceae (immergrüne Büsche: Andromeda brachysepala, A. glabra, A. goepperti, ?A imbricata, A.

polytricia, ?A. primaeva, Ericiphyllum ternatum, Orphanidesites primaevus, Cassiope/Calluna [Sadowski 2017]), Euphorbiaceae, Fabaceae (Dalbergia sommerfeldi [Sadowski 2017]), Fagacae (immergrüne oder laubwerfende Bäume: Castanea brachyandra, C. longistaminea, Dryophyllum berendtianum, D. furcinerve, Fagus humata, Fagus succinea, Quercus capitato-pilosa, Q. henscheana, Q. klebsii, Q. limbata, Q.

macrogemma, Q. meieriana, Q. microgemma, Q. mucronata, Q. nuda, Q. piligera, Q. subglabra, Q.

taeniato-pilosa, Q. trichota, Trigonobalanus succinea, Quercites sp. [Conwentz 1886; Sadowski 2017;

Sadowski et al. 2017]), Geraniaceae (hauptsächlich Kräuter, Verbreitung in warmem Klima; Erodium nudum,

Geranium beyrichi [Sadowski 2017]), Hamamelidaceae (Bäume bis Büsche; Hamamelidanthium meii, H.

succineum [Sadowski 2017]), Hippocastanaceae, Hydrangeaceae (Büsche, warm-temperierte Verbreitung;

Deutzia divaricata, D. tertiaria [Sadowski 2017]), Hydrocharitaceae (Najas marina [Sadowski 2017]), Iteaceae (Adenanthemum iteoides [Sadowski 2017]), Lauraceae (Bäume und Sträucher, subtropische bis tropische Verbreitung; Cinnamomum felixii, C. polymorphum, C. prototypum, Trianthera eusideroxylon [Conwentz 1886; Sadowski 2017]), Liliaceae (Smilax baltica [Sadowski 2017]), Linaceae (Kräuter,

temperierte bis tropische Verbreitung; Linum oligocenicum [Sadowski 2017]), Loranthaceae (Loranthacites succineus [Sadowski 2017]), Magnoliaceae (Bäume bis Büsche, vor allem tropisch bis subtropisch;

Drimysophyllum succineum, Magnolilepis prussica [Sadowski 2017]), Myricaceae (Bäume bis Büsche;

Myrica casparyana, M. linearis, Myriciphyllum olicocenicum, Comptonia sp. [Conwentz 1886; Sadowski 2017]), Myrsinaceae, Primulaceae (Berendtia primuloides, B. rotata, Myrsinopsis succinea [Sadowski 2017]), Olacaceae, Oleaceae (Bäume bis Büsche, warm-temperierte Verbreitung; Oleiphyllum boreale), Orchidaceae (Kräuter und Epiphyten, kosmopolitisch; Succinanthera baltica, nach an einer Trauermücke haftendem Pollinium beschrieben), Oxalidaceae (Kräuter, rezent in Südafrika und Südamerika; Oxalidites averrhoides, O. brachysepalus [Sadowski 2017]), Papilionaceae (Bäume, hauptsächlich tropische

Verbreitung), Phyllanthaceae (Antidesma maximowiczii [Sadowski 2017]), Pentaphylaceae (Pentaphylax oliveri [Sadowski 2017]), Pittosporaceae (Vorkommen hauptsächlich in Australien; Billardierites longistylus [Sadowski 2017]), ?Poaceae (Gräser; Graminophyllum succineum [Sadowski 2017]), Polygonaceae (vor allem Kräuter, warm-temperierte Verbreitung; Polygonum concolvuloides [Conwentz 1886]), Proteaceae (Dryandra duisburgi, Persoonia subrigida, Proteacites pinnartipartitus, Lomalites [Sadowski 2017]), Pyrolaceae, Rhamnaceae (Büsche bis Bäume, temperierte bis tropische Verbreitung; Rhamnus apiculata [Sadowski 2017]), Roridulaceae (karnivore Halbsträucher, rezent endemisch in der Capensis), Rosaceae (Kräuter bis Büsche, hauptsächlich temperierte Verbreitung; Mengea palaeogena [Sadowski 2017]), Rubiaceae (Kräuter bis Bäume, vor allem temperierte Verbreitung; Sendelia ratzeburgiana, Cephalanthus [Sadowski 2017]), Salicaceae (Büsche bis Bäume, arktische bis temperierte Verbreitung; Saliciphyllum succineum [Conwentz 1886]), Santalaceae (Hemiparasiten, hauptsächlich tropische Verbreitung), Sapindaceae (Acer majus, A. micranthum, A. scharlokii, A. schumanni, A. succineum [Sadowski 2017]), Saxifragaceae (vor allem Kräuter, temperierte Verbreitung; Stephanostemon brachyandtra, S. helmi

[Sadowski 2017]), Scrophulariaceae, Theaceae (Büsche bis Bäume, subtropische bis tropische Verbreitung; ? Stewartia kowalewskii [Sadowski 2017]), Thymelaceae (Büsche und Bäume, subtropische Verbreitung;

Eudaphniphyllum balticum, E. nathorstii, E. oligocaenicum, E. rosmarinoides [Sadowski 2017]), Tiliaceae, Ulmaceae (Bäume, temperierte bis tropische Verbreitung; Ulmacites succineus [Conwentz 1886]),

Urticaceae (häuptsächlich Kräuter; Forskalheanthium nudum [Sadowski 2017]), Viscaceae (Halbparasiten, die Bernsteinarten gehören zu einem an Pinaceae und Cupressaceae parasitierenden Taxon; Arceuthobium conwentzii, A. groehnii, A. johnianum, A. mengeanum, A. obovatum, A. viscoides (Synonym: Enantioblastos v.) [Sadowski 2017]), Vitaceae und Ximeniaceae (Ximenia gracilis [Sadowski 2017]).

Unter ihnen sind Ericaceae, Euphorbiaceae, Santalaceae, Thymeliaceae und Urticaceae Pflanzenfamilien, die sonnige Standorte bevorzugen [Dunlop et al. 2008]. Des Weiteren ist es wahrscheinlich, dass Juglandaceae und Fabaceae im Bernsteinwald vorkamen. Sie wurden bislang nicht direkt nachgewiesen, aber von ihnen abhängige Käfer sind als Inklusen erhalten [Alekseev & Alekseev 2016].

Eine besonders interessante Entdeckung ist das Blattstück von einem Vertreter der Roridulaceae, was der bislang einzige fossile Nachweis der Familie und von Fangstrukturen karnivorer Pflanzen, und der zweite Nachweis einer fossilen karnivoren Pflanze ist. Rezent kommen die Roridulaceae ausschließlich in der südafrikanischen Capensis vor und leben in Symbiose mit Wanzen, welche die gefangenen Insekten aussaugen und die Pflanze mit ihren Ausscheidungen düngen. Ihre Existenz zeigt die Anwesenheit von nassen oder trockenen kalkfreien, nährstoffarmen Böden im baltischen Bernsteinwald an, die sich vermutlich in Küstennähe befanden [Sadowski et al. 2014].

Flechten: Die bekannten Flechten gehören zu Cladoniaceae: Cladonia, Parmeliaceae: Anzia (A. electra), Cetraria, Oropogon, Coniocybaceae: Chaenotheca und Caliciaceae: Calicium (ursp. Stilbum succini).

Weitere Familien ohne bestimmte Gattungen und Arten sind Lecanoromycetidae, Pertusariales, Physciaceae [Hartl et al. 2015; Kaasalainen et al 2017; Kettunen 2018; Larsson 1978; Rikkinen & Poinar 2002; Schmidt et al. 2013]. Cetraria kommt auf kalkarmen Biotopen, wie Mooren oder auch auf Baumstämmen vor

[Schmidt et al. 2013]. Rezente Vertreter von Anzia bevorzugen feuchte, lichtreiche Habitate wie Äste in einer lichten Krone oder sonnenbeschienene Stämme und Felsen [Sadowski 2017]. Der nächste lebende Verwandte von Anzia electra ist vermutlich Anzia japonica [Rikkinen & Poinar 2002]. Der Holotyp von Alectoria succini, einer ursprünglich im Bernstein beschriebenen Flechtenart, hat sich in einer späteren Untersuchung als ein verwestes Stück einer Pflanze herausgestellt [Kettunen 2018]. Die Flechtenfauna des baltischen Bernsteins unterscheidet sich stark von der rezenten europäischen, suggeriert aber ein feuchtes,

wahrscheinlich temperates Klima [Kaasalainen et al. 2017; Schmidt et al. 2016]. Unter den Flechteninklusen sind foliose Formen am häufigsten, gefolgt von fruticosen (buschartig verzweigten), crustosen (dem Substrat flächig anliegenden) und squamulosen (Zwischenform von crustosen und foliosen) Formen. Die Häufigkeit von foliosen und fruticosen Formen deutet auf ein halbwegs offenes, lichtdurchlässiges Kronendach hin [Kaasalainen et al. 2017].

Abbildung 13: Unbekannte, trimere Blüte (GZG.BST00671)

Pilze:

Pilzmycele treten hauptsächlich als Bewuchs von länger ungestörten Harzoberflächen oder daran

festklebenden, toten Arthropoden, wie Hundertfüßlern, Fliegen und Käfern auf [Kutscher 1999]. Es werden hauptsächlich größere Tiere bewachsen, deren vollständige Einbettung im Harz einige Tage dauern konnte [Weitschat 2009]. Die Pilze konnten im Harz weiterwachsen, was eine vollständige Bedeckung der Inkluse mit Fruchtkörpern ermöglicht [Szadziewski 2009]. Eine der Arthropoden bewachsenden Pilze wurde als Aspergillus collembolorum beschrieben, wobei unklar ist, ob er den Springschwanz parasitierte oder erst nach seinem Tod bewuchs. Dessen Sporen haben sich erst nach vollständigem Einschluss im Harz gebildet.

Der dieser Gattung ebenfalls zugeordnete „Aspergillus“ penicillatus gehört vermutlich Chrysonilia, Geotrichium oder Monilia an [Dörfelt & Schmidt 2005]. Andere auf Insektenresten wachsende Pilze haben

Der dieser Gattung ebenfalls zugeordnete „Aspergillus“ penicillatus gehört vermutlich Chrysonilia, Geotrichium oder Monilia an [Dörfelt & Schmidt 2005]. Andere auf Insektenresten wachsende Pilze haben