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1. Einleitung

1.7 Bimodale Kontrastmittel

Wie in Kapitel 1.2 beschrieben, besitzt die Positronen-Emissions-Tomographie viele Vorteile bei der medizinischen Bildgebung. Insbesondere ist die erlangte Spezifität durch Sichtbarmachung molekularer Prozesse dabei besonders von Bedeutung, ebenso wie ihre Sensitivität, da subnanomolare Mengen der verabreichten Radiotracer für eine optimale Bildgebung bereits ausreichen. Außerdem sind bei bekanntem Metabolismus der Radiotracer deren Aktivität und somit deren Menge quantifizierbar. Ein großer Nachteil der PET ist allerdings ihre gegenüber anderen bildgebenden Methoden vergleichsweise schlechte Ortsauflösung, die sich, wie in Kapitel 1.2 erläutert, im Millimeterbereich bewegt.

Die Ortsauflösung, die mithilfe der Magnetresonanztomographie erhalten werden kann, ist deutlich höher, außerdem lässt sich der Weichteilkontrast besser visualisieren.

Allerdings stellt sich bei MRT das Problem einer geringeren Sensitivität und der Menge an Kontrastmittel, die für ein qualitativ hochwertiges Bild verabreicht werden muss. Da diese Menge im millimolaren Bereich liegt, wird der Stoffwechsel dadurch zweifelsfrei beeinflusst. Insbesondere muss in diesen Mengen auf die Toxizität der betreffenden Verbindungen geachtet werden.

Seit der klinischen Inbetriebnahme der ersten kombinierten PET/MR-Geräte 201044 können gleichzeitig bei einer Messung mithilfe von MRT die morphologischen Strukturen in höchster Ortsauflösung erfasst werden und simultan mithilfe von Positronen-Emissions-Tomographie Stoffwechselprozesse auf molekularer Ebene verfolgt werden. Diese neuartigen, bimodalen Messungen verkürzen die Untersuchungsdauer und -häufigkeit für die Patienten, außerdem kann so auf zusätzliche Strahlungsexposition durch Röntgenstrahlung, die bei der ebenfalls bimodalen Messmethode PET/CT auftritt, verzichtet werden45. Die bisherigen klinischen Messungen werden allerdings nur mit Applikation von PET-Tracern ohne zusätzliche Zugabe von MR-Kontrastmitteln durchgeführt.

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1.7.1. Möglichkeiten der bimodalen Bildgebung und smarte bimodale PET/MR-Systeme

Bimodale PET/MR-Tracer ermöglichen gegenüber der bisher gängigen Praxis einen verstärkten MR-Kontrast und sind in jüngster Zeit Gegenstand der Forschung. Dabei existieren grundsätzlich zwei Möglichkeiten, aus der fusionierten Anwendung von PET und MRT die größtmögliche Menge an Informationen über das untersuchte Gewebe zu erhalten:

1. Mithilfe einer Mischung aus einem PET-Radiotracer und einem MRT-Kontrastmittel (zum Beispiel [18F]FDG und Gd-DTPA) kann simultan der Stoffwechsel und die Morphologie des gleichen Gewebes durchsucht werden45.

2. Durch bimodale Kontrastmittel, welche mit beiden Messmodalitäten sichtbar gemacht werden können, ist durch die identische Pharmakokinetik das Auftreten von variierenden Messergebnissen, die sonst durch die Applikation von verschiedenen Diagnostika mutmaßlich auftreten würden, minimiert45.

Bimodale Kontrastmittel haben dabei einige Vorteile: Zum Beispiel können Regionen, die Kontrastmittel nur langsam oder unzureichend anreichern (Low Uptake Areas), durch die große Sensitivität der PET und Hochfeld-MRTs besser dargestellt werden. Durch PET ist hier die akkurate Quantifizierung von Kontrastmitteln möglich. Außerdem ist mithilfe von speziellen Kontrastmitteln die Möglichkeit der Antwort auf Biomarker gegeben wie Enzymaktivität, Temperaturerhöhung oder einen vom normalen Gewebewert abweichenden pH-Wert46. Die größte Schwierigkeit dabei, die exakte Darstellung der Gewebekonzentration des Kontrastmittels, könnte durch Zugabe eines PET-Nuklids und simultaner PET-Messung umgangen werden. Kontrastmittel, deren Relaxivität von sich veränderndem pH-Wert, Redoxvorgängen oder Enzymaktivität abhängig ist, werden als

„smarte“ Kontrastmittel bezeichnet. Diese Sensitivität wird durch die verwendeten Liganden gesteuert, deren Koordination sich mit der biologischen Umgebung verändert und so Einfluss auf die Größen τR, q oder kex und damit auf die Relaxivität genommen wird.

Die Veröffentlichungen zu bimodalen PET/MR-Kontrastmitteln konzentrieren sich vornehmlich auf den Einsatz von markierten Nanopartikeln, wie etwa Core-Shell-Systeme auf Siliciumdioxid-Basis mit durch Chelatoreinheiten konjugierten Gadolinium- und Gallium-68-Atomen auf der Oberfläche47, oder Verwendung des PET-Markers

23 Kupfer-64 in Verbindung mit Eisenoxid-Nanopartikeln48. Weniger repräsentiert in diesem Zusammenhang sind bimodale PET/MR-Agenzien auf Basis von Small-Molecule-Chelatkomplexen, die jedoch ebenfalls vielversprechende erste Ergebnisse liefern, in ihrer Herstellung allerdings wesentlich aufwändiger sind.

Notni et al. konnten 2013 durch Konjugation dreier DOTA-Einheiten an das NOTA-Derivat TRAP-(HMDA)3 49 den Liganden TRAP(HMDA-DOTA)3 herstellen, der anschließend mit Gadolinium und Gallium-68 zu einem bimodalen PET/MR-Kontrastmittel umgesetzt wurde50.

Abbildung 10: Strukturformel von Gd/68/69GaTRAP(HMDA-DOTA)350.

Durch PET/MR-Simultanmessungen an Ratten mit Beimischung des Gallium-69-Analogons konnte identisches pharmakokinetisches Verhalten belegt werden.

Der smarte bimodale Gadoliniumkomplex Gd-DOTA-4AMP-F (Frullano et al., siehe Abb. 651) beinhaltet eine funktionalisierte, paramagnetische DOTA-Einheit (blau) und in der äußeren Ligandensphäre mit 18F (rot) einen PET-Reporter. Dabei ist die MR-Relaxivität durch die Phosphonatgruppen in der äußeren Komplexsphäre je nach pH-Wert der Umgebung größer oder kleiner. Ein solches, smartes System ist zum Beispiel geeignet, über die Relaxivität einen vom normalen Gewebewert eventuell abweichendem pH-Wert, wie er bei verschiedenen malignen Zellvorgängen auftritt, zu erfassen und zusätzlich durch Quantifizierung der Aktivität die Gewebekonzentrationen zu bestimmen.

Allerdings ist es auch hier nötig, zusätzlich zur PET-Komponente noch die mit nicht radioaktivem Fluor-19 versehene Verbindung zu applizieren.

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Abbildung 11: Strukturformel von Gd-DOTA-4AMP-F mit paramagnetischer Komponente (blau) und PET-Reporter (rot)51.

Wie bereits angedeutet, besteht bei bimodalen Anwendungen der große Sensitivitätsunterschied zwischen MRT und PET: Um optimale Bildgebung zu erhalten, sind millimolare Mengen an paramagnetischem Kontrastmittel zu verabreichen. Diese Mengen an radioaktiver Substanz herzustellen ist allerdings nicht praktikabel, weswegen, wie in den obigen Beispielen gezeigt, Mischungen aus inaktiver und aktiver, isotopomerer Substanz verwendet werden. Diese Mischungen nennt man in der Radiochemie „mit Trägerzusatz“ (c.a., vgl. Kapitel 1.3). Besonders zielgerichtet und kommod sind Systeme, bei dem die paramagnetische Wirkung und die Positronenemission vom gleichen Element ausgehen, also zur Herstellung der bimodalen Tracer paramagnetische PET-Radiometalle verwendet werden.

Uppal et al. verwendeten zur PET/MR-Bildgebung den spezifischen an Fibrin bindenden Gadoliniumkomplex EP-2104R, bei dem die Gadoliniumatome teilweise durch Kuper-64 als PET-Komponente ausgetauscht wurde52 und so auf den Zusatz von Trägermaterial verzichtet werden konnte. Einen MR/SPECT-Ansatz wählten Tweedle et al., die den SPECT-Emitter Gadolinium-153 in Verbindung mit inaktivem, MR-sensitiven Gadolinium als isotop-markierte Verbindungen Magnevist® und Dotarem®, (siehe Kapitel 1.6.2) herstellten53. Da allerdings weder positronenemittierende Isotope von Gadolinium noch simultane MR/SPECT-Scanner zugänglich sind, scheint es zielführend, zur Herstellung von bimodalen PET/MR-Komponenten, die ohne Zusatz von Trägermaterial auskommen, die paramagnetische Komponente zu variieren. Seitdem das Auftreten von nephrogener systemischer Fibrose (NSF) bei nierengeschädigten oder Leber-transplantierten Patienten mit der Verwendung mit MRT-Kontrastmitteln auf Gadoliniumbasis in Verbindung gebracht wurde, ist das Interesse an Alternativen zu Gadolinium als paramagnetisches Zentralatom in Small-Molecule-Komplexen groß77.

25 Besonders Mangan(II) zieht durch sein großes magnetisches Moment die Aufmerksamkeit der medizinischen Forschung auf sich.