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2.4 Fledermäuse

2.4.1.2 Bewertungsverfahren

Für die Bewertung von Landschaftsausschnitten mit Hilfe fledermauskundlicher Daten gibt es bisher keine standardisierten Bewertungsverfahren. In Gutachten werden sehr unterschiedliche Verfahren verwendet (z. B. BACH2015, DUERR 2007, LANDESAMT FÜR NATUR- UND UMWELT DES LANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN 2008). Das im Untersuchungsgebiet angewendete Verfahren orientiert sich teilweise an dem von BACH (2015) verwendeten Verfahren (insbesondere bei der Bewertung von Quartieren, Flugstraßen) (Tab. 5). Bei der Bewertung der Flugaktivität (Tab. 6) wurden eigene Erfahrungen und die Erfahrungen anderer Planungsbüros in Nordwestdeutschland berücksichtigt (PLANUNGSGRUPPE GRÜN mündl. Mitt.).

Tab. 5: Bewertungsstufen für Quartiere, Flugstraßen und Jagdgebiete der Fledermäuse Funktionsraum geringer Flugstraßen mit geringer Bedeutung Flugstraßen mit mittlerer Bedeutung Flugstraßen mit hoher Bedeutung Jagdgebiete mit geringer Bedeutung Jagdgebiete mit mittlerer Bedeutung Jagdgebiete mit hoher

Bedeu-tung

Tab. 6: Bewertung der Fledermausaktivität Jagdgebiete mit geringer

0 - 20 Kontakte/Nacht 21 - 60 Kontakte/Nacht > 60 Kontakte/Nacht

2.4.2 Ergebnisse und Bewertung 2.4.2.1 Bestand

Im Untersuchungsgebiet wurden 6 Fledermausarten festgestellt (s. Tab. 7 und Karten 4.3 bis 4.8):

Wasserfledermaus (Myotis daubentoni), Teichfledermaus (Myotis dasycneme), Großer Abendsegler (Nyctalus noctula), Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus), Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii).

Wasserfledermaus, Großer Abendsegler, Breitflügelfledermaus und Zwergfledermaus sind in ganz Niedersachsen weit verbreitet (BATMAP 2018, NLWKN 2010) Bei allen 4 Arten sind Wochenstubenquartiere aus vielen Landesteilen bekannt.

Alle 6 nachgewiesenen Fledermausarten sind auch in Bremerhaven weit verbreitet (BACH 2014, HANDKE 2017, MEYER & RAHMEL 2007) . Von den häufigen Fledermausarten Bremerhavens konnte nur das Braune Langohr nicht im Untersuchungsgebiet festgestellt werden. Die anderen Arten, die im Untersuchungsgebiet fehlen (Fransenfledermaus, Große Bartfledermaus und Mückenfledermaus), sind in ganz Bremerhaven selten.

Die Rauhautfledermaus tritt zur Zugzeit ebenfalls in vielen Landesteilen häufig auf.

Wochenstubennachweise gibt es aber in Niedersachsen vor allem aus den östlichen Landesteilen, aus Westniedersachsen gibt es nur einzelne Wochenstubennachweise (NLWKN 2010, RAHMEL mdl. Mitt.).

Großer Abendsegler und Rauhautfledermaus zählen zu den weit ziehenden Fledermausarten (GRIMMBERGER 2017, HUTTERER et al. 2005), die im Herbst von den Wochenstubenquartieren mehrere Hundert Kilometer zu Überwinterungsquartieren im Südwesten Europas ziehen können und im Zeitraum April/Mai wieder zurückfliegen. Die Breitflügelfledermaus wird in Niedersachsen und Bremen als stark gefährdet eingestuft, der Große Abendsegler als gefährdet, die Wasserfledermaus steht auf der Vorwarnliste, bei der Rauhautfledermaus ist der Gefährdungsgrad aufgrund der schlechten Datenlage unklar (DENSE et al. 2005, NLWKN 2010).

Tab. 7: Artenliste der Fledermäuse mit Gefährdungsstatus der Arten und Status im Untersu-chungsgebiet.

Alle heimischen Fledermausarten stehen im Anhang II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der EU, die Teichfledermaus steht zusätzlich im Anhang IV der FFH-RL. Die Art ist in Niedersachsen selten und jagt vor allem an größeren stehenden und fließenden Gewässern in Küstennähe (DENSE et al. 2005, BATMAP 2018, NLWKN 2010). In der Nähe zum Vorhaben liegt das NATURA 2000-Gebiet Teichfleder-mausgewässer im Raum Bremerhaven / Bremen (DE 2517-331; Nds. Nr. 187) (s. Abb. 11).

Abb. 11: Lage der nördlichen Ausläufer des FFH-Gebiets „Teichfledermausgewässer im Raum Bre-merhaven / Bremen“ südlich des Untersuchungsgebietes (rote Abgrenzung).

Das Untersuchungsgebiet liegt innerhalb der atlantischen biogeographischen Region von Niedersachsen. Beim Großen Abendsegler und der Breitflügelfledermaus wird der Erhaltungszustand in der atlantischen Region von Niedersachsen als unzureichend bewertet, bei der Wasserfledermaus, der Zwergfledermaus und der Rauhautfledermaus wird der Erhaltungszustand als günstig eingestuft (NLWKN 2010), bei der Teichfledermaus ist der Erhaltungszustand unbekannt (Tab. 8).

Tab. 8: Erhaltungszustand der im Gebiet nachgewiesenen Fledermausarten für Deutschland und Niedersachsen.

Erhaltungszustand atlantische Region

BRD Nds. / HB

Wasserfledermaus Myotis daubentonii

Teichfledermaus Myotis dasycneme ?

Großer Abendsegler Nyctalis noctula

Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii Erhaltungszustand BRD/Nds. nach NLWKN (2010); atlantische Region

= günstig

= unzureichend = schlecht

? = unbekannt

Bei den Aufzeichnungen der Horchboxen an 4 Standorten auf der Fläche des zukünftigen Gründerzent-rums an der Luneplate wurden in zwei Nächten 6 Fledermausarten nachgewiesen. Insgesamt wurden

3.236 Rufsequenzen (RS) aufgezeichnet, von denen 1.543 auf die Zwergfledermaus entfielen (47,7%) und 865 auf die Breitflügelfledermaus (26,7%). Von der Wasserfledermaus wurden 318 RS ermittelt (9,8%), vom Großen Abendsegler 215 RS (6,8%), von der Rauhautfledermaus 89 RS (2,8%), von der Teichfledermaus 21 RS (0,6%), und 185 Rufsequenzen konnten keiner Art zugeordnet werden (5,7%).

Alle 4 Horchboxenstandorte wiesen gleichermaßen eine hohe Rufaktivität von Fledermäusen auf. An den einzelnen Standorten wurden zwischen 413 und 521 Rufsequenzen in der Nacht aufgezeichnet.

Abb. 12: Verteilung der Rufsequenzen der Fledermäuse bei den Aufzeichnungen der Horchboxen an 4 Standorten 2018/19 auf der Fläche des zukünftigen Gründerzentrums.

Abb. 13: Maximalzahl der Rufsequenzen der Fledermäuse bei den Horchboxen an den 4 Standorten 2018/19 auf der Fläche des zukünftigen Gründerzentrums.

Tab. 9: Protokoll der Rufsequenzen an den 4 Horchboxen-Standorten 2018/19.

Zusammen mit den Ergebnissen der Detektorbegehungen ergibt sich daher für das ganze Untersu-chungsgebiet eine hohe Bewertung als Jagdgebiet für Fledermäuse. Dies gilt auch für den angrenzen-den Abschnitt der Lune.

Das Untersuchungsgebiet hat insbesondere für Wasserfledermaus, Großer Abendsegler, Breitflügelfle-dermaus und ZwergfleBreitflügelfle-dermaus eine sehr hohe Bedeutung als Jagdgebiet.

Die Rufaktivität ist ähnlich hoch wie im Bereich der Lune und der Pütten des Gewerbegebietes auf der Luneplate. Da das Gewässer stärker mit Röhrichten zugewachsen ist, ist im Bereich des Gründerzent-rums die Flugaktivität der Wasserfledermaus und vor allem der Teichfledermaus viel niedriger als im Bereich des Gewerbegebietes.

Die Teichfledermaus nutzt das Untersuchungsgebiet nur vereinzelt als Jagdgebiet.

Wochenstubenquartiere wurden im Untersuchungsgebiet nicht gefunden. Die Gehölzbestände sind hier relativ jung und weisen keine Baumhöhlen auf, die als Fledermausquartier geeignet sind und im Unter-suchungsgebiet sind auch keine Gebäudestrukturen vorhanden.

Im Spätsommer gab es von der Zwergfledermaus 3 Balzreviere im Untersuchungsgebiet.

Insgesamt ist der Bereich des Gründerzentrums hinsichtlich aller relevanten Lebensraumfunktionen von mittlerer Bedeutung für Fledermäuse (s. Karte 4.9).

2.4.3 Zusammenfassende Betrachtung

Mit den hier nachgewiesenen Fledermausarten (Wasserfledermaus, Teichfledermaus, Großer Abendsegler, Breitflügelfle-dermaus, Zwergfledermaus, Rauhautfledermaus) wurde im Untersuchungsgebiet das typische Artenspektrum der Fledermäuse an den stehenden Gewässern Bremerhavens festgestellt (HANDKE 2017).

Die anderen Fledermausarten Bremerhavens (Fransenfledermaus, Große Bartfledermaus, Mückenfle-dermaus, Braunes Langohr) sind entweder in Bremerhaven sehr selten oder bevorzugen ältere Gehölz-standorte.

Das Untersuchungsgebiet weist eine hohe Bedeutung als Jagdgebiet für Wasserfledermaus, Großen Abendsegler, Zwergfledermaus und Breitflügelfledermaus auf. Wochenstubenquartiere von Fleder-mäusen konnten im Untersuchungsgebiet nicht festgestellt werden. Im Spätsommer wurden mehrere

balzende Zwergfledermäuse im Gebiet nachgewiesen. Insgesamt ist der Bereich des Gründerzentrums von mittlerer Bedeutung für Fledermäuse.

Da die angrenzende Lune eine sehr hohe Bedeutung als Jagdgebiet für Fledermäuse hat, sollte bei der Bebauung auf einen ausreichenden Abstand zur Lune geachtet werden.

Viele Fledermausarten reagieren empfindlich auf Störungen durch Licht (VOIGT et. al 2018). Dies gilt insbesondere für die Myotis-Arten, unter denen sich die Teichfledermaus (Myotis dasycneme) befindet, für die die Lune eine sehr hohe Bedeutung als Jagdgebiet hat. Die Teichfledermaus steht im Anhang II der FFH-Richtlinie und zählt zu den seltenen Fledermausarten Deutschlands. Durch Einschränkung der Beleuchtung des Gründerzentrums und eine Abschirmung durch Gehölzanpflanzungen sollten die Störwirkungen des Lichtes auf die Lune eingeschränkt werden.