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BEWERTUNG DER UMWELTWIRKUNGEN

Im Dokument ÖKOBILANZ VON ENERGIEPRODUKTEN: (Seite 36-41)

Vergleichsprodukt BProdukt A

2.8 BEWERTUNG DER UMWELTWIRKUNGEN

Die kumulierten Inventar-Daten eines jeden Produktsystems (hier z.B. eines alternativen Treibstoffes X) bestehen aus einer Liste mit Hunderten von emittierten Schadstoffen resp. verbrauchten Ressour-cen. Ziel des zweiten Schrittes einer LCA ist das Verdichten dieser Information und eine Bewertung der Auswirkungen der emittierten Schadstoffe auf die Umwelt.

Wenn Substanzen emittiert werden, breiten sie sich in der Luft, im Boden und im Wasser aus. Wie schnell und wohin sie sich ausbreiten hängt einerseits von den Eigenschaften der Substanz anderer-seits aber auch vom jeweiligen Umweltkompartiment ab. Basierend auf den berechneten Konzentrati-onen kann abgeschätzt werden, wie viel der Substanzen von den Organismen aufgenommen wird.

Die aufgenommene Dosis ist wiederum die Basis für die Abschätzung möglicher Wirkungen. Die Summe aller Wirkungen führt schliesslich zu einer Schädigung des menschlichen Organismus oder eines Ökosystems (siehe Abbildung 14).

Schädigung der

Verbrauch nicht erneuerbarer Energie Abbau von Mineralien

inder Umwelt Aufnahme Wirkung Schädigung

Abbildung 14 Generelles Schema zur Bewertung von Umweltauswirkungen von Lebenszyklus-Inventaren. Modifiziert nach [19] und [20].

Generell besitzen Indikatoren, die nahe bei den Lebenszyklusinventaren liegen (z.B. Emission von Treibhausgasen gemessen in CO2-Äquivalenten), so genannte „Midpoint“-Indikatoren, eine geringe Unsicherheit, da nur wenige Umweltmechanismen modelliert werden müssen. Indikatoren, die dage-gen nahe beim Endpunkt liedage-gen (z.B. Schädigung der menschlichen Gesundheit gemessen in DALY = Disease Adjusted Life Years), können grosse Unsicherheiten ausweisen; sie sind jedoch besser ver-ständlich und lassen sich von Entscheidungsträgern einfacher interpretieren.

Der Endpunkt der Umweltwirkungen liegt in Abbildung 14 bei drei verschiedenen Schädigungskatego-rien, welche sich nicht direkt ineinander umrechnen lassen: Menschliche Gesundheit, Zustand der Ökosysteme und Verfügbarkeit nicht erneuerbarer Ressourcen.

Alle diese drei Ebenen sind bei der Beurteilung von alternativen Treibstoffen relevant:

- Wie bei fossilen Treibstoffen auch entstehen beim Verbrennungsprozess Luftschadstoffe, die sich negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken, wie z.B. eine erhöhte Ozon Belastung, Atemwegserkrankungen oder negative Auswirkungen des Treibhauseffekts.

- Der Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen ist auch bei nachwachsenden Rohstoffen ein zentrales Beurteilungskriterium.

- Der Anbau von Energiepflanzen braucht Landfläche. Die Auswirkungen von Landnutzungsän-derungen und die Auswirkungen der landwirtschaftlichen Prozesse auf die Ökosysteme sind wichtige Beurteilungskriterien bei alternativen Treibstoffen.

Ziel der vorliegenden Studie ist es einerseits, eine handlungsorientierte Analyse der Umweltauswir-kungen von biogenen Energieträgen zu liefern. Mögliche Fragen in diesem Zusammenhang wären:

- Bei welchem Teilprozess werden die meisten Treibhausgase freigesetzt und um welche Stoffe handelt es sich?

- Welche landwirtschaftliche Kultur liefert die niedrigste terrestrische Ökotoxizität?

- Wieviel nicht erneuerbare Ressourcen werden für die Produktion von solchen Alternativen be-nötigt?

- Wo treten die wesentlichen Gewässerbelastungen auf und können diese reduziert werden?

Zur Beantwortung solcher Fragen ist eine integrierende Beurteilung aller Umweltwirkungen wenig sinnvoll. Es müssen dagegen spezifische „Midpoint“-Indikatoren ausgewählt werden, welche eine hohe Relevanz für die zu erwartenden Hauptauswirkungen besitzen. Für die Bewertung der alternati-ven Treibstoffe werden deshalb die in Abbildung 15, Punkte A-G aufgeführten „Midpoint“-Indikatoren betrachtet.

Abbildung 15A Kumulierter nicht erneuerbarer Energieaufwand (KEA): Ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung erneuerbarer Energieträger ist die Energieeffizienz. Das heisst „Wie viel Energie wurde verbraucht um den erneuerbaren Energieträger bereitzustellen?“ Es werden dabei die Kategorien Fossil, Nuklear, Land Transformation unterschieden, wo-bei sich die Kategorie „Land Transformation“ auf den Energieinhalt der Biomasse be-zieht, der bei der Brandrodung von Waldflächen verloren geht und für einen längeren Zeitraum als nicht-erneuerbar betrachtet wird. Die Ergebnisse werden dargestellt als gesamte nicht erneuerbare Energiemenge, die aufgewendet werden muss, um eine gewünschte Endenergiemenge zu produzieren. Bei der Produktion von Treibstoffen aus Abfallressourcen ist der Energieinhalt des Abfallstoffs nicht im Inventar enthalten.

In diesem Fall enthält der Kumulierte Energiebedarf nur die in den Produktionsprozes-sen gebrauchte HilfProduktionsprozes-senergie. Die Einheit des kumulierten Energieaufwands ist:

MJ /MJae t = MJ aufgewendete Energie pro MJ Energie im Treibstoff

Zum Beispiel bedeutet ein kumulierter Energieaufwand von 0.5 dass die Produktion 50% der Energiemenge benötigt, die beim Verbrennen des Treibstoffs frei wird.

Abbildung 15B Treibhausgas-Emissionen: Da die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen vor allem vor dem Hintergrund der Klimaänderung durch die Nutzung von fossilen Roh-stoffen diskutiert wird, werden für alle zu bewertenden Prozesse die Treibhausgas-Emissionen nach der IPCC-Methode berechnet [16, 21] und als CO2-Äquivalent dar-gestellt. Die Ergebnisse werden den wichtigsten Prozessschritten zugeordnet und der Beitrag verschiedener Gase (CO2, CH4, etc.) wird diskutiert. Zusätzlich werden Treib-hausgasemissionen innerhalb der Schweizer Grenzen und ausserhalb der Schweiz differenziert11.

Abbildung 15C Atemwegserkrankungen (hervorgerufen durch anorganische Partikel): In epide-miologischen Studien wurde gezeigt, dass verschiedene anorganische Luftschadstoffe zu

Atemwegserkrankungen führen können. Insbesondere sind dies Staubpartikel in den Grössenklassen PM und PM aber auch Ozon, Ammoniak, Nitrat, Sulfat, SO10 2.5 3, CO und Stickoxide. Es wird der entsprechende Indikator der EI99-Methode [20] verwen-det.

Abbildung 15D Bildung von Photooxidantien (Sommersmog): Photooxidantien sind reaktive Ver-bindungen wie z.B. Ozon, die durch die Einwirkung von Sonnenstrahlung auf gewisse Luftschadstoffe, vor allem Kohlenwasserstoffe, gebildet werden. Dieser Indikator ist lokal sehr relevant und bildet so eine komplementäre Ergänzung zum global wirksa-men Indikator für Treibhauspotential. Es wird das Ozonbildungspotential mit der CML2001-Methodik [22] betrachtet. Die Einheit ist kg Ethylen-Äquivalent.

Abbildung 15E Versauerung: Versauernde Schadstoffe haben viele verschiedene Auswirkungen auf den Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer, Ökosysteme, aber auch auf Gebäu-de. Die wichtigsten versauernden Schadstoffe sind SO2, NOx und NH4. Zur Abschät-zung der versauernden Wirkung wird der entsprechende Indikator der CML2001-Methode [22] eingesetzt. Die Einheit ist kg SO2-Äquivalent.

Abbildung 15F Eutrophierung: Eutrophierung beinhaltet mögliche Auswirkungen auf Grund von Ver-änderung des Nährstoffgleichgewichtes durch Nährstoff-Emissionen. Diese kann

11 Dies geschieht durch Auswertung der ecospold-Ländercodes der einzelnen Teilprozesse und anschliessende manuelle Überarbeitung, da bei der Erhebung der Sachbilanzdaten teilweise Prozesse mit Ländercode CH bei Prozessschritten, die im Ausland stattfinden, verwendet wurden.

erwünschte Veränderungen in der Artenzusammensetzung von terrestrischen und a-quatischen Ökosystemen hervorrufen. Es wird der entsprechende Indikator der CML2001-Methode [22] eingesetzt. Die Einheit ist kg PO4-Äquivalent.

Abbildung 15G Terrestrische Ökotoxizität: Es wird der entsprechende Indikator der EDIP-Methode (gemäss Orginalmethode in [23]) berechnet, welche im Vergleich zu anderen Metho-den die umfangreichere Schadstoffliste ausweist. Der Einfluss aufgrund einer Aktuali-sierung der Toxizitätswerte im Jahre 2003 wurde mittels Sensitivitätsanalysen unter-sucht.

Abbildung 15H Landnutzung und –transformation: Die Ergebnisse der üblicherweise eingesetzten EI99-Methode [20] befriedigten im Rahmen dieser Studie nicht. Beispielsweise werden die Landnutzungs-Auswirkungen einer Ackerkultur im Schweizer Mittelland gleich be-wertet wie die einer tropischen Kultur auf gerodeter Regenwald-Fläche. Es wurde da-her eine neue, verbesserte Methodik eingesetzt, die zu besser interpretierbaren Wer-ten führte [24].

Abbildung 15 Graphische Darstellung aller Indikatoren zur Beurteilung der Umweltauswirkungen von Alternative Energieträgerträgern. Die Kurzbezeichnungen in eckigen Klammern werden im Resultate-Kapitel in den Abbildungen verwendet.

Andererseits soll diese Studie eine „ökologische Gesamtbilanz“ ermöglichen. Hierzu sollten alle rele-vanten Umweltauswirkungen in geeigneter Art und Weise integriert werden. Zu beantwortende Fragen sind:

- Bei welcher Gewichtung der Schädigungsklassen (Mensch/Natur/Ressourcen) ist der Treibstoff A umweltfreundlicher als der Treibstoff B?

- Welcher alternative Treibstoff weist gesamthaft die niedrigsten Umweltbelastungen auf?

Die Beantwortung solcher Fragen ist mit einer Endpunkt-Bewertungsmethodik wie beispielsweise dem Eco-indicator’99 möglich (Abbildung 15I). Diese Methode ist schon seit einiger Zeit verfügbar und international anerkannt. Auch ist es (neben IMPACT 2002+ [19]) die einzige Bewertungsmethode, die die Landnutzung berücksichtigt. Schwachpunkte sind die fehlende Berücksichtigung der

Umweltaus-wirkungen von Lärm und aquatischer Eutrophierung. Insbesondere bei landwirtschaftlichen Prozessen wird die Bewertung oftmals durch den Einzelindikator Landnutzung dominiert. In den EI99-Abbildungen wurde deshalb die Landnutzung separat ausgewiesen Die Vollaggregation der drei Schädigungsklassen erfolgte mit einer Panelbefragung von Ökobilanz-Experten. Dabei wurden auch verschiedene Werthaltungen der Experten berücksichtigt. In dieser Studie verwenden wir die Werthal-tung „Hierarchist“.

Zusätzlich erfolgt auch noch eine vollaggregierende Bewertung der Umweltauswirkungen mit der Me-thode der ökologischen Knappheit (oder Umweltbelastungspunkte-MeMe-thode) Es wird hierzu die neu überarbeitete Version dieser Methode, die sog. UBP’06-Methode, eingesetzt [25].

Biogener Kohlenstoff – vorhanden aber nicht klimarelevant

Bei der Umweltwirkung „Treibhausgas-Emissionen“ werden – in Übereinkunft mit der IPCC-Methodik - nur klimarelevante Emissionen aus nicht-erneuerbaren Quellen berücksichtigt. Das will aber nicht heissen, dass ein Biotreibstoff betriebenes Fahrzeug (z.B. E100) keine CO2-Emissionen produziert.

Vielmehr werden jene Emissionen, die aus erneuerbaren Quellen (z.B. Zuckerrüben) stammen, nicht als klimarelevant betrachtet, da die Zuckerrüben während ihres Wachstums auf dem Feld die gleiche Menge CO aus der Luft aufgenommen haben. In Abbildung 16 ist dieser Sachverhalt dargestellt für 2

das Beispiel E100, produziert mit Schweizer Zuckerrüben.

-0.15 -0.1 -0.05 0 0.05 0.1 0.15

Zuckerrüben-Produktion

Ethanol-Produktion

Transport zu Tankstelle

Fahrzeug-Betrieb Infrastruktur (Strasse/Auto)

CO2 fossil Non-CO2, fossil CO2, biogen CH4, biogen CO2-Aufnahme

Abbildung 16 Treibhausgas-Potential (in kg CO2-eq) pro pkm Fahrleistung mit einem durchschnittlichen Personen-wagen. Das Resultat ist aufgeteilt in die verschiedenen Lebensabschnitte – von der Gewinnung des Rohstoffes für den Treibstoff – über die Treibstoffproduktion, bis hin zur Nutzung (Betrieb des Fahr-zeuges) sowie dem Anteil, welcher in der Infrastruktur (Auto, Strasse) liegt.

Aus Abbildung 16 wird sichtbar, dass die Emissionen im Betrieb des Fahrzeuges etwa in der gleichen Grössenordnung liegen wie beim Anbau gebunden wurde – sich aber sehr unterschiedlich zusam-mensetzen. Ebenfalls sichtbar wird aus dieser Graphik, dass die Zuckerrüben ungefähr die gleiche Menge CO2 binden, wie in der Treibstoff-Produktion sowie dem Betrieb in Form von biogenem CO2 wieder freigesetzt werden.

Im Dokument ÖKOBILANZ VON ENERGIEPRODUKTEN: (Seite 36-41)