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Bewertung und Mängelanalyse

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3 Ablauf des rechnergestützten Entwurfsprozesses .1 Überblick

3.5 Bewertung und Mängelanalyse

Für die Ermittlung der Personalkosten ist ein anteiliges Aufteilen der Kosten auf sonstige Fahrten nicht möglich, weil nicht nur die Arbeitszeit, sondern auch die zeitliche Verteilung der Fahrten bekannt sein muß.

Für jeden Tagestyp, für den ein eigener Fahrplan vorgesehen ist, muß eine separate Einsatz-planung und Kostenrechnung durchgeführt werden. Dabei wird in der Regel zwischen den Tagestypen

Montag bis Freitag mit Schule

Montag bis Freitag ohne Schule

Samstage,

Sonntage und Feiertage

unterschieden. Die Berechnung der Personalkosten und der Fahrzeugkosten unterscheidet sich dadurch, daß die Personalkosten zuerst für einen Tag ermittelt und auf das Jahr hochgerechnet werden. Bei den Fahrzeugkosten werden alle Kosten gleich auf ein Jahr bezogen. Aus diesem Grund werden bei dem in Kapitel 4.4 erläuterten Verfahren zur Kostenermittlung Personal- und Fahrzeugkosten getrennt berechnet und abschließend zusammengezählt.

3.5 Bewertung und Mängelanalyse

Im Arbeitsschritt Bewertung werden die bei der Wirkungsermittlung berechneten Kennwerte des Angebotes im Hinblick auf die Zielvorgaben beurteilt. Dabei können die Kennwerte eines Angebotes

mit vorgegebenen Anspruchsniveaus verglichen werden (absolute Bewertung) oder

den Kennwerten des vorhandenen Angebotes oder eines weiteren Planfalles gegenüber-gestellt werden (relative Bewertung).

Ziel der Bewertung ist es, Mängel des untersuchten Angebotes zu erkennen. Die erkannten Mängel müssen dann in der Mängelanalyse lokalisiert und auf ihre Ursachen untersucht werden.

Sind Ort und Ursache eines Mangels bekannt, können gezielte Maßnahmen zur Verbesserung einer Lösung ergriffen werden.

3.5.1 Kenngrößen der Benutzer

Zur Bewertung der Angebotsqualität können die Kenngrößen von

Haltestellen,

Linien und

Beziehungen

ausgewertet werden. Bei den Haltestellen wird die Haltestellenlage zu den Nutzungen, d.h. die Kenngröße Fußweglänge, begutachtet. Für jede Linie können die linienbezogenen Kenngrößen Fahrgeschwindigkeit, Direktheit und Bedienungshäufigkeit betrachtet werden. In die Beurteilung von Beziehungen gehen neben der Haltestellenlage und den linienbezogenen Kenngrößen zusätzlich die räumlichen und zeitlichen Verknüpfungen der Linien ein.

Eingangsdaten der Bewertung sind die Kennwerte benutzerbezogener Kenngrößen, die als Ergebnis der Wirkungsermittlung bekannt sind. Für die Bewertung werden die Kenngrößen von Beziehungen verwendet, da deren Kennwerte die differenziertesten Informationen enthalten. Mit Hilfe eines Berechnungsprogramms können die Kennwerte jeder Beziehung ausgewertet, d.h.

den heutigen Werten oder Anspruchsniveaus gegenübergestellt, werden. Auf diese Weise ist es möglich, die Beziehungen zu ermitteln, die einen Mangel aufweisen. Ein Mangel ist gegeben, wenn eine oder mehrere Kenngrößen einer Beziehung

schlechtere Werte als das heutige Angebot oder

absolut ungünstige Werte

aufweisen. Die Bewertungsergebnisse werden in Listenform und graphisch für jede Beziehung oder zusammengefaßt, für jede Verkehrszelle oder das gesamte ÖPNV-Netz, ausgegeben. Dabei kann die Bedeutung einer Beziehung, die sich aus der Verkehrsnachfrage ergibt, berücksichtigt werden.

Werden im Arbeitsschritt Bewertung Mängel entdeckt, schließt sich an die Bewertung eine Mängelanalyse an. Sie lokalisiert die Elemente, die Mängel verursachen und weist auf die Ursa-chen der Mängel hin. Abbildung 3.14 zeigt typische mangelbehaftete Elemente, Ursachen von Mängeln und deren Wirkungen. Bei der Mängelanalyse wird versucht, ausgehend von den beobachteten Wirkungen, mangelbehaftete Elemente schrittweise einzugrenzen und zu benennen. Das geschieht für

eine Haltestelle durch die Angabe des Haltestellennamens,

eine Linie durch die Angabe des Liniennamens

eine Umsteigehaltestelle durch die Angabe des Haltestellennamens und der nicht koordi-nierten Linien,

das Liniennetz durch die Angabe der Quelle-Ziel-Beziehung.

Element Ursache Wirkung Haltestelle schlechte

Haltestellenlage

direkte Linie bietet kein gutes Angebot und die Fahrgäste

Liniennetz schlechte Vernetzung

geringe Zahl von

Abb. 3.14: Elemente, Ursachen von Mängeln und Wirkungen

Die Eingrenzung mangelbehafteter Elemente und die Hinweise auf die Ursachen ermöglichen es dem Planer, zielgerichtete Veränderungen des Angebotes vorzunehmen. Die Mängelanalyse als Voraussetzung einer Lösungsverbesserung kann manuell oder rechnergestützt durchgeführt werden.

Bei der manuellen Mängelanalyse begutachtet der Planer die Verbindungen einer mangelhaft beurteilten Beziehung. Der Planer vergleicht die vom Benutzermodell berechneten Verbindungen mit den von ihm geplanten Verbindungen. Stimmen berechnete und geplante Verbindungen überein, liegt der Mangel an einer der benutzten Linien. Andernfalls müssen Linienplan und Fahrplan überprüft werden, um festzustellen, warum die geplanten Verbindungen nicht benutzt werden können. In der Regel wird in diesem Fall eine unzureichende zeitliche Verknüpfung als Ursache für die Abweichung von berechneter und geplanter Verbindung erkannt. Bei der manuellen Mängelanalyse können wegen des Arbeitsaufwandes nicht alle mangelhaften Beziehungen, sondern nur die wichtigsten, d.h. die am stärksten nachgefragten Beziehungen, analysiert werden.

Bei der rechnergestützten Mängelanalyse wird die bei der manuellen Mängelanalyse angewendete Vorgehensweise formalisiert. Abbildung 3.15 zeigt den Ablauf der Mängelanalyse für eine Beziehung. Das Berechnungsprogramm überprüft für eine mangelhaft beurteilte Beziehung Schritt für Schritt

die Fußweglänge,

die benutzten Linien,

die Verbindungen,

die räumliche und die zeitliche Verknüpfung.

Die Analyse einer Beziehung wird abgebrochen, sobald ein Mangel eingegrenzt werden kann.

Die Einführung sogenannter Verbindungsklassen reduziert bei der Überprüfung der Verbindungen die Zahl der Verbindungen, die im letzten Arbeitsschritt auf ihre räumliche und zeitliche Verknüpfung beurteilt werden müssen. Dabei umfaßt eine Verbindungsklasse alle Verbindungen, die die gleiche Linienfolge benutzen und die gleichen Gehzeiten, Fahrzeiten und Umsteigezeiten aufweisen. Die Verbindungen einer Klasse unterscheiden sich nur durch die Abfahrtszeit bzw. die Ankunftszeit. Durch die Zusammenfassung zu Verbindungsklassen entfällt die zeitliche Komponente, und es verbleibt die Beurteilung einer Route, die mit einer optimalen Route verglichen werden kann. Durch den Rechnereinsatz können alle mangelhaft beurteilten Beziehungen analysiert werden. Als Ergebnis erhält man eine Liste der Netzelemente, die bei einer Angebotsverbesserung berücksichtigt werden müssen.

Überprüfung der Fußweglänge getrennt für Zugangs- und Abgangsweg

Es gibt genau eine Ein- bzw. Ausstiegshaltestelle, die zu

weit entfernt ist: schlechte Lage der Haltestelle

Es gibt mehrere Ein- bzw. Ausstiegshaltestellen, von

denen eine Haltestelle in akzeptabler Entfernung liegt: schlechtes ÖPNV-Angebot an der Haltestelle

Es gibt mehrere Ein- bzw. Ausstiegshaltestellen, die alle

zu weit entfernt sind: schlechte Lage der Haltestelle Anmerkung: die Haltestellenlage sollte bereits beim Entwurf des Haltestellennetzes überprüft werden.

Überprüfung der benutzten Linien

Die Fahrgeschwindigkeit der Linie auf dem benutzten Linienabschnitt unterschreitet eine vorgegebene fahrzeugspezifische Mindestgeschwindigkeit, und der Anteil der Fahrzeit überschreitet einen vorgegebenen Prozentsatz der Reisezeit:

geringe Fahrgeschwindigkeit auf einem Linienabschnitt

Die Umwegigkeit der Linie auf dem benutzten Linien-abschnitt überschreitet eine vorgegebene maximale Um-wegigkeit, und der Anteil des Fahrtlänge überschreitet einen vorgegebenen Prozentsatz der Gesamtweglänge:

geringe Direktheit auf einem Linienabschnitt

Anmerkung: die Fahrgeschwindigkeit und die Direktheit der Linien sollte bereits beim Entwurf einer Linie in einem eigenen Arbeitsschritt geprüft werden.

Überprüfung der Verbindungen

Bestimme die Zahl der Verbindungsklassen für die Beziehung. Eine Verbindungsklasse enthält dabei alle Verbindungen, die die gleiche Linienfolge und die gleichen Haltestellen bei gleichen

Umsteigezeiten benutzen. Die Verbindungen einer Klasse unterscheiden sich also nur durch die Abfahrtszeit bzw. die Ankunftszeit.

Es gibt mehr als eine vorgegebene maximale Anzahl n von Verbindungsklassen, und es entfällt auf die n besten Verbindungsklassen weniger als ein vorgegebener Prozentsatz der Verkehrsnachfrage:

geringe zeitliche Regelmäßig-keit einer oder mehrerer Linien, nicht getaktet oder ungleicher Takt

Überprüfung der räumlichen und zeitlichen Verknüpfungen

Vergleiche die berechnete Linienfolge der Verbindungsklassen mit der Linienfolge bei optimalen An-schlüssen. Die Linienfolge bei optimalen Anschlüssen ergibt sich aus einer Bestwegsuche im

Liniennetz, bei der die Umsteigezeit für alle Haltestellen als optimal (2 bis 5 Minuten) angenommen wird. Haltestellen, an denen bewußt nicht umgestiegen werden soll, müssen für Umsteigevorgänge gesperrt werden.

Die berechnete Linienfolge unterscheidet sich von der

optimalen Linienfolge: keine Anschlüsse der Linien,

die bei der Bestwegsuche benutzt werden, an ihren Umsteigehaltestellen,

niedrige oder unterschiedliche Fahrzeugfolgezeit der

benutzten Linien.

Die berechnete Linienfolge unterscheidet sich nicht von

der optimalen Linienfolge: schlechte Vernetzung

geringe Zahl der Linien

Abb. 3.15: Ablauf der Mängelanalyse für eine Beziehung 3.5.2 Kenngrößen der Betreiber

Zur Bewertung des betrieblichen und finanziellen Aufwandes werden die Fahrzeugkilometer, die Zahl der erforderlichen Fahrzeuge, die Kosten und die Einnahmen für den heutigen und den geplanten Zustand verglichen. Aus den Kosten und den Einnahmen ergibt sich der Kosten-deckungsfehlbetrag, der vom Aufgabenträger des ÖPNV zu finanzieren ist. In der Planungspraxis wird der maximal finanzierbare Kostendeckungsfehlbetrag bekannt sein und die mögliche Angebotsqualität, d.h. die Netzform und die Bedienungshäufigkeit begrenzen. Als Anhaltspunkt für die Effektivität einer Planung dient der Vergleich der Kilometerpreise für das heutige und das geplanten ÖPNV-Angebot.

Um betriebliche Mängel des Angebotes zu lokalisieren, werden die betrieblichen Kenngrößen und die Kosten jeder Linie analysiert. Dazu eigenen sich

der Fahrplanwirkungsgrad,

der Dienstplanwirkungsgrad und

der Kilometerpreis einer Linie.

Ergeben diese Kenngrößen für eine Linie ungünstige Werte, müssen folgende Mängelursachen untersucht werden:

Fahrgeschwindigkeit: Bei einer geringen durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit erbringt eine Linie eine niedrige Kilometerleistung und es ergibt sich dementsprechend ein hoher Kilometerpreis.

Fahrzeugbedarf: Ein hoher Fahrzeugbedarf und somit hohe Fahrzeugkosten ergeben sich entweder aufgrund von Fehlern bei der Fahrzeugumlaufbildung oder nachfragebedingt, wenn zeitgleich Verstärkerfahrzeuge erforderlich sind.

Bedarf an Personalstunden: Unnötige Personalkosten entstehen, wenn die Fahrerpausen nicht in den Umlauf integriert werden können oder wenn über die erforderlichen Pausenzeiten hinaus Standzeiten bezahlt werden müssen.

Kilometeranteil für Ein- und Aussetzfahrten: Wenn die Fahrer nicht kontinuierlich über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden können (wie z.B. bei Verstärkerfahrten), ergibt sich für die Ein- und Aussetzfahrten ein hoher Anteil an der Gesamtkilometerleistung. Die gleiche Wirkung verursachen lange Einsetz- und Aussetzfahrten, die notwendig sind, wenn die erste bzw. letzte Haltestelle ungünstig zum Fahrzeugstellplatz liegt.

4 Rechenmodell

Ein ÖPNV-Angebot, das als Rechenmodell formuliert wird, stellt, wie alle Modelle, eine Abstraktion der realen Welt dar. Ziel der Modellierung ist die modellgestützte Vorbereitung von Entscheidungen, die in der realen Welt getroffen werden. Das Rechenmodell besteht dabei aus einzelnen Objekten und den Beziehungen bzw. Wirkungen, die zwischen diesen Objekten bestehen. Für ein Rechenmodell müssen daher

die Objekte, das sind Fahrgäste, Verkehrszellen, Haltestellen, Linien, Fahrten der Linien, Fahrer und Fahrzeuge, beschrieben und

die Wirkungen zwischen den Objekten formuliert werden.

In diesem Kapitel wird ein Rechenmodell entwickelt, das sich aus

einem Netzmodell,

einem Benutzermodell,

einem Betreibermodell und

einem Modell zur Fahrereinsatzplanung

zusammensetzt. Das Netzmodell bildet die relevanten Attribute eines ÖPNV-Angebotes ab und erfordert Methoden, mit denen die einzelnen Elemente des Angebotes erzeugt und bearbeitet werden können. Das Benutzermodell simuliert die Wirkungen eines ÖPNV-Angebotes auf die Benutzer des ÖPNV und wird zur Berechnung der benutzerbezogenen Kenngrößen eingesetzt.

Das Betreibermodell ermöglicht die Berechnung des finanziellen Aufwandes. Diese drei Modelle sind essentielle Bestandteile des Rechenmodells, ohne die ein rechnergestütztes Entwurfsverfahren nicht möglich ist. Das Modell zur Fahrereinsatzplanung soll dann beispielhaft zeigen, daß das Rechenmodell um weitere Bestandteile ergänzt werden kann, die den Planer mit Methoden des Operations Research bei der Lösungsfindung unterstützen. Zu Beginn des Kapitels wird kurz das Prinzip der objektorientierten Programmierung vorgestellt. Sie bietet sich für die Entwicklung eines Dialogprogrammes an, da die Elemente eines ÖPNV-Angebotes sehr anschaulich als Objekte aufgefaßt werden können.

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