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Beurteilung der Struktur "Multiseriate Epidermis" mithilfe der Homologiekriterien

Teil IV Diskussion

15.3 Beurteilung der Struktur "Multiseriate Epidermis" mithilfe der Homologiekriterien

Die multiseriate Epidermis ist wie das Hypoderm ein äußeres Wassergewebe. Ein Vergleich der beiden Strukturen soll klären, ob es sich um analoge Strukturen handelt. In Kap. 10.6 wurden Vertreter der Gattung Ficus vergleichend untersucht. Weitere Beschreibungen zu Arten mit multiseriater Epidermis wurden der Literatur entnommen.

15.3.1 Kriterium der Lage

Die multiseriate Epidermis liegt immer unmittelbar im Anschluss an die äußere Epidermisschicht. Sie kann sowohl an der Blattoberseite wie bei Ficus deltoidea und Peperomia obtusifolia als auch auf der Blattober- und -unterseite wie bei Ficus elastica und Begonia heracleifolia Schltdl. et Cham.

ausgebildet sein (PFITZER, 1872; BERGANN & BERGANN, 1983a). Sie wird von der L1-Schicht des Vegetationsscheitels gebildet und entsteht durch perikline Teilungen der Epidermis.

15.3.2 Kriterium der speziellen Qualität

Die erste Epidermisschicht, die das Blatt abschließt, besteht aus kleinen Zellen. Die nachfolgenden Schichten können ebenfalls klein sein oder sich nach innen hin vergrößern. Die inneren Epidermiszellen sind Wasserspeicherzellen. Die multiseriate Epidermis unterscheidet sich in ihrer Schichtenanzahl und der Größe ihrer Zellen. Bei einigen Arten wie Ficus benjamina sind keine Chloroplasten, bei Peperomia glabella (Sw.) A. Dietr. und Peperomia scandens Ruiz et Pav. sind regelmäßig Chloroplasten enthalten (PFITZER, 1872; BERGANN &BERGANN, 1983a).

15.3.3 Kriterium der Kontinuität

In der Gattung Ficus mit Ficus pumila und Ficus deltoidea und in der Gattung Begonia mit Begonia dregei Otto et A. Dietr. können Zwischenformen zwischen einer einschichtigen und einer multiseriaten Epidermis aufgeführt werden. Ficus pumila zeigt in der einschichtig vorliegenden Epidermis stellenweise perikline Teilungen, die auf eine Entwicklung zu einer multiseriaten Epidermis hindeuten. Ficus deltoidea besitzt im Gegensatz zu den anderen untersuchten Ficus-Arten nur an der

15.3.4 Hilfskriterien

Die Struktur "Multiseriate Epidermis" kann als homolog eingestuft werden, da sie in den vorgestellten Gattungen Peperomia, Ficus und Begonia regelmäßig bei vielen Arten auftritt (PFITZER, 1872;

GUTTENBERG, 1966; NATHO et al., 1990).

15.3.5 Die multiseriate Epidermis als analoge Struktur zum Hypoderm

Multiseriate Epidermis und Hypoderm zeigen anatomische Ähnlichkeiten. Ihre Zellen unterscheiden sich vom Blattmesophyll, sind in den meisten Fällen farblos und dienen als Wasserspeicher. Diese Ähnlichkeiten können als eine Anpassung an gleiche Umweltbedingungen angesehen werden. Das Hauptverbreitungsgebiet beider Strukturen liegt in den feuchten bis wechselfeuchten Tropen. Die Tatsache, dass sowohl hypodermale als auch epidermale Wassergewebe innerhalb einer Gattung vorkommen können, wie es bei Tradescantia und Ilex der Fall ist, legt nahe, dass sich beide Strukturen unabhängig voneinander entwickelt haben und dass beide in Bezug auf die Wasserspeicherfunktion als funktionell gleichwertig anzusehen sind.

Der Ursprung beider Wassergewebe liegt in verschiedenen Schichten des Vegetationsscheitels. Die multiseriate Epidermis entstammt L1, das Hypoderm ist L2- und/oder L3-bürtig. Somit kann nicht von einer gleichen Abstammung der Zellschichten ausgegangen werden. Die beiden Strukturen sollten als analog eingestuft werden.

15.4 Homologe Reihen für die Struktur "Hypoderm"

15.4.1 Homologe Reihe für die Araliaceae

Für die Struktur "Hypoderm" kann aufgrund der vergleichenden Untersuchungen in Kap. 10.4 eine Progressionsreihe für die Familie der Araliaceae aufgestellt werden (siehe Tab. 15-1).

Fatsia japonica, Schefflera veitchii und Schefflera elegantissima besitzen kein Hypoderm. Sie stehen am Anfang der Reihe. Schefflera arboricola mit den beiden voneinander unabhängigen Hypodermschichten (vgl. RASHID, 1993) steht am Ende der Reihe. Beide Formen sind stabil und variieren selten.

Die hypodermähnlichen Zellen mit Chloroplasten bei ×Fatshedera lizei und Hedera colchica stellen eine Zwischenform zwischen den subepidermalen, chlorophyllführenden Palisadenzellen und den farblosen Hypodermzellen dar. Den nächsten Schritt zu einem vollständigen Hypoderm stellen die Subepidermalen von Polyscias scutellaria und Polyscias paniculata dar. Es gibt sowohl Blätter mit einem durchgehenden, farblosen Hypoderm, als auch Blätter, in denen farblose Hypodermzellen, hypodermähnliche Zellen und chlorophyllführende Palisadenzellen gleichzeitig auftreten. Bei beiden Polyscias-Arten scheint auch eine Abhängigkeit der Ausprägung des Hypoderms von der Lichtintensität vorzuliegen. Schefflera actinophylla hat ein mindestens zweischichtiges Hypoderm an

Tab. 15-1: Progressionsreihe für die Struktur "Hypoderm" für die Familie der Araliaceae Progressionsreihe "Hypoderm" Auswahl an Arten

kein Hypoderm Fatsia japonica, Schefflera veitchii,

Schefflera elegantissima

hypodermähnliche Schicht an der Blattoberseite ×Fatshedera lizei, Hedera colchica variables Hypoderm und hypodermähnliche Zellen an

der Blattoberseite

Polyscias scutellaria, Polyscias paniculata

zweischichtiges Hypoderm an der Blattoberseite Schefflera arboricola, Schefflera actinophylla

Tab. 15-2: Progressionsreihe für die Struktur "Hypoderm" am Beispiel ausgewählter Arten Progressionsreihe "Hypoderm" Auswahl an Arten

kein Hypoderm Fatsia japonica, Schefflera veitchii,

Schefflera elegantissima

hypodermähnliche Schicht an der Blattoberseite ×Fatshedera lizei, Hedera colchica, Senecio macroglossus, Schlumbergera spec.

variables Hypoderm und hypodermähnliche Zellen an der Blattoberseite

Polyscias scutellaria, Polyscias paniculata, Ilex × meserveae einschichtiges Hypoderm an der Blattoberseite mit

teilweisen periklinen Teilungen

Ilex aquifolium, Corynocarpus laevigatus, Tradescantia zanonia zweischichtiges Hypoderm an der Blattoberseite Schefflera arboricola

einschichtiges Hypoderm an der Blattober- und -unterseite mit teilweisen periklinen Teilungen

Hoya carnosa, Crassula ovata, Tradescantia spathacea, Maranta leuconeura, Ctenanthe burle-marxii, Ananas comosus, Clusia major zweischichtiges Hypoderm an der Blattober- und

-unterseite

Pandanus veitchii

15.4.2 Allgemeine Entwicklungsreihe für die Struktur "Hypoderm"

Ähnlich wie für die Araliaceae kann für die Struktur "Hypoderm" eine allgemeine Progressionsreihe vom Einfachen zum Komplizierten aufgestellt werden (siehe Tab. 15-2).

Zu Beginn stehen auch hier die Arten ohne Hypoderm. Den Abschluss bilden das zweischichtige Hypoderm von Schefflera arboricola und die beidseitig ausgebildeten Hypodermschichten der Bromeliaceae und der Pandanus-Arten.

Als Zwischenformen zu einem durchgehenden, einschichtigen Hypoderm an der Blattoberseite erscheinen die hypodermähnlichen Zellen von Schlumbergera spec. und das variable Hypoderm von Polyscias paniculata. Die Arten mit einem durchgehend einschichtigen Hypoderm wie Ilex aquifolium weisen vereinzelte perikline Teilungen auf, die zu einem stellenweise zweischichtigen Hypoderm führen, wie es bei Corynocarpus laevigatus charakteristisch ist.

Ein beidseitig einschichtig ausgebildetes Hypoderm liegt bei Hoya carnosa vor. Auch hier treten vereinzelt perikline Teilungen am oberseitigen Hypoderm auf, die bei Tradescantia spathacea charakteristisch sind. Bei Pandanus veitchii ist ein beidseitig mehrschichtig ausgebildetes Hypoderm vorhanden. Bei den Bromeliaceae liegt auf der Blattunterseite mindestens eine Hypodermschicht vor, die aber auch perikline Teilungen aufweisen kann.

15.4.3 Eine Struktur in Entwicklung

Tab. 15-1 und Tab. 15-2 zeigen, dass sich die Struktur "Hypoderm" noch in Entwicklung befindet. Es gibt viele Zwischenformen, die sich zwischen dem L2-bürtigen Mesophyll und dem L2-bürtigen Hypoderm einordnen lassen. Einzelne Nuancen sind hierbei nicht berücksichtigt worden. Die letzten drei Unterpunkte in Tab. 15-2 sind als gleichwertig anzusehen, da sie auch getrennt voneinander als vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung gesehen werden können. Sowohl die Ausbildung eines zweischichtigen oberseitigen Hypoderms wie bei Schefflera arboricola als auch die Ausbildung eines beidseitigen Hypoderms wie bei den Bromeliaceae kann als Fortschritt betrachtet werden. Im Fall der Bromeliaceae bildet die erste Schicht des mehrschichtigen Hypoderms ein Ersatzabschlussgewebe zur abgetragenen Epidermis.