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Beurteilung der Strömungsverhältnisse

1 PROBLEMSTELLUNG

3.2 Beurteilung der Strömungsverhältnisse

Aus den Windkanalmessungen an den einzelnen Messpunkten lassen sich windrichtungsabhängig die Erhöhungsfaktoren Xi bestimmen. Diese geben an, um wie viel sich die Geschwindigkeit als Folge der Bebauung im Vergleich zu einer ungestörten Fläche ändert. Erhöhungsfaktoren von 1.2 bedeuten beispielsweise, dass die Geschwindigkeiten um 20 % höher sind als in unbebautem Gelände, Faktoren von 0.8 bedeuten eine Geschwindigkeitsreduktion um 20 %. Es ist zu beachten, dass die angegebenen maximalen Erhöhungsfaktoren im Allgemeinen aus unterschiedlichen Windrichtungen gemessen wurden, d.h. dass diese nicht gleichzeitig auftreten.

Aus der Kopplung der windrichtungsabhängigen Erhöhungsfaktoren Xi mit der Windstatistik werden die Häufigkeiten bestimmt, mit denen bestimmte Grenzgeschwindigkeiten überschritten werden. Hierbei wird die Auswertung getrennt für das Winter- und das Sommerhalbjahr durchgeführt. Jeder Messpunkt wird anhand dieser Häufigkeiten nach den Komfortkriterien in die entsprechenden Windkomfortstufen eingeordnet.

Für das vorliegende Projekt ist bereichsweise mit Windbeschleunigungen gegenüber dem unbebauten Fall zu rechnen. Die Strömungsbeschleunigungen sind als Folge der Gebäudeumströmung bzw. Gebäudedurchströmung sowie einer Kanalisierung der Luftströmung (Düseneffekt) zu verstehen, da es hier durch die Verdrängung der Gebäude zu Windbeschleunigungen im bodennahen Bereich kommen kann. Desweitern sind die Beschleunigungen auf die Luftmassen zurückzuführen, welche durch die Hochhäuser (Gebäude B und D) in den bodennahen Bereich eingemischt werden und aus Kontinuitätsgründen hohe Windgeschwindigkeiten generieren.

HINWEIS: Bei der Anwendung der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Einordnung in die verschiedenen Komfortstufen aufgrund von langjährigen Klimazeitreihen vorgenommen wurde, d.h. die oben getroffenen Aussagen bezüglich der Häufigkeit sind repräsentativ für ein Durchschnittsjahr. In einzelnen Jahren kann es zu Abweichungen vom Durchschnitt kommen.

In Tab. 3.1 sind die für jede Windrichtung gemessenen Erhöhungsfaktoren Xi der Windgeschwindigkeit im bodennahen Außenbereich im Vergleich zur ungestörten Windgeschwindigkeit in h = 1.5 m über Bodenniveau dargestellt. Eine Übersicht über die entsprechenden Messpunktepositionen findet sich in Abb. 2.8.

Tab. 3.1: Erhöhungsfaktoren Xi an den in Abb. 2.6 angegebenen Messpunkten im bodennahen Bereich des BV Spandauer Ufer im Vergleich zur unbebauten Referenzsituation.

Maxima sind orange hervorgehoben.

Prognose des Windkomforts im Sommerhalbjahr

Während des Sommerhalbjahres sind die in Abb. 3.1 und Tab. 3.2 angegebenen Komfortstufen zu erwarten.

Im Sommerhalbjahr kann allen Messpunkten auf dem Gelände Windkomfortstufe 2 oder besser zugeordnet werden, was einer guten bis sehr guten Windkomfortsituation für öffentlich zugängliche Bereiche entspricht und bereichsweise eine Verbesserung zur Referenzwindsituation am Standort darstellt. Ein kurzfristiger Aufenthalt ist somit in allen Bereichen problemlos möglich.

In der Passage (MP 5 bis 10) sowie an den exponierten Ecken der Gebäude können etwas häufiger höhere Windgeschwindigkeiten auftreten. Allerdings entsprechen diese Bereiche immer noch der Windkomfortsufe 2, was bedeutet, dass diese sich für kurzfristige Aufenthalte problemlos eignen.

Einige Bereiche können auch ohne weitgehende Windschutzmaßnahmen für die Nutzung als Café, Park, Wartebereich oder Spielplatz in Betracht gezogen werden (Windkomfortstufe 1 bzw. 1-).

Prognose Windkomfort im Winterhalbjahr

Während des Winterhalbjahres werden die in Abb. 3.2 und Tab. 3.3 angegebenen Komfortstufen prognostiziert. Erwartungsgemäß sind die Windkomfortbedingungen im Winterhalbjahr ungünstiger als in den Sommermonaten.

Im Vergleich zum Sommerhalbjahr verschlechtern sich die Windkomfortbedingungen großflächig um etwa eine Komfortstufe (Windkomfortstufe 2 bzw. 3). In der Passage ist während des Winterhalbjahres demzufolge ebenfalls mit ungünstigeren Windbedingungen als im Sommer zu rechnen (Windkomfortstufe 3). Dies liegt unter anderem an dem deutlich windintensiveren Windklima sowie des herabgestuften Komfortkriteriums für östliche Windrichtungen (s. Kap. 2.2) während der Wintermonate. Grundsätzlich ist in allen Bereichen auch in den Wintermonaten ein problemloses Fortbewegen gewährleistet.

Prognose Windsicherheit

Die Auftretungswahrscheinlichkeit von Windböen > 18 m/s ist an allen untersuchten Messpunkten geringer als 1%, so dass das in Tab. 2.1 definierte Sicherheitskriterium für öffentlich zugängliche Bereiche überall eingehalten wird. Eine potentielle Gefährdung von Fußgängern oder Radfahrern im Sinne des Sicherheitskriteriums konnte daher ausgeschlossen werden.

Tab. 3.2: Klassifizierung des Windkomforts an den Messpunkten 1 bis 40 im bodennahen Außenbereich des BV Spandauer Ufer im Sinne der in Tab. 2.1 angegebenen Kriterien.

Sommerhalbjahr Monate April - September

Beispiel als Lesehilfe der Tabelle: Am Messpunkt 4 werden Böenwindgeschwindigkeiten von 6 m/s zwischen 5 % und 20% der Jahresstunden erwartet. Somit wird der Messpunkt der Komfortstufe 2 zugeordnet.

Abb. 3.1: Prognose der Komfortstufen bzw. Nutzungsmöglichkeiten des bodennahen Außenbereichs am BV Spandauer Ufer

Sommerhalbjahr Monate April – September

Tab. 3.3: Klassifizierung des Windkomforts an den Messpunkten 1 bis 40 im bodennahen Außenbereich des BV Spandauer Ufer im Sinne der in Tab. 2.1 angegebenen Kriterien.

Winterhalbjahr Monate Oktober - März

Beispiel als Lesehilfe der Tabelle: Am Messpunkt 10 werden Böenwindgeschwindigkeiten von 6 m/s an über 20% der Jahresstunden erwartet. Somit wird der Messpunkt der Komfortstufe 3 zugeordnet.

> 13 m/s > 15 m/s > 18 m/s

Abb. 3.2: Prognose der Komfortstufen bzw. Nutzungsmöglichkeiten des bodennahen Außenbereichs am BV Spandauer Ufer

Winterhalbjahr Monate Oktober – März

Grundsätzlich stellt sich im untersuchten bodennahen Außenbereich des BV Spandauer Ufer ein unauffälliges Windklima ein. Dabei kann ganzjährig eine potentielle Gefährdung von Fußgängern oder Radfahrern im Sinne des Sicherheitskriteriums ausgeschlossen werden.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich im Sommerhalbjahr die Windkomfortstufe 2 oder besser einstellt. Im Vergleich zur Referenzsituation am Standort Berlin-Spandau ist somit keine Verschlechterung der Windkomfortsituation durch die geplante Bebauung zu erwarten.

Grundsätzlich sind alle Flächen für einen kurzfristigen Aufenthalt geeignet. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass sich im Sinne des Komfortkriteriums auch während des Sommerhalbjahres nicht alle Flächen ohne weitere Maßnahmen für einen längerfristigen Aufenthalt anbieten. Eine Verbesserung der Windkomfortbedingungen in Bereichen mit erhöhtem Nutzungsanspruch (Gastronomie etc.) kann gegebenenfalls mittels Windschutzmaßnahmen erreicht werden.

Während des windintensiveren Winterhalbjahres reduziert sich der Windkomfort auf Stufe 3 und lokal auch auf Stufe 3-. D.h. hier ist häufiger mit höheren Windgeschwindigkeiten zu rechnen.

Dies kann neben der gebäudebedingten Geschwindigkeitszunahme auch auf das vorherrschende winterliche Windklima zurückgeführt werden. Wie im Sommerhalbjahr stellt dies im Vergleich zur Referenzsituation jedoch keine Verschlechterung der Windkomfortsituation durch die geplante Bebauung dar.

Sofern die Windkomfortverhältnisse, insbesondere auf der Terrasse im 1. OG, lokal verbessert werden sollen, wird die Anordnung von Windschutzmaßnahmen empfohlen. Ein effektiver Windschutz könnte beispielsweise durch das Aufstellen von Windschutzwänden erreicht werden, die orthogonal zu den Fassaden anzubringen sind. Genauere Aussagen hinsichtlich der Effektivität möglicher komfortfördernder Maßnahmen sind nur auf Basis weiterer Windkanalversuche möglich.

Eingangstüren zu den Gebäuden sollten mit Sicherungen bzw. Anschlagsbegrenzern ausgestattet werden, falls die Türen nach außen öffnen. Auf diese Weise kann bei sehr windigen Verhältnissen ein zu heftiges unkontrolliertes Aufreißen der Türen bzw. Schlagen der Türen verhindert werden.

3.4 Windkomfort auf den Dachterrassen

In Tab. 3.4 sind die für jede Windrichtung gemessenen Erhöhungsfaktoren Xi der Windgeschwindigkeit auf den Dachterrassen im Vergleich zur ungestörten Windgeschwindigkeit in h = 1.5 m über Bodenniveau dargestellt. Eine Übersicht über die entsprechenden Messpunktepositionen findet sich in Abb. 2.9.

HINWEIS: Bei der Anwendung der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Einordnung in die verschiedenen Komfortstufen aufgrund von langjährigen Klimazeitreihen vorgenommen wurden, d.h. die oben getroffenen Aussagen bezüglich der Häufigkeit sind repräsentativ für ein Durchschnittsjahr. In einzelnen Jahren kann es zu Abweichungen vom Durchschnitt kommen.

Tab. 3.4: Erhöhungsfaktoren Xi an den in Abb. 2.9 angegebenen Messpunkten auf den Dachterrassen des BV Spandauer Ufer im Vergleich zur unbebauten Referenzsituation. Maxima sind orange hervorgehoben.

Xi (γ = 1.5)

Während des Sommerhalbjahres sind die in Abb. 3.3 bzw. Tab. 3.5 angegebenen Komfortstufen zu erwarten.

Die Auftretungswahrscheinlichkeit von Windböen > 18 m/s ist an allen untersuchten Messpunkten geringer als 1%, so dass das in Tab. 2.2 definierte Sicherheitskriterium für öffentlich zugängliche Bereiche überall eingehalten wird.

Auf den Terrassen des BV Spandauer Ufer ist demnach in fast allen Bereichen mit guten bis mäßigen Windkomfortbedingungen zu rechnen. Die Überschreitungshäufigkeit der Grenzwindgeschwindigkeit von 6 m/s liegt an diesen Messpunkten meistens zwischen 5% und 20% (Windkomfortklasse A oder B).

Lediglich auf den Dachterrassen des ca. 64 m hohen Gebäude C (MP 21 und 22) sowie des ca.

80 m hohen Gebäude B (MP 9 und 10) treten unkomfortablere Windbedingungen etwas häufiger auf, da es in diesem Bereich unter anderem durch ihre exponierte Lage zu Windbeschleunigungen kommen kann (Windkomfortklasse C). In Abhängigkeit der geplanten Nutzung dieser exponierten Dachterrassen und der damit einhergehenden Komfortansprüche kann eine lokale Verbesserung der Windkomfortbedingungen gegebenenfalls mittels Windschutzmaßnahmen (Glaswände etc.) erreicht werden. Genauere Aussagen hinsichtlich der Effektivität möglicher komfortfördernder Maßnahmen sind nur auf Basis weiterer Windkanalversuche möglich.

HINWEIS: Attiken und Bepflanzungen können zu einer Verbesserung der Windkomfortsituation in den Bereichen der Dachterrassen führen.

Tab. 3.5: Klassifizierung des Windkomforts an den Messpunkten 1 bis 22 im Bereich der Dachterrassen BV Spandauer Ufer im Sinne der in Tab. 2.2 angegebenen Kriterien.

Sommerhalbjahr Monate April - September

Beispiel als Lesehilfe der Tabelle: Am Messpunkt 2 werden Böenwindgeschwindigkeiten von 6 m/s zwischen 5 % und 20 % der Jahresstunden erwartet. Somit wird der Messpunkt der Komfortstufe B zugeordnet.

Abb. 3.3: Prognose der Komfortstufen bzw. Nutzungsmöglichkeiten der Dachterrassen des BV Spandauer Ufer

Sommerhalbjahr Monate April – September

3.5 Windkomfort in den Loggien und Balkonen Prognose Windkomfort im Sommerhalbjahr:

Während des Sommerhalbjahres sind die in Abb. 3.4 bis Abb. 3.7 graphisch angegebenen Komfortstufen zu erwarten.

Die Windsituation zeigt sich demnach abhängig von der Lage und Gestaltung der Loggien bzw.

Balkone unterschiedlich. Während den gut windgeschützten Loggien in der Gebäudemitte hauptsächlich die Komfortstufe A zugeordnet werden kann, sind die Balkone an der Gebäudeecke, häufiger höheren Windgeschwindigkeiten ausgesetzt. Dort treten Windgeschwindigkeiten >13 m/s mehr als 1 % der Jahresstunden auf. Demnach werden diese Balkone der Komfortstufe C bzw. B-C zugeordnet.

Die Auftretenswahrscheinlichkeit von Windböen > 18 m/s ist an allen untersuchten Messpunkten geringer als 1%, so dass das in Tab. 2.2 definierte Sicherheitskriterium überall eingehalten wird.

HINWEIS: Um die Komfortsituation auf den Loggien/Balkonen, speziell an den Gebäudeecken zu verbessern, könnten vertikale Windschutzwände an einer Balkonseite angebracht werden. Somit ließe sich die Übereckströmung bereichsweise unterbinden.

HINWEIS: Bei der Anwendung der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Einordnung in die verschiedenen Komfortstufen aufgrund von langjährigen Klimazeitreihen vorgenommen wurden, d.h. die oben getroffenen Aussagen bezüglich der Häufigkeit sind repräsentativ für ein Durchschnittsjahr. In einzelnen Jahren kann es zu Abweichungen vom Durchschnitt kommen.

Abb. 3.4: Prognose der Komfortstufen bzw. Nutzungsmöglichkeiten in den Loggien/Balkonen des BV Spandauer Ufer – Gebäude B Ansicht Nord-Ost

Sommerhalbjahr Monate April – September

Abb. 3.5: Prognose der Komfortstufen bzw. Nutzungsmöglichkeiten in den Loggien/Balkonen des BV Spandauer Ufer – Gebäude B Ansicht Süd-West

Sommerhalbjahr Monate April – September

Abb. 3.6: Prognose der Komfortstufen bzw. Nutzungsmöglichkeiten in den Loggien/Balkonen des BV Spandauer Ufer – Gebäude C Ansicht Ost

Sommerhalbjahr Monate April – September

Abb. 3.7: Prognose der Komfortstufen bzw. Nutzungsmöglichkeiten in den Loggien/Balkonen des BV Spandauer Ufer – Gebäude D‘ Ansicht Nord

Sommerhalbjahr Monate April – September

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