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Betreibung der Liegenschaft für das „einewelt haus Magdeburg“

Abschnitt B - Denkschrift und Bemerkungen

5 Betreibung der Liegenschaft für das „einewelt haus Magdeburg“

5.1 Hohe Bewirtschaftungskosten durch unzureichende Beteiligung der weiteren Nutzer Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass die Verwaltung und Bewirtschaftung der Liegen-schaft durch die AGSA einen wesentlichen Teil ihrer personellen und finanziellen Ressourcen bin-det.

So werden zum Beispiel für folgende Aufgaben Haushaltsmittel aus der institutionellen Förderung benötigt:

 Veranlassung von Instandhaltung beim Vermieter und Pflege des Anwesens,

 notwendiger Reparatur- und Erhaltungsaufwand,

 Abschluss, Kontrolle und Finanzierung von Leistungsverträgen,

 finanzielle Absicherung von Eigentümerpflichten wie Kommunalabgaben, Müll-, Straßenreini-gungs- und Schornsteinfegerkosten,

 Finanzierung von Wartungs- und Dienstleistungsverträgen, die im Verantwortungsbereich der AGSA liegen, wie z. B. Wartung des Fahrstuhls und der Rauchschutztüren sowie der Rahmen-vertrag zur Versorgung mit Elektroenergie.

Die Bewirtschaftungskosten für die Liegenschaft betrugen im Jahr 2014 bereits über 150.000 € jährlich. Das entspricht rund 37 % der bewilligten institutionellen Förderung der AGSA. Dabei sind die Bewirtschaftungskosten regelmäßig gestiegen (in 16 Jahren um 50 %) und haben einen immer größeren Anteil an der bis zum Jahr 2013 fast konstant gebliebenen institutionellen Förderung be-ansprucht. Hinzu kommt der Personalaufwand beispielsweise des Geschäftsführers, der Buchhal-terin und des Haustechnikers für die Verwaltung und Bewirtschaftung der Liegenschaft.

Das wirtschaftliche Risiko für die Verwaltung und Bewirtschaftung der Liegenschaft verbleibt im Wesentlichen bei der AGSA. Aufgrund der vertraglichen Regelungen trägt die AGSA die vollstän-digen Mietzinsen der die Liegenschaft nutzenden Vereine und Organisationen. Zusätzlich kommt sie für beträchtliche Anteile der Bewirtschaftungskosten der Nutzer auf. Diese liegen aktuell bei monatlich rund 9 €31 je m2. Nach den Vorgaben des Ministeriums zahlen die Nutzer unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch jedoch monatlich nur 3 € je m2. Notwendige Anpassungen dieser Kosten können nach dem Mietvertrag nur auf Veranlassung des Ministeriums erfolgen. Die letzte Anpassung der Umlage fand im Jahr 2006 statt.

Hinzu kommt, dass die AGSA seit dem Jahr 2014 einen Mietzins in Höhe von 7.902 € jährlich für die fremdgenutzten Flächen zahlt, jedoch von den weiteren Nutzern des „einewelt haus Magde-burg“ als Untermieter kein bzw. nur in wenigen Fällen ein Nutzungsentgelt erheben darf.

Durch die nicht erhobenen Nutzungsentgelte und Bewirtschaftungskosten sind allein in den Jahren 2011 bis 2014 über 235.000 € aus den Mitteln der institutionellen Förderung der AGSA aufgewen-det worden, um andere Nutzer des „einewelt haus Magdeburg“ zu unterstützen. Mit der Übernah-me dieser Kosten durch die AGSA werden diese anderen Nutzer des „einewelt haus Magdeburg“

zugleich mittelbar gefördert, ohne dass es transparent im Haushalt des Landes und den Förderun-terlagen ausgewiesen ist.

31 Von den monatlich insgesamt 8,85 €/m2 entfallen auf Medienverbräuche 2,64 €/m2, kommunale Abgaben und Wartungsverträge etc.

0,89 €/m2, Bewachung 3,06 €/m2 und Reinigung: 2,26 €/m2 (Basisjahr 2014, bei einer Hauptnutzfläche von 1.464,20 m2).

Die Übernahme dieser Kosten ohne einen entsprechenden Ausgleich durch das Land gefährdet nach Auffassung des Landesrechnungshofes beträchtlich die Finanzierung der originären sat-zungsgemäßen Aufgaben der AGSA, da sie einen erheblichen Betrag aus der institutionellen För-derung für die Bewirtschaftung und Verwaltung der genutzten Landesliegenschaft aufwenden muss. Letztlich geht die Betreibung der Immobilie zu Lasten der fachlich-inhaltlichen Arbeit der AGSA.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration verweist in seiner Stellungnahme vom 15. September 2016 zum Jahresberichtsbeitrag darauf, dass die Bewirtschaftungs-kosten bei einem Jahresetat der AGSA von rund 1,7 Mio. € angemessen und nicht hoch seien.

Die AGSA sieht in ihrer Stellungnahme vom 14. September 2016 aufgrund der Höhe der anteiligen Umlage der Betriebskosten von 3 € pro m² keine indirekte Förderung der Nut-zer der Liegenschaft. Denn unabhängig von den tatsächlich entstehenden Nebenkosten in Höhe von rund 9 € pro m2 seien die verlangten anteiligen Betriebskosten in Höhe von monatlich 3 € pro m2 im oberen Bereich vergleichbarer Immobilien. Das Ministerium und auch die AGSA verweisen zudem auf die politischen Gründungsintentionen, die zur Be-reitstellung einer Landesliegenschaft und zur Schaffung des „einewelt haus Magdeburg“

führten32.

Nach Auffassung des Landesrechnungshofes sind die Bewirtschaftungskosten, bezogen auf die institutionelle Förderung und die personellen Ressourcen der AGSA, die durch die Verwaltung und Bewirtschaftung gebunden werden, erheblich. Sie machen rund ein Drittel der institutionellen För-derung aus, von den übrigen Nutzern des „einewelt haus Magdeburg“ wird dagegen im Ergebnis der Betriebskostenumlage davon nur ein Sechstel ersetzt. Gerade vor dem Hintergrund der schwierigen finanziellen Lage der AGSA sollten die aufgezeigten Einsparpotentiale geprüft wer-den.

Bezüglich der politischen Rahmenbedingungen verweist der Landesrechnungshof auf die Ausfüh-rungen in den Vorbemerkungen (Punkt 1 des Beitrags).

Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integrati-on eine kritische Betrachtung des Aufwands für die Überlassung und Nutzung der Landes-liegenschaft für die AGSA und als „einewelt haus Magdeburg“ einerseits und die Errei-chung der beabsichtigten Ziele und möglichen Ergebnisse der Förderung des Landes ande-rerseits vornimmt.

32 vgl. insbesondere den Beschluss des Landtages vom 16. Juni 1995, LT-Drs. 2/24/999 B

5.2 Erhebliche Mängel bei der Bedarfsermittlung und Vergabe von Leistungen

Einen beträchtlichen Teil der Bewirtschaftungskosten machen die Bewachungs- und Reinigungs-leistungen für das „einewelt haus Magdeburg“ aus.

Die AGSA ist aufgrund der institutionellen Förderung verpflichtet, Zuwendungen wirtschaftlich und sparsam zu verwenden sowie Leistungen wie die öffentliche Hand zu vergeben. Es gilt grundsätz-lich sowohl haushalts- als auch vergaberechtgrundsätz-lich das Wettbewerbsprinzip.

Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben. Dazu gehört auch die Prüfung, ob und wie eine Aufgabe durchgeführt werden muss. Grundlage dafür ist eine sorgfältige Bedarfsermittlung.

Jedoch ist weder aus den Unterlagen des Ministeriums noch der AGSA erkennbar, dass der erfor-derliche Bedarf der Reinigungsleistungen jemals geprüft bzw. die für die Reinigungsarbeiten be-deutsamen Grunddaten und erforderlichen Reinigungshäufigkeiten erhoben wurden. So ist bei-spielsweise auch nicht geprüft worden, in welchem Umfang die anderen Nutzer des „einewelt haus Magdeburg“ als Untermieter bereit wären, die Reinigung ihrer Büros selbst vorzunehmen oder sie auf eigene Kosten reinigen zu lassen.

Ähnlich verhält es sich bei den Bewachungsleistungen. Der seit Ende des Umbaus der Liegen-schaft im Jahr 1996 mit einem ortsansässigen Bewachungsunternehmen abgeschlossene Vertrag läuft bis heute. Auch hier wurde nicht ermittelt, ob und in welchem Umfang und welcher Form eine Bewachung erforderlich ist. Alternativen zur ständigen nächtlichen Anwesenheit des Mitarbeiters der Sicherheitsfirma, wie z. B. Videoüberwachung, Bestreifung oder die Installation technischer Sicherheitsanlagen, haben weder das Ministerium noch die AGSA geprüft. Eine Gefährdungsana-lyse für das „einewelt haus Magdeburg“ liegt nicht vor.

Diese Leistungen mit Auftragswerten33 von zum Prüfungszeitpunkt rund 162.000 € netto (Bewa-chung) bzw. 124.000 € netto (Reinigung) hat die AGSA seit ihrem Bestehen außerhalb des Wett-bewerbs und ohne transparentes Vergabeverfahren an ein und dasselbe Unternehmen verge-ben34. Vergabevermerke, die eine zulässige Abweichung von der öffentlichen Ausschreibung rechtfertigen könnten, lagen nicht vor. Das Ministerium als Zuwendungsgeber hat dies über Jahre hinweg weder im Bewilligungs- noch im Verwendungsnachweisverfahren beanstandet. Zwar hatte das Ministerium bereits im Jahr 2012 die Notwendigkeit einer öffentlichen Ausschreibung erkannt, dokumentiert und eine beschränkte Ausschreibung der Reinigungsleistung vorbereitet. Das Vorha-ben wurde aber bislang nicht umgesetzt.

33 Angelehnt an § 3 Abs. 4 Nr. 2 der Vergabeverordnung hat der Landesrechnungshof den 48-fachen Monatswert als Auftragswert herangezogen.

34 Die AGSA ist aufgrund der Nebenbestimmungen der Bescheide zur institutionellen Förderung verpflichtet, Leistungen wie die öf-fentliche Hand zu vergeben.

Durch die fehlende Bedarfsermittlung und durch die Vergabe außerhalb des Wettbewerbs ist nach Auffassung des Landesrechnungshofes nicht sichergestellt, dass die Zuwendungen wirtschaftlich und sparsam verwendet wurden und werden.

Die AGSA hat die Prüfungsfeststellungen in der Stellungnahme vom 14. September 2016 grundsätzlich bestätigt. Aus ihrer Sicht können die vom Landesrechnungshof festgestell-ten Mängel nur durch einvernehmliches Handeln von Eigentümer (Land) und Verwalter (AGSA) sowie die fachliche Unterstützung des Verwalters durch den Eigentümer beho-ben werden.

Der Landesrechnungshof erwartet, dass die AGSA in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ggf. erforderli-chen Bedarfe für Reinigung und Bewachung des „einewelt haus Magdeburg“ ermittelt und danach die Leistungen durch die AGSA nach den zuwendungsrechtlich geltenden vergabe-rechtlichen Vorschriften ausgeschrieben werden. Die langjährigen unbefristeten Verträge sind zwingend zu kündigen.