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Bestimmung der Thrombozytenaggregation

2.  Methoden

2.3.   Bestimmung der Thrombozytenaggregation

Die quantitative Bestimmung der Thrombozytenaggregation erfolgte turbidimetrisch mit Hilfe der von Born entwickelten Methode (Born und Cross 1963). Sie beruht auf der Eigenschaft, dass die optische Dichte einer Partikelsuspension von der Partikelzahl und nicht von der Partikelgröße abhängig ist. Plättchenreiches Plasma (PRP) weist eine sehr geringe Durchlässigkeit für langwelliges Licht auf. Nach Zusatz von Thrombozytenagonisten zum PRP setzt die Aggregation, d.h. die Bildung großer Thrombozytenaggregate ein, die sich durch eine Zunahme der Lichttransmission äußert. Dabei wird das PRP mit Hilfe eines kleinen Magnetrührers in Bewegung gehalten, um eine Sedimentation nicht aggregierter Thrombozyten zu verhindern. Die Lichttransmission wird fortlaufend photometrisch registriert und in Form einer Aggregationskurve kontinuierlich aufgezeichnet. Die prozentuale Lichttransmission dient als Maß für die Aggregabilität der Thrombozyten. Vor Beginn der Messung wird das zu untersuchende PRP auf einen Wert von 0% Transmission und das dazugehörige plättchenarme Plasma (PPP) auf einen Wert von 100% Transmission eingestellt. Da diese Einstellungen bei der Untersuchung verschiedener Plasmaproben stets erneut für das jeweilige PRP und PPP vorgenommen werden, ist es auf diese Weise möglich, die Transmissionsunterschiede der verschiedenen Plasmen, z.B. die Färbung, auszugleichen.

Die Messungen wurden in einem APACT Zwei-Kanal-Aggregometer (LAbor Fibrintimer® Ahrensburg) durchgeführt. Das Messprinzip ist schematisch in Abb. 12 dargestellt.

2.3.1. Herstellung von plättchenreichem und plättchenarmen Plasma

Unmittelbar nach Blutentnahme wurde durch Zentrifugation des Citrat-Vollblutes für 15 Minuten bei 200 g und 25°C plättchenreiches Plasma gewonnen. Dieses wurde vorsichtig

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mit Hilfe einer Pipette abgehoben und bis zur Bestimmung der Aggregation bei Raumtemperatur aufbewahrt. Um plättchenarmes Plasma zu gewinnen, wurde das Sediment erneut zentrifugiert, diesmal jedoch bei 2000 g für 10 Minuten (siehe Abb. 13).

Abb. 12: Schematische Darstellung des Messprinzips eines Aggregometers

Abb. 13: Gewinnung von plättchenreichem und plättchenarmen Plasma

2.3.2. Aggregationsinduktoren

Als Thrombozytenagonisten wurden drei verschiedene Substanzen verwendet: Kollagen, Arachidonsäure und Adenosin-5´-diphosphat (siehe Abb. 14).

Das verwendete Kollagen-Reagenz Horm® besteht aus 1 mg nativen Kollagenfibrillen equiner Sehnen, die in 1 ml einer isotonen Glucoselösung (pH 2,7 – 2,9) suspendiert vorliegen. Die

Küvette

Lampe

Rührstab

PRP Detektor

Elektronik Mixer - motor Magnet

Küvette

Lampe

Rührstab

PRP Detektor

Elektronik Mixer - motor Magnet

Citrat-Blut

200 g 15 min

PRP

PPP 2000 g 10 min

Citrat-Blut

200 g 15 min

PRP

PPP 2000 g 10 min

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Verdünnungen dieser Kollagen-Suspension wurden an jedem Versuchstag frisch hergestellt.

Als Verdünnungsmedium wurde ein isotoner Aggregationspuffer (Horm® Puffer) verwendet, so dass im PRP Endkonzentrationen von 0,5, 1, 2, 5 und 10 mg/l resultierten.

Im Laufe der Studie musste einmal die Kollagen-Charge gewechselt werden. Da mit der ersten Charge kontinuierlich niedrigere Aggregationswerte gemessen wurden, wurden diese Werte durch die Einrechnung eines Faktors korrigiert.

Aufgrund der extrem starken Oxidationsempfindlichkeit der Arachidonsäure wurde diese als Lyophilisat zunächst in Eis gekühltem, hochreinem Wasser (Ultrapur®) gelöst. Anschließend wurden – ebenfalls auf Eis – Aliquots für die einzelnen Versuchstage hergestellt, sofort mit Argon überschichtet und unverzüglich bei -80°C eingefroren. Die Konzentration der Lösung wurde so berechnet, dass sich eine Endkonzentration von 1 mmol/l Arachidonsäure im PRP ergab.

Adenosin-5´-diphosphat (ADP) wurde in physiologischer Kochsalz-Lösung gelöst und in einer Endkonzentration von 2 µmol/l eingesetzt. Diese Lösung wurde am Versuchstag stets frisch hergestellt.

Abb. 14: Thrombozytenagonisten

2.3.3. Durchführung der Aggregationsversuche

Da das Ausmaß der Thrombozytenaggregation deutlich vom Zeitpunkt der Durchführung abhängig ist, wurde für jeden Patienten ein Zeitplan mit festgelegter Reihenfolge der einzelnen Untersuchungen eingehalten (siehe Abb. 15). Außerdem wurde berücksichtigt, dass die Messungen mit einer Testsubstanz (ASS bzw. Rofecoxib) und der dazugehörigen Kontrolle stets aufeinander folgend durchgeführt wurden. In der Regel konnte der Zeitplan innerhalb von zwei Stunden nach Gewinnung des PRP abgearbeitet werden. Um eine

Kollagen Arachidonsäure ADP

Kollagen Arachidonsäure ADP

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Kontrolle über die Konstanz der Aggregationsmesswerte im Untersuchungszeitraum zu erhalten, wurde zu Beginn, in der Mitte und am Ende der Messreihe eine Kontrollbestimmung der Aggregation mit jeweils 1 mg/l Kollagen vorgenommen. Eine Abweichung der drei Kontrollwerte von bis zu 10% wurde akzeptiert.

Abb. 15: Zeitplan zur Durchführung der Aggregationsmessungen

Jede Messung wurde als Doppelbestimmung durchgeführt. Pro Testansatz wurden 250 µl PRP in eine Küvette pipettiert und für 15 Minuten bei 37°C vorgewärmt. Anschließend wurde die Küvette in den Strahlengang des auf 37°C beheizten Aggregometers platziert und unter konstanter Rührung (1000 Umdrehungen pro Minute) 10 µl Thrombozytenagonist hinzugefügt. Unmittelbar nach Zusatz des Agonisten wurde die Messung gestartet und über vier Minuten aufgezeichnet. Die Aggregationsreaktion wurde nach Messende gestoppt, indem der Aggregationsüberstand sofort abpipettiert und in flüssigem Stickstoff eingefroren wurde.

Nach Fertigstellung einer gesamten Messreihe wurden die Aggregationsüberstände nach Arachidonsäure-Induktion bei -80°C gelagert (aufgrund der starken Oxidations-empfindlichkeit der Arachidonsäure) und alle anderen Überstände bei -20°C. Später wurde in den Überständen die Konzentration an Thromboxan B2 ermittelt (siehe Kapitel 2.4.).

2.3.4. Testsubstanzen

Es wurde bei jedem Patienten der Einfluss von ASS und Rofecoxib in vitro auf die Thrombozytenaggregation untersucht (siehe Abb. 16).

1000 µl PRP wurden mit 10 µl einer wässrigen ASS-Lösung (10 mM) versetzt, so dass eine Endkonzentration von 100 µM resultierte. Es handelt sich hierbei um eine

Aggregation mit Arachidonsäure Aggregation

mit ADP ASS in

vitro-Testung

Kontroll-Aggregation

Aggregation mit Arachidonsäure Aggregation

mit ADP ASS in

vitro-Testung

Kontroll-Aggregation

Kollagen-Verdünnungsreihe Rofecoxib in vitro-Testung

Kontroll-Aggregat

ion Kollagen-Verdünnungsreihe Rofecoxib in

vitro-Testung

Kontroll-Aggregat

ion Kontroll-Aggregation

Kontroll-Aggregation

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Standardkonzentration, die zur Einteilung der Patienten in die unterschiedlichen „ASS-Resistenz“-Typen verwendet wird (Weber et al. 2002). ASS wurde in Aqua ad iniectabilia gelöst und zwar stets direkt vor Versuchsbeginn, da ASS in Wasser einer relativ schnellen Esterhydrolyse unterliegt. Pro Testansatz wurden 250 µl des mit ASS versetzten PRP 15 Minuten bei 37°C inkubiert. Es folgte die Aggregationsmessung, wie in Abschnitt 2.3.3.

beschrieben, direkt im Anschluss an eine Kontrollbestimmung ohne ASS-Zusatz in vitro. Als Thrombozytenagonist wurde Kollagen in einer Endkonzentration von 1 mg/l eingesetzt.

Abb. 16: Substanzen für die in vitro Testung

Für die Untersuchungen mit Rofecoxib wurde eine Endkonzentration von 10 µM gewählt, da die COX-2 bei dieser Konzentration nahezu vollständig inhibiert wird, während es kaum zu einer COX-1-Hemmung kommt (siehe Abb. 17).

Abb. 17: Konzentrationsabhängige Hemmung der COX-1 und COX-2 durch Rofecoxib (nach Patrono 2001)

Acetylsalicylsäure Rofecoxib

Acetylsalicylsäure Rofecoxib

COX-2 IC50: 0,2 µM

COX-1 IC50: 73 µM

% Inhibition

Rofecoxib [µM]

100 80 60 40 20 0

0,001 0,01 0,1 1 10 100 1000

COX-2 IC50: 0,2 µM

COX-1 IC50: 73 µM

% Inhibition

Rofecoxib [µM]

100 80 60 40 20 0

0,001 0,01 0,1 1 10 100 1000

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Da Rofecoxib in alkoholischen Lösungsmitteln sehr schlecht löslich und in Wasser praktisch unlöslich ist, musste Rofecoxib in DMSO gelöst werden. In Vorversuchen konnte jedoch festgestellt werden, dass sich DMSO bereits in niedrigen Konzentrationen negativ auf die Thrombozytenaggregation auswirkt. Je höher der Anteil an DMSO, desto stärker wurde die Aggregation vermindert (siehe Abb. 18).

Abb. 18: Einfluss des Lösungsmittels DMSO auf die Thrombozytenaggregation

Aus diesem Grund wurde ein Versuchsansatz gewählt, in dem nur 1‰ DMSO als Endkonzentration im PRP vorlag, da es mit dieser Konzentration zu keiner bzw. allenfalls nur zu einer geringfügigen Beeinflussung der Aggregation kommt. D.h. es wurde 1 µl einer 10 mM Rofecoxib-Lösung in 1000 µl PRP pipettiert (Endkonzentration für Rofecoxib:

10 µM). Hiervon wurden pro Testansatz 250 µl für 15 Minuten bei 37°C inkubiert und anschließend die Aggregation mit 1 mg/l Kollagen bestimmt. Ein Kontrollansatz, bei dem nur mit dem Lösungsmittel DMSO inkubiert wurde, wurde gleich im Anschluss an die Rofecoxib-Messung durchgeführt.

2.3.5. Auswertung der Aggregationskurven

Die Aggregationsmesskurven wurden mit Hilfe der APACT-Software 1.4 dargestellt und ausgewertet.

In Abb. 19 ist eine typische Aggregationskurve dargestellt, wie sie nach Stimulation mit z.B.

Kollagen aussehen kann. Nach einer kurzen Verzögerungsphase ist zunächst häufig eine

Kontrolle

0 50 100

0 50 100 150 200 250

4‰ DMSO 8‰ DMSO 12‰ DMSO

Zeit [sek]

Aggregation [%]

Kontrolle

0 50 100

0 50 100 150 200 250

4‰ DMSO 8‰ DMSO 12‰ DMSO

Zeit [sek]

Aggregation [%]

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Abnahme der Lichttransmission zu beobachten, die auf die Formveränderung (sog. „shape change“) der Thrombozyten zurückgeführt wird. Im weiteren Verlauf steigt die Aggregationskurve an und nähert sich nach kurzer Zeit asymptotisch dem Wert für die maximale Aggregation.

Zur Auswertung der Aggregationskurven wurden vier Parameter herangezogen:

1. die maximale Aggregation in Prozent,

2. die maximale Steigung in Prozent pro Minute,

3. die lag time in Sekunden, d.h. die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Steigung, 4. die Fläche unter der Kurve (AUC) in Prozent x Minuten.

Abb. 19: Messparameter zur Auswertung der Aggregationskurven

Bei der Verwendung von ADP als Thrombozytenagonist ist in der Regel ein biphasischer Verlauf der Aggregationskurven zu beobachten (siehe Abb. 20, blaue Kurve). Die erste Phase, die durch den exogenen Aggregationsinduktor ausgelöst wird, führt zunächst zur reversiblen Zusammenlagerung von Thrombozyten (primäre Aggregation). Nach vorübergehendem Erreichen eines Plateaus schließt sich die zweite Phase an, die durch die Freisetzung der aggregationsfördernden Substanzen aus den thrombozytären Speichergranula gekennzeichnet ist (sekundäre, irreversible Aggregation).

Zeit

Lichttransmission

“shape change”

100%

0%

maximale Aggregation

Stimulation

maximale Steigung lag time

AUC

α

1 2

3 4

Zeit

Lichttransmission

“shape change”

100%

0%

maximale Aggregation

Stimulation

maximale Steigung lag time

AUC

α

1 2

3 4

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Abb. 20: Aggregationskurve mit biphasischem Verlauf (blau) bzw. Desaggregation (rot)

Ist diese Freisetzungsreaktion gehemmt, d.h. entfällt die sekundäre Aggregation, so desaggregieren die in der primären Aggregationsphase gebildeten lockeren Thrombozytenaggregate unter Einwirkung der Scherkräfte des Rührers (siehe Abb. 20, rote Kurve). Die dadurch resultierende Abnahme der Lichttransmission, die unter Umständen wieder den Ausgangswert des PRP annehmen kann, wurde ebenfalls bei der Auswertung berücksichtigt.