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Nach Gudmundsson und Wolle (2014, S. 16) erschienen vor ungefähr 10 Jahren die ersten ordentlichen automatischen Analysen. Die Bearbeitung von Videobildern hatte bis dahin einen Level erreicht, bei dem die Fussballspieler und der Ball mit genügend grosser Genauigkeit verfolgt werden konnten. Es gibt einige Firmen, die Dienste für Sportanalysen anbieten. Für den Fussball werden in der Literatur Amisco, Tracab, Prozone2, Match Analysis3, All Sport Systems4, Elite Sport5 und Stats6 genannt (Gudmundsson und Wolle 2014, S. 16; Oskouie et al. 2014, S. 203). Das ist nur ein unvollständiger Überblick, der ein paar Anhaltspunkte liefern soll. Die Angaben in der Literatur stammen aus dem Jahr 2014.

1 https://aws.amazon.com/de/blogs/aws/mlb-statscast-powered-by-aws

2 http://www.prozonesports.com

3 http://www.matchanalysis.com

4 http://www.allsportsystems.com

5 http://www.elitesportsanalysis.com/products.htm

6 http://www.stats.com

Im selben Jahr haben sich Amisco und Prozone zusammengeschlossen. Im Jahr 2015 wurde dieser Zusammenschluss von Stats gekauft und in die eigene Firma integriert. SAP7 bringt Mitte des Jahres 2015 ein Produkt auf den Markt, das sich SAP Sports One nennt (Zipf 2015). Den Prototypen mit dem Namen SAP Match Insights testete die deutsche Nationalmannschaft exklusiv während der Weltmeisterschaft in Brasilien 2014 mit grossem Erfolg. Es ist nach Gudmundsson und Wolle (2014, S. 16) offensichtlich, dass eine grosse Nachfrage nach noch mehr analytischen Hilfsmitteln besteht. Denn für die europäischen Top Club- und Nationalmannschaften sind die bestehenden Möglichkeiten für die automatische Analyse zu wenig und sie engagieren deshalb eigens Analysten, die die Spiele aufnehmen und dann die erforderlichen Analysen manuell mit entsprechenden Hilfsmitteln zur Videoannotation durchführen. Sportscode der Firma Sportstec8 wird hier zum Beispiel genannt. Auch Dartfish9 ist ein bekannter Anbieter in diesem Bereich.

Die Möglichkeiten der kommerziellen Produkte konzentrieren sich wie die akademische Forschung vor allem auf die Bereiche automatische Spielzusammenfassungen, Video-annotationen und -browsing oder Spieler- und Mannschaftsstatistiken. Der Vergleich der kommerziellen Produkte untereinander zeigt, dass „die meisten Firmen ähnliche Dienste anbieten. High-Definition Kameras werden um das Spielfeld montiert und während dem Spiel werden alle Objekte auf dem Feld 10-25 Mal pro Sekunde getrackt und die Koordinaten werden in Echtzeit geliefert“ (Gudmundsson und Wolle 2014, S. 16). Es gibt auch Systeme, bei denen drei hochauflösende Kameras auf einer fixen Station montiert sind, um das gesamte Spielfeld zu erfassen. Diese Art des Systems wurde auch für die Aufnahmen der Schweizer Super League Spiele für die Saison 2014/2015 verwendet. Dazu musste das System von Amisco Prozone auf mindestens 13 Meter Höhe aufgestellt werden.

7 http://www.sap.com

8 http://sportstec.com

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Abbildung 6: Amisco Prozone Kamerasystem (Knäbel 2014, S. 4)

Nach der Aufnahme werden zu den Videos zum Teil noch zusätzliche Daten annotiert, entweder manuell oder halbautomatisch. Die existierenden Software Produkte bieten nach Gudmundsson und Wolle (2014, S. 16) einfache Spiel- und Leistungsdaten der Spieler wie Laufleistung, maximale oder durchschnittliche Geschwindigkeit bei Sprints, Anzahl der ausgeführten Pässe, Anzahl Torschüsse, Heatmaps von Spielern, häufige Positionen der Spieler, Geschwindigkeit der Schüsse, um einige davon zu nennen. Nach Gudmundsson und Wolle (2014, S. 16) sind diese Daten heutzutage ziemlich einfach zu erheben, ohne darauf auf hochentwickelte Algorithmen zurückgreifen zu müssen, da die erwähnten Firmen spezielle hochauflösende Kameras besitzen, die die Position der Spieler und des Balles mit hoher Genauigkeit erfassen können. Die Daten, die aus den Videos extrahiert werden, können dann online in einem passwortgeschützten Bereich zur Verfügung gestellt werden.

Aus diesem Bereich sind die folgenden zwei Abbildungen, die aufgrund der Restriktionen anonymisiert wurden. Die Abbildung 7 zeigt die grafische Auswertung, bei der man die Ballgewinne einer Mannschaft in den ersten 15 Minuten eines Spieles sieht. Die Namen der beiden Mannschaften für dieses spezifische Spiel wurden aus Gründen der Anonymität entfernt.

Abbildung 7: Beispiel für eine grafische Mannschaftsauswertung (Amisco Prozone 2015)

Auch die Abbildung 8 wurde anonymisiert. Diese grafische Auswertung zeigt die Anzahl der Sprints, die ein spezifischer Spieler mit über 21 Kilometer pro Stunde (rot) und mit 24 Kilometer pro Stunde (schwarz) während seiner Einsatzdauer gemacht hat. Der kleine, blaue Kreis mit der Rückennummer des Spielers zeigt den Ausgangspunkt des Sprints an.

Abbildung 8: Beispiel für eine grafische Spielerauswertung (Amisco Prozone 2015)

Die kommerziellen Produkte können nach Oskouie et al. (2014, S. 203) aus drei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden: „aufbereitete Leistungen und Ergebnisse, Reaktionszeit und Umfang menschlicher Intervention. Diese Produkte bieten Leistungen wie Videoindexierung und -retrieval, statistische Aufbereitung, technische und taktische Analyse des Spielers und der Mannschaft sowie eine Spielzusammenfassung an“ (Oskouie et al.

2014, S. 203). Wie früher bereits erwähnt wird die Reaktionszeit in online, real-time oder offline eingeteilt. Dazu wird unterschieden, ob das System automatisch läuft oder ob und wieviel manuelle Intervention möglich ist. Einige der Anbieter versuchen nach Oskouie et al.

(2014, S. 203) „die Systemgeschwindigkeit und Reaktionszeiten“ zu erhöhen, indem speziell dafür entwickelte Kameras genutzt werden.

Abschliessend soll erwähnt werden, dass die kommerziellen Produkte nach Oskouie et al.

und nach Rehman und Saba in einigen Fällen die akademische Forschung überholt haben.

Diese Produkte bereiten die Analysen schneller und mit höherer Präzision auf als ähnliche Arbeiten, die in der Literatur zu finden sind (Oskouie et al. 2014, S. 203; Rehman und Saba 2014, S. 457). Sowohl die akademische Forschung als auch die kommerziellen Produkte schreiten in ihrer Entwicklung weiter voran und erzielen Fortschritte. Denn nach Oskouie et al. (2014, S. 203) steckt die Fussball Videoanalyse im Allgemeinen „noch in der Kindheit und die Anwendungen und ungelösten Probleme werden jeden Tag erweitert“.

Analysesystem der Schweizer Super League:

Das System, das vom Schweizer Fussballverband genutzt wird, ist nach Auskunft von Herr Edmond Isoz, Mitglied der Geschäftsleitung, Senior Manager Competitions der Swiss Football League, das der Firma Amisco Prozone. Der Zeitraum der Analysen bezieht sich dabei auf die Saison 2014/2015. Das Experteninterview ist im Anhang zu finden.

Nachfolgend werden die wichtigsten Auszüge wiedergegeben, die sich auf das genutzte System beziehen.

Der Vertrag der Swiss Football League mit Amisco Prozone regelt, dass pro Runde ein Spiel ausgewählt wird, das speziell getrackt wird. Das passiert 36 Mal, da 36 Runden in der Super League gespielt werden. Das jeweilige Spiel wird mit Hilfe eines speziellen Kamerasystems, bestehend aus drei verschiedenen Kameras, aufgenommen und ausgewertet. Daraus ergibt sich eine physische Analyse, bei der Daten wie zum Beispiel die Laufleistung der Spieler, mit und ohne Ball, oder Sprintdistanzen erhoben werden. Jede Mannschaft wird auf diese Weise pro Saison sieben bis acht Mal analysiert. Zudem beinhaltet der Leistungsumfang auch noch, dass jede Mannschaft pro Runde, also 36 Mal, eine technische Analyse erhält. Diese technische Analyse beinhaltet Daten zu Ballbesitz, Anzahl Schüsse, Eckbälle, Tore, Pässe, Flanken, Abseits, Fouls, gelbe oder rote Karten. Es wird bei der Analyse sowohl die gesamte Mannschaft als auch jeder einzelne Spieler betrachtet. Jeder Verein hat dabei einen online Zugang, allerdings nur zu seinen eigenen Daten, da die Daten nicht transparent gemacht werden sollen. Denn wie der Experte erklärt, ist die Vertraulichkeit ein sehr wichtiger Punkt für die Swiss Football League.

Der Experte gibt auch Auskunft zu aktuellen Leistungen, die vom System erhoben werden.

Er spricht von erstaunlichen Erkenntnissen, die aus den Statistiken gewonnen werden können. Es ist auffällig, dass bei erfolgreichen Mannschaften die Daten anders aussehen als bei weniger erfolgreichen. Schlechte Gewohnheiten werden sichtbar gemacht. Für den Experten können diese Auswertungen auch als Instrument für die Jugendarbeit und die Ausbildung zukünftiger Spieler genutzt werden. Das heisst, welche Schwachstellen bestehen zu den Besten und wie könnte das Training dementsprechend angepasst werden.

Daneben werden von den Vereinen der Swiss Football League noch verschiedene andere Systeme genutzt. Darüber wird unter anderem auch bei den Experteninterviews mit den Trainern gesprochen.