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Besonderheiten im Bereich Erst-/ Energieberatung

4.3 Beratung und Planung

4.3.4 Besonderheiten im Bereich Erst-/ Energieberatung

"Wenn man eine energetische Sanierung seriös durchführen möchte, dann sollte vorweg eine Energieberatung durchgeführt werden, in der alle Schwachpunkte festgestellt wer-den.“ (Verbandsexperte aus dem Bereich Heizung)

„Die Beratung eines Energieberaters kann oftmals steuernd sein. Ein Heizungsbauer, der Energieberatung anbietet, möchte unterm Strich auch irgendwann eine Heizung verkau-fen. Dadurch ist gerade die Beratung durch Mitarbeiter einzelner Branchen nicht so neut-ral, wie sie sein sollte.“ (Tobias Wiegand, Verband Holzfaserdämmstoffe e.V.)

Obwohl es deutschlandweit mehrere tausend Energieberater(innen) gibt, die berechtigt sind, beim Bundeswirtschaftsministerium Zuschüsse für ihre Beratungen zu beantragen, nehmen laut einer empirischen Erhebung bei Ein- und Zweifamilienhausinhaber(inne)n innerhalb des Projekts

Enef-Haus viele Enef-Hausbesitzer(innen) gar keine Energieberatung in Anspruch (Weiß, Dunkelberg 2010).

So wurde festgestellt, dass nur bei etwa 24 % der im Zeitraum 2005 – 2009 renovierten Ein- und Zweifamilienhäuser vor der Sanierung eine Energieberatung durchgeführt wurde. In 55 % der Fälle waren dies Vor-Ort-Beratungen, 25 % ließen sich telefonisch beraten und ca. 30 % nahmen die Energieberatungen der Verbraucherzentralen in Anspruch (Weiß, Dunkelberg 2010). Somit reprä-sentieren die 12.000 Förderfälle des vom Bundesministerium für Wirtschaft aufgelegten Förderpro-gramms zur Vor-Ort-Energieberatung im Jahr 2005 (IFEU 2008) nur einen Teil der tatsächlich durchgeführten Energieberatungen und in Folge dessen auch nur einen Teil der tatsächlich durch-geführten Sanierungen. Allerdings deutet die Zahl derjenigen, die an einer Weiterbildungsmaß-nahme in Richtung Energieeffizienz teilnehmen, darauf hin, dass die Relevanz von Energiebera-tungen steigt.

„Im Zeitraum von 2005 bis 2010 nahmen insgesamt 14.733 Personen an den 10 ver-schiedenen Weiterbildungsmaßnahmen des SHK-Dachverbands teil; 726 Personen da-von an einer Ausbildungsmaßnahme zum Energieberater. Gleichzeitig waren verschie-dene Techniken der energetischen Sanierung, z.B. der Einbau von Wärmepumpen, Teil des Themenspektrums der übrigen Kurse“. (Friedrich-Wilhelm Göbel, Zentralverband Sanitär Heizung Klima)

Themen wie Wärmepumpen, Solartechnik, Schornsteinsanierung und Pelletheizungen gehören zum Beratungsspektrum, auch wenn diese bisher eher am Rande nachgefragt werden. Als The-men der Zukunft nennen die UnternehThe-men vor allem erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung. Laut Handwerksverbänden gibt es je nach Gewerk ein unterschiedlich großes Interesse, eine Weiterbildung in diesem Bereich zu absolvieren. Während der Schwerpunkt der Energiebera-tung zurzeit primär auf der Effizienzsteigerung von Heiztechnik und auf Dämmmaßnahmen liegt, werden aus Sicht von Fred Weigl (GIH Bundesverband) in Zukunft Vermeidungsstrategien, wie z.B. der Verzicht von elektrisch betriebenen Lüftungsanlagen oder die Vermeidung der Notwendig-keit von Kühlung, eine wichtigere Rolle spielen.

Arbeitsmarkt und Qualifikationsbedarf aus Nachfragesicht

Die Ergebnisse der Onlinestudie zeigen auf, dass Befragte, die in den Bereichen "Beratung in elektrischer Energieerzeugung" und "Beratung in Wärmeerzeugung" tätig sind, im Vergleich zu an-deren Arbeitsfeldern häufiger von einer zunehmenden Mitarbeiter(innen)zahl ausgehen.

In der Online-Befragung gaben 70 % der Unternehmen im Tätigkeitsbereich „Energie- und Erstbe-ratung“ an, dass mindestens eine/r ihrer Mitarbeiter(innen) die Zusatzqualifikation „Energiebera-ter(in)“ besitzt. Bezüglich des zukünftigen Fachkräftebedarfs gaben Unternehmen, die in den Be-reichen „Energie- und Erstberatung“, „Beratung zum Energieverbrauch“ oder „Beratung zur Wär-meerzeugung“ tätig sind an, dass sie erwarten, in Zukunft am meisten Energieingenieur(e/innen) zu benötigen.

Benötigte Kompetenzen / Anforderungen

Die Qualität der Beratung hat großen Einfluss auf die Sanierungsmaßnahmen. Entsprechend nannte fast jedes neunte Unternehmen auf die Frage, welche Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertig-keiten, im Bereich Energieberatung am meisten erfordert werden, das Thema Beratungskompe-tenz.

„Die Beratung muss ja auch von den Kunden verstanden werden, nur die technischen Daten reichen da oft nicht aus.“ (Verbandsexperte aus dem Bereich Heizung)

Die Qualität der Beratungsleistungen misst sich an der Verständlichkeit der Beratung, an der Be-rufspraxis und Qualifikation des/r Beratenden sowie an der Fähigkeit, eine umfassende Beratung durchzuführen, die alle Komponenten eines Gebäudes berücksichtigt (Heizungssystem, Gebäude-hülle, Dach, Fenster). Wenn der/die Berater(in) aus einem Gewerk entstammt, besteht grundsätz-lich die Gefahr, dass die Beratung tendenziös ausfällt. Daher muss bei der Weiterbildung im Be-reich Energieberatung darauf geachtet werden, dass die Anforderungen aller Komponenten eines Hauses ausreichend vermittelt werden.

„Teilweise sind wirtschaftliche Kenntnisse Bestandteil der Weiterbildungen, aber der Schwerpunkt ist ganz klar im Bereich der technischen Wissensvermittlung. Management-kompetenzen sind keine direkten Komponenten in der Lehrphase, während bei den Handwerksmeistern Managementkompetenzen in der Meisterschule ein großes Thema sind. Bei der akademischen Ausbildung ist dieses Wissen, nicht zuletzt aufgrund der Spezialisierung der Studiengänge, schwieriger zu vermitteln.“ (Fred Weigl, GIH Bundes-verband)

Die curriculare Anpassung der Weiterbildungsgänge an die aktuellen Anforderungen ist herausfor-dernd. Wie die tatsächlichen Aktualisierungsraten sind, ist anhand der Curricula schwer festzustel-len. Teile der Ausbildungsverordnung, insbesondere die rechtlichen Grundlagen und die Förder-programme betreffende Passagen müssen wegen ständiger Änderungen häufig aktualisiert wer-den. Andere Neuerungen werden direkt in den konkreten Lehrplänen und Unterrichtseinheiten auf-gegriffen und unter Umständen erst sehr viel später oder gar nicht in die Rahmenlehrpläne über-tragen. Das BAFA veröffentlicht regelmäßig die von ihr geförderten Ausbildungseinrichtungen. Ak-tuell werden rund 100 Weiterbildungsmaßnahmen gefördert, die unter anderem an Universitäten, Akademien, Architekten- und Industrie- und Handelskammern und an TÜV-Akademien durchge-führt werden (vgl. BAFA 2010). Die Vermittlung von Anforderungen für die Praxis des Energiebera-ters/der Energieberaterin ist sehr unterschiedlich und es gibt deutliche Qualitätsunterschiede bei den verschiedenen Ausbildungsangeboten. So bieten einige Ausbildungsträger auf dem freien Markt trotz fehlender technischer Ausbildung der Absolventen Zertifikate für eine sehr kurze Wei-terbildung an.

„Das ist kritisch zu sehen. Die Ausbildungsdauer verteilt sich von wenigen Stunden über den Standard des Gebäudeenergieberaters, mit 120 Stunden bei Architekten- und Inge-nieurskammern, mit bis zu 240 Stunden bei Handwerkskammern bis hin zu ganzen Stu-diengängen über Energieeffizienz, kombinierten Fortbildungen zum Umwelt- und Ener-gieberater, die 600 Stunden über ein halbes Jahr dauern können.“ (Fred Weigl, GIH Bun-desverband)

„Innerhalb des Kurses wird auch ein komplettes praktisches Projekt im Bereich der Ener-gieberatung durchgearbeitet. Es muss eine komplette EnerEner-gieberatung inklusive Konzept aufgestellt werden. Hier wurde sehr viel Wert auf die Praxisnähe gelegt, damit ein hohes Qualitätsniveau gewährleistet ist." (Verbandsexperte aus dem Bereich Heizung)

Die großen Unterschiede zwischen den Weiterbildungsmaßnahmen sind laut Expert(inn)en-Meinung vor allem darauf zurückzuführen, dass „Gebäudeenergieberater(in)“ keine eigenständige Berufsbezeichnung und die Bezeichnung selbst nicht geschützt ist. Somit sind die

Vorraussetzungen bei den einzelnen Weiterbildungsangeboten sehr unterschiedlich und eine Ver-gleichbarkeit ist nicht gegeben. Dies macht die Bewertung der Qualität der Energieberatung schwierig. Außerdem ist es problematisch, dass es bislang keine Qualitätsstandards für den Pro-zess der Energieberatung gibt.

„Das Problem fehlender Qualitätsstandards für Beratungsprozesse ist eine Katastrophe!

Es gibt wenige [Ausbildungsstätten], die wirklich gut sind; es gibt ein graues Feld derer, die nicht so schlecht sind; und ein großes Feld mit Anbietern, die nicht wissen, wie man eine entsprechende Weiterbildung durchführt.“ (Ulrich Zink, Bundesarbeitskreis Altbauer-neuerung)

Generell stimmen die befragten Expert(inn)en darin überein, dass die Qualität der Energieberatung besser gesichert werden muss. Aktuell wird über die Einführung einer Qualitätskontrolle für Bera-tungsprozesse diskutiert. Dies könnte einerseits über eine Kontrolle der Ausbildungsqualität (vor-geschaltete Kontrolle) geschehen, z.B. durch eine Zertifizierung der Bildungsstätte. So gehen die Verbandsexpert(inn)en davon aus, dass für die von ihnen angebotenen Weiterbildungen ein aus-reichend hohes Qualitätsniveau gewährleistet ist. Andererseits könnte die Kontrolle nachgeschaltet sein, z.B. durch die Festschreibung des Vier-Augen-Prinzips. Letztere schien bislang die favorisier-te Varianfavorisier-te zu sein, der Diskussionsprozess läuft aber noch.