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Besondere Anforderungen spezifischer Baustellen

3. Betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz

3.9 Besondere Anforderungen spezifischer Baustellen

Ausgangssituation

Der zum Bundeswehr-Tanklager in Bre-men-Farge zugehörige Schiffsanleger an der Weser war im Rahmen des begonne-nen Gesamtrückbaus abzubrechen. Wäh-rend der Nutzung des Anlegers wurden Öle und Kraftstoffe auf diesem Gelände

gehandhabt und zwischen Schiffen und dem eigentlichen Tanklager gefördert.

Dabei ist es im Laufe der Jahre auch zu Leckageverlusten und Austritten gekom-men, Flüssigkeiten gelangten ins Erdreich.

Während der Nutzung der Anlagen kam

Gelände vor Rückbaubeginn - Luftbild aus Google Maps

Schadstoffbelastete Abbruchbaustellen an

öffentlichkeitswirk-samen Plätzen und das erforderliche behördliche Handeln

es zu starken Verunreinigungen und einer Anreicherung von Schadstoffen wie z. B.

Benzol in der Erde.

Die Schwierigkeit dieses Vorhabens be-stand nicht in besonderen Anforderungen an den Gebäudeabbruch, sondern an die nötige Bodenentnahme und deren Hand-habung bis zur Abfuhr zur Entsorgung.

Vor Beginn der Rückbauarbeiten war be-reits eine Erkundung vor Ort erfolgt und eine Schadstoffbegutachtung für die Bo-denflächen des Geländes vorgenommen worden. Es zeigte sich, dass eine sehr ungleichmäßig verteilte Kontamination im Boden vorlag. Beim Öffnen der Bo-denschichten war in belasteten Bereichen eine sehr unangenehme Geruchsbelästi-gung festzustellen. Es roch deutlich und penetrant nach Kraftstoffen. Die Gerüche waren so stark, dass für die Anwohnerin-nen und Anwohner im Bereich hinter der Deichlinie eine nicht unerhebliche Belästi-gung entstand und sie Sorge um mögliche Gesundheitsgefährdungen hatten.

Wie ging es weiter?

Die Gewerbeaufsicht veranlasste, dass Bauherr, Projektleitung und ausführender Tiefbaubetrieb miteinander ins Gespräch kamen. Es war ein Konzept zu entwickeln und abzustimmen, bei dessen Umsetzung möglichst geringe Emissionen und Beein-trächtigungen des Umfeldes sichergestellt werden konnten. Zu betrachten war insbe-sondere, dass sowohl die Freisetzung von belastenden Gerüchen als auch Baulärm und Staubentstehung im Baufeld auf ein Mindestmaß reduziert werden mussten.

Was bedeutete das ganz konkret z. B. für mögliche Schadstoffemissionen?

Die Projektleitung bereitete ein Mess-konzept zur Überwachung der Schadstoff-emis sionen vor. Es wurde z. B. die Positio-nie rung der Messwertaufnahmestellen vereinbart und der zu betrachtende Leit-parameter und dessen Grenzwert fest-gelegt. Eine automatisierte Benachrich-ti gungskette bei problematischen Entwick lungen per E -Mail und SMS an die verantwortlichen Personen vor Ort und an die Projektleitung wurde installiert.

Örtliche Situation von der Deichkrone aus gesehen: Links Wohnhäuser. Rechts Baustelle, dahinter die Weser

Im Verlauf der Arbeiten wurden zusätzlich auch Messwertaufnahmen in besonders stark belasteten Bodenbereichen verein-bart und durch die Projektleitung veran-lasst. Damit war sichergestellt, dass eine Überwachung der Luftqualität im Bereich der Erdbewegungen und potentieller Schadstofffreisetzungen möglich wurde.

Was wurde zur Vermeidung baustellen-typischer Belastungen wie Staub und Lärm vereinbart und welche Rahmenbe-dingungen waren zu beachten?

Eine weitere Aufgabe war gemeinschaft-lich zu erreichen: entstehender Baulärm musste auf ein Minimum reduziert wer-den. Aufgrund der notwendigen LKW-Fahrten mit ihren typischen Geräuschen, die für die Abfuhr des Bodenaushubs zur Entsorgung nötig wurden und die Lage der Baustelle direkt am Deich waren Lärm-schutzmaßnahmen nicht einfach umzuset-zen. Bedingt durch die zu gewährleistende Deichsicherheit konnten an den in Frage kommenden Positionen beispielsweise keine Schutzwände vorgesehen werden.

Die Einschränkung der lärmenden Bautä-tigkeiten zur Reduzierung der Lärmbelas-tung als Alternative, war ebenfalls nicht umsetzbar. Dies insbesondere deswegen, weil die Baumaßnahme aufgrund des nö-tigen Hochwasserschutzes und die jahres-zeitlich bedingte Hochwasserentwicklung in einem engen Zeitfenster abgewickelt werden musste. Z. B. war die provisorisch installierte Baustellenzufahrt im Deich bis zum Eintritt von kritischen Hochwasser-ständen zwingend wieder dauerhaft zu-rückzubauen. Eine Bauzeitverlängerung bedingt durch Umorganisation lärmender Bautätigkeiten war somit nicht möglich.

Um diese schwierige Situation unabhän-gig bewerten zu lassen und ggf. noch nicht diskutierte Lärmschutzmaßnahmen zu ermitteln, wurde eine Lärmbetrach-tung durch einen unabhängigen

Gutach-ter vereinbart. Dieser bestätigte anhand einer Vor-Ort-Aufnahme und seines Be-richtes, dass die ausgewählten Arbeits-verfahren bereits die emissionsärmsten sind und weitere Lärmschutzmaßnahmen aufgrund der besonderen Anforderungen hier nicht umsetzbar waren.

Für diese Baumaßnahme fast das ein-fachste durch uns zu überwachende An-liegen, waren die Maßnahmen um den entstehenden Staub auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Dazu wurde mit den Bau-stellenbeteiligten verabredet, entspre-chende Bewässerungen der Fahrwege und der offenen Haufwerke sowie eine möglichst satte Nasshaltung des Arbeits-bereiches von Bagger und Bohrgerät vor-zusehen. Schlauchleitungen zum manu-ellen Bespritzen wurden verlegt, mobile Bewässerungswagen bereitgestellt und eine Sprühnebelanlage in Betrieb genom-men. Mit diesen Maßnahmen konnten so-gar die vorgenannten Gerüche noch wei-ter reduziert werden.

Agieren der Gewerbeaufsicht – Notwen-digkeiten der Baustelle und Anliegen der Nachbarschaft zusammen bringen

Die Baumaßnahme führte über die Bau-zeit zu größerem Interesse der anwohnen-den Bevölkerung. Insgesamt wurde die schwierige Situation hinsichtlich Geruch-, Staub- und Lärmentwicklung häufig und wiederkehrend angemerkt. Wir führten mit den Personen Gespräche, um mög-lichst für Abhilfe sorgen zu können und auch zur Erklärung der Sachverhalte. Ei-ner Einladung eines Ortsverbandes kamen wir ebenfalls gerne nach, um im Rahmen der datenschutzrechtlich unbedenklichen Möglichkeiten über den Baustellenver-lauf in einer der ansonsten regelmäßig stattfindenden Abendveranstaltungen zu berichten, sowie unser Wirken und un-sere Eingriffsmöglichkeiten zu erläutern.

Viele Fragen aus der Bevölkerung

konn-ten direkt miteinander besprochen und beantwortet werden. Zum Beispiel halfen Erklärungen zu Möglichkeiten für Lärm-schutzmaßnahmen und zu den Anforde-rungen an die Hochwassersicherheit, um Verständnis für die Situation zu schaffen.

Es bestätigte sich unsere Erfahrung, dass Gespräche zum Austausch über Baumaß-nahmen sehr empfehlenswert sind. Beid-seitig können Informationen gewonnen werden und in den meisten Fällen wird das Verständnis für bestimmte Vorhaben und Vorgehensweisen gefördert.

Insgesamt zeigt dieser Ablauf, dass ähn-lich der Arbeitsweise eines Uhrwerkes, viele unterschiedliche Funktionen und Gewerke gut miteinander

zusammenar-beiten müssen. Im Falle dieser Rückbau-maßnahme war dem Auftraggeber, den Planern und den ausführenden Firmen die Besonderheit der Baustelle sehr bewusst.

In Zusammenwirken mit der Gewerbeauf-sicht konnte ein Kompromiss zwischen den nötigen Abbrucharbeiten und den Belastungen für die Anwohnerinnen und Anwohner erreicht werden.

Nicole Wagner

Gewerbeaufsicht des Landes Bremen