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3.3 Anwendung des numerischen Modells im Feldmaßstab

3.3.2 Beschreibung des Schadenfalls

3.3.2.1 Belastungssituation

In den Geb¨auden eines metallverarbeitenden Betriebes (Abbildung 3.21) wurden von 1991 bis 1999 Untersuchungen des Bodens und der Bodenluft durchgef¨uhrt. Die Untersuchungen erga-ben Belastungen mit leichtfl¨uchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) in Konzentra-tionen, die eine Sanierung notwendig machen.

In der Firma wurden zur Entfettung von Metallteilen die Stoffe Trichlorethen (TCE) so-wie 1,1,1-Trichlorethan (1,1,1-TCA) in einer Reinigungsanlage soso-wie in drei Handb¨adern (Fas-sungsverm¨ogen je 3 bis 4 l) eingesetzt. Es wurde ¨uberwiegend 1,1,1-TCA verwendet. Die Handb¨ader wurden ca. 1 Jahr lang betrieben. Die gesamte im Produktionsprozeß eingesetzte Menge an LCKW wird von der Firma auf ca. 2 t gesch¨atzt.

Bodenluft (Gasphase) Zur Erkundung der unges¨attigten Zone wurden zwischen 1991 und 1993 insgesamt 60 Rammkernsondierungen niedergebracht, horizontierte und Boden-luftproben entnommen und auf LCKW-Konzentrationen untersucht. Die Schadstoffkonzentra-tionen in der Bodenluft wurden in den diversen Untersuchungskampagnen in der Regel in Tiefen von 1 m, 3 m, 5 m und 7 m gemessen. Der Belastungsschwerpunkt wurde im

Be-Abbildung 3.21: Lageplan des betrachteten Schadenfalls: Metallverarbeitender Betrieb mit Position der aktiven/passiven Brunnen.

reich der ehemaligen Reinigungsanlage und Handb¨ader ermittelt (Lage des Brunnens B1).

Die LCKW-Konzentrationen nahmen generell mit der Tiefe zu, mit einem Maximum von ca.

9,5§10¨ 3kg© m3(Summe LCKW) bei einer Tiefe von 7 m. Beim Schadstoff cis-1,2-Dichlorethen zeigte sich hingegen in den meisten F¨allen eine Konzentrationsabnahme zur Tiefe hin. Die Belastung der Bodenluft erstreckte sich prinzipiell ¨uber den gesamten Bereich des Betriebs-geb¨audes und umfaßte eine Fl¨ache von ca. 35 m x 35 m. Außerhalb des Geb¨audes wurden im wesentlichen Konzentrationen von ª 5,0§10¨ 6 kg© m3(Summe LCKW) gemessen. Die Belas-tung ist somit auf das Betriebsgeb¨aude beschr¨ankt.

Vom 28.03.1993 bis zum 11.10.1993 sowie vom 16.11.1993 bis zum 13.12.1993 wurden zwei Absaugversuche durchgef¨uhrt. Hierzu wurde ein aktiver Brunnen (B1) bis in eine Tiefe von 9 m unter Gel¨andeoberkante (GOK) ausgebaut. Zus¨atzlich wurden vier Reichweitenpe-gel in einer Entfernung von 2 bis 10 m vom aktiven Brunnen B1 entfernt eingebracht und bis in eine Tiefe von 7 m ausgebaut. W¨ahrend des ersten Absaugversuchs sanken die LCKW-Konzentrationen von ca. 1,6§10¨ 2 kg© m3 bis auf etwa 9,5§10¨ 4 kg© m3 (Summe LCKW). Im zweiten Absaugversuch sanken die Konzentrationen von etwa 6,0§10¨ 4 kg© m3 bei Versuchs-beginn auf ca. 9,0§10¨ 5kg© m3(Summe LCKW) bei Versuchsende. Der Volumenstrom bei der Absaugung betrug im Mittel 32 m3© h. Der Massenaustrag wurde f¨ur den ersten Versuch mit 34 kg, f¨ur den zweiten Absaugversuch mit 5,5 kg errechnet. Die erzielte Reichweite des aktiven Brunnens betrug in 7 m Tiefe ca. 8 m und in den Tiefenbereichen 3 bis 5 m ca. 6 m.

Boden (feste Phase) Anhand der Rammkernsondierungen zwischen 1991 und 1993 wurden im Schadenschwerpunkt LCKW-Konzentrationen von ca. 2,0§10¨ 6 bis 6,5§10¨ 6 kg© kg (Sum-me LCKW) festgestellt. In den Bodenproben wurden erh¨ohte Konzentrationen von cis-1,2-Dichlorethen gemessen. Dies deutet auf im Boden stattfindende biologische Abbauvorg¨ange hin.

Im August 1999 wurden zehn weitere Brunnen (B2-B11) installiert (Abbildung 3.21). Bei diesen Bohrungen wurden zus¨atzliche Bodenproben entnommen und auf LCKW untersucht.

Hierbei wurden in drei Bohrungen (B2, B4, B10) keine LCKW in der festen Phase nachge-wiesen. In den Bohrungen B3, B5, B6, B8 und B11 lagen nur geringe LCKW-Konzentrationen vor (ª 1,0§10¨ 7 kg© kg, Summe LCKW). Die h¨ochsten Konzentrationen wurden in der Boh-rung B7 (7,1§10¨ 7bis 4,51§10¨ 6 kg© kg, Summe LCKW) und in der Bohrung B9 (1,7§10¨ 7bis 1,31§10¨ 6 kg© kg, Summe LCKW) festgestellt. In diesen Bohrungen wurden in jeder Tiefen-stufe erh¨ohte LCKW-Konzentrationen nachgewiesen. Hauptbestandteil der LCKW-Belastung bildet TCE. Eine reine NAPL-Phase war in allen Bodenproben nicht existent. In der Bohrung B7 wurden zus¨atzlich LCKW-Konzentration im Eluat der Bodenproben bestimmt (Medium:

destilliertes Wasser, Batchversuchsdauer: 24 h). Die Eluat-Konzentrationen waren mit Werten zwischen 1,0§10¨ 7und 2,8§10¨ 6kg© m3verh¨altnism¨aßig gering und deuten auf eine eher h¨ohere Sorptionskapazit¨at der festen Phase.

3.3.2.2 Geologische Situation

Unter GOK steht eine geringm¨achtige Auff¨ullung ¨uber quart¨arem L¨oß und L¨oßlehm an. Dar-unter folgt zersetzter bis entfestigter Ton- und Tonmergelstein des mittleren Keupers. F¨ur den Einbau der Brunnen B2-B11 wurden im August 1999 insgesamt 10 Schneckenbohrungen bis maximal 10 m bzw. 12,3 m unter GOK abgeteuft. Die Grundwasseroberfl¨ache liegt bei 12,5 m bis 13 m unter GOK. Das gewonnene Bohrgut wurde tiefengerecht in Kernkisten ausgelegt. F¨ur bodenmechanische Laborversuche wurde je 0,5 m eine gest¨orte Probe entnommen. Zur Beur-teilung des Baugrunds wurden die Bohrungen B2, B4, B5 und B8 anhand des in den Kernkisten ausgelegten Bohrguts und der gest¨orten Proben aufgenommen und bewertet.

Schichtenbeschreibung

Auff ¨ullung Bei allen Bohrungen wurde zuerst die ca. 20 cm dicke Bodenplatte aufgebro-chen. Darunter folgt in den Bohrungen B4, B5 und B8 eine 20 cm bis 40 cm dicke Schotter-tragschicht aus schwach schluffigem, sandigem Kies. In der Bohrung B2 fehlt die schicht. Dort wurde unterhalb der Bodenplatte und in der Bohrung B8 unter der

Schottertrag-schicht bis ca. 1 m bzw. 1,5 m unter GOK eine Auff¨ullung aus nat¨urlichen B¨oden angetroffen.

Die Auff¨ullung besteht aus sandig-kiesigem bzw. schwach sandigem, tonigem Schluff.

L¨oß und L¨oßlehm Unterhalb der Auff¨ullung bzw. der Schottertragschicht folgt im ge-samten Baubereich bis ca. 7 m (B5 und B8) bzw. bis 9,5 m (B2 und B4) quart¨arer L¨oß und L¨oßlehm. Die Schichtdicken betragen somit Bereich von B5 und B8 ca. 5,5 m bis 6 m und im Bereich von B2 und B4 ca. 8 m. Nach den Ergebnissen der durchgef¨uhrten Untersuchungen liegt der L¨oß und L¨oßlehm als schwach feinsandiger, schwach toniger bis toniger Schluff vor.

Der Tonanteil liegt zwischen 15 % und 27 %. Der Sandanteil wurde mit 2 % bis 5 % ermit-telt. Die Korndichten « s liegen im oberen Bereich der L¨oßlehmschicht (B2: 1,5 m bis 5,5 m, B8: 1,5 m bis 3,0 m) bei 2663 kg© m3 bis 2675 kg© m3. In den unteren Bereichen liegen die Korndichten geringf¨ugig h¨oher: 2708 kg© m3bis 2722 kg© m3.

Die an 32 Proben aus den Bohrungen B2, B4, B5 und B8 bestimmten Wassergehalte (Was-sermassenprozente)¬ mdes L¨oßlehms liegen zwischen 15,5 % und 22,1 % (Mittelwert: 18,9 %).

Der Wassergehalt nimmt tendenziell mit der Tiefe zu. Im tieferen Bereich ist die gr¨oßte Streuung der Wassergehalte des L¨oßlehms erkennbar. Dabei ist hinsichtlich der Wassergehaltsverteilung

¨uber die Tiefe festzustellen, dass die Wassergehalte von GOK bis ca. 3 m unter GOK zwischen 16 % und 18 % liegen, und darunter bis zum Gipskeuper bei ca. 7 m bzw. ca. 9,5 m unter GOK zwischen 18 % und 22 %.

Gipskeuper Unterhalb des L¨oß und L¨oßlehms folgt im gesamten Sanierungsbereich bis in gr¨oßere Tiefen zersetzter bis entfestigter Ton und Tonmergelstein des mittleren Gipskeupers.

Das gef¨orderte Bohrgut wurde als schwach kiesiger, schwach sandiger, schluffiger Ton bis hin zu sandigem, schluffig-tonigem Feinkies eingestuft. An zwei aus den Bohrungen B2 (in Tiefen 10 m bis 12 m unter GOK) und B8 (in Tiefen zwischen 7,5 bis 9 m unter GOK) entnommenen Bodenproben wurden die Korngr¨oßenverteilungen bestimmt (Tabelle 3.5). Der Tonanteil liegt bei 31 % bzw. 36 %. Der Sand- und Feinkiesanteil wurde mit 12 % ermittelt. Die Korndichten« s wurden ermittelt zu 2570 kg© m3und 2614 kg© m3. Die an 37 Proben bestimmten Wassergehalte

¬ mdes Gipskeupers liegen zwischen 9,1 % und 25,8 % (Mittelwert: 18,1 %). Die Wassergehal-te nehmen Wassergehal-tendenziell mit der Tiefe ab, wobei ab Tiefen von ca. 10 m unWassergehal-ter GOK eine deutlich h¨ohere Streuung der nat¨urlichen Wassergehalte festellbar ist.

3.3.2.3 Gestaltung und Inbetriebnahme der Anlage

Zur Sanierung stehen insgesamt 11 Brunnen (wahlweise aktiv oder passiv, Durchmesser: 2 Zoll bzw. 5,08 cm), B1 bis B11, zur Verf¨ugung (Abbildung 3.21). B1 wurde im Rahmen der fr¨uher

Tabelle 3.5: Korngr¨oßenverteilungen in den Bohrungen B2 und B8.

Brunnen Tiefe ­m® ¯ k°²± ­m® ¯ k³²± ­m® ¯ k´²± ­m® ¯ kµ¶±²± ­m® B2 2,0 - 5,0 1,0§10¨ 5 2,3§10¨ 5 5,0§10¨ 5 2,0§10¨ 3 B2 5,5 5,0§10¨ 6 2,1§10¨ 5 5,1§10¨ 5 4,0§10¨ 3 B2 6,5 - 9,5 7,0§10¨ 6 2,4§10¨ 5 5,3§10¨ 5 4,0§10¨ 3 B2 10,0 - 12,0 2,0§10¨ 6 1,5§10¨ 5 1,3§10¨ 4 8,0§10¨ 3 B8 2,0 - 3,0 3,0§10¨ 6 2,3§10¨ 5 5,1§10¨ 5 4,0§10¨ 3 B8 5,0 - 6,5 1,1§10¨ 5 2,3§10¨ 5 5,0§10¨ 5 2,0§10¨ 3 B8 7,5 - 9,0 ª 1,5§10¨ 6 1,3§10¨ 5 9,0§10¨ 5 4,0§10¨ 3

durchgef¨uhrten Absaugversuche errichtet und ist bis zu einer Tiefe von 9 m unter GOK aus-gebaut. Die Filterstrecke reicht von 1 m bis 9 m Tiefe. Die neu angelegten Brunnen B2 bis B11 sind bis in Tiefen von 10 m bis 12 m ausgebaut. Durch das Anbringen von Packern kann die Lage der Filterstrecke bei diesen Brunnen entsprechend angepasst werden. Zur Vermeidung von Schrumpfungen durch eine Entw¨asserung der bindigen Bodenschichten w¨ahrend der Ab-saugung wurden die Filterstrecken bei diesen Brunnen, abgesehen von B7 und B9 aufgrund der dort h¨oheren Schadstoffbelastung in der festen Phase, erst ab einer Tiefe von 4,0 m unter GOK freigesetzt (Tabelle 3.6).

Die Lage der Brunnen wurde so angeordnet, dass bei den zu erwartenden Reichweiten von 6 m bis 8 m das gesamte Schadenzentrum vollst¨andig erfasst wird; dabei mussten auch r¨aum-liche Gegebenheiten (betriebr¨aum-liche Belange, unterirdische Versorgungsleitungen) ber¨ucksichtigt werden.

Der Betrieb der Anlage erfolgt automatisch ¨uber eine zentrale elektrische Steuerung. Mit Hilfe eines Frequenzumrichters kann der Nenn-Volumenstrom der Vakuumpumpe zeitlich kon-stant gehalten werden: · g ¸ 185 Norm-m3© h zwischen 40 und 60 Hz, bzw. 2400 und 3600 UPM. Die verwendete Vakuumpumpe hat einen elektrischen Energiebedarf von 400 V und 4,5 KW.

Die Anlage wurde am 6. November 2000 (9:15 Uhr) erstmalig in Betrieb genommen. Hier-bei wurden an den aktiven Brunnen (B1 - B11) nach etwa 2, 4, 6 und 24 Stunden Gasproben entnommen sowie Temperatur und Volumenfluss gemessenen. Der Brunnen B2 wurde zugun-sten eines h¨oheren Volumenstroms am Brunnen B10 bereits nach 2 Stunden passiviert. Die Anlage lief durch Auftreten eines technischen Defekts der Vakuumpumpe weniger als 48 Stun-den. Deswegen erfolgte ein zweiter Start am 9. Januar 2001 (10:15 Uhr). Hierbei wurden an den aktiven Brunnen (B1, B3 - B11) zun¨achst im Tagesrhythmus, dann im Wochenrhythmus Gasproben entnommen sowie Temperatur und Volumenfluss gemessen.

Tabelle 3.6: Tiefe der Brunnen und Lage ihrer Filterstrecken

Brunnen Tiefe ­m® Filterstrecke­m®

B1 9 1,0 ¹q¹q¹ 9,0

B2 12 4,0 ¹q¹q¹ 9,5

B3 10 4,0 ¹q¹q¹ 9,5

B4 10 4,0 ¹q¹q¹ 9,5

B5 12 4,0 ¹q¹q¹ 12,0

B6 10 4,0 ¹q¹q¹ 9,5

B7 10 1,0 ¹q¹q¹ 9,5

B8 10 4,0 ¹q¹q¹ 9,5

B9 10 1,0 ¹q¹q¹ 9,5

B10 10 4,0 ¹q¹q¹ 9,5

B11 12 4,0 ¹q¹q¹ 12,0

Die LCKW-Konzentrationen in den entnommen Gasproben waren in der ersten Betriebsphase im November deutlich h¨oher als in der zweiten Betriebsphase im Januar (Tabelle 3.7 und 3.8).

Es ist davon auszugehen, dass dies mit den deutlich niedrigeren Volumenfl¨ussen· gim Novem-ber, aber auch mit den deutlich h¨oheren Bodentemperaturenº hinsichtlich ihres Einflusses auf die Fl¨uchtigkeit, das Sorptions- und Diffusionsverm¨ogen der LCKW zusammenh¨angt. In der ersten Betriebsphase (Dauer: 24 Stunden) war außerdem eine st¨andige Konzentrationsabnahme an den aktiven Brunnen zu messen (Abbildung 3.22 a), c), e)). Am Brunnen mit den h¨ochsten LCKW-Konzentrationen (B7) erfolgte dies sogar proportional zu den Henry-Koeffizienten der LCKW (vgl. mit Anhang C). In der zweiten Betriebsphase (Dauer: 43 Tage) waren hingegen an den aktiven Brunnen stark schwankende LCKW-Konzentrationen zu beobachten (Abbildung 3.22 b), d), f)). Es ist anzunehmen, dass diese Schwankungen sowohl mit den wechselnden Tem-peraturen (Einfluss auf Fl¨uchtigkeit, Sorptionsverm¨ogen und Diffusionsverm¨ogen), als auch mit den wechselnden Feuchteverh¨altnissen im Boden, bez¨uglich ihres Einflusses auf die relative Permeabilit¨at, siehe hierzu Abschnitt 2.1.4.3, in Verbindung stehen.