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2   Literaturübersicht

2.2   Fischseuchengesetzgebung

2.3.2   Epidemiologie und Seuchenentwicklung der VHS, IHN und KHV-

2.3.2.3   IHN: Beschreibung, Epidemiologie und

Die infektiöse hämatopoetische Nekrose ist eine anzeigepflichtige Erkrankung vira-ler Genese, die wie bei der VHS mit hohen Verlusten und somit erheblichen wirt-schaftlichen Einbußen einhergehen kann (BAUR & RAPP, 2003; TSBH, 2010). Die IHN wurde erstmalig im Jahr 1953 an der Westküste Nordamerikas bei Nerka-Lachsen aus Aquakultur festgestellt (RUCKER et al., 1953), während die Virusiso-lierung erst im Jahr 1969 gelang (WINGFIELD et al., 1969). Das IHNV gehört, wie das VHSV, zur Familie der Rhabdoviren (BOOTLAND & LEONG, 1999).

Die IHN wurde im Jahr 1987 über Frankreich nach Europa eingeschleppt (BAUR &

RAPP, 2003) und 1992 über eine italienische Lieferung von Regenbogenforellen nach Bayern und Niedersachsen verschleppt. Seitdem ist die IHN auch in Deutsch-land existent (SCHLOTFELDT & KLEINGELD, 1992). Dänemark, IrDeutsch-land, FinnDeutsch-land, Schweden, das Vereinigte Königreich und Zypern gelten gemäß dem Beschluss 2009/975/EU innerhalb der EU als flächendeckend frei von der IHN.

Als empfängliche Arten für die IHN gelten ausschließlich Salmonidenspezies. Eine Auflistung aller empfänglicher Arten nach der Richtlinie 2006/88/EG ist in Tabelle

2.8 dargestellt. Infektionsversuche mit aus Europäischen Aalen isolierten IHN-Viren führten zur Erkrankung bei Regenbogenforellen (BERGMANN et al., 2003).

Insbesondere bei größeren Fischen können IHN-Erkrankungen häufig stumm und unerkannt verlaufen. Jungfische, die eine Infektion mit IHNV überstanden haben, erkranken nicht mehr, gelten jedoch wahrscheinlich lebenslang als Überträger der IHN. Diese Fische scheiden ständig Viruspartikel über Kot und Urin aus. Während der Laichzeit kann jedoch eine vermehrte Virusausscheidung beobachtet werden (BOOTLAND & LEONG, 1999; BAUR & RAPP, 2003; HOFFMANN, 2005). Probe-nahmen zur Untersuchung auf IHNV sollten daher vorzugsweise während der Laichzeit erfolgen (TSBH, 2010).

Die klinische IHN-Symptomatik gleicht die der VHS. Dunkelverfärbung, Exopthal-mus, Blutungen an den Flossenansätzen, in der Haut und im Auge, Anämie des Kiemengewebes sowie apathisches Verhalten können beobachtet werden. Bei Brütlingen sind häufig Blutungen im Dottersack festzustellen.

Im Hinblick auf die pathologisch-anatomischen Veränderungen sind im Vergleich zur VHS die punkt- oder kommaförmigen Blutungen in der Muskulatur bei der IHN häufig weniger ausgeprägt. Dahingegen besteht oft eine hochgradige Anämie, die durch eine Blässe der Muskulatur sowie der inneren Organe sichtbar wird. Beim Sektionsbefund fallen vor allem feine Blutungen im viszeralen Fettgewebe auf (SCHLOTFELDT & ALDERMAN, 1991; BOOTLAND & LEONG, 1999; BAUR &

RAPP, 2003; TSBH, 2010).

Die Diagnose der IHN erfolgt nach Maßgabe der Fischseuchenverordnung in Ver-bindung mit der Aquakulturrichtlinie. Für eine amtliche Feststellung bedarf es des Erregernachweises im Immunfluoreszenztest oder ELISA oder der Virusanzucht und -identifizierung mittels Neutralisationstest, Immunfluoreszenztest oder ELISA (TSBH, 2010).

Die IHN äußert sich nur bei Temperaturen unter 15 °C klinisch manifest. Die höch-sten Mortalitäten sind bei einer Wassertemperatur zwischen 10 und 12 °C zu beo-bachten. Die Inkubationszeit beträgt zwischen fünf und fünfzehn Tagen, ist aber vor allem von der Wassertemperatur abhängig. Im Vergleich zu der VHS kann es bei der IHN, insbesondere bei Brütlingen und Jungfischen, zu deutlich höheren

Mortali-täten kommen (SCHLOTFELDT & ALDERMAN, 1991; BOOTLAND & LEONG, 1999; BAUR & RAPP, 2003; TSBH, 2010).

In Bezug auf die horizontale Übertragung und die Auswirkungen der Übertra-gungswege auf die Maßnahmen im Rahmen der Fischseuchenbekämpfung, wird auf die Ausführungen zu VHS unter 2.3.2.2 verwiesen. Die vertikale Übertragung der IHN wurde im Kapitel 2.3.2.1 bereits erörtert.

Zu der benötigten Infektionsdosis existieren keine absoluten Angaben. Bei Infekti-onsversuchen mittels Kohabitation hat sich die Besatzdichte als entscheidender Faktor herausgestellt (EFSA, 2007).

Zusammenfassende Darstellungen zur Tenazität des IHNV finden sich in BAUR &

RAPP (2003) und EFSA (2007). Danach erfolgt die Inaktivierung des IHNV bei ei-nem pH-Wert von 3 oder durch Austrocknen sehr rasch. Dahingegen zeigt sich das Virus vor allem im mittelharten bis hartem Wasser sehr stabil. Die Zeit zur Inaktivie-rung kann bei 10 °C Wassertemperatur bis zu neun Wochen betragen, insbesonde-re dann, wenn die Viinsbesonde-ren sich an Lehmpartikeln binden. Die Desinfektion von Tei-chen im SeuTei-chenfall erfolgt wie bei der VHS in der Regel durch Zugabe von Branntkalk. Ein pH-Wert von über 12 muss über einen Zeitraum von mindestens drei Tagen aufrecht erhalten werden, um eine sichere Inaktivierung des IHNV zu gewährleisten (Desinfektionsrichtlinie, 2009; TSBH, 2010). WORTBERG (2006) konnte nachweisen, dass IHNV im Ablaufwasser eines infizierten Bestandes nach Passage einer kommunalen Kläranlage nicht mehr infektiös ist.

Daten zu IHN-Ausbrüchen außerhalb Europas sind der WAHID-Datenbank (OIE, 2009) zu entnehmen. Demnach gab es in den Vereinigten Staaten und Japan im Jahr 2008 IHN-Feststellungen, jedoch ohne quantitative Angaben. In Kanada wur-de die VHS einmal nachgewiesen. Darüber hinaus gab es Nachweise wur-der IHN in Süd-Korea, allerdings ohne klinische Symptome. IHN-Verdachtsfälle wurden in China und Kanada festgestellt.

Die Auswertung der an das gemeinschaftliche Referenzlaboratorium für Fisch-krankheiten gelieferten Daten zeigt für das Jahr 2008, dass die Zahl der zum 31.12.2008 mit IHN infizierten italienischen Betrieben sehr hoch ist (130). Vier Be-triebe in Deutschland, jeweils drei BeBe-triebe in Frankreich und Belgien, jeweils zwei

Betriebe in den Niederlanden und Polen sowie ein Betrieb in Slowenien galten am 31.12.2008 als IHN-infiziert (OLESEN & NICOLAJSEN, 2009).

Nach Angabe von FICHTNER et al. (2009) gab es in Deutschland im Jahr 2008 lediglich sechs Neufeststellungen der IHN, die in der Tierseuchendatenbank TSN©

erfasst wurden. Ein langjähriger Trend kann nicht beobachtet werden. Im Vergleich zur VHS werden jedoch deutlich weniger IHN-Nachweise registriert.

Auf die Bedeutung der molekularen Epidemiologie für die Rückverfolgbarkeit von VHS- und IHN-Ausbrüchen wurde bereits im Kapitel 2.3.2.2 hingewiesen. NARDY et al. (2009) konnten anhand detaillierter Aufarbeitung der Handelswege und mit Hilfe molekularepidemiologischer Untersuchungen eine belastbare Annahme zur Ausbreitung des IHNV in einem Gebiet mit fünf IHN-infizierten Betrieben erstellen.

Wie bei der VHS sind IHN-Ausbrüche und daraus resultierende Bestandssanierun-gen mit hohen Kosten für die Tierhalter verbunden. Verlässliche Daten dazu wer-den in der Regel nicht veröffentlicht. Es kann jedoch davon ausgegangen werwer-den, dass die Höhe der Sanierungskosten die Existenz von Aquakulturbetrieben gefähr-den können.

2.3.2.4 KHV-Infektion: Beschreibung, Epidemiologie und Seuchenentwicklung