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3. Der Bindungsmodus von Inhibitoren der Pf GSK-3 79

3.2. Material und Methoden: Verbindungen und Software

3.2.1. Inhibitoren der Pf GSK-3

H2N

NH2

N S NC

Ar

CN

H2N

NH2

N S NC

Ar

O Ar

NH2

N S Ar

R H2-6C1-3

Klasse 1a

Klasse 1b

Klasse 2

1 2 4 3 5

6 7

Abbildung 3.1.|Aufteilung der Thienopyridine in die Klassen 1a, 1b und 2.

In Tabelle B.3 auf Seite 234 im Anhang sind alle Verbindun-gen aufgeführt, für die im Laufe der hier beschriebenen Unter-suchungen gemessene Aktivitäten an PfGSK-3 und HsGSK-3β zur Verfügung standen.2 Die Verbindungen lassen sich nach ih-rer Substitution am zugrunde liegenden Thieno[2,3-b]pyridin3 an den Positionen 5 und 6 in die Klasse 1 und 2 einteilen, wobei eine weitere Aufteilung der ersten Klasse in 1a und 1b gemäß ihrer Substitution an C2 sinnvoll erscheint (siehe Abb. 3.1).

Die Klasse 1 zeichnet sich durch eine 6-Amino-5-cyano-Sub-stitution am Grundkörper aus. Dabei ist die Position 2 in der Klasse 1a mit einer Nitrilgruppe substituiert, während in den Verbindungen der Klasse 1b das Thienoypyridin über eine Keto-funktion mit einem (zumeist weiter substituierten) aromatischen Kern verbunden ist. Die Klasse 2 ist zwischen den Positionen 5 und 6 mit einem gesättigten Ring anelliert (Cyclopentan bis

Cy-2Der Übersichtlichkeit halber sind alle Verbindungen dieses Datensatzes (in der Regel mit Thieno[2,3-b]-pyridin als Grundkörper) mit laufenden Nummern innerhalb der Tabelle – und nicht in der Reihenfolge ihres Erscheinens – versehen und werden entsprechend referenziert.

3Da es sich bei dem Grundkörper fast aller Verbindungen des Datensatzes um ein Thieno[2,3-b]pyridin handelt, wird dieser Heteroaromat im Folgenden vereinfachend als Thienopyridin bezeichnet.

N S NH2 NC

H2N

O

Cl I

40

- Subtitution mit Aroylrest erbringt Selektivität

- Cyano / unsubstituiertes Amid: aktiv, aber nicht selektiv - meta-Subtitution mit Chlor optimal

- andere elektronegative Substituenten werden akzeptiert - Aromat essentiell (Phenyl, Thienyl, [Indolyl])

- ortho-Substitution optimal

- Aktivitäten dann zunehmend I < Br < Cl, allerdings: F ungünstig - größere Reste (Methoxy, Ethoxy) schlecht

- anellierter Ring möglich (Verbindungen Klasse 2)

- allerdings nur 4 Verbindungen mit 2-Aroylsubstitution bekannt, weniger aktiv - in Kombination mit 2-Cyano hohe Aktivität, allerdings unselektiv

- Kombination aus substituiertem 5-Amid und 6-Methyl möglich, aber nicht selektiv (115, 117)

Abbildung 3.2.| Bekannte Struktur-Wirkungsbeziehungen der untersuchten Thienopyridine.

cloheptan). Als Substituent an C2 kann in Entsprechung zur Klasse 1 ein Nitril vorliegen, als kleiner Rest kommt ebenso ein Amid vor. Es gibt auch Verbindungen der Klasse 2 mit dem Substitutionsmuster der Klasse 1b an C2. Eine Aufteilung in die Klassen 2a und 2b ist in Ent-sprechung zur Klasse 1 demnach möglich. Sie wurde jedoch nicht durchgeführt, da dann mit 8 (Klasse 2a) und 4 (Klasse 2b) Verbindungen, für die diskrete Aktivitäten an der PfGSK-3 gemessen wurden, extrem kleine Gruppierungen entstanden wären, die nicht als repräsentativ eingeschätzt wurden.

3.2.1.1. Bekannte Struktur-Wirkungsbeziehungen

Im Rahmen der Synthese der Verbindungen durchBrandt[92] wurden bereits wichtige Aspek-te der Struktur-Wirkungsbeziehungen der Verbindungsklasse der Thienopyridine diskutiert.

Dabei war die Aufmerksamkeit auf die Klasse 1 gerichtet, da die im Rahmen der zitierten Ar-beit synthetisierten Derivate der Klasse 2 (129-131) inaktiv waren. Wichtige Punkte der in der oben zitierten Arbeit entwickelten Struktur-Wirkungsbeziehungen sollen hier im Folgenden rekapituliert werden, da sie als Ausgangspunkt für diese Arbeit von zentraler Bedeutung sind.

Sie sind zusammenfassend in Abbildung 3.2 dargestellt.

Die erste wichtige Feststellung ist der Zusammenhang zwischen einer 2-Aroylsubstitution des Grundkörpers der Verbindungen der Klasse 1b und der erwünschten Selektivität am plasmo-dialen Enzym. Alle Verbindungen, die der Klasse 1b angehören und Aktivität an derPfGSK-3 zeigen, sind auch selektiv. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass es zahlreiche Beispiele für Verbindungen gibt, die strukturell nahe verwandt sind mit der Hitstruktur40aus dem HTS und dennoch weder an derPfGSK-3 noch an der HsGSK-3β aktiv sind (z. B.82,86,88-100).

Für den Aroylsubstituenten wurde eine Substitution in meta-Stellung mit Chlor als günstigste Variante ermittelt. Für die resultierende Verbindung 77 wurde zunächst ein IC50 von 0.48 µM an der PfGSK-3 gemessen, bei einer Wiederholmessung mit 0.06 µM sogar das beste Ergebnis im Rahmen der Serie.

Die Thienopyridin-2-carbonitrile der Klasse 1a hingegen sind zwar aktiv, so lange der Substi-tuent an Position 2 des 4-Arylrestes nicht zu groß ist (Iod, Methoxy und Ethoxy werden nicht toleriert), aber nicht selektiv für diePfGSK-3. Der Aroylrest der Klasse 1b spielt offenbar eine entscheidende Rolle für die Selektivität der Substanzen an der PfGSK-3.

Ein weiterer wichtiger Befund ist, dass die Aktivität in Abhängigkeit vom Substituenten des 4-Arylrestes in Position 2 in der Reihe I < Br < Cl zunimmt (57<58<31; 68<75<78;

66<74<77). Die Aktivität scheint mit abnehmender Größe des Substituenten zu steigen.

Andererseits ist das Fluorderivat 84 inaktiv. Zudem gibt es aus dem Screeningdatensatz zwei Beispiele für nicht aktive Substanzen der Klasse 1b, die am 4-Arylrest unsubstituiert sind (106 und 97). Das einzige unsubstituierte Derivat der Klasse 1a (56) hingegen ist mit einem IC50

von 0.4µM an der PfGSK-3 eine vergleichsweise aktive Substanz.

Dass die fluorsubstituierte Verbindung keine Wirksamkeit zeigt, deutet auf hydrophobe Wech-selwirkungen durch die offenbar optimale Chlorsubstitution hin. Diese kann das Fluor mit sei-nem kleinen Radius und seiner hohen Elektronegativität nicht ausbilden – die Wirkungslosigkeit der unsubstituierten Derivate der Klasse 1b (106 und 97) wäre die folgerichtige Konsequenz.

Die Wirksamkeit von56bleibt allerdings widersprüchlich und kann nur so erklärt werden, dass die 2-Cyanosubstitution eine so entscheidende Rolle für die Interaktion mit dem Protein spielt, dass die Substitution des 4-Arylrestes vergleichsweise wenig ins Gewicht fällt.

Die beschriebenen Struktur-Wirkungsbeziehungen sind Ergebnis der Arbeit [92] und wurden an dieser Stelle als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen zusammengefasst.

3.2.1.2. Biologische Daten

Die biologischen Aktivitäten der Verbindungen wurden in den Laboratorien von L. Meijer (Station Biologique de Roscoff, Frankreich) ermittelt. Es wurde dazu ein Kinase-Assay unter Verwendung von radioaktivem ATP eingesetzt, um die inhibitorische Wirkung der Verbindun-gen an PfGSK-3 und Säuger-GSK-3 zu testen. Gemessen wurden Aktivitäten des jeweiligen Enzyms bei 8 bis 9 unterschiedlichen Konzentrationen der Inhibitoren, daraus wurde der IC50

als die Konzentration abgeleitet, bei der 50 % der maximalen Inhibition erreicht sind. Die ver-messenen Konzentrationen reichten von 0.005 bis 10 µM, zum Teil bis 100 µM [92].

Als Säuger-GSK-3 wurde nicht die HsGSK-3β eingesetzt (UniProt: P49841), sondern dieje-nige vom Schwein, Sus scrofa (UniProt: B2LUN4). Es kann davon ausgegangen werden, dass die so erhaltenen Ergebnisse die Werte für das humane Enzym gut repräsentieren, da sich die GSK-3 des Menschen von der des Schweines nur in 6 von 420 Aminosäuren unterscheidet. Damit ergibt sich eine Identität von 98.6 % und eine Ähnlichkeit von 99.0 % (Alignment und Werte:

PSI-BLAST über NCBI-GUI [135, 209], vgl. Abb. 3.3; Ähnlichkeit entsprechend zu S. 47 evolu-tionäre Ähnlichkeit). Die sich unterscheidenden Aminosäuren liegen nur in zwei der sechs Fälle in dem Bereich, der durch das Homologie-Modell beschrieben wird und keine der beiden liegt in der Bindetasche (Val40/Met40 bzw. Thr59/Ala59 in HsGSK-3β/SsGSK-3).

HsGSK 1 MSGRPRTTSFAESCKPVQQPSAFGSMKVSRDKDGSKVTTVVATPGQGPDRPQEVSYTDTK 60 SsGSK 1 MSGRPRTTSFAESCKPVQQPSAFGSMKVSRDKDGSKVTTMVATPGQGPDRPQEVSYTDAK 60

HsGSK 61 VIGNGSFGVVYQAKLCDSGELVAIKKVLQDKRFKNRELQIMRKLDHCNIVRLRYFFYSSG 120 SsGSK 61 VIGNGSFGVVYQAKLCDSGELVAIKKVLQDKRFKNRELQIMRKLDHCNIVRLRYFFYSSG 120 HsGSK 121 EKKDEVYLNLVLDYVPETVYRVARHYSRAKQTLPVIYVKLYMYQLFRSLAYIHSFGICHR 180 SsGSK 121 EKKDEVYLNLVLDYVPETVYRVARHYSRAKQTLPVIYVKLYMYQLFRSLAYIHSFGICHR 180 HsGSK 181 DIKPQNLLLDPDTAVLKLCDFGSAKQLVRGEPNVSYICSRYYRAPELIFGATDYTSSIDV 240 SsGSK 181 DIKPQNLLLDPDTAVLKLCDFGSAKQLVRGEPNVSYICSRYYRAPELIFGATDYTSSIDV 240 HsGSK 241 WSAGCVLAELLLGQPIFPGDSGVDQLVEIIKVLGTPTREQIREMNPNYTEFKFPQIKAHP 300 SsGSK 241 WSAGCVLAELLLGQPIFPGDSGVDQLVEIIKVLGTPTREQIREMNPNYTEFKFPQIKAHP 300 HsGSK 301 WTKVFRPRTPPEAIALCSRLLEYTPTARLTPLEACAHSFFDELRDPNVKLPNGRDTPALF 360 SsGSK 301 WTKVFRPRTPPEAIALCSRLLEYTPTARLTPLEACAHSFFDELRDPNVKLPNGRDTPALF 360 HsGSK 361 NFTTQELSSNPPLATILIPPHARIQAAASTPTNATAASDANTGDRGQTNNAASASASNST 420 SsGSK 361 NFTTQELSSNPPLATILIPPHARIQAAASTPSNATAASDTNAGDRGQTNNTASASASNST 420 Abbildung 3.3. | Sequenzalignment von HsGSK-3β und SsGSK-3. Nur der unterstrichene Bereich wird durch das Homologie-Modell beschrieben. In diesen fallen die beiden Unterschiede Val40/Met40 bzw.

Thr59/Ala59 in HsGSK-3β/SsGSK-3. Beide befinden sich relativ weit (etwa 13 bzw. 19 Å) von der Bindetasche entfernt, so dass durch den Unterschied kein wesentlicher Einfluss auf die Affinität ATP-kompetitiver Inhibitoren zu erwarten ist.