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Berücksichtigung der menschlichen Faktoren bei der Entwicklung der Anlage

organisatorische Aspekte

6.2 Berücksichtigung der menschlichen Faktoren bei der Entwicklung der Anlage

Angaben des Gesuchstellers

Der Gesuchsteller erläutert, wie er im Rahmen eines so genannten HOF-Vorhabens beabsichtigt, die menschlichen und organisatorischen Faktoren in allen Lebensphasen der Anlage zu berücksich-tigen. Die Ausführungen bzw. das präsentierte Vorhaben gründen auf der Annahme, dass das Per-sonal einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit der Anlage und zur «Defence-in-Depth» leistet.

Das HOF-Vorhaben basiert auf den folgenden Grundsätzen:

•   kontinuierliche, genaue und strukturierte Berücksichtigung der HOF durch den Gesuchstel-ler in allen Etappen der Projektierung, des Baus, des Betriebs und der Stilllegung der Anlage;

•   Erfüllung der nationalen und internationalen Anforderungen auf dem HOF-Gebiet;

•   multidisziplinäre Berücksichtigung der HOF von der Projektierung an;

•   Berücksichtigung des HOF-Erfahrungsrückflusses;

•   iterative Berücksichtigung der HOF im Verlauf des Projekts;

•   Erstellung, Prüfung und Genehmigung der Entscheidungsgründe des HOF-Vorhabens ent-sprechend den Prozessen und Vorhaben des Qualitätsmanagementprogramms des Projekts.

Das HOF-Vorhaben bezieht sich auf alle Zustände der Anlage sowie auf alle Betriebs-, Instand-haltungs-, Versuchs- und Logistikaktivitäten, insbesondere wenn sie sicherheitsbezogen sind, sich auf die Umwelt auswirken können oder in einer für das Personal gefährlichen Umgebung stattfinden. Es geht dabei also um die Gestaltung der Arbeitsmittel (technischer Art, beispiels-weise Mensch-Maschine-Schnittstellen im Kommandoraum – und organisatorischer Art, bei-spielsweise Betriebsvorschriften) und der Organisation (beibei-spielsweise Festlegung von Arbeitsab-läufen).

Der Gesuchsteller ist für die Festlegung und Umsetzung des HOF-Vorhabens zuständig. Ein HOF-Koordinator wird ernannt, welcher dem technischen Leiter des EKKM-Projekts zugeordnet ist. Der HOF-Koordinator sorgt für die Vernetzung der Kompetenzen aus den verschiedenen Fachbereichen, um eine multidisziplinäre Berücksichtigung der HOF von der Projektierungsphase an zu fördern.

Im Sicherheitsbericht zum Rahmenbewilligungsgesuch wird das HOF-Vorhaben für die ver-schiedenen Projektphasen bzw. Lebensphasen der Anlage (Projektierung, Bau, Betrieb, Stillle-gung) beschrieben. Dabei wird für jede Phase beschrieben, welche Ziele verfolgt werden und wel-che Aktivitäten damit verbunden sind.

Beurteilungsgrundlagen

Art. 23 KEV verlangt unter Bst. a Ziffer 4, dass der Gesuchsteller für eine Rahmenbewilligung den Sicherheitsbericht einzureichen hat, aus dem die wichtigen personellen und organisato-rischen Angaben hervorgehen. Diese Anforderung wurde vom ENSI dahingehend präzisiert, dass unter anderem Angaben zur Berücksichtigung der menschlichen und organisatorischen Faktoren bei der Projektierung und Auslegung der Anlage gemacht werden müssen (siehe auch Kapitel 3 und 6.1).

Weitere Beurteilungsgrundlagen sind der KEV (Art. 7 Bst. a, Art. 10 Abs. 1 Bst. j), der Conven-tion on Nuclear Safety (Art. 12, Art. 18 clause iii, [101]) sowie den Safety Standards der IAEA (ins-besondere Safety Fundamentals SF-1, Fundamental Safety Principles Nr. 3 «Leadership and Management for Safety» § 3.14 [102] und Safety Requirements NS-R-1, § 5.50 [115]) zu entneh-men.

Beurteilung des ENSI

Der Gesuchsteller verpflichtet sich, die menschlichen und organisatorischen Faktoren in allen Lebensphasen der Anlage, von der Projektierung bis zur Stilllegung, zu berücksichtigen. Dazu präsentiert er ein so genanntes HOF-Vorhaben und beschreibt dessen Grundsätze,

Gegenstands-bereich, Etappen und Vorgehensweisen. Damit bekundet der Gesuchsteller, dass er dem Projekt für den Bau des neuen Kernkraftwerks eine sozio-technische Sichtweise zugrunde legt und sich der Wichtigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung und Gestaltung der technischen, menschlichen und organisatorischen Aspekte bewusst ist. Das HOF-Vorhaben berücksichtigt eine Reihe von vom ENSI als zentral beurteilten Grundsätzen, namentlich eine kontinuierliche, strukturierte und iterative Berücksichtigung der menschlichen und organisatorischen Faktoren unter Berücksichti-gung bestehender Betriebs- und Projekterfahrung sowie eine multidisziplinäre Projektorganisa-tion, welche auch spezifische Fachkompetenzen im Bereich der menschlichen und organisato-rischen Faktoren umfasst und die Erfahrungen und Belange der zukünftigen Benutzer der zu gestaltenden Gegenstände (beispielsweise technische und administrative Arbeitsmittel, Organi-sationsstrukturen usw.) berücksichtigt. Das ENSI begrüsst diese Absichtserklärung ausdrücklich und möchte eine Reihe von Punkten würdigen:

•   Das beschriebene HOF-Vorhaben ist umfassend. Es bezieht sich explizit auf alle Zustände  in allen Lebensphasen der Anlage und auf alle Betriebs-, Instandhaltungs-, Versuchs- und Logistikaktivitäten, welche sicherheitsbezogen sind, sich auf die Umwelt auswirken kön-nen oder in einer für das Personal gefährlichen Umgebung stattfinden. Es bezieht, neben den Aufgaben, welche vom Betriebspersonal ausgeführt werden, explizit auch die übrigen Tätigkeiten ein, namentlich jene, welche durch das Instandhaltungspersonal ausgeübt werden. Ausserdem beschränken sich die Betrachtungen nicht auf die Arbeitsmittel und -plätze im (Haupt-) Kommandoraum, sondern umfassen auch lokale Arbeitsmittel in der Anlage, Gebäude und Räumlichkeiten, Kommunikationssysteme, Arbeitsmethoden, Vor-schriften etc.

•   Der  Gesuchsteller  beabsichtigt,  die  Berücksichtigung  der  menschlichen  und  organisato-rischen Faktoren in die Projektorganisation zu integrieren. Ein so genannter HOF-Koordina-tor, welcher direkt dem technischen Leiter des EKKM-Projekts zugeordnet ist, soll das gesamte Vorhaben steuern. Damit setzt der Gesuchsteller ein klares Zeichen und schafft eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass den menschlichen und organisatorischen Fak-toren im gesamten Projekt ein angemessener Stellenwert beigemessen wird.

•   Der Gesuchsteller bekennt sich zu seiner Verantwortung für die Festlegung und Umsetzung  des HOF-Vorhabens. Das ENSI bekräftigt diesen Grundsatz. Die Verantwortung für die Berücksichtigung der menschlichen und organisatorischen Faktoren darf und kann nicht an den (bzw. die) Hersteller der Anlage delegiert werden, obschon dieser seinerseits ebenfalls mehr oder weniger umfassende Programme zur Berücksichtigung der menschlichen und organisatorischen Faktoren implementiert bzw. implementieren sollte. Die Gesamtverant-wortung für das projektspezifische HOF-Vorhaben obliegt jederzeit der Gesuchstellerorga-nisation. Dies impliziert u. a. auch, dass die Arbeiten im Zusammenhang mit der Erarbeitung bzw. weiteren Konkretisierung des HOF-Vorhabens im Anlagenausschreibungsverfahren berücksichtigt werden müssen.

Der Gesuchsteller übertrifft mit dem beschriebenen HOF-Vorhaben die vom ENSI formulierten Anforderungen an das Rahmenbewilligungsgesuch hinsichtlich des Konkretisierungs- und Detail-lierungsgrads der Angaben zur Berücksichtigung der menschlichen und organisatorischen Fak-toren deutlich.

Für die zukünftigen Projektphasen erwartet das ENSI, dass der Gesuchsteller im Zusammen-hang mit der Vorbereitung des Baubewilligungsgesuchs das HOF-Vorhaben konkretisiert und ein Programm zur Berücksichtigung der menschlichen und organisatorischen Faktoren bei der Pro-jektierung und Auslegung und beim Bau der Anlage erstellt und einreicht (Auflagenvorschlag, siehe weiter unten).

Zusammenfassende ENSI-Beurteilung der Angaben zu den menschlichen und organisatorischen Aspekten

Die Notwendigkeit einer systematischen, umfassenden und frühzeitigen Berücksichtigung der menschlichen und organisatorischen Faktoren in ein Projekt zum Bau eines neuen Kernkraft-werks ist heute unbestritten und wird auch vom Gesuchsteller im Sicherheitsbericht zum Rah-menbewilligungsgesuch anerkannt. Aufgrund der Bedeutung dieser Aspekte formuliert das ENSI den folgenden Auflagenvorschlag:

Auflage 6:

Die EKKM AG hat für die Projektierung und Auslegung der Anlage ein Programm zur Berück-sichtigung der menschlichen und organisatorischen Faktoren zu implementieren. Das ENSI über-prüft das Programm und dessen Umsetzung ab Beginn der Projektierungsphase.

7 Sicherung

Mit dem Gesuch um Erteilung der Rahmenbewilligung für das EKKM wurde auch der Sicherungs-bericht [3] eingereicht.

Der Schutz von Kernanlagen und Kernmaterialien vor Sabotage, gewaltsamen Einwirkungen oder Entwendung muss auf einer in die Tiefe gestaffelten Abwehr beruhen, welche bauliche, technische, organisatorische, personelle und administrative Massnahmen beinhaltet (Art. 9 und Anhang 2 KEV).

Im Rahmenbewilligungsgesuch müssen diese Massnahmen in groben Zügen beschrieben wer-den. Eine detaillierte Beschreibung der Sicherungsmassnahmen ist erst in späteren Gesuchen (Bau- und Betriebsbewilligungsgesuch) vorgesehen; diese ist dann in geeigneter Weise zu klassi-fizieren, wobei die Informationsschutzverordnung [84] sinngemäss angewendet werden kann.