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In den Kapiteln 2.2 und 2.3 wurde die Berücksichtigung der Lage im zwei- und dreidimensionalen Raum durch räumliche Interpolation angesprochen. In diesem Kapitel soll ein Weg zur Aufklärung desjenigen Teiles der Zielvariablenvarianz beschrieben werden, der auf weitere lageabhängige Gegebenheiten und räumliche Situationen an den Meßstellen zurückgeführt werden kann. Der Grundgedanke ist hier, daß die Ausprägung der Zielvariable an den Meßorten zumindest teilweise durch die räumliche Meßsituation bestimmt wird. Ziel muß es sein, diese Meßsituation durch geeignete räumliche Variablen zu beschreiben (vgl. Kap 3).

Variablen zur Beschreibung der Meßsituation wie z. B. die Hangneigung können durch die Verwendung eines geographischen Informationssystems (GIS) und eines geeigneten digitalen Höhenmodells (DHM) berechnet oder auf anderem Weg hergeleitet werden (s. Kap. 3.4). Sie können als Regressoren im Rahmen einer Regressionsanalyse zur Aufklärung der räumlichen Varianz einer Zielvariablen herangezogen werden (vgl. Kap. 2.5 und Statistiklehrbücher wie HARTUNG, 1995).

Dabei muß vor allem auf die Interpretierbarkeit des Zusammenhangs der Regressoren mit der Zielvariablen geachtet werden (s.a. GÜßEFELDT, 1997). Nur der Beitrag eines interpretierbaren Regressors zur Varianzaufklärung der Zielvariablen kann auf Plausibilität überprüft werden. Nur bei plausiblen Modellen kann davon ausgegangen werden, daß das Erklärungspotential des Regressors über die konkrete Stichprobe hinaus auch für das gesamte Zielgebiet der Regionalisierung besteht.

Die Einbindung räumlicher Variablen in ein Regionalisierungsmodell richtet sich zunächst nach ihren Eigenschaften. Handelt es sich um metrische Variablen wie z. B.

Geländehöhe, so kann der Zusammenhang zwischen abhängiger Variable (y) und räumlicher Variable (Regressor v) durch eine (lineare) Regression mit den Residuen Hi beschrieben werden:

y(xi) = b0 + b1v(xi) + Hi ( 8 )

Kap. 2 Regionalisierungsmethodik Die Verwendung mehrerer Regressoren vi mit i=1,2,...,p führt zur Erweiterung der Regressionsgleichung:

y(xi) = b0 + b1v1(xi) + b2v2(xi) + ... + bpvp(xi) + Hi ( 9 ) Die Parameter der Regressionsgleichungen b0, b1, ..., bp wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit durch die gewöhnliche Methode der kleinsten (Abweichungs-) Quadrate bestimmt (ordinary least squares = OLS; s. z. B. HARTUNG, 1995).

VENT-SCHMIDT (1985) erstellte mit Hilfe eines Regressionsmodells rasterorientierte Karten zur Verteilung der mittleren Lufttemperatur in Nordhessen. Angaben zur Repräsentanz der Meßstationen für das Untersuchungsgebiet sind auf die Verteilung der Geländehöhe beschränkt. Durch die Verwendung eines Höhengradienten konnten bereits 79 % der Varianz der mittleren Temperaturen erklärt werden. Weitere 6 % konnten durch Gradienten in Nord-Süd und Ost-West Richtung erklärt werden. Er konnte nicht auf ein spezielles GIS zurückgreifen und schätzte den Zielwert für jeden Rasterpunkt aus dem Meßwert der nächstgelegenen Meßstation und die Gradienten und den Lageunterschied zu dieser Meßstation. Diese Vorgehensweise fand in ähnlicher Weise auch bei STEINER & LEXER (1998) Verwendung.

Für sein Untersuchungsgebiet Zentral- und Hochasien ermittelte BÖHNER (1996) für 20 Untergebiete (8 bis 15 Meßstationen) mit potentiell homogenen Vertikalgradienten lineare Regressionsmodelle mit den Koordinaten und der Geländehöhe der Meßstationen als Regressoren. Für das „arithmetische Mittelzentrum“ eines jeden Untergebietes berechnete er sodann einen „Basiswert“

anhand der Regressionskonstante und der horizontalen Gradienten. Das regionalisierte Element (durchschnittliche Temperatur und durchschnittliche Niederschlagssumme) wurde sodann an jedem Rasterpunkt (7,3 km u 7,3 km) durch eine Dreiecksinterpolation der Basiswerte und der Vertikalgradienten der nächstgelegenen drei arithmetischen Mittelzentren berechnet. Eine solche Dreiecksinterpolation – allerdings ohne vorherige Unterteilung in homogene Untergebiete – verwendeten auch BURGA & PERRET (1998) für die Regionalisierung der Jahresmitteltemperatur ausgehend von 36 Meßstationen in der Schweiz. Dieses Verfahren bietet wie das im Zusammenhang mit der Arbeit von VENT -SCHMIDT (1985) dargestellte Verfahren den Vorteil einer exakten Schätzung an den Meßstellen. Allerdings wird dadurch eine Abschätzung des Regionalisierungsfehlers erschwert. Der Regressionsfehler kann bei BÖHNER (1996) nicht als Schätzer für den

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Regionalisierungsfehler verwendet werden, da die Interpolation von Regressionsergebnissen zwischen drei nächstgelegenen Stationen bzw. Mittelzentren zu anderen Ergebnissen führt als eine Anwendung des gefundenen Regressionsmodells für das gesamte Untersuchungs- oder Untergebiet. Zudem erscheint die bei BÖHNER (1996) durchgeführte lineare Interpolation zwischen Zentren homogener Untergebiete nicht konsequent. Wenn homogene Untergebiete ganz im Sinne herkömmlicher Regionalisierung gefunden und ausgeschieden wurden, sollten zur Regionalisierung in diesen Untergebieten nicht auch die Gebietsmittel benachbarter und damit andersartiger Stationskollektive berücksichtigt werden. Eine konsequente Unterteilung in Untergebiete erfordert jedoch die Festlegung von Grenzen und führt bei der Darstellung der Ergebnisse eventuell zu erheblichen Differenzen der Werte der regionalisierten Größe beiderseits der Grenzen. Eine Möglichkeit zur Behandlung dieser Problematik wird im Rahmen dieser Arbeit vorgestellt.

FELBERMEIER (1994) verwendete zur Regionalisierung von Niederschlag und Temperatur durch Regressionsanalyse geomorphologische Variablen als Regressoren. Er ließ in eine schrittweise Regressionsanalyse zusätzlich Transformationen (Potenzen) dieser Variablen und Kombinationen mehrerer Variablen eingehen. Die Verwendung von Transformationen und Kombinationen räumlicher Variablen schränkt die Interpretierbarkeit der Modelle ein, Plausibilität und Einfachheit der Modelle werden zugunsten der Bestimmtheitsmaße (Präzision) eingeschränkt. Die Unsicherheiten der Werte der verwendeten Variablen durch die Lagebestimmung der Niederschlagmeßstationen mit r1 km müssen dabei als hoch eingeschätzt werden (vgl. Kap. 3.1). LENZ et al. (1996) führen Probleme bei der Regression von Depositionsanreicherungsfaktoren auf die unbefriedigende Genauigkeit der von ihnen verwendeten räumlichen Variablen zurück.

BLENNOW & PERSSON (1998) konnten standardisierte Temperaturmessungen in einem Untersuchungsgebiet von ca. 3000 m u 3000 m durch die Regression mit den räumlichen Variablen Geländehöhe, Höhendifferenz zum Minimum in einer Umgebung von 200 m Radius (relative Höhe), sky view factor und Vorkommen von Moorböden regionalisieren. Die Messungen fanden in fünf klaren und windstillen Nächten im Sommer des Jahres 1991 zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens statt.

Die Regressionskoeffizienten der Geländehöhe und der Differenz zum

Kap. 2 Regionalisierungsmethodik Umgebungsminimum haben positive Werte, die auf Inversionslagen zurückgeführt werden, wie sie unter den beschriebenen Umständen zu erwarten sind. Negative Regressionskoeffizienten für den sky view factor und Moorböden belegen die erhöhte nächtliche Abkühlung durch Abstrahlung bzw. durch entsprechende Bodenbedingungen. In Bezug auf den Einfluß von Moorböden fehlt jedoch eine griffige physikalische Erklärung für dieses Phänomen. Der lineare Regressionsansatz bietet eine gute Interpretationsmöglichkeit der Ergebnisse. Durch die Beschränkung auf eine bestimmte Wettersituation und Jahreszeit sind die Ergebnisse nicht vergleichbar mit denen von Regionalisierungen langjähriger Mittelwerte, die Ergebnis vieler unterschiedlicher Wettersituationen und somit Ausdruck des örtlichen Klimas sind.

LAUGHLIN & KALMA (1990) kamen bei der Regionalisierung von Minimumtemperaturen zu dem Ergebnis, daß die Veränderung der Lufttemperatur mit der Geländehöhe durch die mittlere nächtliche Windgeschwindigkeit, den nächtlichen Energieverlust durch Strahlung und die Temperatur auf einer hochgelegenen Temperaturmeßstation modelliert werden kann. Das Risiko von Nachtfrösten zeigte außerdem eine hohe Korrelation mit der räumlichen Variable

„flowaccumulation“, welche der hier verwendeten Variable Kaltluftabfluß ähnelt.

Eine bisher nicht erwähnte Problematik entsteht bei der Einbindung von klassifizierenden Variablen. Eine direkte Einbindung in ein Regressionsmodell ist nicht möglich. Das Erklärungspotential einer Klassifikationsvariable wie z. B. der Landnutzungsform kann jedoch durch eine Varianzanalyse (HARTUNG, 1995) oder durch die Verwendung von Dummy-Variablen (vgl. JANSEN et al., 1997, oder BLENNOW & PERSSON, 1998) genutzt werden. Durch die Datenhaltung in einem Geographischen Informationssystem (GIS; ARC/Info) ist es möglich, die Klassen eines Landnutzungs-Rasters in verschiedene metrische Variablen zu überführen (Kap. 3.4.1), wie dies auch von GOßMANN et al. (1993) beschrieben und von GÜßEFELDT (1997) erwähnt wird.

Wie schon in Kap. 2.3 zum Thema „Kriging“ angedeutet wurde, ist es möglich, die Residuen von Regressionen durch eine geostatistische Analyse auf räumliche Autokorrelation zu überprüfen (Variogrammschätzung) und diese durch Universelles Kriging zur Verbesserung der Schätzung zu nutzen.

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So wird im Freiburger Regionalisierungsmodell FREIM (vgl. GOßMANN et al., 1993, GÜßEFELDT, 1997, KLEIN, 1994, oder BANZHAF, 1994) Universelles Kriging zur Regionalisierung von Klimaelementen verwendet. Ebenso wie von SABOROWSKI &

STOCK (1994) wurde mit dem Kriging eine Verbesserung von durch Regression gefundenen Modellen angestrebt. Letztere Arbeit konnte zudem zeigen, daß durch iterative Anpassung eines Semivariogramms (Kap. 2.5) die Qualität der Schätzung auf plausiblem Weg weiter verbessert werden kann.