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BEKENNTNISSE DES HOCH- HOCH-STAPLERS FELIx KRULL

Im Dokument JE SUIS KARL START AM (Seite 38-41)

Prekär und schön

Den Felix Krull in Detlev Bucks Verfilmung des Thomas-Mann-Rom-ans als „Hochstapler“ zu bezeichnen, ist eigentlich ungerecht. Erst im letzten Akt des Films gibt er sich als jemand aus, der er nicht ist. Davor nutzt er zwar seinen ganzen Charme und Einfallsreich-tum, um seine gesellschaftliche Stellung zu verbessern, ist aber viel zu selbstverliebt in seine Schönheit, um jemand anderes zu sein. Seine traumatische Jugend in Armut, in der dieser Aufstiegs-willen begründet ist, wird kurz abgehandelt, und zu dieser Zeit trifft Felix (Jannis Niewöhner) schon seine große Liebe, die Prostituierte Zaza (Liv Lisa Fries), die sich kurz nach ihm in die ausbeuterische Welt des Pariser Grand Hotels begibt, wo für Geld alles möglich ist, und die prekär Angestellten von allem Zuverdienst, sei es durch Diebstahl oder Sex, die Hälfte an Stanko, den Herrn der inoffiziel-len Wirtschaft, abzugeben haben. Trotzdem kann Felix von dem, was er der reichen Madame Houpflé (Maria Furtwängler) im Rah-men von beidseitigen Dominanz-und-Erniedrigunsspielen „stiehlt“, genug ansparen, um einen anderen Gast, dem naiven Marquis De Venosta (David Kross), fast glauben zu lassen, sie wären finanzi-ell ebenbürtig genug, um Freunde zu sein. Mit diesem Schritt ist Felix` Weg zum Hochstapler angetreten, und Venosta schlägt einen verlockenden Rollentausch vor, der ihn reich machen würde. Nur müsste Felix dafür Zaza aufgeben.

Felix wird mehrfach gefragt, ob er Sozialist ist. Er verneint jedes-mal, denn er will die Welt nicht verändern. Sie gefällt ihm wie sie ist, und solange er nur das Geld für alles, was er möchte, hat, ist es ihm auch egal, als wer er gesehen wird. Der Film unterstützt ihm darin, denn seine Welt ist schön anzusehen und lässt auch traurige Situationen so scheinen, als könnten sie über kurz oder lang nur ein gutes Ende nehmen. DChristian Klose ¢ Start am 2.9.2021

Deutschland 2021 D 125 min D R: Lisa Bierwirth D B: Hannes Held, Lisa Bierwirth D K: Jenny Lou Ziegel D S: Bettina Böhler D D: Ursula Strauss, Passi Balende, Nsumbo Tango Samuel, Victoria Trauttmansdorff, Alex Brendemühl D V: Port-Au-Prince

One day Frankfurt curator Monika stumbles into an African bar and meets the mysterious Joseph during a raid. A complex love story begins.

LE PRINCE

Liebe, Rassismus und postkoloniale Befindlichkeiten

LE PRINCE erzählt von der Frankfurter Kuratorin Monika (Ursula Strauss), die in eine afrikanische Bar stolpert und während einer Razzia Joseph (Passi) begegnet. Joseph ist höflich, gutausse-hend, im „Import/Export“-Geschäft tätig und sucht Investoren für eine Diamantenmine. Er führt Monika in eine andere Bar, in der er sie am Tresen zurücklässt, um Geschäfte mit Russen zu machen. Monika geht, hinterlässt ihm aber ihre Telefonnummer.

So beginnt eine Beziehung. Lisa Bierwirths Debüt-Film verhan-delt vor allem die Frage des Vertrauens zwischen den Liebenden, inspiriert von der Geschichte der Mutter der Regisseurin. Joseph ist immer wieder verschwunden, dann braucht er Geld. Monikas Umfeld, die hochkulturelle, institutionelle Bildungsbourgeoisie, warnt Monika mit rassistischen Obertönen: „Ich kann die Faszi-nation ja verstehen …“

Der Film wahrt Distanz zu seinen Hauptfiguren und interessiert sich wenig für die Grundlage ihrer Beziehung. Es gibt zärtliche Momente und Sex, manchmal lachen beide am Anfang einer Szene, worüber bleibt unklar. Einmal sagt Joseph: „Die Män-ner haben Angst vor dir. Ich habe keine Angst.“ Joseph bleibt geheimnisvoll und erratisch, Monika ist komplexer gezeichnet.

Sie beherrscht den Herrenreiterton der Kulturelite: „Sie sollen das nicht überprüfen, Sie sollen das korrigieren!“ Auf Vernissagen wirkt sie dagegen unsicher und linkisch: „Ich kann keinen Small- talk“. Sie hilft Joseph immer wieder, der verschwindet immer wieder, oder gibt sich stolz: „Mein Vater wurde kolonialisiert, ich werde das nicht.“ LE PRINCE will eine komplexe Geschichte über Liebe, Rassismus und postkoloniale Befindlichkeiten erzählen, lässt aber so vieles offen, dass der Film eher als warnendes Bei-spiel und Mutter-Bashing erscheint. DTom Dorow ¢ Start am 30.9.2021

12 year old Madison is on her way to becoming one of the youngest cycle racing professionals of Germany. When she is kicked out of summer train-ing camp after a fight and an accident shes dicovers that life doesn’t have to be a competition.

Madison

Rasant downhill

Madison ist gerade erst zwölf, aber manchmal meint man, eine kleine Erwachsene vor sich zu haben. Denn Madison ist auf dem Weg zur Profisportlerin. Wie ihr Vater möchte sie Radrenn-fahrerin werden, und sie ist bereits so gut, dass sie im Sommer ins renommierte BDR Trainingscamp darf, in dem die anderen Jugendlichen alle zwei Jahre älter sind als sie. Wenn sie dort zu den zehn besten gehört, wird sie in den Jugendkader der Natio-nalmannschaft aufgenommen! Für Madison und ihren Vater Timo gibt es kein größeres Ziel. Die beiden sind ein eingespieltes Team, und Mutter Katharina, der das alles zu ambitioniert ist und die eigentlich lieber mal ein Eis mit ihrer Tochter essen würde, wird von den beiden links liegen gelassen. Im Trainingslager läuft es

für Madison allerdings nicht gut: Sie ist langsamer als gedacht, fängt Streit an und hat einen Unfall. Der Trainer beschließt, dass sie doch noch zu jung ist, und Madison muss das Camp verlas-sen und – fast noch schlimmer – drei Wochen mit ihrer Mutter in Tirol verbringen, die dort Urlaub macht und Yoga-Unterricht gibt. Madison ist so enttäuscht, dass sie kaum merkt, dass die anderen Jugendlichen auf dem Dorf eigentlich ziemlich nett zu ihr sind. Ihre Gastbrüder Jo und Sammy nehmen sie herzlich auf, und die 13-jährige Vicky schleppt sie zum Mountainbiken mit.

Und ganz langsam, nach und nach, entdeckt Madison, dass Rad-fahren einfach so zum Spaß in den Bergen mit Freundinnen auch ganz schön viel Freude machen kann … MADISON erzählt von schwierigen Entscheidungen, die der Traum vom Profisport mit sich bringt, feiert aber auch das Radfahren. Das Renntraining von Madison am Anfang des Films ist ebenso rasant gefilmt wie die Mountainbiketouren der Downhiller durch den Wald und über den Trainingsparkour. Ob Madison Profisportlerin wird, bleibt offen, radverliebt bleibt sie auf jeden Fall. DHendrike Bake

¢ Start am 16.9.2021

Originaltitel: Madison D Deutschland/Österreich 2020 D 87 min D R: Kim Strobl D B: Milan Dor, Kim Strobl D S: Britta Nahler D D: Felice Ahrens, Caroline Fabre, Pauline Grabosch, Florian Lukas D V: farbfilm Verleih

INDIEKINdEr

SEPTEMBER 2021 D 39 D Termine unTer www.indiekino.de

D 40 D SEPTEMBER 2021 Die Spree – Sinfonie eines Flusses

SEPTEMBER 2021 D 41 D

LETsDOK, das Dokumentarfilmfest zum Mitmachen, geht in die zweite Runde: Erneut können alle Interessierten, seien es Organi-sationen oder Privatpersonen, selbst Veranstaltungen anbieten.

2020 war das Festival noch eintägig, in diesem Jahr findet es eine Woche lang statt. Vom 13.–19.9. werden überall in Deutschland Dokumentarfilme gezeigt – im Kino, in Kulturzentren oder auf der improvisierten Leinwand im Hinterhof. Hinter der Initiative steht die AG DOK, Verband der Dokumentarfilmschaffenden in Deutschland, die so eine Grassroots-Bewegung für das Genre ins Leben rufen möchte. Sie unterstützt die Veranstalter*innen bei

der Filmauswahl und Kontaktaufnahme zu Rechteinhabern und Filmschaffenden. Informationen zum Teilnehmen und das bun-desweite Programm gibt es unter: www.letsdok.de

Cinéma Vérité: Defining the Moment INDIEKINOHIGHLIGHTS

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