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Bedarfspläne Straße und Schienenwege

Im Dokument 07/2018 (Seite 74-77)

5 Ergebnisse der Analyse der nichtnaturschutzrechtlichen Planungsinstrumente

5.3 Ergebnisse

5.3.13 Bedarfspläne Straße und Schienenwege

Den zweiten Schritt im Bereich der Verkehrswegeplanung des Bundes stellen die Bedarfspläne dar, die Anlagen zu den Verkehrswegeausbaugesetzen – im Einzelnen des FStrAbG und des BSWAG – und damit als Teil dieser Gesetze so genannte Legislativpläne184 mit Gesetzescharak-ter sind.185 Sie gehen aus dem BVWP hervor – dieser beinhaltet den Entwurf für die Änderung

179 BMVBS (2012-1), S. 27.

180 Ob der Zusammenhang zwischen Verkehrsprognosen und Projektanmeldungen der Länder in der Praxis stets besteht, ist zumindest anzuzweifeln.

181 SRU (2005), S. 208.

182 Köck/Salzborn (2012), S. 204.

183 SRU (2005), S. 202.

184 Hünnekens, in: Hoppe/Beckmann (2012), § 19b Rn. 14.

185 BMVBS (2012-1), S. 27.

der Bedarfsgesetze.186 Ihre Rechtsgrundlagen sind Art. 70 ff., 87e, 89, 90 GG, § 1 Abs. 1 S. 2 FStrAbG, § 1 BSWAG.

Mit ihnen wird der vordringliche Bedarf für Aus- und Neubaumaßnahmen von Verkehrswegen (Straßen und Schienen) und der entsprechende weitere Bedarf festgestellt sowie die Linienfüh-rung vereinfacht dargestellt. Die Bedarfspläne weisen damit bestimmte Streckenabschnitte (sehr abstrakt) als Planungsziel aus – diese Planungsziele sind auf den nachfolgenden Ebenen der Verkehrswegeplanung relevant:187 Im Rahmen der Alternativenprüfung, die bei Planfest-stellungsverfahren zur Zulassung eines konkreten Straßen- oder Schienenwegebauvorhabens erfolgt, sind diese Planungsziele sowohl im Bereich der Abwägung als auch bei der Prüfung der FFH-Verträglichkeit relevant. Zudem wird die im Rahmen der Planfeststellung erforderliche Bedarfsfeststellung – und damit die Planrechtfertigung des betreffenden Vorhabens – durch die Aufnahme eines Straßen- oder Schienenwegeprojekts in die Bedarfspläne verbindlich festge-stellt (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG und § 1 Abs. 2 BSAWG). Des Weiteren sind die Bedarfsfest-stellung und die damit vorgegebenen Planungsziele für die straßenrechtliche Linienbestim-mung verbindlich und im Rahmen der Abwägung in den vorstehend benannten Verfahren zu berücksichtigen – die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung erstreckt sich damit auch auf den Bedarf als (auch) abwägungserheblicher Belang. Zu beachten ist zudem, dass Bundesfernstra-ßen und Bundesschienenwege nur gebaut werden, wenn sie im BVWP oder den Bedarfsplänen des FStrAbG oder des BSWAG aufgeführt sind; denn ohne eine entsprechende Verkehrswege-planung ist eine fehlerfreie Abwägung im Rahmen der Planfeststellung rechtlich in der Regel nicht möglich.188 Den Bedarfsplänen kommt daher zum einen eine steuernde Wirkung zu, da die Zulassungsverfahren für die in die Bedarfspläne aufgenommenen und durch den BVWP finanziell „gesicherten“ Ausbauprojekte in der Regel (früher oder später) eingeleitet werden.

Zum anderen haben die Bedarfspläne hinsichtlich der Zulassung der darin aufgenommenen Ausbauprojekte eine verfahrenserleichternde Wirkung.

Aufgrund dieser Wirkungen und der Funktion der Bedarfspläne ist dieses Instrument von gro-ßer Bedeutung für Erhalt oder Beeinträchtigung der Umweltqualität in den LRK und zudem bereits aktuell für die Belange der Lebensraumvernetzung nutzbar. Insoweit ist auch relevant, dass der Gesetzgeber dem BMVBS durch § 4 FStrAbG und § 3 Abs. 2, § 4 BSWAG aufgegeben hat, bei der regelmäßigen Prüfung, ob der fernstraßenrechtliche Bedarfsplan der Verkehrsent-wicklung anzupassen ist, auch die bei der Bedarfsplanung berührten Belange, insbesondere die der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Städtebaus, einzubeziehen. Zudem haben die im Rahmen der SUP zu beteiligenden Behörden, Bürger sowie Natur- und Umweltschutzverei-nigungen die Möglichkeit, zugunsten der Erfordernisse der Lebensraumvernetzung auf Umfang

186 Siehe hierzu 5.3.7; zudem: BMVBW (2003), S. I; so auch BMVBS (2012-1), S. 27. Gärditz, in: Landmann/Rohmer (2012), Band I, § 19b UVPG Rn. 2; Hünnekens, in: Hoppe/Beckmann (2012), § 19b Rn. 8, 13.

187 Gärditz, in: Landmann/Rohmer (2012), Band I, § 19b UVPG Rn. 2, 4. Hünnekens, in: Hoppe/Beckmann (2012),

§ 19b Rn. 14; Stüer (2002), S. 1166.

188 Siehe hierzu bereits 5.3.7; zudem: Gärditz, in: Landmann/Rohmer (2012), Band I, § 19b UVPG Rn. 14.

und Ausmaß des mit den Bedarfsplänen festgelegten Neu- und Ausbaubedarfs Einfluss zu neh-men, da durch die Öffentlichkeitsbeteiligung Aspekte in das Verfahren eingebracht werden können, die bis dahin gegebenenfalls noch keine oder keine hinreichende Beachtung gefunden haben. Zwar gilt hinsichtlich der Nutzbarkeit die Einschränkung, dass es vom Gesetzgeber (bzw.

diesem vorgelagert bereits von den Verfassern der Entwürfe der Bedarfspläne) abhängt, ob die zu berücksichtigenden und im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung vorge-brachten Umweltbelange tatsächlich Auswirkungen auf die konkrete Ausgestaltung der Bedarf-spläne haben. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass auch der Gesetzgeber den Erfordernissen des Abwägungsgebots unterliegt189 und an den Grundsatz der Konsistenz der Rechtsordnung ge-bunden ist sowie zudem das Staatsziel Umweltschutz des Art. 20a GG zu berücksichtigen hat.

Die Berücksichtigung der Belange der Lebensraumvernetzung als Aspekt des Biodiversitäts-schutzes ist daher auf der Ebene der Bedarfspläne möglich und erforderlich, soweit auf dieser (ebenfalls hochzonigen) Ebene eine Betroffenheit dieser Belange abgeschätzt werden kann.

Gerade das bundesweite Konzept der Lebensraumkorridore stellt hierfür eine geeignete fachli-che Grundlage dar.

Dennoch bestehen mit Blick auf die Berücksichtigung der genannten Belange Defizite: Aus rechtlicher Sicht bestehen insoweit Defizite bei der Verkehrswegeplanung mittels der Bedarfspläne, als keine ausreichenden rechtlichen Anforderungen an die Bedarfsprüfung bzw. -feststellung bestehen. Die Bedarfspläne enthalten die mit dem BVWP weitgehend identischen Angaben zu Neu- und Ausbauvorhaben.190 Soweit danach erkennbar, bestehen zudem akteurs-spezifische Optimierungspotenziale. Denn der tatsächliche Bedarf sowie das Ausmaß der Wir-kungen der Vorhaben, die die Umwelt sowie insbesondere die LRK beeinträchtigen und den-noch in die Bedarfspläne aufgenommen werden, werden sowohl beim Erstellen der Entwürfe der Bedarfspläne als auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht ausreichend hinter-fragt; vielmehr werden die Ergebnisse des BVWP – d. h. einer politischen Entscheidung – wei-testgehend übernommen. Dies würde jedoch ein Defizit darstellen, da der BVWP zum einen eine rein politische Entscheidung ohne rechtliche Verbindlichkeit darstellt und zum anderen auch der Gesetzgeber an das Abwägungsgebot sowie den Grundsatz der Konsistenz der Rechts-ordnung gebunden ist. Darüber hinaus ist dies aufgrund des Verhältnisses der Bedarfspläne zu den nachfolgenden Planverfahren als Nachteil zu werten. Denn im Rahmen der

FFH-rechtlichen Alternativenprüfung in nachfolgenden Linienbestimmungsverfahren und Planfest-stellungsverfahren kommen nur die Alternativen in Betracht, durch die die mit dem Vorhaben verfolgten – und durch die Bedarfsplanung vorgegeben – Planungsziele (ggf. unter geringfügi-gen Abstrichen) erreicht würden.191 Die Prüfung möglicher Alternativen, die die LRK weniger beeinträchtigen, wird damit u. a. durch die Bedarfspläne eingeschränkt.

189 Vgl. Stüer (2002), S. 1167.

190 Albrecht/Stratmann/Walz (2010), S. 827.

191 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 – 4 B 61/08, Rz. 27, recherchiert in juris.

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