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15.1. Fahrerlaubnis-Verordnung: "Vollständigkeit" statt Erforderlichkeit

Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) vom 18. August 1998 (BGBl. I S. 2214) ist am 01. Januar 1999 in Kraft getreten.

Sie regelt im wesentlichen das Verfahren über die Erteilung und Entziehung einer Fahrerlaubnis aufgrund der §§ 6, 6a Straßenverkehrsgesetz (StVG) vom 24. April 1998 (BGBl. I S.

747). Über meine Bedenken zu diesem Gesetzesvorhaben hatte ich mehrfach berichtet, zuletzt unter Ziff. 14.1 meines 19.

Jahresberichts vom 31. März 1997.

Neben einzelnen zu kritisierenden Regelungen der Verordnung, die hier nicht näher erläutert werden sollen, ist § 11 Abs.

6 Satz 4 FeV besonders problematisch. Danach übersendet die Fahrerlaubnisbehörde bei Zweifeln über die körperliche oder geistige Eignung eines Betroffenen der untersuchenden Stelle (bisher: Medizinisch-psychologisches Institut) die vollstän-digen Unterlagen.

Während der Entwurf der Bundesregierung - wie die bisherigen Eignungsrichtlinien - vorsah, dass nur die erforderlichen Unterlagen an die untersuchende Stelle zu übersenden sind, hat der Bundesrat aufgrund des Beschlusses seines Ausschusses für Verkehr, dem nur Bremen nicht zugestimmt hat, die Formulierung in der Verordnung so erreichen können, dass nun die vollständigen Unterlagen weiterzuleiten sind.

Abgesichert werden soll damit die übliche bequeme Verwaltungspraxis, dem Gutachter die gesamte Führerscheinakte ohne weitere Prüfung der Erforderlichkeit des Akteninhalts für die Begutachtung zu übersenden (siehe dazu die folgende Ziff.).

Da die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 14 Satz 1 StVG die Übermittlung von Daten durch die Fahrerlaubnisbehörden auf die für die Aufgabenerfüllung der Untersuchungsstelle benö-tigten Daten beschränkt, kann der Verordnungsgeber den Umfang der zu übermittelnden Daten nicht erweitern. Daher ist der Bundesbeauftragte für den Datenschutz gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr für eine entsprechende Änderung der Verordnung eingetreten. Das jetzige Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat nach Auskunft des Bundesbeauftragten für den Datenschutz inzwischen aber erklärt, es beabsichtige derzeit keine Änderung dieser Regelung.

15.2. Strafakten an Gutachter - umstrittener Erlaß

Wie bedenklich die im vorigen Abschnitt dargestellte Hand-habung "vollständiger" Aktenübersendung auch der Justiz er-scheinen kann, zeigt die Rückfrage des Amtsgerichts Bremen bei der Führerscheinstelle im Stadtamt Bremen im November 1997, wie es zu erklären sei, dass die gesamte Strafakte (!) eines Beschuldigten ohne Zustimmung des Amtsgerichts an ein Medizinisch-Psychologisches Institut weitergegeben worden sei.

Der Senator für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung hatte dar-aufhin meine Bedenken zum Anlaß genommen, das Verfahren in einem mit mir abgestimmten Erlaß so zu regeln, dass Akten über Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren nur beigezogen werden, soweit sie für die Überprüfung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich sind. Ist eine Beiziehung erforderlich, sieht die Fahrerlaubnisbehörde die ihr übersandte Akte umgehend auf fahreignungsrelevante Sachverhalte durch und nimmt die für die Eignungsfrage wesentlichen Unterlagen (z. B. Urteil, Strafbefehl, Entscheidung, Blutentnahme- und Vernehmungsprotokoll) in Kopie zur Führerscheinakte. Dabei sind sämtliche Angaben über Dritte, die in diesen Kopien enthalten sind, unkenntlich zu machen. Die Akte ist anschließend der übersendenden Stelle zurückzureichen. Eine Weiterleitung beigezogener Originalakten an andere Stellen erfolgt nicht.

Im November 1998 erklärte der Senator für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung, angesichts der Neuregelung zur Eignungs-überprüfung von Fahrerlaubnisinhabern und -bewerbern durch Begutachtungsstellen (ehem. Medizinisch-Psychologisches In-stitut; siehe vorige Ziff.) habe er den Vollzug seines Erlasses ausgesetzt und werde ihn mit Inkrafttreten des neuen Fahrerlaubnisrechts zum 01. Januar 1999 aufheben. Er beruft sich dabei auf die neue Vorschrift des § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV (siehe vorige Ziff.). Diese sei nunmehr eine gesetzliche Grundlage für die Übersendung der vollständigen Behördenakten einschließlich der beigezogenen Straf- und Ordnungswidrigkeitenakten.

Ich habe der senatorischen Behörde darauf geantwortet, dass diese Vorschrift nur die Übersendung der Führerscheinakte an die Begutachtungsstelle regelt, während sich der Erlaß aus-schließlich auf die Heranziehung von Ordnungswidrigkeiten-

und Strafverfahrensakten, also den Umfang der aus diesen Akten zur Führerscheinakte zu nehmenden Dokumente erstreckt.

Dabei ist § 13 Abs. 1 Nr. 1 Justizmitteilungsgesetz (JuMiG) zu beachten. Danach dürfen Gerichte und Staatsanwaltschaften personenbezogene Daten zur Erfüllung der in der Zu-ständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben nur übermitteln, wenn eine besondere Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt. Eine solche Vorschrift ist § 3 Abs. 4 Straßenverkehrsgesetz (StVG), wenn die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen will, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren ist.

Es handelt sich hier also nach meinem Dafürhalten um zwei unterschiedliche Konstellationen: Die Führerscheinstelle übersendet nach § 11 Abs. 4 FeV zwar die vollständigen Akten an die Begutachtungsstelle. In diesen Akten dürfen sich aber aus den Strafakten nur die erforderlichen Unterlagen befinden. Da der vorgenannte Erlaß dem Grundsatz der Erforderlichkeit und der Vorgabe des § 13 Abs. 1 Nr. 1 JuMiG entspricht, habe ich die senatorische Behörde gebeten, ihn wieder in Kraft zu setzen. Sie hat daraufhin die Aufhebung des Erlasses bis zur endgültigen Klärung der unterschiedlichen Auffassungen zunächst zurückgestellt.

15.3. Parkausweis für Schwerbehinderte - auch ohne Namen auf der Vorder-seite

Immer wieder beschweren sich autofahrende Schwerbehinderte darüber, dass ihr Name auf der Vorderseite ihres zur Nutzung von Schwerbehindertenparkplätzen berechtigenden Ausweises eingetragen wird, obwohl er sich zusammen mit der Anschrift bereits auf der Rückseite des Ausweises befindet. Weil der Ausweis hinter der Windschutzscheibe des Pkw anzubringen ist, ist er für jeden Passanten, aber auch ggf. für gezielt den Betroffenen beobachtende Straftäter, einsehbar. Die

Anschrift läßt sich dann häufig vergleichsweise einfach über Telefonbücher oder -CDs ermitteln.

Ich nehme alle Eingaben, bei denen es um die möglicherweise unnötige und/oder diskriminierende Offenbarung sensibler persönlicher Angaben wie etwa der körperlichen Behinderung geht, sehr ernst. Das Amt für Straßen und Verkehr hat auf Anfrage erklärt, die Gestaltung der Parkausweise sei durch Verkehrsblattverlautbarung des Bundesministers für Verkehr bundeseinheitlich vorgegeben. Grundsätzlich solle danach der Name zur Sicherung gegen möglichen Mißbrauch auf der Vorderseite eingetragen werden. Gleichwohl eröffne die Verlautbarung auch die Möglichkeit, das Namensfeld auf Wunsch der Berechtigten freizulassen. Den Beschwerdeführern empfehle ich daher, sich mit diesem Wunsch umgehend an die Behörde zu wenden und ggf. einen entsprechenden neuen Parkausweis zu beantragen.