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B ETEILIGTE UND U RHEBERSCHAFT

KAPITEL 3: UMFANG UND INHABER DES WERKSCHUTZES

III. B ETEILIGTE UND U RHEBERSCHAFT

Offen geblieben ist in der Untersuchung bislang die konkrete Verteilung der Urheberrechte an ARU bzw. ARA sowie das Verhältnis der Urheber zueinander. Als Konsequenz des fehlenden work made for hire Ansatzes des europäischen Urheberrechts besteht an modernen multimedi-alen Werken meist eine Vielzahl von Urhebern.1109 Relevant erscheinen daher vor allem die Fragen, wer konkret Rechte erlangt und wie die Beteiligten zueinander stehen (wozu auch die Frage zählt, wie die Nutzung vorbestehender Werke zu bewerten ist), aber in dem Zuge auch wie die Rolle von Nutzern und künstlicher Intelligenz zu bewerten ist. Während dabei auch für Augmented Reality-Anwendungen die als Multimediawerke subsumiert werden zunächst viele Parallelen zu bekannten Werkarten bestehen, gilt es vor allem hinsichtlich der letztgenannten Akteure, einen genaueren Blick auf die ggf. veränderten Rahmenbedingungen zu werfen.

1) Vorüberlegungen zur Urheberschaft

Zunächst gilt es, sich bei der Frage nach der Urheberschaft zu vergegenwärtigen, dass für Mul-timediawerke regelmäßig auch auf vorbestehende Werke zurückgegriffen wird (auch wenn de-ren Nutzung nach hier vertretener Abgde-renzung kein zwingendes Merkmal eines Multimedia-werks darstellt). Für ARA gilt das umso mehr, sobald sie der Informationsvermittlung im

1109 Am Beispiel von Videospielen Brüggemann, CR 2015, 697, 701.

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teren Sinne dienen, da hierfür regelmäßig auf Informationen aus bestehenden Werken (bei-spielsweise Handbüchern, Enzyklopädien, Webseiten) zurückgegriffen werden wird. Im Zeit-alter der Digitalisierung scheint auch der Live-Abruf von Informationen über per computer vi-sion erkannte Gegenstände aus dem Internet eine naheliegende Option.1110 Aber auch spiele-risch angelegte ARA können beispielsweise auf bekannte Musikstücke zur Untermalung oder bestehende Texte etc. zurückgreifen. Daneben liegt einer ARA wohl immer ein Computerpro-gramm im Sinne des UrhG zugrunde1111 und die Produktion ist in ihrem ersten Stadium (Pre-Production) regelmäßig vergleichbar mit dem Filmschaffen, was auch die Verwendung vorbe-stehender Texte (vergleichbar zu Storyboard, Exposé oder Drehbuch) einschließt.1112

Wie dargestellt, besteht insgesamt mit dieser Zusammenführung einer Vielzahl schöpferischer Leistungen eine Situation, die auch für den Film typisch ist.1113 Weiterhin wurde festgestellt, dass für verschiedene einzelne Schöpfungsbeiträge an ARA und Multimediawerken eine eigen-ständige Schutzbegründung in Frage kommt.1114 Es kann in dieser Hinsicht also von einer ver-gleichbaren Situation mit Filmen ausgegangen werden. Ergo kann zunächst die dort verortete Auseinandersetzung um den möglichen, ursprünglich von Bohr ins Spiel gebrachten,1115 „Dop-pelcharakter“1116, also die Frage nach einer möglichen Einbeziehung der Urheber vorbestehen-der Werke in den Schutzbereich des Gesamtwerks, übertragen werden. Mit vorbestehen-der herrschenden (wenn auch keineswegs unbestrittenen) Ansicht zum Filmwerk, die insofern auch für Video-spiele gilt,1117 werden die Urheber vorbestehender Werke, auch wenn es sich um filmbe-stimmte, also explizit für den Film geschaffene Werke wie das Drehbuch handelt,1118 nicht auch zu Urhebern des Gesamtwerks.1119 Abgrenzungsmerkmal ist dabei vor allem die Frage nach der Trennbarkeit und der gesonderten Verwertbarkeit von Beiträgen – ist diese gegeben, scheidet die Einbeziehung in den originären Filmschutz aus.1120 Bei vorbestehenden filmunabhängigen

1110 In diese Richtung auch Hilgert, CR 2017, 472, 476. Bereits bekannt sind z.B. Angebote, bei denen mittels AR-Technologie historische Gebäude oder Gastronomie-Einrichtungen erkannt werden und diese live mit zusätzlich abgerufenen Informationen oder Bewertungen angereichert werden (FR.de – „Augmented Reality – Wie Apps den Städtetrip bereichern“).

1111 Anders ist die nötige Interaktion mit der Umgebung bzw. schon die interaktive Form der Darstellung kaum vorstellbar (siehe insofern auch schon unter Kapitel 2, I).

1112 Dazu bereits Kapitel 2, III,1),b),dd),(2),(b).

1113 Zum Film v.Hartlieb/Schwarz-Dobberstein/Schwarz/Hansen, 36. Kapitel, Rn. 2 Zur Vergleichbarkeit siehe oben, Kapitel 2, III,1) und Kapitel 2, III,1),b),dd),(2),(b).

1114 Dazu Kapitel 2, II.

1115 Bohr, S. 44 ff.

1116 Teilweise wird auch – im Kontext hybrider Produkte missverständlich – von der Doppelnatur gesprochen, Dreier/Kalscheuer, in: Klages/Albin, Rn. 808.

1117 Förster, in: Duisberg/Picot, Kapitel 2, Rn. 18; Kuß/Schmidtmann, K&R 2012, 782, 785; Redeker, Rn. 124;

Lambrecht, S. 212 f.

1118 Vgl. Fromm/Nordemann-J.B.Nordemann, vor §§ 88 ff., Rn. 16.

1119 Siehe oben, Fn. 512.

1120 Büscher/Dittmer/Schiwy-Lewke, § 88 Rn. 7; Fromm/Nordemann-J.B.Nordemann, § 88 Rn. 31; Lütje, S. 67‑72.

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Werken (beispielsweise später verfilmten Romanen oder den eingangs angesprochenen ggf.

eingebundenen Informationsquellen wie Katalogen und Enzyklopädien) wollen hingegen auch Vertreter der Lehre vom Doppelcharakter keine (Mit-)Urheberschaft der jeweiligen Urheber am Filmwerk annehmen.1121 Eine solche wird allerdings teilweise von Vertretern der vermit-telnden Ansicht (Lehre von der Unmittelbarkeit) für möglich gehalten, sofern der jeweils in Rede stehende Beitrag „unmittelbar“ an der Filmschöpfung mitgewirkt habe.1122

Die herrschende Ansicht wird regelmäßig auf den Wortlaut des § 89 Abs. 3 UrhG bzw. die Unterscheidung der §§ 88 und 89 UrhG in Filmurheber und Urheber vorbestehender Werke gestützt.1123 Sie tangiert in dieser Begründung ARA, die als Multimediawerke sui generis ein-geordnet werden, also zunächst nicht unmittelbar. Auch kann unter ideellen Gesichtspunkten argumentiert werden, dass der Ausschluss von der Urheberschaft am Gesamtwerk, trotz eines gerade dafür geschaffenen Beitrags, eine Herabwürdigung der Leistung der betroffenen Urhe-ber darstellt.1124 Verfassungsrechtlich kann schließlich die Frage gestellt werden, ob es mit Art. 14 GG bzw. auch Art. 1 und 2 GG vereinbar ist, wenn einer Vielzahl von Urhebern die Urheberschaft am Gesamtwerk, für das sie einen schöpferischen Beitrag erbracht haben, abge-sprochen wird.1125

Soweit allerdings vorgebracht wird, dass die Urheber vorbestehender Werke nach herrschender Ansicht nicht von der erleichterten Rechteeinräumung des § 89 UrhG tangiert werden, Publis-her also dann besonders stark auf den eigenständigen und vollständigen Rechteerwerb ange-wiesen wären,1126 trifft das nur bedingt zu. Richtig ist, dass in diesem Fall konsequent nur § 88 UrhG zur Anwendung gelangen muss. Die Vermutungen zur Nutzungsrechteeinräumung des

§ 88 UrhG für die Urheber vorbestehender Werke und des § 89 UrhG für Filmurheber, wurden

1121 Solche Beiträge sind vielmehr separat vom Film schutzfähig, Bohr, S. 42 f.; Götting, ZUM 1999, 3, 6; Schri-cker/Loewenheim-Katzenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn. 59.

1122 Czernik, in: Wandtke/Ohst, Kapitel 2, § 3 Rn. 45; deutlicher in der Konsequenz der Erstreckung auf filmunab-hängige Werke, allerdings ohne Festlegung auf die Ansicht auch Wandtke/Bullinger-Manegold/Czernik, vor

§§ 88 ff., Rn. 69.

1123 Gregor, Rn. 327 ff.; v.Hartlieb/Schwarz-Dobberstein/Schwarz/Hansen, 36. Kapitel, Rn. 3; Loewenheim-Schwarz/Reber, § 12 Rn. 28; Schack, Rn. 334; vgl. auch Fromm/Nordemann-J.B.Nordemann, vor §§ 88 ff., Rn.

17.

1124 Götting, ZUM 1999, 3, 6; Mestmäcker/Schulze-Obergfell, vor §§ 88 ff., Rn. 32; Schricker/Loewenheim-Kat-zenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn. 66.

1125 Götting, ZUM 1999, 3, 6; Obergfell, S. 48; Schricker/Loewenheim-Katzenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn. 67.

1126 Kuß/Schmidtmann, K&R 2012, 782, 785.

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allerdings mittlerweile weitestgehend angeglichen.1127 Die praktische Auswirkung des Streits um den möglichen Doppelcharakter ist insofern tatsächlich eher gering.1128

Gleichzeitig bleibt das gegen eine doppelte Urheberschaft vorgebrachte1129 – und soweit er-sichtlich bislang nicht ausgeräumte – Argument bestehen, dass ein schöpferischer Beitrag nur schwer begründbar das Urheberrecht an zwei verschiedenen Werken entstehen lassen kann.1130 Allenfalls die Doppelfunktion einzelner Beteiligter wäre insofern denkbar, wo diese unter-scheidbare Leistungen erbringen.1131 Auch erscheint die „soziale und psychologische Funk-tion“1132 der Urheberschaft am Gesamtwerk bzw. die „Herabwürdigung“ durch ihr Ausblei-ben1133 nicht als zwingendes Argument für einen Doppelcharakter. So erfahren die Urheber entsprechender Werke regulär Schutz im Rahmen der jeweils einschlägigen Werkart ihres Bei-trags; Bearbeitungsrecht (§ 23 UrhG), Verwertungsrechte und Urheberpersönlichkeitsrechte stehen ihnen ebenso regulär zu, das Recht auf Namensnennung besteht gleichermaßen und durch eine Doppelstellung würde kein relevanter Vorteil erlangt.1134 Die Herabwürdigung sol-cher Urheber erscheint insofern kaum belegbar.1135

Schließlich spricht auch das Wesen der hier zu untersuchenden Multimediawerke für die ge-sonderte Betrachtung vorbestehender Werke. So ist es charakteristisch für Multimediawerke im hier definierten Sinne, dass die Verschmelzung der einzelnen Inhalte und Werkarten zu einem Gesamterzeugnis erfolgt.1136 Damit grenzt die Werkart sich, wie gezeigt, einerseits von reinen Sammelwerken ab.1137 Andererseits wird im Erfordernis dieser eigentümlichen Verschmelzung regelmäßig auch die Abgrenzung zu reinen Werkverbindungen (§ 9 UrhG) liegen, bei denen zunächst selbstständige Werke von ihren Urhebern zur gemeinsamen Verwertung verbunden werden. Schon beim Film besteht zwischen den einzelnen Urhebern anerkanntermaßen eine

1127 Dreier/Schulze-Schulze, § 89 Rn. 1.

1128 Dreier/Schulze-Schulze, vor §§ 88 ff., Rn. 12; Loewenheim-Schwarz/Reber, § 12 Rn. 27; tendenziell auch Schricker/Loewenheim-Katzenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn. 73; mit dieser Ansicht bereits vor der Anglei-chung der Vermutungsregelungen mit Blick auf die geringe Zahl von Rechtsstreitigkeiten und üblicherweise aus-führliche Vertragswerke Dreier/Kalscheuer, in: Klages/Albin, 809.

1129 Es steht damit sowohl der Lehre vom Doppelcharakter, als auch der Lehre der Unmittelbarkeit entgegen.

1130 BeckOK UrhR-Diesbach/Vohwinkel, vor §§ 88 ff., Rn. 9; Gregor, Rn. 323; Schack, Rn. 337; jedenfalls gegen die Möglichkeit mit einer einzelnen Handlung Urheber- und Leistungsschutzrecht zu begründen auch BGH GRUR 1984, 730, 732 – Filmregisseur; Fromm/Nordemann-J.B.Nordemann, § 89 Rn. 18.

1131 Dazu sogleich unter 2),b).

1132 Götting, ZUM 1999, 3, 8.

1133 Schricker/Loewenheim-Katzenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn. 66.

1134 Loewenheim-Schwarz/Reber, § 12 Rn. 28.

1135 Ebd.

1136 Siehe oben, Kapitel 2,III,5),a).

1137 Siehe oben, Kapitel 2,III,2).

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Miturheberschaft (§ 8 UrhG).1138 Diese wird ebenfalls primär gerade aus der Verschmelzung der einzelnen Werkbeiträge,1139 respektive dem Charakter als einheitliches Gesamtwerk,1140 ab-geleitet. Auch zu Videospielen wird die Miturheberschaft der auf einer Entwicklungsstufe Be-teiligten in der Regel angenommen.1141 Es kann insofern davon ausgegangen werden, dass auch moderne Multimediawerke sich regelmäßig als im Wege der Miturheberschaft durch eine Viel-zahl von Personen gemeinschaftlich geschaffenes Gesamtwerk darstellen.1142 Erst während der Entwicklung werden dabei üblicherweise die einzelnen Bestandteile des Multimediawerks ge-schaffen; durch ihre Verschmelzung entsteht– jedenfalls im Kern – eine untrennbare Einheit.1143 Charakteristikum der Miturheberschaft ist wiederum die fehlende eigenständige Verwertbarkeit der Bestandteile,1144 sodass hierin ein weiteres Indiz zur Abgrenzung von selbstständig schutz-fähigen Inhalten liegt.

Es können insofern keine zwingenden Argumente für eine doppelte Urheberschaft in Fällen der Nutzung werkbestimmter Vorwerke ermittelt werden. Vielmehr sprechen zwar für beide Seiten gute Gründe, die getroffene Abgrenzung des Multimediawerks von Werkverbindungen spricht aber für die Übertragung der Grundsätze der Miturheberschaft. Auch im Interesse möglichst großer Rechtssicherheit angesichts einer neuen Werkart und in Abgrenzung zu einer primär filmrechtlichen Dissertation, soll daher nachfolgend an dieser Stelle der Position der herrschen-den Ansicht zum Umgang mit solchen Werken (bzw. dem dahingehend phänotypisch ver-gleichbaren Film) übertragen und angewendet werden. Es wird insofern hinsichtlich ARA und Multimediawerken eine Miturheberschaft als typisches Ergebnis des Schaffens angenommen und von der fehlenden Doppelurheberschaft mit den Urhebern vorbestehender Werke ausge-gangen.

2) Urheber von Augmented Reality-Umgebungen

Urheber einer als Multimediawerk geschützten ARA muss nach den allgemeinen Grundsätzen des Urheberrechts jeder sein, der eine eigene schöpferische Leistung daran erbracht hat. Für Multimediawerke wird das zunächst sein, wer einen schöpferischen Beitrag zur phänotypischen

1138 BGH, GRUR 2002, 961, 962 –Mischtonmeister; Fromm/Nordemann-A.Nordemann, § 2 Rn. 201; Loewen-heim-A.Nordemann, § 9 Rn. 178; Lütje, S. 90 f.; MAH UrhR-Raue, § 1 Rn. 47; Mestmäcker/Schulze-Obergfell,

§ 2 Rn. 149; Wandtke/Bullinger-Thum, § 8 Rn. 170.

1139 Dreier/Kalscheuer, in: Klages/Albin, Rn. 803 f.; Mestmäcker/Schulze-Obergfell, § 2 Rn. 149.

1140 Bohr, S. 37 f.

1141 Brüggemann, CR 2015, 697, 701; Förster, in: Duisberg/Picot, Kapitel 2, Rn. 18 f.; Lambrecht, S. 214;

Katko/Maier, MMR 2009, 306, 309 und 310; Redeker, Rn. 124.

1142 Lührig, in: Ensthaler/Weidert, Kapitel 2, Rn. 198; so auch für Videospiele Lambrecht, S. 214.

1143 Die Verzahnung verschiedener Werkarten mittels eines interaktiven Elements ist anders kaum vorstellbar.

1144 BGH GRUR 2009, 1046 Rn. 38 – Kranhäuser; BeckOK UrhR-Ahlberg, § 8 Rn. 9; Dreier/Schulze-Schulze,

§ 8 Rn. 4; Fromm/Nordemann-Wirtz, § 8 Rn. 11; Wandtke/Bullinger-Thum, § 8 Rn. 25 f.

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„Verschmelzung“ der einzelnen Elemente erbringt.1145 Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich schließlich gerade um den Kern der schöpferischen Leistung und Wesensmerk-mal eines Multimediawerks in Abgrenzung zu reinen Sammelwerken. Auch liegt hier eine ge-wisse Parallele zum Filmwerk, bei dem ein Indiz für die Urheberschaft ebenfalls die Verschmel-zung des Beitrags zu einer untrennbaren Einheit ist.1146 Daneben kann aber auch die schöpferi-sche Gestaltung des gesamten interaktiven Konstrukts und des konkreten Designs entsprechend den Ausführungen zu Schutzgegenstand und schöpferischem Anknüpfungspunkt1147 die Urhe-berschaft begründen.

a) Typischer Urheberkreis

Hinsichtlich des in Frage kommenden Personenkreises bietet sich erneut als Basis der Vergleich mit der Filmproduktion an. Dort werden zu den Personen, die möglicherweise eine schöpferi-sche Leistung erbringen, neben dem quasi gesetzten Regisseur1148 noch Kameraleute, Cutter, Tonmeister, Maskenbildner, Kreativproduzenten und Filmherstellungsleiter gezählt.1149 Auch Drehbuch- und Dialogautoren, Filmkomponisten und Beleuchter werden als Filmurheber ge-nannt.1150 Nach der bereits angesprochenen Abgrenzung zu vorbestehenden Werken kann al-lerdings nur derjenige Urheber am Film sein, dessen Beitrag nicht bereits als (zwar filmbe-stimmtes, dennoch aber) vorbestehendes eigenständig verwertbares Werk Schutz erfährt. Die letztgenannten Autoren und Komponisten kommen insofern (sofern nicht der Lehre vom Dop-pelcharakter gefolgt wird) regelmäßig nicht als Filmurheber in Betracht.1151 Bei Beleuchtern hingegen stellt sich eher die Frage, ob tatsächlich noch eine hinreichende Gestaltungshöhe fest-stellbar ist oder ob lediglich den Anweisungen von Drehbuch, Regisseur und Kameramann ge-folgt wird.1152 Schließlich können unter Umständen auch noch eine Reihe weiterer Beteiligter Urheberrechte an Filmen erwerben. Denkbar sind etwa Ausstatter, Architekten, Dekorateure, Masken- und Kostümbildner, Choreographen, Maler und Grafiker, wobei in allen Fällen wieder die Abgrenzung zu eigenständig verwertbaren Werken entscheidend ist.1153 Als Kerngruppe

1145 Wandtke/Bullinger-Bullinger, § 2 Rn. 153.

1146 Vgl. bereits oben Fn. 1139. Zur „Verschmelzung“ als Abgrenzung zu „zur Herstellung benutzten“ Werken auch Lütje, S. 67.

1147 Siehe dazu oben, Kapitel 2, III,5),b) und c).

1148 Fromm/Nordemann-A.Nordemann, § 2 Rn. 201; v.Hartlieb/Schwarz-Dobberstein/Schwarz/Hansen, 36. Kapi-tel, Rn. 5 ff.; Lütje, S. 54; Obergfell, S. 41 f.; Schricker/Loewenheim-Katzenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn.

61 Die Filmurheberschaft des Hauptregisseurs ist auch europarechtlich durch Art. 2 Abs. 2 der überarbeitete Ver-miet- und Verleih-RL (2006/115/EG) geboten (dazu Gregor, Rn. 32 f.).

1149 v.Hartlieb/Schwarz-Dobberstein/Schwarz/Hansen, 36. Kapitel, Rn. 4.

1150 Fromm/Nordemann-A.Nordemann, § 2 Rn. 201.

1151 v.Hartlieb/Schwarz-Dobberstein/Schwarz/Hansen, 36. Kapitel, Rn. 3; Gregor, Rn. 282 f.

1152 Lütje, S. 56; Obergfell, S. 44.

1153 Schricker/Loewenheim-Katzenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn. 62 und 70.

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der anerkanntermaßen urheberrechtlich Beteiligten kann hingegen Regisseur, Kameramann, Cutter und Tonmeister festgehalten werden.1154

Diese Rolle sollen bei Multimediawerken nunmehr Programmierer, Tontechniker und Sampler übernehmen.1155 Gerade bei Videospielen sollen analog zum Film auch „die virtuellen Kame-ramänner, Cutter und Beleuchter“1156, teilweise ergänzt um „virtuelle […] Modellierer sowie Animations- und Textgestalter“1157 in Betracht kommen. Offen bleibt freilich, wer diese Funk-tionen im Einzelfall übernimmt. Mangels ähnlich festgelegter Berufsgruppen wie beim Film, kommen für Multimediawerke insofern Redakteure, Designer, Hersteller von Computeranima-tionen und die häufig (vergleichbar einem Regisseur tätigen) künstlerischen Gesamtleiter in Betracht.1158 Für (AR-)Videospiele übernehmen die dem Regisseur vergleichbare Rolle (des

„künstlerischen Gesamtleiters“) primär die Spieldesigner.1159 Für die Herstellung von ARA las-sen sich diese Überlegungen – abhängig vom geplanten Anwendungsbereich – weitgehend übertragen. Zwar wird eine final feststehende Bildgebung, wie sie der Rekurs auf das „virtuelle“

Pendant der klassischen Filmberufe nahelegt, hier (aufgrund der herausgearbeiteten interakti-onsbedingten Dynamik der erzeugten Bilder) nicht in gleichem Maße möglich sein wie beim Film. Jedenfalls die Animation von dreidimensionalen Objekten, deren Modellierung und Tex-turierung, Ausleuchtung und Platzierung bzw. deren Platzierungsmöglichkeiten, müssen aller-dings ebenso – einem Gesamtdesign untergeordnet – festgelegt werden wie bei sonstigen mul-timedialen Werken.

Will man dabei die Grundsätze der Trennung zwischen zur Herstellung benutzten Werken und unmittelbar einfließenden Beiträgen zum Gesamtwerk auch gegenüber Multimediawerken bei-behalten, müssen jedenfalls die selbstständig verwertbarer Beiträge, ergo deren Urheber, auch hier aus dem Schutzbereich ausscheiden. Besondere Beachtung muss unter diesem Gesichts-punkt der Rolle der Programmierer geschenkt werden, deren Kernaufgabe in der Schaffung des zugrundeliegenden Programmcodes liegt. So könnte hier zunächst der Schluss naheliegen, es

1154 Bereits in der Begründung zum Entwurf des UrhG, BT Drs. IV/270, S. 98, nennt Regisseur, Kameramann und Cutter als typische Berechtigte; ansonsten siehe Dreier/Kalscheuer, in: Klages/Albin, Rn. 807; Dreier/Schulze-Schulze, vor §§ 88 ff., Rn. 8; Katko/Maier, MMR 2009, 306, 309; Mestmäcker/Schulze-Obergfell, vor §§ 88 ff., Rn. 28; Schack, Rn. 336; Schricker/Loewenheim-Katzenberger/N. Reber, vor §§ 88 ff., Rn. 61 und 70.

1155 Hoeren, CR 1994, 390, 393.

1156 Lambrecht, S. 212; wortgleich nachfolgend auch Katko/Maier, MMR 2009, 306, 310.

1157 Förster, in: Duisberg/Picot, Kapitel 2, Rn. 18.

1158 Lührig, in: Ensthaler/Weidert, Kapitel 2, Rn. 198.

1159 Förster, in: Duisberg/Picot, Kapitel 2, Rn. 18; Katko/Maier, MMR 2009, 306, 310; Lambrecht, S. 212.

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handle sich beim Programmcode allgemein um ein vorbestehendes Werk gegenüber dem tat-sächlichen Multimediawerk, soll er doch, wie gezeigt, mit der ganz herrschenden Ansicht ei-genständigen Schutz erfahren.

Dem widerspricht allerdings, dass gerade die Verschmelzung der Elemente bei einem Multi-mediaerzeugnis – ob seiner digitalen Grundlage naturgemäß – auch auf Ebene des Programm-codes stattfindet. Die Abgrenzung, wer im Einzelfall allein an der Software und wer konkret am Multimediawerk mitgewirkt hat, fällt hier (ebenso wie dies hinsichtlich einer Abgrenzung anhand der Schöpfungsbeiträge bei Filmen gilt)1160 nicht immer leicht. So kann, auf ARU be-zogen, ein zugrundeliegendes Computerprogramm ggf. in einzelnen Teilen auch für nachfol-gende Produkte verwendet werden, ohne seinen Werkcharakter zu verlieren. Konkret kann das vor allem Software für die grundlegenden Abläufe (Tracking, Erkennung, künstliche Intelli-genz) sein. Sobald allerdings mit Lütje ein Schaffenssubstrat (hier also der Programmcode) ge-rade „als schöpferisch qualifizierte[r] Beitr[ag] im Filmwerk als integraler Bestandteil auf-geh[t]“, kann es sich nicht länger um einen unterscheidbaren Beitrag im Sinne der Abgrenzung zu vorbestehenden Werken handeln.1161 Der Teil des Programmcodes, der also gerade die wahr-nehmbare Programmoberfläche gestaltet, mithin die konkrete Verschmelzung der Inhalte tech-nisch abbildet, kann nicht sinnerhaltend vom Gesamtwerk getrennt werden, sondern geht ge-rade als integraler Bestandteil des selbigen auf. Urheber solchen Codes werden also regelmäßig auch als Urheber am Gesamtwerk in Frage kommen.

Die entscheidende Frage bleibt insofern im Einzelfall, ob ein hinreichender schöpferischer Bei-trag vorliegt, der über rein handwerklich-routinemäßiges Arbeiten hinausgeht.1162 Die Produ-zenten können dabei ebenso wenig wie beim Film unmittelbar Urheberrechte erwerben, da das Schöpferprinzip dem im Weg steht. Wie bei jeder Werkart muss außerdem die eigene Urheber-schaft regelmäßig ausscheiden, soweit lediglich konkreten Handlungsanweisungen von Regis-seur (respektive künstlerischem Gesamtleiter), Drehbuch oder vergleichbaren Anweisungs-schriften gefolgt wird, wie sich dogmatisch aus dem hierbei fehlenden Gestaltungsspielraum

1160 Dreier/Schulze-Schulze, vor §§ 88 ff., Rn. 12.

1161 Lütje, S. 69.

1162 Die allgemeine Geltung des Schöpfungsprinzips ist auch beim Film anerkannt, Dreier/Schulze-Schulze, § 91 Rn. 7; Götting, ZUM 1999, 3, 4; Mestmäcker/Schulze-Obergfell, vor §§ 88 ff., Rn. 24; Wandtke/Bullinger-Mane-gold/Czernik, vor §§ 88 ff., Rn. 70. Lediglich handwerklich-routinemäßige Arbeit wird also auch dort als nicht-schöpferisch vom Schutz ausgeschlossen v.Hartlieb/Schwarz-Dobberstein/Schwarz/Hansen, 36. Kapitel, Rn. 10.