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5.2 Laborversuche

6.1.2 Auswirkungen einer JA-Applikation auf benachbarte, ungeschädigte

Da die beiden Freilandversuche „Reihenversuch“ und „Topfversuch“ keinen ausreichenden Hinweis auf die Pflanze-Pflanze-Kommunikation lieferten, wurde im dritten Freilandexperiment Herbivorenfraß statt durch mechanische Schädigung durch exogene Applikation von Jasmonsäure simuliert, weil im Labor über detaillierte phy-siologische Untersuchungen folgende Kenntnisse gewonnen worden waren.

Die Blattfraßschädigung des Herbivoren A. alni führte zu einer deutlichen Induktion der Jasmonsäurebiosynthese im befressenen Erlenblattgewebe (Kap. 5.2.4), so daß diesem Signalstoff eine Beteiligung an der pflanzlichen Abwehr gegenüber Herbivorie zuge-sprochen werden kann. Weiterhin zeigte exogen applizierte Jasmonsäure einen induzie-renden Effekt auf direkte physiologische Veränderungen im Erlenblattgewebe, die denen nach Herbivorenfraß ähnelten. Jasmonsäure vermehrte den Phenolgehalt der Er-lenblätter (Kap. 5.2.1.1), führte zu einer Aktivitätssteigerung von oxidativen Enzymen (Kap. 5.2.1.2.1) sowie von Proteinaseinhibitoren (Kap. 5.2.1.3) aber auch zu einer In-duktion der Freisetzung von flüchtigen Blattinhaltsstoffen (Kap. 5.2.3.2).

Die Ergebnisse des „JA-Versuchs“ zeigen, daß Jasmonsäure die direkte pflanzliche Abwehr bei den behandelten Schwarzerlen induzierte und daß diese „induzierten“ Er-lenpflanzen Signalstoffe abgaben, die von den benachbarten, ungeschädigten Erlen-pflanzen erkannt wurden. Nach der Wechselwirkung mit diesen Signalstoffen wurden die pflanzlichen Abwehrreaktionen bei den nicht geschädigten Erlenpflanzen so akti-viert, daß es zu einem deutlichen Anstieg im Blattphenolgehalt kam. Eine indirekte

In-duktion phenolischer Verbindungen in ungeschädigtem Blattgewebe von Populus euroamericana und Acer saccharum über flüchtige Duftstoffe wurde auch von BALDWIN & SCHULTZ (1983) beobachtet. Ferner verringerten sich die relative Blatt-schädigung im Freiland und die konsumierte Blattmenge im Fraßwahlversuch. Das be-deutet, daß sich unter dem Einfluß einer Jasmonsäure-behandelten Erlenpflanze die Blattqualität in den benachbarten Blättern des Baumes „Baumnachbar-JA“ so verändert haben müßte, daß die Herbivoren von diesem Baum signifikant weniger Blattmenge konsumierten als von Blättern der Kontrollvariante „Baumnachbar-Kon“. Innerhalb des Untersuchungszeitraums konnten hingegen bei den Baumnachbarn „Baumnachbar-JA“

keine Hinweise auf indirekte Veränderungen im Blattwassergehalt und im spezifischen Blattgewicht ermittelt werden. Diesen morphologisch-mechanischen Barrieren dürften daher keine wesentliche Bedeutung für die induzierte pflanzliche Abwehr bei Alnus zukommen, obwohl es einige Hinweise gibt, daß sie zu direkten, induzierbaren Verän-derungen der Blattmorphologie gezählt werden können (FEENY 1970). Die Ausbildung von Blatthaaren als einer weiteren Form einer induzierten - mechanisch-morphologisch ausgeprägten - Abwehr, wäre denkbar gewesen, da BAUR et al. (1991) bei Experimenten mit dreijährigen Grauerlen eine erhöhte Trichomdichte auf neu austreibenden Blättern nach Fraßschädigung von A. alni feststellten.

Die Induktion der ermittelten physiologischen Veränderungen kann nur über gasförmige Stoffe erfolgt sein, denn für den Signaltransfer zwischen induzierten Erlenpflanzen und benachbarten, unbehandelten Pflanzen kommt nur der Luftraum in Frage. Aufgrund der Verwendung von getopften Erlenpflanzen kann ein Kontakt über den Wurzelraum aus-geschlossen werden. Weiterhin waren die Erlenbäume so positioniert, daß ein Kontakt über die Blattflächen untereinander nicht gegeben war, so daß ein Jasmonsäuretransfer vom behandelten Baum auf den Baumnachbarn nicht vorstellbar ist. Weiterhin können mögliche Behandlungsartefakte für diese Ergebnisse ausgeschlossen werden. Die mittig angeordneten Erlenpflanzen „JA“ bzw. „K“ wurden an einer geschützten Stelle einer Gewächshausanlage, die weit entfernt von der Versuchsfläche lag, behandelt (Kap.

4.3.3). Eine „Mitbehandlung“ von benachbarten Erlenpflanzen ist damit ausgeschlos-sen. Weiterhin blieben die Pflanzen hier solange stehen, bis die besprühten Blattflächen abgetrocknet waren. Damit wurde in der Gasphase über der Blattoberfläche verflüchtigte Jasmonsäure ausgeschlossen. Momentan können keine Aussagen darüber

gemacht werden, wie groß die Mengen an Jasmonsäure waren, die den pflanzlichen Stoffwechsel erreicht haben. Bislang erwies sich eine Sprühbehandlung mit einer 1mM Jasmonsäurelösung als geeignete Methode mit einer sinnvollen Konzentration, die zu keinen toxischen Effekten im pflanzlichen Stoffwechsel geführt hat (THALER 1999;

OMER et al. 2000, OMER et al. 2001). Es ist eventuell möglich, daß durch die Sprühbe-handlung so hohe Jasmonsäurekonzentrationen in der Pflanze erreicht wurden, daß der flüchtige Methylester der Jasmonsäure in die Gasphase emittiert wurde, da Untersuchungen an Phaseolus lunatus eine Konzentrationsabhängigkeit der Methyljas-monatabgabe in die Gasphase vom endogenen Jasmonsäuregehalt erbrachten (KOCH et al. 1997). Diese Ergebnisse sind aber nicht unmittelbar auf Erlenpflanzen zu übertragen, da bei den Bohnenpflanzen die JA-Applikation über den Transpirationssog erfolgte und im vorliegenden JA-Versuch Jasmonsäure auf die Blätter gesprüht wurde. Weiterhin konnte Methyljasmonat auch nicht im Duftspektrum von Erlenblättern, die im Labor mit Jasmonsäure behandelt worden waren, nachgewiesen werden (Kap. 5.2.3.2). Um die im Labor gewonnenen Erkenntnisse unmittelbar auf das Freiland zu übertragen, müßte man unter Freilandbedingungen an einem Erlenbaum nach der JA-Sprühapplikation den umgebenden Luftraum chemisch analysieren.

Neben dieser Spezifität für die Induktion pflanzlicher Abwehrreaktionen bietet die Verwendung von Jasmonsäure zur Simulierung von Herbivorie noch weitere Vorteile:

Weder der direkte Kontakt mit Jasmonsäure oder Methyljasmonat noch die orale Auf-nahme über die Nahrung zeigten toxische Effekte auf die Herbivoren: Wurden die Jas-monate in eine künstliche Diät gemischt und in Fraßversuchen Larven von Trichoplusia ni und Manduca sexta angeboten, beeinflußten sie weder das Verhalten noch die Per-formance der Larven (AVDIUSHKO et al. 1997). Diese Eigenschaften wurden weiterhin von AGRAWAL (1999) und THALER et al. (2001) bestätigt. Ein zweiter Vorteil exogener JA-Applikation besteht darin, daß „Behandlungsartefakte“ wie sie bei der herkömmlichen Simulierung von Herbivorie auftreten könnten, reduziert bzw. ausge-schlossen werden. Beispielsweise entsteht bei einer Entlaubung großer Blattmassen-verlust, oder bei einer mechanischen Verletzung treten großflächige Wundränder auf, über die eine Pathogenbesiedlung erfolgen könnte.

6.2 Auswirkungen von Herbivorenfraß und Elicitierung auf die