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Auswertung der SNP-Analyse

8.4 Kombinierte Genotypisierung von STR und SNP

8.4.6 Auswertung der SNP-Analyse

Entsprechend der Auswertung der STR-Analysen wurden Regeln f¨ur die SNP-Analyse erstellt. Zu ber¨ucksichtigen waren hierbei die besonderen Charakteri-stika der SNaPshot-Reaktion: Hintergrundsignale, unterschiedliche peak-H¨ohen und Nebenprodukte. Durch die Verl¨angerung der bindenden Primersequenz durch einen sogenannten tail kommt es zu einem Hintergrund aus

”Primer - n“-Pro-dukten. Diese Produkte haben aufgrund unausweichlicher Aufreinigungsdefizite der Primer auf Herstellerseite und Degradierungsph¨anomenen w¨ahrend der La-gerung Nukleotide des tails verloren und treten als verk¨urzte Produkte mit ge-ringer Signalintensit¨at im Hintergrund in Erscheinung. Nebenprodukte, die auch in Leerkontrollen auftreten, wurden versucht, durch effizientes Primerdesign zu umgehen. Allerdings erlauben die geringen Freiheitsgrade der Positionierung der Primer den Polymorphismus flankierend kaum Optimierungen. Toleriert wurden solche Produkte m¨aßiger Signalintensit¨at und mit einer Farbmarkierung, die nicht denen der zu typisierenden Allele entsprachen. F¨ur die erfolgreiche Zuordnung der einzelnen Signale in Multiplex-Ans¨atzen wurden zun¨achst die Produkte aus Singleplex-Ans¨atzen analysiert. Die dort beobachteten Fragmentl¨angen (Tab. 22) wurden als Grundlage f¨ur die Zuordnung verwendet.

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Tab. 22: Laufeigenschaften der SBE-Produkte in Abh¨angigkeit des gebundenen ddNTP. nt: Nu-kleotide

Locus IL6 TLR4 TLR2 IL10 IL10 TLR4 IL4Ra IL4

-174 399 753 -1082 -2849 299 576 -524

L¨ange 20 nt 25 nt 30 nt 35 nt 38 nt 43 nt 48 nt 52 nt

A 45 nt

C 28 nt 29 nt 33 nt 36 nt 40 nt 46 nt 50 nt

G 28 nt 44 nt

T 30 nt 34 nt 37 nt 41 nt 47 nt 52 nt

Abb. 8:Design der SBE-Analyse. ¨Ubereinander sind die Produkte der acht untersuchten Polymor-phismen dargestellt. Die grauen Bl¨ocke signalisieren die L¨ange des jeweiligen Produktes, die farbigen peaks geben die beobachtete Laufl¨ange des Produktes abh¨angig von der Farbmarkierung an. Die Laufl¨ange der Produkte unterscheidet sich besonders bei k¨urzeren Produkten um bis zu 5 bp von der echten L¨ange (Primer + 1). Zu sehen ist auch, daß sich alle Produkte beider SBE-Multiplexes in ih-rer L¨ange deutlich unterscheiden. Dadurch besteht die M¨oglichkeit, die Produkte beider Tetraplexes zu poolen und in einem Oktaplex-Ansatz zu analysieren.

Die beobachteten Fragmentl¨angen errechnet die GeneScan-Software automatisch mit Hilfe des lane-internen L¨angenstandards GeneScan Liz 120. Sie entsprechen dabei nur unzureichend den wirklichen Fragmentl¨angen. Die Gesamtl¨ange und

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Zusammensetzung des Primers wirkt sich allerdings auf die Laufeigenschaften der Produkte aus. So laufen alle Fragmente unter 30 nt deutlich langsamer als erwartet, w¨ahrend ¨uber 30 nt sich die errechnete L¨ange in der Analyse der echten L¨ange des Produktes ann¨ahert. Aufgrund der insgesamt kurzen Produktl¨angen (hier 20 bis 50 nt) bewirken die verschiedenen Farbstoffe mit ihren individuel-len Laufeigenschaften zus¨atzlich mobility shifts der SBE-Produkte, die bei der Auswertung ber¨ucksichtigt werden m¨ussen. Charakteristischerweise zeigen blau-markierte Produkte die h¨ochste Mobilit¨at, vor schwarz- und gr¨un-markierten, w¨ahrend rot-markierte Produkte die geringste Mobilit¨at zeigen. Bei der Analyse von heterozygoten Auspr¨agungen erscheinen die verschiedenfarbigen Signale da-her nebeneinander statt ¨ubereinander (Abb. 8 und Tab. 23), wobei rotmarkierte Produkte scheinbar die gr¨oßte Produktl¨ange zeigen.

Tab. 23: Auswertungsschema f¨ur die SNaPshot-Analyse. In der Tabelle ist f¨ur die einfachere Ana-lyse jedes Allel der entsprechenden Farbkodierung direkt zugeordnet worden. Die Farbkodierung ist von der Primerorientierung abh¨angig. SNP: Polymorphismus; ddNTP: angeh¨angtes Nukleotid; Or:

Orientierung des Primers, F-forward, R-reverse

L¨ange SNP ddNTP Or Farbe Allel

ca. 28 IL6 -174 G F blau G

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Kriterien der Alleldetermination: Ein sensibler Punkt in der Analyse von aDNA ist die Interpretation der gewonnenen Daten. Aufgrund verschiedener Ph¨ano-mene, die f¨ur aDNA typisch sind, werden wiederholte Amlifikationen aus meh-reren Extrakten n¨otig, um die Authentizit¨at der Ergebnisse sicherzustellen. Da-zu geh¨ort neben m¨oglichen Kontaminationen verschiedener Ursachen auch das Ph¨anomen des allelic dropout. Es beschreibt das falsch homozygote Erscheinen von heterozygoten Auspr¨agungen. Ursache ist die geringe Anzahl von DNA-Matrizen als Ausgangsmaterial f¨ur die PCR. Westenthanner (2006) zeigte, daß bei der Analyse von aDNA h¨aufig templates nur im einstelligen Mengenbereich zur Verf¨ugung steht. Folge kann ein allelic dropout sein, bei dem in der Ampli-fikation eines heterozygoten Locus nur eines der beiden Allele amplifiziert wird und es zur Generierung falsch homozygoter Ergebnisse kommt (Schmerer et al., 2000; Hummel, 2003).

Signale wurden als Allel gewertet,

ˆ wenn sie eine regelm¨aßigepeak-Morphologie zeigten. Diese sollte ann¨ahernd symmetrisch und spitz zulaufend sein. Signale mit einer unregelm¨aßigen Morphologie (unsymmetrisch, oder rund) wurden als Artefakte gewertet.

ˆ wenn sie deutlich aus dem Hintergrundrauschen als peak heraustraten. Si-gnale k¨urzerer SBE-Produkte wurden als Allel gewertet, wenn sie deutlich als peak aus dem Hintergrund gleichfarbiger l¨angerer SBE-Produkte her-austraten

ˆ und wenn ihre Position innerhalb eines Bereiches von +/- 1 bp der erwar-teten L¨ange lag. Verschiebungen sollten alle Fragmente des SBE-Produktes gleichermaßen betreffen. Signale, die außerhalb dieses Bereiches lagen, und solche, die uncharakteristische Verschiebungen zeigten, wurden nicht als Allele aufgenommen. Sie werden auf unspezifische Produkte zur¨uckgef¨uhrt.

Signale, die nicht deutlich vom Hintergrund getrennt werden konnten, wur-den zun¨achst in Klammern als unsicheres Allel gewertet.

Kriterien der Zusammenf¨uhrung der Endergebnisse: Neben der grunds¨atzlich unvoreingenommenen Auswertung der Rohdaten wurden zus¨atzlich Kriterien er-stellt, nach denen die Daten wiederholter Einzeltypisierungen zu Ergebnissen zu-sammengefaßt werden. Zu ber¨ucksichtigen ist hier, daß die Analyse im

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satz zu der der STR des genetischen Fingerabdrucks jeweils nur zwei m¨ogliche Auspr¨agungen hat (biallelisch). Auch die Art der Artefakte weicht von der STR-Analyse ab. Die besonderen Anforderungen der SNP-STR-Analyse bilden die Grund-lage der Auswertekriterien.

ˆ Allele, die in mindestens zwei Analysen als sicher typisiert wurden, werden als Allele im Endergebnis ber¨ucksichtigt.

ˆ Ergebnisse werden als sicher homozygot angesehen, wenn die Homozygotie mehrfach reproduziert ist (vier Ergebnisse aus zwei Extrakten). Damit soll ein allelic dropout ausgeschlossen werden.

ˆ Ergebnisse sind heterozygot, wenn beide Allele gemeinsam oder abwech-selnd einzeln typisiert werden.

Die M¨oglichkeit der Probenvertauschung kann ¨uber die integrierten STR ausge-schlossen werden. In zweifelhaften F¨allen wird die Qualit¨at der Amplifikate und der Analyse in die Beurteilung mit einbezogen. Allele, die einmalig beobachtet wurden, wurden im Endergebnis nicht ber¨ucksichtigt, wenn

ˆ das zweite Allel in jeder Amplifikation auftrat und

ˆ die anderen Systeme der Amplifikation gute Ergebnisse zeigen (kein allelic dropout, Einzeltypisierungen vollst¨andig) oder

ˆ sie nur aus einer Amplifikation typisiert wurden, die viele Artefakte zeigte (PCR oder SBE).

Mit diesen Kriterien soll das Risiko, f¨alschlicherweise Artefakte als Allel zu werten und in die endg¨ultige Typisierung aufzunehmen, minimiert werden.