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1. Einleitung

1.1. Ausgangslage

Die Schweiz rangiert bei vielen internationalen Rankings zur Innovationskapazität und Innovationstätigkeit in der Spitzengruppe. Sowohl im Länderranking der OECD, wie auch im von der World Global Property Organisation zusammen mit der Cornell University und der INSEAD herausgegebenen „Global Innovation Index“ nimmt die Schweiz den ersten Platz ein67. Dabei profitiert die Schweiz von generell guten Rahmenbedingungen für Innovationstätigkeiten: einer hohen politi-schen Stabilität, Infrastruktur, exzellenten Forschungseinrichtungen, eine starken Einbindung in die Weltwirtschaft und Schutz des geistigen Eigentums (SBFI 2016, Dutta, Lanvin, & Wunsch-Vincent, 2017; Hutschenreiter, 2007). Auch in Bezug auf die spezifische Innovationsförderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auf unterschiedlichen Steuerungsebenen kommt Prange (2008) zum Schluss, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen innovationsstarken Nationen wie Schweden oder den Niederlanden gut aufgestellt ist, dass aber die starken fö-deralen Strukturen gleichzeitig zu gewissen Koordinationsproblemen in Bezug auf die konkrete Umsetzung innovationspolitischer Massnahmen führen.

In der Vergangenheit fehlten auf Bundesebene die politischen Instrumente für eine spezifische Förderung von Innovationssystemen auf einer regionalen und interkan-tonalen Ebene, wie sie beispielsweise in der EU über die EU-Regionalpolitik mit den damit einhergehenden regulatorischen Rahmenbedingungen und den entspre-chenden finanziellen Mitteln, zur Verfügung stehen (OECD 2011a). Im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms der EU wurden in der Zentral- und der West-schweiz erste politisch unterstützte RIS-Strukturen geschaffen. In der WestWest-schweiz wurden die entsprechenden Aktivitäten NRP-Mitteln und Mitteln der Kantone auch nach Auslaufen des EU-Förderprogramms weitergeführt. Diese ersten Erfah-rungen mit einer regional koordinierten Innovationsförderung, zusammen mit den Erkenntnissen aus dem OECD Territorialexamen Schweiz von 2011 (OECD 2011a) haben dazu geführt, dass im Jahr 2012 vom SECO (in Absprache mit Inno-suisse) ein Konzeptpapier zur NRP-Förderung von regionalem WTT und Innovati-onsunterstützung herausgegeben wurde (SECO 2012). Darauf aufbauend wurde in der Zusammenarbeit zwischen dem SECO und den Kantonen eine RIS-Strategie

6 http://www.oecd.org/innovation/inno/inno-stats.htm

7 http://www.wipo.int/publications/en/details.jsp?id=4193

ausgearbeitet, welche Eingang in die Botschaft über die Standortförderung 2016-19 gefunden hat.

Die RIS-Politik zielt dabei gezielt auf die KMU, welche nicht zu den internationa-len Technologieführern zähinternationa-len. Dabei kommt entlang den NRP-Leitlinien den regionalpolitischen Zielen, und hier insbesondere der Stärkung der KMU im Berg-gebiet, im weiteren ländlichen Raum und in den Grenzregionen eine besondere Bedeutung zu. Mit der Botschaft über die Standortförderung 2016-2019 und der Einführung der RIS im Rahmen der NRP kommt den RIS-Organisationen als Bin-deglied zwischen Bund und Kantonen in der operativen Umsetzung einer innovati-onsbasierten Regionalpolitik hier neu eine zentrale Rolle zu.

Abbildung 1 Die sechs RIS in der Schweiz

Die Kantone haben sich in sechs Grossregionen zusammengeschlossen und Strukturen geschaffen (Abbildung 1). Diese bauen sich auf aus einer RIS-Trägerschaft, die für die strategische Ausrichtung der RIS verantwortlich ist und meist an die NRP-Fachstellen der entsprechenden Kantone angehängt ist, sowie einer operativ tätigen RIS-Managementorganisation, welche über eine Leistungs-vereinbarung der Kantone die Umsetzung der konkreten RIS-Aufgaben (Informa-tion, Coaching, Vernetzung und Governance) koordiniert. In der Westschweiz ist die Situation etwas anders, da es dort keine grundsätzliche Aufteilung in eine RIS-Trägerschaft und eine RIS-Managementorganisation gibt, sondern die Konferenz der Westschweizer Volkswirtschaftsdirektoren direkt die strategische Leitung des RIS übernimmt, während die einzelnen kantonalen Innovationsförderstellen zu-sammen mit sechs Leistungserbringern (Alliance,platinn, Alp ICT, BioAlps, CleantechAlps & Micronarc) die konkreten Angebote gestalten. Die

RIS-Trägerschaften und RIS-Managementorganisationen der verschiedenen Regionen treffen sich dabei mehrmals im Jahr im Rahmen sogenannter RIS-Netzwerke zu-sammen mit Vertretern des SECO und regiosuisse, um sich auszutauschen und wichtige, RIS-übergreifende Koordinationsfragen anzugehen.

Das RIS Konzept steht in der Tradition der ursprünglich von Alfred Marshall zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts geäusserten Idee, dass die geographische Konzentration von ökonomischen Aktivitäten in einem gewissen Sektor zu positi-ven externen Effekten führt (Marshall, 1920; siehe Krugman, Obstfeld, & Melitz, 2014 für eine zeitgemässe Einordnung). Die Idee wurde in letzter Zeit im Rahmen des Triple Helix Ansatzes wieder breit aufgenommen (Etzkowitz & Leydesdorff, 2000; Leydesdorff & Meyer, 2003). Die Idee hinter dem Triple-Helix Ansatz ist, dass die Zusammenarbeit zwischen Akteuren aus der Privatwirtschaft, dem For-schungssektor und der öffentlichen Hand zentral ist, um die Innovationsfähigkeit von Ländern und Regionen längerfristig zu sichern. Betont wird die Bedeutung der Zusammenarbeit insbesondere in Bezug auf die Wissensvermehrung, die Weiter-gabe von Wissen in Netzwerken und den vereinfachten Zugang zu Ressourcen, welche für Innovationstätigkeiten wichtig sind (insbesondere humane Ressourcen).

Weiter erlaubt eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akt-euren die Nutzung von Skaleneffekten in der Schaffung und beim Unterhalt von für die Innovationsfähigkeit einer Region unerlässlichen Einrichtungen, beispiels-weise im Forschungs- und Ausbildungsbereich. Ähnliches gilt für die Zusammen-arbeit zwischen Grossunternehmen und KMU, bei denen sich die kleineren Unter-nehmen beispielsweise als Zulieferer hoch-spezialisierter Komponenten in die Wertschöpfungsketten der Konzerne eingliedern und dabei von deren Wissen im technologischen Bereich profitieren können (siehe Gassmann, Hofmann, & Pal-mié, 2016). Diese Punkte können zur Etablierung von regional konzentrierter öko-nomischer Aktivität führen, im Sinn regionalwirtschaftlicher Spezialisierung und Clusterbildung (siehe Tödtling & Trippl, 2005; Krugmann, Obstfeld, & Meliz, 2014).

Aus der Literatur ist bekannt, dass die RIS für eine ideale Funktionalität und Effi-zienz in etwa übereinstimmen sollten mit dem kulturellen und ökonomischen Refe-renzraum der massgeblichen Akteure (Asheim, Grillitsch, & Trippl, 2016; Coenen et al., 2017). In der Schweiz haben sich aus der historischen Entwicklung heraus räumlich-spezifische Spezialisierungen der regionalen Wirtschaft und damit ein-hergehende branchenspezifische Netzwerke entwickelt, beispielsweise entlang des Jurabogens in der Feinmechanik und Uhrenindustrie, oder in der Ernährungswirt-schaft in der Ostschweiz. Im Rahmen einer RIS-Strategie gilt es solche historisch gewachsenen Strukturen sowie die damit einhergehenden eingeschränkte Mobilität

der Arbeitskräfte und die damit verbundenen regional spezialisierten Kompetenz-pools zu berücksichtigen (Coenen, Asheim, Bugge, & Herstad, 2017). Das RIS-Konzept des SECO zielt entsprechend darauf ab, die historisch gewachsenen wirt-schaftlichen Strukturen zu nutzen, um gleichzeitig eine stärkere überkantonale Vernetzung der Akteure, teilweise auch über Grossräume und Sprachgrenzen hin-weg, zu erreichen. So soll das bestehende Innovationspotential des Landes noch besser ausgeschöpft werden. Insbesondere sollen die Ressourcen der ländlichen und peripheren Räume besser in Wert gesetzt werden. Durch eine engere Vernet-zung dieser Räume mit den wirtschaftlichen Zentren und einer verstärkten Kolla-boration von privaten und öffentlichen Akteuren auch über die RIS-Grenzen hin-weg, soll der Innovationsstandort Schweiz weiter gestärkt werden. Eine zentrale Rolle spielt in diesem Zusammenhang die gezielte Unterstützung von Start-Ups und KMU, die häufig ein hohes Innovationspotential aufweisen, jedoch in vielen Fällen unter Kapital- und/oder Personalengpässen leiden (Schweizerischer Bundes-rat, 2015; SECO, 2012).

Im Dokument Evaluation und RIS-Konzept 2020+ (Seite 30-33)