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Aus dem Pfarrarchive zu St. Marien m Dorpat

Im Dokument und Kirche. (Seite 54-77)

(Schluß).

W e n n M o r i t z in seiner angeführten Eingabe seine Parochie als zweite Dörptsche Stadtgemeinde hinstellt, so stützt er sich dabei ohne Zweifel namentlich auch darauf, daß der Rath der Stadt D o » pat. wie uns solches vom Consistorialrathe E. P. K ö r b c r , weiland Pastor zu Wendau, in seinen „Materialien zur Kirchen- und Predi-ger-Chronik der Stadt Dorpat" berichtet wird, 1850 entschied, der Pastor unserer Parochie J o h a n n Fegesack ( 1 5 5 1 - 1 5 5 6 ) solle bis zu der Zeit, da Gott der Herr einen Pastor zu „unserer lieben Frauen," d. i. zu S t . Marien bescheren werde, den ersten Grad un-ter den Pastoren haben, also von der Stadt durchaus als eigentlicher Stabtpastor angesehen werden. Weiter aber stellt unser Pastor sich hier auf das Protocoll der Kirchencommisfion vom Jahre 1809, welche durch den Landrath und Oberkirchenvorstehcr v o n P i s t o h l k o r s , unter Assistenz des Collegien-Rathes Baron v. N o l k e n , Ass. uod,, und des Consistorialrathes, Propst R o t h , Ass. sool,, wie auch des Pastors K ö r b er von Wendau, im genannten Jahre vom 9. Septem»

her ab hier gehalten wurde. I m Protokolle dieser Commission heißt es k ä y u . 4, die Stadt sei Patronus der Kirche. Dann aber steht weiter zu lesen: „der Herr Kirchcnvorstehcr Baron v. B r u i n i n g l trug im Namm des Kirchspiels wegen des Compatronates an, er bäte, zu verschreiben, daß er dem Kirchspiele alle Hur» wegen des Compatronatcs uorbchalte, um so mehr als der Prediger hauptsächlich für die Landgemeinde wäre und selbige den ansehnlichen Theil (der Parochie) ausmache. Das Kirchspiel heiße übrigens auch nach der Kirche das Iohannis-Kirchspiel." Hierbei deponirt der Abdelegirte Eines Edlen Rathes: „daß nach den Privilegien die Stadt Dorpat

Au« dem Pfanarchive zu St. Marien in Dolpat. 5 3 das ausschließliche Patronatslecht habe, und daß die ehstnische Ge-meinde nur aus Vergünstigung Eines Edlen Rathes ihren Gottes-dienst in dieser Kirche halten könne." Hier gerirt sich der Rath der Stadt Dorpat durchaus als Patronus unserer Parochie, stellt die-selbe also der anderen, von ihr ebenfalls patronisiüen Parochie unserer Stadt ganz gleich hin. Behauptet der Rathsdelegirte aber zu gleicher Zeit, die Ehstnische Gemeinde, d. h. das Kirchspiel, habe in unserer St. IohannisKirche nur das Gastrccht, so widerspricht er da sich selbst, denn der Gastnehmer ist nicht Patron, der Patron nicht Gastnehmer. Zudem hätte die Stadt niemals den Pastor un>

sercr Parochie für die gesammte Gemeinde vociren können, wenn sie nicht Patron der gesammtcn Gemeinde, also auch des Kirchspiels, gewesen wäre. Verlangt M o r i t z nbcr für unsere Parochie städtischen Theiles nicht nur eine Ehstnische, sondern auch eine Teutsche Gemeinde, so thut er das mit vollem Rechte, so fein unsere Parochie, nach allen vorhandenen Nachrichten, immer auch eine Teutsche Stadt »Gemeinde, gehabt hat. und eist in jüngster Zeit hinsichts ihres städtischen Theiles vocationsmäßig auf die Chstcn beschränkt worden ist.

M o r i t z ' Behauptung, die St. Iohonnis-Kirche Dorpats gehöre mindestens den städtischen Gliedern unserer Paroche ebenso, wie den Gliedern der anderen, der Teutschen Parochic Dorpats, gründet sich ohne Zweifel darauf, daß der Polnische König Stephan Bathory 1582 der Stadt von den, noch in ihr vorhandenen Kirchen die zu S t Marien zu Gunsten der Jesuiten nahm, die zu St. Iohannis aber nach wie vor beließ, und daß in dem genannten Jahre nicht sowohl die Ehsten Gäste der Teutschen, als vielmehr die Teutschen Miteigen.

thümer der Ehsten zu St. Iohannis wurden. Die, in unserer Stadt vielfach cursirende Tradition, die Ehsten seien 1582 Gäste der Tcut-schen zu St. Iohannis geworden, hat in so fern gar keinen Sinn, als die Stadt Patron der Stadt- und der Land-Ehsten war, und es eine ganz sonderbare Begriffsverwirrung ist, Patronisirte Gäste und Patrone Gastnehmer zu nennen. Die, von Körber (am angefühlten Orte) abgedruckte, hierher gehörige Königlich Polnische

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Propst N. H. Willigerode,

Urkunde besagt ausdrücklich, die Ausübung der christlichen Religion Augsburgischer Confession werde in Dorpat A l l e n in der Kirche zu S t . Iohannis, und zwar nur in dieser, gestaltet. Wollte man hiergegen sagen, den Ehsten habe der Polnische König das Lutherthum ausdrücklich verboten, es habe hier also damals gar leine Lutheri-sche Ehsten gegeben, so übersähe man die Unterlegung, welche der Rath unserer Stadt 1616 am Martinstage dem Römischen Bischöfe mach te und in welchem des Ehstnischen Pastors Vartholdus G i l d e ( 1 6 1 1 — 1616) Fürsorge für die „Ehsten" gerade hervorgehoben und bcfür-wortct wird. Spricht M o r i t z aber nicht nur von stadtchstnischen, fondern auch von landehstnischcn Anrechten an die S t . Iohannis-Kirche unserer Stadt, so ist seine Argumentation hier jedenfalls die, >daß unsere Parochie nickt zu den landischen, sondern zu den patrimonialen gehört, sofern sie ein städtisches Landkirchspiel in sich begreift. I n den

„Bemerkungen über die Donationen in Lioland" vom Consistorialrathe D r . u. I a n n a u zu Lais finden wir ebenso wenig ein Dörptschcs als ein Pcrnausches „Kirchspiel", eben weil diese beiden Kirchspiele, gleich denen des Nigaschen Patrimoniums, nicht zum „Lande", sondern zu den verschiedenen „Städten" gehörten, und als solche eine eigene' van der landischen strenge geschiedene Kategorie bildeten. Hatte die Stadt Dorpat in alten Zeiten eine eigene Landvogtei, so besaß sie viel Land und Leute um Dorpat her, und mußte eben deßhalb auch mindestens e i n Patrimonialkirchspie! haben, nämlich das unserer Parochie. AIs solches ward und wird dieses Kirchspiel denn auch sehr bezeichnend von Teutschen und Ehsten nicht e i n . sondern d a s Kirchspiel schlechtweg genannt. Es stand und steht nicht als d a s eine den anderen L a n d k i r c h s p i e l e n , sondern als K i r c h s p i e ! D o r p a t s der C o m m u n e D o r p a t s , als Dorpat L a n d Dorpat S t a d t gegenüber. Selbst heute noch nennt der Ehstc unsere Pa-röchle nicht bei ihrem Eigennamen, der Teutsche aber bezeichnet sie nur als die Ehstnische. Sie ist Dorpats Kirchspiel. Das Richtige möchte daher sein, nicht zu sagen, die S t . Iohannis-Kirche Dorpats habe ursprünglich dem Kirchspiele Dorpat gehört, sondern umgekehrt,

Aus dem Pfanarchive zu St. Manen in Dorpat, " "

das Kirchspiel Dorpat sei ursprünglich der Stadt Dorpat ungehörig gewesen. Bei den, mit der Reformation eingetretenen Bcsitzvcrände-Hingen wurde das Kirchspiel Dorpat aus einem bischöflich ein städtisch patronisirtes. Daß dieses Kirchspiel mit der Zeit sehr anders geworden

»nd angewachsen ist, und jetzt viel mehr ritterlichen und bäuerlichen, als städtischen Landbesitz in sich schließt, ändert an den rcchtöhistorischcn Grund-lagen desselben ganz und gar nichts, denn der Sohn bleibt Sohn, und der Vater bleibt Vater, der Sohn werde auch noch so groß »nd

«ich, und der Vatei dagegen auch noch so klein und arm.

Ueberaus wichtig ist das, was M o r i t z in seiner Untcrleguug von der Organisation unserer Parochic sagt. Die Parochie steht als ausgebildeter stadtgemcindlichcr Organismus da. 8 städtische Vor-Münder umgeben den Pastor, und haben an den landischen nur ihre Gehilfen für den landischen, schon sehr gut organisirtcn, und zu M o r i t z ' Zeiten in Schulsachcn namentlich aufblühenden Theil der Parochic, und die städtische Gemeinde ist einstweilen bis auf 4,000 Glie-der angewachsen. Nicht minGlie-der ist Glie-der landische Theil Glie-derselben auf über 6,000 Glieder angewachsen, und die S t , Iohannis-Kirchc Dor-pats wird zu klein, um neben der ersten oder Teutschen auch die zweite oder Ehstnische Stadtgemcinde in sich beherbergen zu können.

Für die zwei Gemeinden werden zwei Kirchen erforderlich, zumal da das Kirchspiel auch nach immer größerer Selbstständigkeit ringt, und mit den alten Rechten der Stadt auch' die Bande der Parochie zu durchbrechen sucht.

Die, in unserem Archive befindlichen „Kirehcnconvcntsprotocollc' besagen, daß 1818 die Stadt Dorpat sich geweigert habe, unserer Parochie das zum Gottesacker nöthige Land von sich aus herzugeben.

Der Convent vom 14. M a i des genannten Jahres, resolvirt: „da die Stadt Dorpnt bisher die Plätze zu den Kirchhöfen gegeben habe (früher bei der Station und an der Naruschcn (Petersburger) Stra-ße, später am gegenwärtig noch als Gottesacker dienendem Orte), sich jetzt aber dessen weigere, so werde der Herr Kirchmvorstchcr von den versammelten Herren Eingepfantcn erbeten, Eine Erlauchte

Gou-5 6 Propst A. H. Willigerode,

vernementsregierung zu ersuchen, es möge dieselbe die Stadt Dorpat anhalten, von dem an den (bisherigen) Knchhof stoßenden Kirchen»

l a n d e einen neuen Platz zum Kirchhofe anzuweisen." A m 2 1 . De-tober desselben Jahres verfügt der Convent, nachdem er ein Schrei-ben des Oberkirchmvorfteheramtes, dem die Sache einstweilen ist über»

geben worden, über die Weigerung des Rathes, Land zum Gottes-acker herzugeben, vernommen: durch den Kirchenvorsteher refutirend zu unterlegen, „der hiesige Kirchhof sei auf dem der St. Iohannis-Kirche gehörigen Iohannis-Kirchenlande angelegt, könne auch auf demselben füglich erweitert werden, indem dieses Kirchenland so groß sei, daß die Stadt den Dörptschen Einwohnern von demselben Plätze auf Grundzins vertheilt habe, und dem ohnerachtet noch 60—70 Los auf diesem Lande aussäe. Ucberdies sei die Landgemeinde (das Kirchspiel) stets im Besitze des Rechtes gewesen, auf dem Kirchhofe der Stadtgemeinde ihre Todten zu beerdigen u. f. w. Das Ober-kirchenvorstehcramt möge daher die Stadt veranlassen, dem entsprechend zu handeln." A n diesen, für das Kirchspiel verloren gehenden Streit schließen sich die Weiterungen in Bezug auf die Erbauung einer neuen Kirche für unsere Parochie an. Unser, für unser Land durch alle Zeiten hin denkwürdiger Generalgouverneur Marquis P a u l u c c i hat Dorpat besucht, und für Dorpat Stadt und Land nur eine Kirche gefunden. Sofort macht er es sich zur Aufgabe, diesem schreien-den Uebelstllnde Abhilfe zu schaffen. Er regt schreien-den Bau einer neuen Kirche an. Dieser liegt, dem historischen Rechte nach, der Stadt ob, dem großen, und nicht armen Kirchspiele gegenüber aber erscheint es nicht mehr als billig, daß die Stadt nicht angehalten werde, den Kirchen-bau von sich aus und allein zu vollführen. S o stellt die Stadt denn auch Anforderungen an das Kirchspiel. Diesen Anforderungen gegenüber verfügt der Convcnt am 15. August 1819 zu erklären,

„daß die landische Gemeinde sich in verjährtem Besitze des Rechtes befände, die Kirche — frei von allen Beiträgen zur Reparatur und zum Kirchenwein (also überhaupt kostenfrei, da, nach anderen Notizen auch die Salarimng des Organisten früherhin vom Lande

Aus dem Pfanarchive zu St. Marien in Dolpat. ^ 7 nicht gezahlt worden ist) — zu benutzen; ebenso auch die Stadt von jeher verpflichtet gewesen sei, die Begräbnißplätze für die Landge-meinde herzugeben, wogegen die LandgeLandge-meinde einen ungleich hohen Beitrag zur Besoldung der Prediger und der Kirchenbeamten gebe."

Weiter wird hier gesagt: „daß ein Transact existire, durch welchen die Verhältnisse der Stadt und der landischen Gemeinde festgesetzt worden, welcher bei dem großen Brande, der im I a h « 1775 die Stadt Dorpat verwüstet, und sowohl das Haus des Predigers als das Kirchenarchiv in Asche verwandelte, verloren gegangen sei, sich aber im Archiv Eines Edlen Rathes befinden müsse; — daß also Ein Edler Rath, sobald er glaube, mehr prätendiren zu können, diesen Transact produciren möge." Der Marquis P a u l u c c i wen-dct sich darauf an den Herrn Oberkirchenvorstehei und Landrath v.

L. und an den Staatsrath Baron v. N. mit der Aufforderung, „die zweckoienstlichcn Maßregeln zur Erbauung einer neuen Kirche — die vorn herein für unsere Parochie bestimmt wird — vorzuschlagen," weil die bisherige Einrichtung, nach welcher „in der S t , Iohannis Kirche sich nicht allein die Herren Kirchspielseingepfarrten nnd die ehstnische Landgemeinde, sondern auch die teutsche und ehstnische Gemeinde der Stadt versammelten, der Inconvenienzen so viele habe, daß die Ab-stellung derselben ein wichtiger Gegenstand dec Berathung werde."

Der Convent vom 11. October beschließt nun, auf den Kirchenbau einzugehen, und sagt: „Obgleich nach dem GencralKirchenCommissionsProtokolle vom Jahre 1717 die unteutsche Gemeinde die St. I o -Hannis-Kirche von Grund auf erbauet (als Arens' neue Kirche?), sodann aber im Jahre 1719 zur Hauptreparatur (Nauvollendung?) ein Beträchtliches beigetragen (Arens' Ausgaben?), also nicht allein aus diesen Umständen ein Miteigenthum an die St. Iohannis-Kirche besitze, sondern auch mittelst Resolution des Kaiserlichen Hof-gerichtes vom 29. April 1736 in diesem Rechte geschützt worden, und die Landgemeinde sich daher mit allem Fuge dem Beitrage zu einer neuen Kirche entziehen könnte, so erscheine dennoch, hei der großen Vermehrung der teutschen Gemeinde sowohl als der

ehstni-5 8 Propst N. H. Williger«»,«.

schen, die Erbauung einer neuen Kirche nothwendig, und die landi-sche Gemeinde ist deshalb nicht abgeneigt, uon sich aus eine neue Kirche zu erbauen, jedoch unter folgenden ausdrücklich festgesetzten Bedingungen: 1) daß von Seiten der Stadt unentgeltlich ein dazu schicklicher Platz erblich abgetreten werde, 2) daß die Stadt Dorpat, entweder durch eine Personalsteuer, oder aus der Kirchencasse, einen eben so großen jährlichen Beitrag als die Landgemeinde für die ehstnische Stadtgemeinde zahle, 3) daß die Direction des Baues gänzlich der Landgemeinde überlassen, und der von der Stadt dazu zu contribuirende Beitrag blos als Entschädigung für die Rechte der Landgemeinde an die S t . Iohannis-Kirche angesehen werde, auch die Landgemeinde nicht verpflichtet sei, sich bei diesem Baue städtischer Meistcrleute zu bedienen, 4) daß aber bei künftigen Reparaturen die ehstnische Stadtgemeinde, nach Verhältniß der Seelenzahl zu sei-bigeu beitrage, 5) daß bei künftigen Prcdigcrwahlen nicht die Stadt allein diese Stelle besetze, sondern nur für jedes eingcpfante Stadt»

gut Eine Stimme, und für die ehstnische Stadtgemcinde (ebenfalls) Eine Stimme exercrire." Sofort bewilligt nnn das Land eine jährliche Zahlung von 15 R. pro Haken --- 1597'/, Rubeln. Der Bau soll aber nicht beginnen, bevor das verzinste Geld auf 50,000 R. angewachsen. Zudem sollen Se. Majestät der Kaiser um 20,000 R. angegangen, und in der Stadt freiwillige Beiträge gesammelt werden. Für den Fall, daß diese Bedingungen die nöthige Bestätigung finden, subscribiren drei Cingepfarrte sofort 4,000 R.. 500 R, und 300 R, Diese Stipulationen wurden vom Marquis P a u I u c c i „zmi-s bestätigt," Aber 1821 schon trat eine Verzögerung des Baues ein, weil der Rath sich über den, vom Lande proponirten Wahlmo-dus bei Besetzung der Pfarre noch nicht erklärt, und dem Convente, der innerhalb der innern Stadt in der Nähe des Scharrens am Embach bauen wollte, nur diesem nicht convenircnde Bauplätze angeboten hatte. Am 9. September übergiebt Landrath v. L i p h a r t dem Convente einen Kostenanschlag, der muß aber füreist aä aow gelegt werden. Weiter giebt derselbe am 19. December desselben Jahres

Aus dem Pfairarchive zu St. Marien in Dorpat. 5 9 zu Protoeoll. daß Se. Majestät der Kaiser 5.000 R, zum Kirchen-bau ge,chenlt. und das bereits angelegte Gesammleapital schon 13.400 R. betrage, vom Rathe aber waren noch nicht die nöthigen Erklärungen eingegangen, und so mußte noch gewartet werden. Ans dem Convente vom 3 1 . Januar 1822 nun wurde eine Erklärung des Rathes verlesen, nach welcher derselbe „auf das Patronatsrecht der neu zu erbauenden Kirche Verzicht geleistet habe." und verfügt, die 1820 am 11, Oktober stipulirte Zahlung der Kirchspielsgüter sofort eintreten zu lassen. Nun aber konnte das Land wieder nicht die.

von der Stadt geforderte Renuntiation aller seiner Ansprüche an die St. Iohannis-Kirche leisten, weil es einstweilen in Sachen des Gotttsackers an die Gouvernementsregierung gegangen war. und deren Entsche.dung zuvor abgewartet werden mußte. Am 20. Demnber d'eses Jahres finde» wir die Bausumme durch die Kirchspielszahlun-M bereits auf 18.300 R. angewachsen. 1823 mahnt der Kirchspielszahlun-Marquis P a u l u e c i von Neuem, den Bau in Angriff zu nehmen, und d»

wird denn im Februar die Materialanfuhr durch die Kirchspiels-dauern für den nächsten Winter, die Einforderung des von der Stadt z» zahlenden Geldtheiles, und die Erwählung des Baucom,nitt6's beschlossen, Bauherren werden der Kreisdeputirte von L i p h a r t der Landrichter und Ritter v. Brasch. und der Kirchenvorsteher Ca-p'tam Baron von Tiesenhausen. I m M a i gehen neue Bau-Mahnungen durch das Oberkirchenvorsteheramt ein. und im Octobcr wird die Repartition des von den Bauern anzuführenden Materials-gemacht. Der Marquis mahnt im November wieder, und im De-cember wird der Bauriß dem Convente vorgelegt. Des gelinden

«mters wegen aber muß der Bau von 1824 auf 1825 verlegt werden, weil nicht genug Material so rasch angeführt werden kann.

1824 «stiren dazu die bereits fällig gewordenen Stadtbeiträge mit über 3.000 R. und der Convent wagt's vor Eingang derselben und vor Siche-rung der von der Stadt jährlich zu leistenden Zahlung von 1,700 R.

mcht den Bau zu beginnen. 1825 wird von den Edelhenen das stipulirte Geld weiter eingezahlt, von den Bauern das repartirte Material

6 9 Propst A. H. Willigeiode.

angeführt. 182? zeigt der Bauherr von L i p h a r t an, die Stadt sei hinsichts der Baugelder immer noch in Restanz, und der Lonvent beschließt am 11. Januar daher die einstweilige Suspendirung der Landzahlungen. Solches wird der Gouvernementslegierung mitge-theilt. I m August desselben Jahres notisicirt die Gouvernements-Regierung, die Stadt sei gesonnen, die an sie gemachten Geldansprüche in deren Höhe zu ignoriren, so fern sie behaupte, nur 250 R. zu schulden, nicht aber die vorangegebenen Summen. D a geht der Convent im December von Neuem an die Gouvernementsregierung, denn nur, wenn die Stadt eben so viel beitrage wie das Land, könne gebaut werden. 1828 wird der Landrath und Ritter v.

S a m s o n Präsident des Baucomittss. D a beschließt der Convent, in Abwesenheit des verreisten Pastors, am 7. J u l i , da die Stadt ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, vielmehr nur, ohne alle Personal-besteuemng, freie Gaben gesammelt, und diese auch noch nicht ein-gezahlt habe, auch das Land von den seinen bis auf Weiteres los-zusprechen, und bei dem „seit mehr als hundert Jahren bewährten Nuhungs- und Miteigenthumsrecht an die S t . Iohannis-Kirche der-bleiben zu wollen." Das vom Lande gesammelte Geld wird indeß auf Zinsen deponirt, „damit die Stadt Dorpat, wenn selbige etwa einmal eine neue Kirche für die Stadt - Gemeinde sollte erbauen wollen, dieses Geld als Beitrag dazu verwenden tonne," das ange-führte Material aber zur Umzäunung des neuen Gottesackers ver-braucht. Dissentirend ließ hiergegen v. L. verschreiben, er stimme dem Herrn Präsidenten bei, und proponire, in Uebereinstimmung mit demselben, die Stadt dazu zu vermögen, daß sie für 4 Jahr je 1597'/, R. nachzahle, und noch 3 Jahr dieselbe Zahlung leiste, das Land aber dazu, daß es seine bereits gesammelten Summen und noch 2 M a l 1597 V2 R. hergebe, und bitte,, dem zu adstipuliren. Der Eon-uent ging jedoch hierauf nicht ein, sondern verblieb bei seinem Be>

schwsse, weil er das Princip der einmal stipulirten Parität aufrecht erhalten zu müssen meinte. Einstweilen war der Baron von der P a h -len an die Stelle des Marquis v. P n u l u c c i geseht worden, und hatte

Aus dem Pfarratchive zu St. Marien in Doipat. " ' sich in der, von seinem Vorgänger begonnenen hiesigen Bausache an das

Landrnthscollegium gewandt. Von diesem ging nun durch das Ober-kirchenvorsteheramt eine neue Mahnung an die hiesigen Kirchenvor-sicher ein, welche dem Convcnte am 16. August 1830 mitgetheilt wurde.

Der Convent erklärte, auf den ursgrünglichen Stipulationen, die von Marquis P a u l u c c i „ M r o " ^bestätigt worden seien, verharren zu müssen. Dabei verblieb's, um so mehr als der Rath Dorpats nach des Pastors M o r i t z ' Tode nur vvn sich aus die erledigte Stelle wieder besetzte, und der Gottesackerstreit so endete, daß das Land von Rathshof 2 Lofstellen auf Erbpacht zu demselben nehmen, also der Stadt nachgeben müßte, wenn es nicht von den Landes-an die Reichs Behörden gehen wollte, was eben nicht in seinen Interessen, und daher auch nicht in seiner Intention lag.

So schien 1830 das unter Marquis Pauluccis Auspickn be-gonnene Wer! wieder untergehen, und unsere Stadt nach wie vor für alle ihre Lutheraner nur eine einzige Kirche behalten zu sollen.

Es war aber das nur Schein, und 1832 schon wurde die Erbauung einer zweiten Lutherischen Kirche für Dorpat wieder angeregt. Auf dem Convente vom 18. April wurde die in Nede stehende Sache in diesem Jahre in neue Berathung gezogen, und der die Stadt vertretende Bür-geimeister H e l w i g versprach dem Lande, das auf den Stipulationen vom 11. October 1820 verharrte, und wieder darauf hinwies, wie die Stadt die von derselben geforderte Bausumme durch eine Besteuerung ihrer wohlhabenden Einwohner leicht beschaffen könne, daher belieben möge, die genannten Stipulationen den Ständen der Stadt nochmals vorzulegen. Einstweilen hatte unsere Gemeinde die St. Iohannis-Kirche

Es war aber das nur Schein, und 1832 schon wurde die Erbauung einer zweiten Lutherischen Kirche für Dorpat wieder angeregt. Auf dem Convente vom 18. April wurde die in Nede stehende Sache in diesem Jahre in neue Berathung gezogen, und der die Stadt vertretende Bür-geimeister H e l w i g versprach dem Lande, das auf den Stipulationen vom 11. October 1820 verharrte, und wieder darauf hinwies, wie die Stadt die von derselben geforderte Bausumme durch eine Besteuerung ihrer wohlhabenden Einwohner leicht beschaffen könne, daher belieben möge, die genannten Stipulationen den Ständen der Stadt nochmals vorzulegen. Einstweilen hatte unsere Gemeinde die St. Iohannis-Kirche

Im Dokument und Kirche. (Seite 54-77)