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I. Ausgangslage, Ziele und Aufbau der Evaluation

2 Auftrag und Forderungen

2.1 Evaluationsauftrag gemäss Kartellgesetz und EVD

16. Mit Art. 59a KG wird der Bundesrat mit der Evaluation des Kartellgesetzes, insbeson-dere der neuen Instrumente und revidierten Bestimmungen der KG-Revision 2003, beauf-tragt. Die Evaluation des Kartellgesetzes dient namentlich der Abklärung des allfälligen zu-künftigen Revisionsbedarfs:

Art. 59a KG (Evaluation)

1 Der Bundesrat sorgt für die Evaluation der Wirksamkeit der Massnahmen und des Voll-zugs dieses Gesetzes.

2 Der Bundesrat erstattet nach Abschluss der Evaluation, spätestens aber fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser Bestimmung, dem Parlament Bericht und unterbreitet Vorschläge für das weitere Vorgehen.

17. Das revidierte Kartellgesetz trat am 1. April 2004 in Kraft, womit der Bundesrat dem Parlament bis im Frühling 2009 Bericht zu erstatten hat. Die Evaluation des Kartellgesetzes hat sich am Zweck des Kartellgesetzes zu orientieren, der in Art. 1 KG (Zweckartikel) fest-gehalten ist.

Art. 1 KG (Zweck)

Dieses Gesetz bezweckt, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wett-bewerb im Interesse einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern.

18. Gegenstand der Evaluation bilden damit die folgenden Elemente:

- Hauptziel der KG-Revision 2003 und somit Hauptgegenstand der Evaluation ist ge-mäss Materialien die Erhöhung der Präventivwirkung durch die Einführung direkter Sanktionen (und der damit verbundenen Instrumente gemäss Art. 49a KG, d. h. der Bonusregelung gemäss Art. 49a Abs. 2 KG und des Widerspruchsverfahrens nach

6 Botschaft 2001, S. 2050 f. (zit. Fn. 4).

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Art. 49a Abs. 3 lit. a KG sowie der Schlussbestimmung) bei besonders schädlichen kartellrechtlichen Verstössen.7

- Gegenstand der Revision 2003 und der Evaluation bilden auch die restlichen neuen In-strumente (Hausdurchsuchungen nach Art. 42 Abs. 2 KG) und Bestimmungen (Unter-nehmensbegriff nach Art. 2 KG, Verhältnis zum geistigen Eigentum nach Art. 3 Abs. 2 KG, Begriff der Marktbeherrschung nach Art. 4 Abs. 2 KG, vertikale Absprachen nach Art. 5 Abs. 4 KG, KMU-Klausel in Art. 6 Abs. 1 lit. e KG).8

- Die Evaluation bietet ebenso Anlass, die Wirkung des KG an sich, d. h. des KG vom 6. Oktober 1995, soweit als möglich zu beurteilen.

19. Im Winter 2006/07 beauftragte die Departementschefin des EVD, Frau Bundesrätin D. Leuthard, den seit 1. Oktober 2006 amtierenden Direktor des Sekretariats, Herrn Dr. R.

Corazza, mit der Leitung der Evaluation. Am 17. Januar 2007 legte das EVD einige termin-liche und inhalttermin-liche Vorgaben fest. Insbesondere forderte das EVD einen bis 2008 zu erstellenden, praxisbezogenen Bericht – mit Zwischenbericht bis Herbst 2007. Der Bericht hat namentlich verfahrensrechtliche Fragen zu berücksichtigen, einen Vergleich mit dem Wettbewerbsrecht anderer Länder sowie eine Evaluation der Arbeitsabläufe, des Manage-ments und der Organisation der Wettbewerbsbehörden zu beinhalten. Anlässlich eines Tref-fens mit der WEKO vom 5. März 2007 informierte die Departementchefin über die Evaluation gemäss Art. 59a KG und gab den Startschuss für die Evaluation.

2.2 Politische Vorstösse

20. Im Evaluationszeitraum ergingen die folgenden politischen Vorstösse (für die Texte ge-he zu Anhang 24):

- Interpellation J. Alexander Baumann (06.3237, 11.05.2006): Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörden.

- Postulat der Kommission für Rechtsfragen NR (06.3634, 03.11.2006): Bericht über wettbewerbswidrige vertikale Vertriebsabreden nach Kartellgesetz.

- Interpellation Eduard Engelberger (07.3142, 22.03.2007): Überprüfung der KMU-Bekanntmachung.

- Interpellation Christophe Darbellay (07.3192, 23.03.2007): Bekanntmachung der Wett-bewerbskommission über Kalkulationshilfen.

- Motion Rolf Schweiger (07.3856, 20.12.2007): Ausgewogeneres und wirksameres Sanktionssystem für das Schweizer Kartellrecht.

- Parlamentarische Initiative Hans Kaufmann (08.443, 13.06.2008): Existenzgefährdung infolge von Kartellbussen verhindern.

- Motion Dominique de Buman (08.3509, 23.09.08): Echter Wettbewerb in der Schweizer Wirtschaft.

- Interpellation Luc Recordon (08.3640, 03.10.08): Die Wettbewerbskommission (WEKO) stärken.

- Postulat der Kommission für Wirtschaft und Abgaben WAK (08.3764, 24.11.2008):

Wirtschaftslage der Schweiz und Stabilisierungsmassnahmen.

21. Den in diesen politischen Vorstössen enthaltenen Anliegen und Forderungen wurde im Rahmen der Evaluation Rechnung getragen. Die Antworten sind in den nachstehenden

7 Im Weiteren hat die Evaluation diese Zielerreichung der Revision systematisch und mit wissen-schaftlichen Methoden zu überprüfen; vgl. Botschaft 2001, S. 2048 (zit. Fn. 4).

8 Zur effektiven Auswahl siehe Abschnitt 3.3, insb. Rz. 40.

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schnitten, insbesondere in den Handlungsempfehlungen in Abschnitt III, enthalten.9 Einzig eine der Forderungen aus der Motion de Buman, jene betreffend das Verbotsprinzip anstelle des Missbrauchsprinzips, wurde nicht weiterverfolgt. Aus dem Postulat der WAK ergeben sich keine unmittelbaren Forderungen für die Evaluation.10

2.3 Peer Review der OECD – Empfehlungen

22. Ebenfalls in der Evaluation zu berücksichtigen ist der Peer Review der OECD. Das Wettbewerbskomitee der OECD führt regelmässig Benchmarkings der Wettbewerbspoli-tik ihrer Mitgliedsstaaten durch, so genannte Peer Reviews. Der Peer Review der Schweizer Wettbewerbspolitik durch die OECD und ihre Mitglieder fand im Jahr 2006 statt.11 Die ent-sprechenden Arbeiten zum Examen der schweizerischen Wettbewerbspolitik erfolgten unter Federführung des SECO und in enger Zusammenarbeit mit dem Sekretariat der WEKO so-wie dem Präsidenten der WEKO. Der Peer Review enthält mehrere Empfehlungen zur schweizerischen Wettbewerbspolitik.

23. In ihrem Bericht stellt die OECD fest, dass fehlender Wettbewerb ein Hauptgrund für die hohen Preise in vielen Schweizer Branchen sei. Sie anerkennt, dass sich die Schweizer Wettbewerbspolitik mit der Revision des Kartellgesetzes im Jahr 2003 an diejenige anderer OECD-Staaten und insbesondere an diejenige der EU angenähert hat. Besonders hervorge-hoben werden die im revidierten Kartellgesetz eingeführten direkten Sanktionen und die Bo-nusregelung als zeitgemässe Instrumente der Wettbewerbspolitik.

24. Die OECD kommt allerdings auch zum Schluss, dass im internationalen Vergleich noch einige Schwächen der Schweizer Wettbewerbspolitik bestehen und Verbesserungen vorzu-nehmen seien. In ihren Empfehlungen nimmt die OECD nicht nur Bezug auf das Wettbe-werbsrecht im engeren Sinne, sondern sie berücksichtigt auch Sektorregulierungen und Ausschreibungsregeln. Bezogen auf das Kartellgesetz und die Wettbewerbsbehörden emp-fiehlt die OECD:

- die Stärkung der Unabhängigkeit und Professionalisierung der Mitglieder der WEKO;

- die Einführung eines spezifischen Verfahrensrechts;

- den Ausbau der Ressourcen der Wettbewerbsbehörden mit Blick auf ihre neue Rolle bei der Durchsetzung des Binnenmarktgesetzes;

- die Entwicklung internationaler Kooperationen;

- den generellen Ersatz des Missbrauchsprinzips im Kartellgesetz durch das Verbots-prinzip für harte horizontale Kartelle;

9 Zur Interpellation Baumann vgl. Abschnitt 9 und 10 sowie die Handlungsempfehlung in Abschnitt 20; zum Postulat der Kommission für Rechtsfragen NR vgl. Abschnitt 9 und 13 (insb. 13.6) sowie die Handlungsempfehlungen in Abschnitt 23; zu den Interpellationen Darbellay und Engelberger vgl. Abschnitt 18 und Abschnitt 19; zur Motion Schweiger und zur parlamentarischen Initiative Kaufmann vgl. Abschnitt 15.1.13 und 16 sowie die Handlungsempfehlung in Abschnitt 24.6; zur Motion de Buman vgl. Abschnitte 2.3, 7, 9, 10, 11, 14, 16 und 19 sowie die Handlungsempfehlun-gen in Abschnitt 20, 21, 24.5 und 24.6; zur Interpellation Recordon vgl. Abschnitt 10 sowie die Handlungsempfehlung in Abschnitt 24.5.

10 Im Postulat der WAK wird der Bundesrat im Hinblick auf die Wirtschaftslage der Schweiz und auf Stabilisierungsmassnahmen insbesondere ersucht, eine umfassende Sicht der Regierung über grundlegende Reformen darzustellen. Dabei sei die rasche Umsetzung der Kartellgesetzrevision angebracht.

11 Vgl. OECD, The Role of Competition Policy in Regulatory Reform. Regulatory Reform in Switzer-land, OECD Reviews of Regulatory Reform, Paris, 2006. URL: http://www.oecd.org/dataoecd/

42/46/36279471.pdf [04.12.08].

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- eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der WEKO und (teilweise noch zu schaffen-den) Sektorregulatoren;

- die Überprüfung der Rolle von Preisüberwachung und Konsumentenschutz.

25. Die Empfehlungen der OECD wurden im Rahmen der Evaluation soweit als möglich berücksichtigt und bildeten teilweise explizit Gegenstand einzelner Projekte.12 Hier nicht im Detail verfolgt wurden die Empfehlungen, die nicht direkt das Kartellgesetz betreffen, na-mentlich jene zum Binnenmarktgesetz, zum Verbotsprinzip und zur Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden mit Sektorregulatoren13.