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Kinder und Jugendliche

Auch in akuten Krisensituationen stehen die Mitarbeitenden der aufsuchenden Fachberatungsstelle, Kindern und Jugendlichen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, zur Seite. Als niedrigschwelliges Angebot suchen die Mitarbeitenden, Kinder und Jugendliche in ihrem häuslichen oder sozialen Umfeld auf. Diese direkte und schnelle Hilfe kann die Familie in der akuten Krise entlasten und gleichzeitig eine Brücke in die Beratungsstelle bauen.

Das Konzept der aufsuchenden Beratung sieht für die Krisenintervention grundsätzlich eine enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden des Jugendamtes vor.

Bei Meldung einer sozialen Notlage mit minderjährigen Personen im Haushalt durch die Polizei oder bei Meldungen die z.B. über den KJND eingehen, wird durch die zuständigen Mitarbeitenden im Jugendamt eine Dringlichkeitseinschätzung vorgenommen. Kommt es hierbei zu der Einschätzung, dass der Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, muss die zuständige Fachkraft in der Regel unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 72 Stunden eine Vororteinschätzung durchführen.

Folgende Verfahren sind aus Sicht des Kinderschutzbundes fachlich sinnvoll und im weiteren Verfahren bei den Kooperationsvereinbarungen mit der Jugendamtsleitung genauer abzustimmen:

1. Bei Verdacht und Meldung einer Kindeswohlgefährdung im Kontext von Häuslicher Gewalt, kann sich die zuständige Person aus dem Jugendamt/Casemanagement direkt mit einer/m Mitarbeitenden der aufsuchenden Fachberatungsstelle in Verbindung setzten. Die Fachkraft des Kinderschutzbundes kann die Fachkräfte des Jugendamtes direkt begleiten. Es obliegt aber der Entscheidung der Eltern, ob diese dann auch den Wohnraum betreten und Kontakt zu den Kindern/ Jugendlichen aufnehmen darf. Das Vier-Augen Prinzip liegt weiterhin beim Jugendamt und die Fachkraft des Kinderschutzbundes steht beratend und unterstützend für das Kind/den Jugendlichen zur Verfügung. Da der/die Kolleg*in des Kinderschutzbundes als unabhängige Stelle wahrgenommen wird, kann eine längerfristige Anbindung an die Beratungsstelle gelingen. Zudem gilt auch hier der Grundsatz der Freiwilligkeit/Entscheidungsfreiheit, was für betroffene Familien ein Erlebnis der Selbstwirksamkeit erzeugt, welches für die weitere Hilfe wichtig sein kann. Die aufsuchende Fachberatungsstelle hält für diese Vorgehensweisen einen Hintergrunddienst bereit, der von Montag bis Freitag in der Zeit von 8:00 bis 16:30 Uhr für das Jugendamt verbindlich erreichbar und mit wenig Vorlauf einsatzbereit ist.

20 Darüber hinaus sind ergänzend folgende Vorgehen möglich:

2. Bei einer sozialen Krisenmeldung durch die Polizei oder einer anderen Meldung (z.B.

durch den KJND) setzt sich die zuständige Fachkraft des Jugendamtes mit der betroffenen Familie in Verbindung und erfragt eine Schweigepflichtentbindung gegenüber der aufsuchenden Fachberatungsstelle. Wird diese erteilt, können die Daten an die aufsuchende Fachberatungsstelle übermittelt und die Mitarbeitenden des Kinderschutzbundes tätig werden. Es ist dem Kinderschutzbund dann möglich, die entsprechende Familie aufzusuchen und den Kindern/ Jugendlichen Unterstützung im häuslichen oder sozialen Umfeld anzubieten oder sie zu einem Gespräch in die Beratungsstelle einzuladen.

3. Falls die Familie keine Schweigepflichtentbindung erteilt, bleibt die Möglichkeit, dass der Familie das Angebot der aufsuchenden Fachberatungsstelle durch die/den zuständige Mitarbeitende/n des Jugendamtes vorgestellt wird. Dadurch kann gegebenenfalls erreicht werden, dass ein Kontakt zur aufsuchenden Fachberatungsstelle doch noch hergestellt wird bzw. dass diese bei einem Gespräch dazukommen kann.

4. Es ist auch denkbar, eine aufsuchende Beratung oder Begleitung der Kinder zu Terminen beim Jugendamt anzubieten, zum Beispiel um Wartezeit bei Elterngesprächen zu überbrücken, den Kindern Ängste zu nehmen,..

Ziel dieser Krisenintervention ist ein schneller und direkter Zugang zu Hilfen für die betroffenen Kinder/Jugendlichen sowie eine Anbindung an ein fortbestehendes Beratungsangebot in den Räumen der aufsuchenden Fachberatungsstelle.

Arbeit mit den Eltern

Im Rahmen der Krisenintervention sieht das Konzept der aufsuchenden Fachberatungsstelle vor, die Eltern umfangreich über das Angebot aufzuklären. Des Weiteren wird, je nach akuter Belastung der jeweiligen Elternteile, auf die aktuelle Bedürfnislage des Kindes hingewiesen und gemeinsam erarbeitet, welche Schritte möglich und nötig sind um die Familiensituation zu stabilisieren. Mit den jeweiligen Elternteilen soll besprochen werden, welche Angebote für sie selbst sinnvoll sein können. Für die Stabilisierung der Situation bietet sich die weitere Anbindung der Familie an die aufsuchende Fachberatungsstelle an. Hier gilt es abzuwägen, wie von Gewalt betroffene und Gewalt ausübende Elternteile im Sinne des Kindes angebunden und einbezogen werden können.

Im Fokus der Elternarbeit steht die Befähigung zur Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse in dieser akuten Phase sowie deren Befriedigung. Wenn die Elternteile dies selbst nicht leisten können, soll gemeinsam erarbeitet werden, wer stattdessen für den Schutz und die Stabilität des Kindes sorgen kann.

Für die Bearbeitung des Paarkonflikts und um Strategien zur Verhinderung von weiterer Gewalt zu entwickeln sollen die Elternteile bei der Anbindung an für sie passende Beratungsangebote der Erwachsenenhilfe unterstützt und auch begleitet werden. So kann bei beiden Elternteilen

21 eine Schweigepflichtsentbindung erfragt werden, um eine gute Überleitung zu anderen Angeboten wie der Beratungsstelle Neue Wege zu gewährleisten (siehe f) Erwachsenenhilfe).

Arbeit mit den Fachkräften

Für Fachkräfte die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten ist ebenfalls eine Unterstützung in Krisen in Form von kurzfristigen Fachberatungen zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung mit besonderem Augenmerk auf häusliche Gewalt angedacht. Hierbei werden, wie im Kinderschutz-Zentrum üblich, die anderen Gewaltformen ebenso berücksichtigt und eingeschätzt. Zusätzlich können kurzfristige Beratungen zu allgemeinen Fragen zu häuslicher Gewalt angeboten werden (siehe Punkt Fachberatung). Diese Hilfe in Krisen kann von externen Fachkräften auch zur eigenen Entlastung genutzt werden.

Gruppenangebote

Kinder und Jugendliche

Da häusliche Gewalt meistens im häuslichen Umfeld und somit für Außenstehende nicht sichtbar ist, fühlen sich Kinder/Jugendliche in diesen Kontexten häufig allein mit der Thematik und haben niemanden mit dem sie darüber sprechen können. Deshalb ist ein Ziel der aufsuchenden Fachberatungsstelle, Kindern/Jugendlichen aufzuzeigen, dass sie nicht alleine sind und es weitere Mädchen und Jungen gibt, die unter diesen Bedingungen leben und aufwachsen.

Der Austausch unter Gleichaltrigen und das damit vermittelte Gefühl „normal“ zu sein, kann dabei einen wichtigen Beitrag zur psychischen Stabilisierung und positiven Entwicklung beitragen. Des Weiteren soll den Kindern/Jugendlichen der Raum eröffnet werden, auf kreative, spielerische Weise das Erlebte gemeinsam zu verarbeiten. Es ist dabei auf ähnliche Altersgruppen zu achten und nach Möglichkeit auch geschlechtsspezifisch vorzugehen.

Derzeit gibt es für die verschiedenen Gruppenangebote unterschiedliche Ansätze: 1) eine Gruppe für Kinder die sich noch in einer akuten Phase der Gewalt oder im direkten Anschluss an diese befinden, wie zum Beispiel im Frauenhaus lebende Kinder und Jugendliche, und 2) Gruppen für Mädchen und Jungen, die in einem sichereren Umfeld leben.

In der Vorbereitung dieser Gruppenangebote werden die Erfahrungen und Konzepte anderer Kinderschutz-Zentren (z.B. Hannover und Köln) genutzt, die bereits Gruppenangebote für Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, haben. Des Weiteren werden die Erfahrungen und Angebote unserer Kooperationspartner*innen, wie zum Beispiel dem Bremer Jungenbüro und dem Mädchenhaus, genutzt und bei Bedarf weiter ausgebaut. Ebenso wichtig ist die Kooperation mit therapeutischen, traumazentrierten Gruppen aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie den weiteren Angeboten der therapeutisch/medizinischen Versorgung der Stadt Bremen.

22 Gruppenangebote für Elternteile

Auch Eltern sollen die Möglichkeit bekommen, an Gruppenangeboten teilnehmen zu können.

Dies gilt für gewaltausübende Elternteile ebenso wie für die von Gewalt betroffenen Elternteile.

Beide Gruppen sollen getrennt und in einem geschützten Rahmen stattfinden. Die Herausforderungen, die mit den Folgen häuslicher Gewalt zusammenhängen, können von der Gruppe getragen und gemeinsam „ausgehalten“ werden. Zudem kann die Verantwortungsübernahme für die Gewalt von den ausübenden Personen in einem geschützten Rahmen in einer geschützten Gruppe eher gelingen, da der Druck/die Spannung, der mit häuslicher Gewalt immer einhergeht, nicht auf der einzelnen Person lastet. Gemeinsam können Lösungen erarbeitet und die Kinder in den Fokus des Handelns gestellt werden.

Grundsätzlich ist vorgesehen, dass gewalterlebenden Elternteilen, in der Regel Mütter, ein offenes Angebot zur Verfügung gestellt wird, während die Kinder das Kindergruppenangebot besuchen. Dies ist praktikabler und bietet die Möglichkeit die Mütter kurzfristig zu erreichen, während sie ggf. auf ihre Kinder warten. Im Rahmen eines Mütter-Cafés sollen die Mütter die Möglichkeit haben, mit einer Fachkraft der aufsuchenden Fachberatungsstelle sowie anderen Müttern in einen niedrigschwelligen Austausch zu gehen. Bei einem deutlich erhöhten Hilfebedarf der Mütter kann auf ein passendes, zusätzliches Angebot aufmerksam gemacht werden. Das Mütter-Café ersetzt kein festes Gruppenangebot oder gar eine therapeutische Anbindung; durch die Offenheit und Niedrigschwelligkeit kann jedoch zumindest eine kurzfristige und vielleicht sogar kurzweilige Entlastung geschaffen werden.

Im weiteren Verlauf soll ermittelt werden, wie groß der Bedarf nach einem festen Gruppenangebot für von Gewalt betroffene Elternteile ist. Voraussetzungen für ein entsprechendes Gruppenangebot sind das Ende der häuslichen Gewalt, eine Anbindung des Elternteils an einen Träger der Erwachsenenhilfe bzw. ein eigenständiges Unterstützungsangebot sowie die freiwillige Teilnahme.

Ebenso soll im Verlauf überprüft werden, ob der Bedarf für ein Gruppenangebot für gewaltausübende Elternteile besteht. Auch hier ist die Kooperation mit bestehenden Hilfesystemen für Erwachsene, u.a. Neue Wege und Praksys Bremen, sinnvoll und notwendig.